Kleiner Falk - Überschreitung vom Falkenkar zum Falkenstuhl


Publiziert von Herr_Hase , 4. Oktober 2023 um 23:56.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum: 2 Oktober 2023
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1250 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Auto, dem Rad oder dem Bergsteigerbus zum Parkplatz P4 ca. 2,5 bis 3 km östlich von Hinterriss

Der kleine Falk steht sehr im Schatten seiner großen "Geschwister" Risser Falk und Laliderer Falk. Eigentlich zu Unrecht: Die hier vorgestellte Kletterroute im oberen zweiten Grad bietet über weite Strecken hervorragenden Fels, wie er in der Falkengruppe und im Karwendel insgesamt eher untypisch ist.

Schon länger habe ich mich bei meinen Touren durchs Falkenkar gefragt, ob die Steigspuren vom Kar auf die Schuttterrasse unterhalb von Risser und Kleinem Falk nur von den Gemsen stammen, die dort hinauf klettern zum Grasen, oder ob durch die Ostwand darüber klettertechnisch in meiner Kragenweite was weitergeht. Die Frage kann ich im zweiten Anlauf mit "ja" beantworten.

Höchstwahrscheinlich wurde diese Kletterroute im Alpenvereinsführer längst beschrieben (Korrektur 25.11.23: wurde sie nicht) und tatsächlich ist laut Gipfelbuch auch unter anderem einen Tag vor mir jemand vom Falkenkar auf den Kleinen Falk gestiegen (auf welcher Route auch immer). Im www gibt es die Tour meines Wissens bisher nicht, der Berg taucht meist nur im Zuge einer Überschreitung zum Risser Falk bzw. der kompletten Falkenkarumrahmung mit dem Normalweg auf. Darunter ist ein sehr schöner Bericht auf spitzentreffen.at, der mir den noch unbekannten Abstieg nach Norden über diesen Normalweg (Stellen II) sehr erleichtert hat, ebenso wie zahlreiche Steinmänner. Danke dafür!

Der eine oder die andere würde diese Tour vielleicht mit III- statt mit II+ bewerten, deshalb will ich kurz beschreiben, worauf es mir beim Freiklettern ankommt, was diese Tour fordert und wann ich lieber umdrehe. Wer sich vielleicht darin wiedererkennt, kann die Kletterei entsprechend entspannter angehen.

Eine solide 4 cm breite, waagrechte Trittleiste lasse ich noch als II durchgehen, ebenso einen Griff, der nur vier Fingern Halt bietet. Als den entscheidenden Unterschied empfinde ich, dass beim IIer stets noch der Körperschwerpunkt zwischen den Füßen und der Wand bleibt. Ein Versagen / Ausbrechen des z. B. linken Griffs während des Umgreifens mit der rechten Hand auf den nächsthöheren Griff bzw. der Suche nach diesem führt also nicht dazu, dass man nach hinten vom Fels wegkippt und abstürzt. Jedenfalls solange man keinen großen schweren Stein aus der Wand bricht. Wird das Gelände abdrängender und man ist zwingend auf eine Hand angewiesen, um das Gleichgewicht zu halten, vertraue ich einem einzelnen Griff lieber nicht, dann drehe ich um.

Dieses Kriterium ist bei der hier beschriebenen Tour stets erfüllt. An der Schlüsselstelle muss man sich dafür ein bisschen schlank machen bzw. an den Fels schmiegen, die potentielle Fallhöhe ist hier aber auch übersichtlich. Relativ häufig gibt es in dieser Tour "abschüssige" Tritte, so mit "Plattencharakter". Auch hier sind Bewertungen sehr subjektiv. Beispiel "Rossschweif" bzw. Hochtor Ostgrat im Gesäuse: Darin gibts eine große Platte, die meist mit III- bewertet wird. Mit den richtigen Schuhen wird sie zum Gehgelände. Ich will hier keine Werbung machen, merke aber an solchen Stellen oft, dass ich mich mit meinen "LaSpor**** Aka***" deutlich sicherer fühle als meine Tourenpartner mit anderen Schuhen, selbst wenn diese eigentlich routinierter im Fels sind.

Wichtiger Hinweis: Die gesamte Tour erfordert selbständige Orientierung in weglosem, unmarkiertem Gelände! Bereits beim Zustieg über die Schuttterrasse bewegt man sich in steilem, oft schottrigem Gelände oberhalb senkrechter Abbrüche und es besteht regelmäßig Abrutsch- und Absturzgefahr. Der Weg ins Falkenkar ist mit Steinmännern markiert, ebenso der Abstieg vom Kreuzgipfel des Kleinen Falken nach Norden über den Normalweg. Der Aufstieg vom Falkenkar auf den Gipfel ist hingegen bisher komplett unmarkiert. Klassische Farbmarkierungen in engen Abständen sucht man auf der gesamten Tour vergebens.

Wegbeschreibung:

Vom Parkplatz P4 über die Brücke und dahinter links dem Fahrweg folgen. Nach ein paar hundert Metern beginnt dieser anzusteigen. Bei einer Y-Kreuzung hält man sich rechts, weiter bergauf. Unter einem markanten Jägersitz folgt man dem Weg weiter geradeaus unbeschildert ins Falkenkar, rechts ginge es ins Johannestal, beschildert mit "Karwendelhaus / Falkenhütte". Bald biegt der Weg nach rechts / Süden und der Blick ins Falkenkar wird frei. Einen auffallenden Pfad lässt man rechts liegen, dieser führt nur zu zwei versteckten Jägersitzen. Man quert die Talsohle auf dem Fahrweg und zweigt unmittelbar danach rechts auf einen weiteren Fahrweg ab. An dessen Ende hält man sich halbrechts durch hohes Gras und zwischen großen Baumstammresten hindurch, die wohl den Eindruck erwecken sollen, hier ginge es nicht weiter. 

Nach ca. 15 m am Bachbett entlang steht der erste Steinmann, nach weiteren ca. 25 linker Hand der zweite und dort beginnt ein tief schottriger Pfad links den Hang hinauf. Ca. 50 hm weiter oben wendet er sich allmählich nach rechts / Süden und quert mehr oder weniger waagrecht zwei Rinnen, bevor er auf einer Felsrippe nochmals etwas Höhe gewinnt und schließlich nach rechts in die große Mulde unterhalb des Wasserfalls leitet. Auf der gegenüberliegenden Seite verläuft er rechts weiter aufwärts und leitet über die folgenden ca. 500 hm hinauf ins Falkenkar, meist gut mit Steinmännern markiert.

Wenn sich oben im Kar die Latschen allmählich lichten, hält man sich halbrechts auf den Einstieg zu. Entgegen dem ersten Anschein führen die unteren Spuren durch das vorgelagerte Schuttfeld in deutlich schwierigeres, weil steileres Felsgelände als jene "eine Etage höher", ggf. an Bild 2 orientieren. Jenseits des Schuttfelds steigt man durch eine Schrofenflanke bis an die Latschen heran, dann entlang dieser geradeaus ca. 5 m den Hang hinauf, bis sie nach rechts zurückweichen und den Weg zu zwei Durchschlupfen frei machen. Jenseits des zweiten Durchschlupfes gelangt man in eine steile Rinne, die man am besten leicht ansteigend quert, um sie auf der anderen Seite ca. 5 m weit abzusteigen zu einem weiteren Durchschlupf. Spätestens hier wird eine eventuelle Gamshaarallergie sich bemerkbar machen ;-) Latschenkampf Klasse 2, ist aber nach wenigen Metern vorbei und man befindet sich im offenen Gelände.

Dieses gilt es nun solange nach Norden zu queren, meist leicht absteigend, bis nach der Querung einer großen Rinne die Felsen links flacher werden und eine zweite Rinne auftaucht, durch die der weitere Anstieg verläuft. Bis dorthin ist man (ab Verlassen des Falkenkars) ca. eine halbe Stunde unterwegs. Sollte man sich komplett oberhalb der großen Latschenflecken gehalten haben, muss man jenseits ca. 50 hm einen gutmütigen steilen Grasrücken absteigen, um die große Rinne queren zu können.

Nun beginnt die eigentliche Kletterei. Zunächst klettert man am besten etwas rechts der Rinne und hält sich, wenn diese sich teilt, wieder rechts. Nach etwa 100 hm erreicht man den rechten Rand eines kleinen schrofigen Kars, das man nach links oben verlassen muss. Das Gelände ist hier eher ungemütlich (schrofig, brüchig, relativ steil) und so bin ich bis unter die darüberliegende Felswand angestiegen, um beim Queren nach links möglichst brauchbaren Fels zumindest für die Hände zu haben. Eventuell kann man auch schon früher halblinks abbiegen. Diese Querung verlangt jedenfalls volle Aufmerksamkeit und eine sorgfältige Drei-Punkt-Haltung. Sobald sich die Felswand weit genug zurücklegt, steigt man schräg an. Der Fels wird wieder fester und man erreicht schließlich die linke Begrenzungsrinne des Kars oberhalb eines Steilaufschwungs.

In dieser Rinne folgt bald eine flache Stelle, ein kleiner Schuttplatz, und darüber (nach meinem Empfinden) die Schlüsselstelle der Tour: An der linken Begrenzungswand der hier engen Rinne geht es über gestuften Fels ca. 5 Meter empor, bevor das Gelände wieder flacher wird. Die Schwierigkeit bewegt sich irgendwo zwischen II und III. Ein möglicher Tritt sieht wenig vertrauenerweckend aus, den habe ich lieber ausgelassen. Wie oben beschrieben muss man sich ein wenig an die Wand anschmiegen, um jederzeit sicher zu stehen, aber alles machbar.

Belohnt wird man mit dem folgenden schönsten Teil der Kletterei: Die Rinne biegt bald um etwa 45 Grad nach links und führt dann unter zwei ordentlichen Überhängen hindurch in bestem Fels geradeaus aufwärts. Mit Rucksack wird es unter einem der Überhänge wahrscheinlich zu eng, schon meine Gürteltasche hatte gelegentlich Felskontakt. Da muss man dann ggf. ein paar Meter nach links ausweichen.

Ein gutes Stück nach den Überhängen wird die Rinne steiler und ich bin einer einladenden Rampe nach links gefolgt. Ob es nicht cleverer im festen Fels der Rinne aufwärts gegangen wäre, bleibt zunächst unbeantwortet. Links außen wurde es jedenfalls erst brüchiger und dann flacher. Mit der entsprechenden Vorsicht dennoch gut machbar. Dann erkennt man bald eine Art Band, das nach rechts oben in eine kleine Scharte im Verbindungsgrat zwischen Kleinem Falk und Risser Falk hinaufzieht. Diesem folgt man und erreicht so schließlich die Grathöhe mit wunderschöner Aussicht ins Johannestal und darüber hinaus.

Man kann auch in der Richtung der Rinne weiter ansteigen und den Grat etwas weiter links / südlich betreten, muss dann aber auf dem Weg zum Kleinen Falk einen etwas schwierigeren Aufschwung (links der Scharte) abklettern. Diese Kletterei hab ich mir verkniffen, bin statt dessen wieder auf das Band abgestiegen und auf diesem in die Scharte hinauf.

Der Weiterweg zum Kleinen Falk folgt immer dem Grat und sieht dabei zunächst wesentlich kniffliger aus, als er ist. In 10 bis 15 Minuten erreicht man den Gipfel. 

Abstieg

Der Abstieg über den Normalweg folgt zunächst dem Grat gut 100 m bergab nach Westen auf den Kreuzgipfel. Von einem kleinen Gipfelkreuz ist nicht mehr viel übrig, aber das Gipfelbuch ist dort zu finden. Der "Weg" führt nun rechts / nördlich am Rand einer Rinne über Schrofen und Graspolster bergab. Weiter unten hält man sich halblinks auf eine Art Taleinschnitt zu. Eine erste steile Engstelle wird auf deutlichem Band nach rechts umgangen und man steigt jenseits des Begrenzungsrückens über steile Schrofen (kurz II) hinunter. Hier ist nicht alles fest - bitte Vorsicht! Bald danach baut sich rechts des Tals wieder ein Begrenzungsgrat auf. Diesem folgt man zunächst, verlässt ihn dann nur kurz nach links, um direkt danach wieder zu einem auffallenden Steinmann oben auf dem Grat aufzusteigen. Jenseits folgt ein steiler und nicht mehr gut ausgeschnittener Abstieg durch die Latschen, die man aber als "Griffe" gut brauchen kann. Jetzt erreicht man den südlichen Rand des Falkenstuhls und die Latschen gehen allmähllich in Wald über. Ein mit Steinmännern markierter Weg führt zunächst weiter nördlich bergab. Nach einer Steilstufe habe ich mich östlich in Richtung Fahrwegende Falkenkar gehalten. Der weglose Abstieg zu den anfangs erwähnten Jägersitzen ist recht steil und zieht sich. Nicht empfehlenswert, aber dafür gabs noch ein Bad in einer der Gumpen unterhalb des Wasserfalls. Der eigentliche Weg führt an einer Wildfütterung vorbei nordwestlich auf Hinterriss zu den Hang hinunter. Eine genauere Beschreibung folgt.

Viel Spaß!

Stefan

P.S.: Über Verbesserungsvorschläge und Rückmeldungen generell freu' ich mich!



Tourengänger: Herr_Hase


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Kommentare (1)


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Landler hat gesagt: Servus Stefan,
Gesendet am 15. Oktober 2023 um 13:58
bin deine Tour am Freitag nachgegangen, hat dank deiner ausführlichen Beschreibung vom Aufstieg her wunderbar geklappt.
Wenn man den Abstieg so wie ich, nicht kennt, und einem die Steinmandln ausgehen, ist es gar nicht so einfach hinunterzufinden.
Bin dann auch, so wie du, weglos zu den Jagastandln im Falkenkar abgestiegen.

Danke für die Anregung und Gruß aus Kufstein - Robert




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