Parinacota


Publiziert von frmat , 24. August 2023 um 15:39. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Bolivien » Cordillera Occidental
Tour Datum: 4 August 2023
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: BOL   RCH 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1250 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Collectivo ab Patacamaya/Paso Tambo Quemado oder Bus La Paz-Arica bis zum Abzweig nach Sajama. Privattransport ins Basecamp 1200 Bolivanos pro Auto.

Mit der Besteigung des *Acotango schreitet unsere Akklimatisation weiter voran. Einziges Manko: die höchste Übernachtung hatten wir bisher in Sajama, und das liegt nur auf 4240 m. Aus diesem Grund haben wir den Parinacota in zwei Tagen geplant.

Zunächst fahren wir (erneut für kleines Geld) in einer knappen Stunde von Sajama ins Basislager. Dieses ist eine schmuddelige Steinhütte auf 5150m, wo wir die Nacht verbringen möchten. Vor der Tür empfängt uns eine Müllsammlung in einem großen Fass. Zwischen Zementsäcken und verschimmelten Matratzen richten wir uns mit Kocher und Schlafsack ein. Über die Toilette verliere ich lieber keine Worte.
Anschließend wandern wir auf sandiger Spur in Richtung des Sattels zwischen Parinacota und Pomerape. Kurz vor diesem biegen wir links ab und ersteigen in Serpentinen noch einmal 200 Höhenmeter. Eine Gruppe Brasilianer, denen wir auch schon am Acotango begegnet sind, kommt uns entgegen. Alle haben den Gipfel erfolgreich bestiegen. Nach einem kurzen Austausch über die Verhältnisse weiter oben lassen wir die Gipfelstürmer ziehen und ruhen noch etwas in der Höhe aus.
Die Nacht wird wieder erwarten passabel und weit wärmer, als es das zugige Loch zunächst versprach.

Punkt 1 Uhr erinnert uns der Wecker an unser Vorhaben. Rastlos würgen wir einige Kalorien runter, wissentlich, dass wir sämtliche Energie brauchen werden.
Über die bekannte Route steigen wir äußerst langsam zu jenem Punkt auf, der gestern unsere Umkehr markierte. Ab hier betreten wir Neuland. Wenige Minuten später gehen die offensichtlichen Serpentinen in einen kurzen Blockgrat über. Da wir nur eine Stirnlampe dabei haben, (die andere liegt La Paz) gestaltet sich die Wegsuche etwas länger, 2 bis 3 Verhauern sei Dank. Mittlerweile wird es jedoch hell, und das Problem der Wegsuche erübrigt sich.
Bald öffnet sich der Blick in die Gipfelregion, obschon noch einige Stunden Arbeit vor uns liegen. Die erste Lektion nennt sich Büßereis, hierzulande Penitentes genannt. Wer es bereits erlebt hat, weiß wovon ich rede. Auf den Bergen in Trockenregionen bilden sich Eisnadeln, die zwei Meter in die Höhe wachsen können. In unserem Fall beträgt die Höhe zwar nur einen halben Meter, das reicht aber aus, um unsere Nerven und unsere Kräfte aufzuzehren, zumal wir uns bereits an der 6000-Meter-Marke befinden. Einige der Penitentes besitzen gar die Frechheit unter unserem elfengleichen Gewicht zu zerbrechen, was in schöner Regelmäßigkeit zu akustischen Wutausbrüchen führt, insbesondere im Abstieg. Glücklicherweise kann uns dabei niemand hören, denn wir sind völlig alleine am Berg. Dieser Umstand wird uns so richtig bewusst, als wir feststellen, dass wir im Notfall keinen Empfang hätten, um jemanden zu benachrichtigen. Bis auf das Büßereis bleibt der Parinacota heuer aber ein reiner Wanderberg, und so gelangen wir nach quälenden Stunden schließlich zum Kraterrand.
Doch damit nicht genug der Pein, denn den riesigen Teufelsschlund erreichen wir an seinem tiefsten Punkt. Hoch oben krönen einige Felszacken das weite Rund, und dahin schleichen wir nun hinauf. Der erste Kamerad ist der North False Summit, dicht gefolgt vom North Summit. Hier dürfte für die meisten Aspiranten Endstation sein. Beide Vorgipfel werden von uns jedoch überschritten, denn wir wollen noch weiter. Wir gönnen uns natürlich auch noch den Northwest Summit, auch True Crater Summit genannt, mit 6357 m der höchste Punkt dieses Bilderbuchvulkans.
Die Freude ob des erreichten könnte größer kaum sein. Das Gefühl alleine auf einem 6000er zu stehen, ist unbeschreiblich. Um uns herum herrscht absolute Stille, kein Windhauch trübt das Erlebnis. Neben dem gigantisch großen Sajama beeindruckt die Nahsicht zum Pomerape, dem etwas niedrigeren der beiden Zwillinge.
So mühsam Vulkane im Aufstieg sind, so genial gestaltet sich oft der Rückweg. Bis auf die Penitentes nutzen wir meist Schuttreißen und stehen nach gut 2 Stunden bereits wieder in Sichtweite des Basislagers. Unser Taxi erlöst uns eine Stunde früher als ausgemacht, und wir verbringen danach einen entspannten Abend in Sajama.

Am Folgetag überlegen wir, was wir mit der gewonnenen Akklimatisation anfangen könnten. Zur Diskussion stehen der Pomerape und natürlich der Sajama selbst. Die Entscheidung fällt, als wir von einer anderen Gruppe erfahren, dass deren Besteigung im Highcamp aufgrund von Penitentes beendet war. Ehrlicherweise fällt es uns nicht schwer aufzubrechen. Zweimal haben wir uns geschundenen, nun ist Zeit zum Relaxen. Und das tun wir, wie könnte es anders sein, mit einem *5000er im Dunstkreis von La Paz. Der Weg dorthin ist nochmal spannend: vom Passo Tambo Quemado nutzen wir diesmal ein Collectivo, also einen Minibus, der fährt, wenn er voll ist. 2,50 Euro kostet uns der Spaß. Zwar ist das Auto mit 10 Leuten auf 9 Plätzen nicht sonderlich überladen, jedoch sei erwähnt dass der Bolivianer gerne mit Gepäck reist, viel Gepäck. Zudem war einer der Sitze nur ein Gartenstuhl aus Plastik. Mit meinen fast 2 Metern Körpergröße vergingen die Stunden nach Patacamaya ähnlich lang wie der Weg auf den Parinacota...


Tourengänger: frmat, Benniben


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Kommentare (2)


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Vielhygler hat gesagt: Sehr guter Bericht!
Gesendet am 24. August 2023 um 20:21
Bin besonders beeindruckt von den großartigen Bildern!

frmat hat gesagt: RE:Sehr guter Bericht!
Gesendet am 24. August 2023 um 20:57
Besten Dank. In der Tat eine malerische Gegend und sehr beindruckend.


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