Badus - mit Abstieg über die "Normalroute"


Publiziert von kopfsalat , 18. September 2023 um 19:01.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Surselva
Tour Datum:16 September 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   CH-UR 
Zeitbedarf: 2 Tage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Oberalppass
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Nätschen
Unterkunftmöglichkeiten:https://www.badushuette.ch/

Hatte spontan erfahren, dass ich das Wochenende einen 2-Täger nach Belieben machen kann. Fix im SAC-Hüttenportal geschaut, wo es noch freie Plätze hat. Kurzerhand in der Badushütte reserviert.

Nun galt es, eine Tour dazu zu erfinden. Auch hier half das SAC-Tourenportal.

klick: Überschreitung vom Pazolastock zum Piz Tuma: Rossbodenstock (GR/UR) 2837m

und

klack: Vom Nätschen übers Six Madun Egg (Westrippe) zum Oberalppass (Normalroute(*)): Badus / Six Madun 2928m

Zuerst klick, dann klack in umgekehrter Richtung. Fertig.

(*) obwohl "klack" als "Normalroute" bezeichnet wird, finde ich dazu keinerlei Berichte im Internet!!! Jetzt weiss ich wieso.


***

Sa, 16.09.2023

Nach dem obligaten Milchkaffee reihe ich mich am Oberalppass in die lange Kolonne der Wanderer ein, welche diesen Samstag, einer Prozession gleich, auf den Pazolastock steigen.

Die Aussicht von der Surselva bis zur Furka rechtfertigt diese Anstrengung vollauf. Nun gehts beschwingter dem Grat entlang leicht ab- und wieder aufwärts zu Pt. 2743, wo der Grüeziweg links abbiegt. (T2)

Ab hier hats keinerlei Markierungen mehr, dafür eine (noch) sehr klare Wegspur, die steil in die Martschallücke hinunterführt. Auf der anderen Seite erst leicht kraxlig, dann auf einem weiten Hochplateau zum Rossbodenstock. Hier treffe ich auch die einzigen weiteren Personen an. Das Pärchen mit leichtem Tagesrucksack und Trailrunnern meistert die technischen Schwierigkeiten zwar problemlos, hat aber keinen Plan, wo sie sind und wo sie hin wollen ... "einfach dem Grat entlang". Nachdem ich sie informiert habe, wie der weitere Verlauf so etwa aussehen wird, haben Sie sich verabschiedet und sind wohl wieder abgestiegen, denn ich habe sie später nicht wieder angetroffen. (T3)

Unschwierig zur Älplilücke Pt. 2698 hinunter. Für den Aufstieg zum Parlet brauchts neben Blockkraxeln etwas pfadfinderisches Gespür für die beste Weganlage. Der Abstieg erfolgt erst mehr oder weniger dem sich verengenden Grat entlang. Eine erste Steilstelle umgehe ich auf der Westseite, bis ich, wie immer etwas nervös, oben an der Schlüsselstelle stehe: die "etwas steinschlägige Rinne mit Kraxelstellen (I)". Naja, wie so oft habe ich mir wieder zuviele Sorgen gemacht, denn im Jura habe ich schon etliche solcher Abstieg im weglosen Gelände gemacht. Das heisst aber nicht, dass der Abstieg pipifax ist. Jeder Tritt auf den, mit losem Schutt bedeckten, Stufen will gut gesucht sein, wenn man keinen Abflug machen will. (T5)

Unten gehts dummerweise wieder all die Höhenmeter rauf, die ich eben vernichtet habe, denn aus diesem Sattel gibts keinen Direktabstieg. Etwas schlapp schleppe ich mich bei zunehmend bissigem Wind durch die grobe Blockhalde empor zum Gipfel des Piz Tuma. Hier muss ich mich zuerst warm ankleiden, bevor ich die Aussicht geniessen kann. (T4)

Der Abstieg ist erst etwas blockig, dann finde ich eine Stelle, wo ich nach Osten abdrehen kann, ohne zuerst ganz zum Älpetligrat (nicht zu verwechseln mit der Älplilücke!) absteigen zu müssen. Schon bald treffe ich so auf den nun guten Weg, der vom Grat herunterführt. Stellenweise etwas rutschig und im Wirrwarr der Gletscherschliffbuckel nicht mehr sehr eindeutig quere ich schliesslich, so gut wie möglich die Höhe haltend, zur Badushütte hinüber. (T3)

Dies ist eine Hütte, wie es sie heute leider fast nicht mehr gibt. Auf das bersteigerisch Notwendige reduziert, ganz ohne all den angeblich vom Gast geforderte Chichi, den die Hochgebirgshotellerie meint, bereitstellen zu müssen. Dafür mit einem bodenständigen, sektionseigenen Hüttenteam, das nicht im Dauerstress steht, dafür aber viel Zeit hat für anregende Gespräche. Nichtsdestotrotz zaubert dieses Team ein mundendes z'Nacht aus Gemüsesuppe mit viel Stoff und einem sämigen Risotto nach Geheimrezept auf den Tisch. Auch der geliebte Schoggipudding mit Birne fehlt nicht.

Auf der versetzten Hühnerleiter (links zuerst) gehts steil auf den Dachboden mit dem Matrazenlager. Nach einem WC-Besuch mitten in der Nacht - lang verklemmt, da 50m neben der Hütte - fühlt sich das, was von der Luft übrig ist, an, als ob man es mit dem Messer zerschneiden könnte. Ein geklapptes Fenster schafft rasch Abhilfe und schon bald reihe auch ich mich wieder in das sägende Konzert ein.

So, 17.09.2023

Es hat aufgeklart, einer Besteigung des Badus steht nichts mehr im Weg. Oder so hab ich das gedacht. Aber schon im (Wieder)-Aufstieg zum Älpetligrat werden vereinzelte Wolkenschwaden aus dem Unteralptal herübergeweht. Heute hats mehr Leute als gestern, vielleicht wissen die mehr als ich. So mache ich mich an die Gipfelbesteigung. Ein mehrheitlich gut erkennbarer Pfad führt durch den Blockschutt, sodass ich richtig erschrecke, als zu meiner rechten plötzlich zwei Schneehühner auffliegen und dann nochmal zwei und nochmal zwei. Alles viel zu schnell, um den Feldstecher, geschweige denn die Kamera zu zücken. Sie setzen sich zwar noch auf einen ca. 100m entfernten Grat, verschmelzen dann aber richtiggehend mit den Felsen, sodass ich sie selbst mit dem Feldstecher nicht mehr finden kann. Schliesslich erreiche ich den in dichte Wolken/Nebel gehüllten Gipfel des Badus/Six Madun. Aussicht null. Ein Eintrag ins Gipfelbuch. Ein Schwätzchen mit zwei Trailrunnerinnen, welche wie junge Gemslein über die groben Felsbrocken davonhüpfen. (T4)

Da sich das Wetter nicht aufklart, steige ich wieder zum Älpetligrat Pt. 2673 ab, wo das eigentlich Abenteuer dieses Wochenendes auf mich wartet. Beim Aufstieg habe ich schon ein wenig vorsondiert und mir die Stelle gemerkt, wo man am besten nach Westen absteigen kann, denn es ist weder etwas markiert noch sind Wegspuren ersichtlich. (T4)

Etwas links des Steinmännli halte ich für die beste Stelle. Zuerst steige/gleite ich taloffen durch eine Verschneidung halb auf dem Allerwertesten etwa 5m leicht schräg hinab, dann quere ich auf Schroffen ein paar Meter nach rechts, wo eine kleine, leicht schuttige Rippe einen guten Abstieg verspricht.

Für Schwindelanfällige (zum Glück zähle ich nicht mehr dazu) vorteilhaft, ist der weitere Gratverlauf des Six Madun Egg immer nur bis zum nächsten Zwischenboden erkennbar. Leider weiss man so aber auch nicht, was einen noch alles erwartet. Aber es ist alles halb so schlimm. Meist klar ausgetretene Zickzacks weisen die ideale Route über den steilen, schuttbedeckten Rücken bis nach ca. 200 Höhenmeter das lange Gras dominanter wird. Weiterhin steil aber ohne ganz so klare Spuren erreiche so schon bald einen schmalen, gut ausgetretenen Pfad, der sich auf rund 2500m dem Hang entlang zieht. (*) (T4+)

Wie im Tourenportal geschrieben: "weiter – stets auf recht deutlichen Spuren – unter dem Älpetliegg zur Geröllterrasse des weiten Rossbodenälpetli. Hier steigt man ostwärts bis unter die Steilhänge, wo man auf einen deutlichen Wildwechsel trifft. Man folgt diesem südwärts zum Six Madun Egg, einer markanten Grasrippe, die man auf etwa 2500 m".

In Gegenrichtung trifft dies fast ganz zu, nur die "stets recht deutlichen Spuren" wollen sich mir nicht zeigen. Weder weiter oben, noch weiter unten. Erst als ich den Bericht genauer studiere, sehe ich, dass die Fotos von 09/2013 stammen, also nahezu 10 Jahre alt sind. Mittlerweile ist hier alles gut mit einem Teppich aus Alpenrosen, kleinen Wacholderbüschen, Erika und Heidelbeeren bedeckt. Dazwischen ragen hie und da ein paar Felsbrocken heraus.

So eiere ich durch diese zunehmende Vergandung. Bei jedem Schritt muss ich aufpassen, nicht mit dem Fuss zwischen ein paar darunterliegende Felsen zu rutschen. Auch in den groben Blockschutthalden sind keinerlei Pfadspuren oder gar Steinmännlein zu entdecken. Nicht einmal Kot der frei und ungeschützt herumlaufenden Schafe zeigt deren Weg über die wackeligen Blöcke. Zu guter letzt  ist auch der Wind abgeflaut und die Sonne knallt noch einmal so richtig heftig in die Bergflanke. Tiefenkonzentriert erschrecke ich gewaltig, als plötzlich zwei Steinhühner vor mir auffliegen. Wie bei den Schneehühnern denke ich und will die Kamera zücken, aber schon zu spät, nochmals zwei und schliesslich ein einzelnes flattern, lauthals "quietschend" oder wie immer man diesem Geräusch sagen soll, an mir vorbei und in die Felshalde unterhalb, wo sie umgehend mit dem Stein eins werden. (T3)

Erst nach Pt. 2189 wird es leicht besser mit klareren, ehemaligen Kuhweglein, die mich zu einem Bächlein führen, wo ein grosser hellbrauner Frosch davonhüpft, bevor ich trinken und die Feldflasche auffüllen kann. Ab hier hat es einige Kuhdrähte, welche es zu unterqueren gilt. So erreiche ich bald die Alp Rossboden. Auch wenn die Station Nätschen nun zum Greifen nahe scheint, muss ich zuerst und mit immer stärker werdenem Fussbrennen (**) auf der pickelharten Alpstrasse via Schöni kehrt machen, bevor ich auf dem Wanderpfad der Strasse entlang zur Station Nätschen gelange. Die Beiz hat zu. Aber der Zug kommt in einer halben Stunde. (T2)

***

(*) Vielleicht wäre es möglich/besser dem Wildwechsel weiter talauswärts zu folgen (Spuren auf dem Luftbild erkennbar) und erst nach Umrundung der Alpetliegg über die Alp Rossboden abzusteigen?

(**) aufgrund der für Sonntag angekündigten 2° (plus Windchill) auf dem Badus habe ich mich, schweren Herzens, aber zum Wohle meiner, vorallem im Aufstieg, oft kalten Füsse, für Bergstiefel mit GTX entschieden. Rückblickend hätten es auch leichtere Schuhe, z.B. Trailrunner/Minimalschuhe getan, da die Sonne noch sehr wärmte.

NB: für die schwierigen Abstiege wie immer mit Microspikes und seit bald einem Jahr mit Alpenstock. Extrem knieschonend.

Tourengänger: kopfsalat


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Kommentare (3)


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Felix hat gesagt: Bravo
Gesendet am 18. September 2023 um 20:34
das hatte ich vor drei Jahren in ähnlicher Manier vor - nicht jedoch geschafft (wegen eines Verschlusses der mittleren Herzkranzarterie ...)

kopfsalat hat gesagt: RE:Bravo
Gesendet am 18. September 2023 um 20:46
Merci.

Wenn, dann würde ich es in umgekehrter Richtung machen. Also Nätschen - Rossbodenalp - Six Madun Egg - Badus und dann zurück über den Grat zum Pazolastock. Dadurch können die schwierigsten Stellen im Aufstieg begangen werden.

So wie ich deinen Berichten entnehme, bist du aber wieder auf dem Damm mittlerweile.

e liebe Gruess
Dani

Felix hat gesagt: RE: Bravo
Gesendet am 18. September 2023 um 21:44
deine Einschätzungen teile ich - was den Routenverlauf betrifft, und auch meine Leistungsfähigkeit (trotz zwei Vorhofflimmern haben wir eben eine teils anspruchsvolle Tourenwoche im Wilden Kaiser unternommen).

lg Felix


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