Fernerköpfl (3249 m) - zum Zweiten und Letzten


Publiziert von Uli_CH , 8. August 2023 um 17:58.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 7 August 2023
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 1900 m
Strecke:ca. 21.5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Strasse von Sand in Taufers Richtung Rein. 300 m nach Beginn des Wanderwegs ins Gelttal links grosser, kostenfreier Parkplatz.
Kartennummer:Tabacco 035, Ahrntal - Rieserferner Gruppe (1:25'000); KOMPASS-App mit Offline-Wanderkarte

Auf dem Fernerköpfl war ich schon *einmal, kapitulierte aber aus der Ferne vor dem gesicherten Felsturm auf dem Weg zum Schneebigen Nock. Jetzt wollte ich mir das Ganze noch einmal aus der Nähe anschauen.

Ich laufe das kurze Stück an der Strasse entlang zurück, quere den Reinbach, passiere die Putzach Alm und nehme den steilen, gut angelegten Steig durch lichten Lärchenwald unter meine Stiefel. Nach einer guten Stunde habe ich die Steilstufe hinter mir, das Gelände wird flach, das Tal weitet sich. Ich erreiche die Äussere Gelttalalm.

Durch den wunderschönen Talboden geht's weiter zur Inneren Gelttalalm, die auf einem kleinen Absatz thront. Das Ende des Talkessels wird sichtbar und der Weg beginnt rechts an dessen Flanke - teils über Gletscherschliffe - anzusteigen. Der Anstieg zieht sich. Schliesslich erreiche ich ein Kar, das von der Gelttalspitze abgeschlossen wird. Irgendwie windet sich der Pfad auch hier hoch und erreicht - eine niedrigere Spitze links liegen lassend - wieder flacheres Gelände. Mittlerweile weht in dieser Höhe ein eiskalter, stürmischer Nordwind. Ich habe die Handschuhe zu spät angezogen und habe klamme Finger.

Als ich nach insgesamt dreieinhalb Stunden die Rieserfernerhütte erreiche (ausgeschildert sind 4:10 Std.), stärke ich mich erst einmal mit einer Minestrone und versuche, mich so gut es geht aufzuwärmen. Wie ich erst abends beim Blick auf die Wetter-Südtirol-App feststellen werde, liegt die Nullgradgrenze heute bei tiefen 2700 Metern.

Gestärkt verlasse ich die Hütte und wende mich im Sturm Richtung Fernerköpfl. Ein italienischsprachiger Wanderer, mit dem ich heute Vormittag an der Äusseren Gelttalalm Grüsse ausgetauscht habe, kommt mir entgegen und warnt mich vor dem Sturm auf dem Gipfel - des Fernerköpfls, wenn ich ihn richtig verstanden habe.

Als ich den Windschatten der Gelttalspitze erreiche, wird es angenehm. Oft lugt die Sonne hinter den Wolken hervor. Ich schlaufe meine Hände in die Teleskopstöcke ein, ein untrügliches Zeichen, dass ich das T2-Gelände verlasse. Über grobes Blockwerk geht es weiter. Ich quere ein paar Schneefelder und halte auf den Gipfelaufbau des Fernerköpfls zu. Auf dem Weg von der Hütte habe ich ein paar Wanderer getroffen, aber jetzt bin ich alleine. Ich gewinne an Höhe und komme in die Zone, in der in den letzten Tagen Schnee gefallen und auf den Felsblöcken liegengeblieben ist. Aufpassen ist angesagt. Schliesslich erreiche ich nach den an der Hütte ausgeschilderten 1:20 Std. den Gipfel.

Im Gipfelbuch finde ich einen Eintrag von gestern, der anmerkt, dass der Schneebige Nock dannzumal wohl nicht machbar wäre und dass der Schreiber über den Ferner zur Kasseler Hütte absteigen werde. Im Gegensatz dazu sehe ich frische Spuren im Schnee, die auf den versicherten Felsturm auf dem Weg zum Schneebigen Nock zulaufen. Meine Neugier ist geweckt und ich folge ihnen. Im Gegensatz zum letzten Besuch kehre ich nicht ehrfurchtsvoll nach der Hälfte der Strecke um, sondern gehe weiter bis zum Fuss des Turms.

Steil ragt der versicherte Steig in den Himmel. Schon die erste, senkrechte Steilstufe bereitet mir trotz der Kette Mühe. Ich finde keine gescheiten Tritte und Griffe und meistere sie erst im zweiten Anlauf. Wer weiss, wie es weiter oben aussieht? Der Abstieg zurück in die Senke ist auch nicht so meine Sache, da ich die Tritte nicht sehe. Ich breche die Übung also ab und anerkenne, dass ich die Grenzen meines Könnens an diesem Ort erreicht habe. Befriedigt ob dieser Einsicht kehre ich zum Gipfel des Fernerköpfls zurück und beginne mit dem Abstieg auf meinem Anstiegsweg.

Als ich aus dem Windschatten der Gelttalspitze herauskomme, pfeift mir der Sturm wieder wie auf dem Hinweg um die Ohren. Auf dem Gipfel selber war es relativ ruhig. Ich lasse die Hütte links liegen und mache mich auf den mit 2:50 Std. ausgeschilderten Abstieg. Beim Abstieg zieht sich der Weg nicht minder. Ab und zu kommt die Abendsonne durch die Wolken und taucht die Berge vor oder hinter mir in warmes Licht. Abgesehen von Personen an der Inneren Geltalalm bin ich die letzte Seele, die um diese Uhrzeit noch herumstreunt. Da ich mit meiner Familie ein Restaurant zum Abendessen reserviert habe und die Zeit knapp wird, beschleunige ich meinen Schritt. Trotzdem benötige ich ab der Hütte drei Stunden bis zur Ankunft am Parkplatz.


Die Überschreitung des Schneebigen Nocks habe ich definitiv aus meiner Projektliste gestrichen. Die Bezwingung des Felsturms liegt dann doch ausserhalb meiner Fähigkeiten. Positiv zu vermerken bleibt, dass ich fitter bin als auf der Tour vor vier Jahren und schneller im Gipfelaufstieg war (4:50 Std. statt 5:20 Std.) - und das unter erschwerten Bedingungen.
 
Orientierung: Einfach. Bis zum Gipfel ausgeschildert und markiert.

Ausrüstung: Alpinwanderausrüstung, inkl. fester Bergschuhe mit rutschfesten Sohlen, Teleskopstöcke.

Führer: Hanspaul Menara, Die schönsten 3000er in Südtirol, 3. Auflage 2014, Tour 60

(Dies ist ein Tourenbericht. Es handelt sich daher um meine persönlichen Gehzeiten und meine subjektive Einschätzung der Schwierigkeit ohne Anspruch auf Objektivität. Jeder, der diesen Tourenbericht als Basis für eine eigene Unternehmung verwendet, ist persönlich für seine eigene Sicherheit und diejenige allfälliger Schutzbefohlener verantwortlich.)

Tourengänger: Uli_CH


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