Überschreitung Vordere Loner 3048m (Westgrat)


Publiziert von Bergamotte , 16. September 2023 um 15:57.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Frutigland
Tour Datum:15 September 2023
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 1470 m
Abstieg: 1470 m
Strecke:14km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Engstligenalp
Unterkunftmöglichkeiten:Engstligenalp / Lohnerhütte
Kartennummer:1247 / 1267

Den Vordere Loner habe ich bereits im Sommer 2022 überschritten. Mein Abstieg durch die Witi Chume ist mir in unangenehmer Erinnerung geblieben - Finger weg von dieser durch und durch mühseligen Route! Dafür kann der Berg nichts; so wollte ich ihm heute eine zweite Chance geben. Als Abstieg wählte ich heute klugerweise meine damalige Aufstiegsroute über den Südgrat (Normalroute). Aufgestiegen bin ich über den Westgrat: was für ein Leckerbissen und gar nicht besonders schwierig. Ein zwingendes Abseilmanöver verleiht der Route zudem das gewisse Etwas.

Es passiert kaum noch, dass ich morgens vor einer Bergtour lieber im Bett liegen bleiben möchte. Ausnahmen bestätigen die Regel, so wie heute: der Bauch schwer vom (zu) üppigen Abendmahl, der Regenradar trüb. Irgendwann raffe ich mich doch auf und starte eine Stunde später als geplant auf der Engstligenalp (1962m). Ich hätte ruhig noch länger warten können... denn es regnete. Ich ziehe rüber in den Kessel von Ärtele, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Prompt rutsche ich auf dem schmierigen Boden aus, die Hose braun von oben bis unten. Ach, wie gemütlich wär's zuhause.

Ich geb mir einen Ruck und will mindestens bis zum Mittaghorn laufen. Und prompt, bei einem kleinen Päuschen auf dem Luser (2182m), entdecke ich im Westen blauen Himmel, schnell näher kommend. Auch die Sonne sollte sich später noch grosszügig zeigen. Das Launenbarometer zeigt nordwärts, genau wie der Lohnerweg, dem ich bis in die Witi Chume folge. Der Aufstieg zum Mittaghore (2678m) fehlt auf der LK, ist aber wbw-markiert und grosszügig mit Ketten versichert (T4). Als Aussichtskanzel hoch über Adelboden gibt er durchaus ein selbständiges Ziel ab, bei mir ist er heute nur Durchgangsstation.

Ich montiere schon mal den Klettergurt und steige ich den Westgrat ein, der bis P. 2807 eher ein Nordgrat ist. Dieser erste Aufschwung besteht aus abwärts geschichtetem Fels, technisch gutmütig, typisches T6-Gelände. Die heutige Nässe bekommt ihm allerdings schlecht: komplett schmierig. Entsprechend konzentriert gehe ich zu Werke, die üppig gesetzten Sicherungsstangen sind vor diesem Hintergrund durchaus sinnvoll. Sie vermitteln zudem die einfachste Linie in der doch recht breiten Flanke. P. 2807 lässt man links liegen, was vor Ort offensichtlich ist (Wegspur, Steinmann). Die (gefühlten) Schwierigkeiten nehmen nun deutlich ab, es folgt schöne Kletterkraxelei (I-II). Das ändert erst nach einem markanten Aufschwung, wo das Gelände in einen schmalen, reichlich ausgesetzten Grat übergeht. Auch hier bleiben die klettertechnischen Schwierigkeiten im Rahmen. Der Führer meint 3a; kann man vertreten, aber nur sehr lokal, auch 2c wäre m.E. nicht verkehrt. Die Ausgesetztheit dürfte für die meisten Begeher das grössere Thema sein. Vereinzelt stecken neuere Haken, aber der ambitionierte T6-Gänger fühlt sich hier pudelwohl. Der Kalkstein ist übrigens bombenfest und wunderbar zu klettern.

Der Grat endet bei der soliden Abseilstelle mit Muniring (ca. 10m). Selbst aufwärts würde ich hier nicht klettern wollen (Haken vorhanden). Mit 25m Seil ist man komfortabel dabei. Der Grat zieht danach direkt weiter, geht aber bald in gehobenes Gehgelände über und ehe ich mich versehe, stehe ich bereits auf dem Vordere Loner (3048m) mit Gipfelbuch und -kreuz. Wie meist in den Bergen hat es sich gelohnt, auf die Zähne zu beissen. Der trübe, schlecht gelaunte Start ist Geschichte; ich freue mich über die erlebnisreiche Route - definitiv ein Tipp, gemäss Gipfelbuch allerdings kein geheimer - und die prächtigen Wetterstimmungen. Nach Kaffee und Nussgipfel mache ich mich an den zügigen Abstieg über den bekannten Südgrat. Ich folge der Wegspur, die bei einem Steinmann endet. Hier wird links (ostwärts) durch eine Steilflanke abgestiegen. Dieser Passage verdankt die Route (zu recht) die T6- des Führers, bei Nässe unangenehm bis heikel. Es sind drei Sicherungsstangen vorhanden.

Nach diesem ca. 50Hm-Abschnitt geht's wild, aber gutmütiger weiter (T5). Man achte auf Steinmänner und Wegspuren, verlaufen einfach möglich, aber nicht tragisch. Im Gegensatz zur offiziellen Route begehe ich dieses Mal auch den untersten Teil des Südgrats (Die Normalroute umgeht sie erneut ostseitig mit einfachem Abstieg durch eine Grasrinne). Kann man machen, muss man nicht (vor allem im Abstieg); für den Aufstieg möchte ich die Variante aber durchaus empfehlen (kurz T6/II, meist T4). Auf dem Schedelsgrätli erreiche ich wieder das offizielle Wanderwegnetz. Ich quere durch die Nordflanke des Tschingellochtighorns - von allen Seiten ein Blickfang - und rasant geht's über den Ärtelegrat zurück zum Ausgangspunkt Engstligenalp.


Zeiten (kum)
2:00  Mittaghorn
3:20  Vordere Loner
4:35  Engstligenalp

Tourengänger: Bergamotte


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