Schneebiger Nock 3358m - Im ewigen Eis


Publiziert von georgb , 25. August 2024 um 16:53.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:24 August 2024
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2- (WS-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 2200 m
Abstieg: 2200 m

Es gibt in der Rieserfernergruppe nur noch wenige Gletscher, die diesen Namen verdienen, einer davon ist der Westliche Rieserferner, das meiste andere "ewige Eis" ist mehr oder weniger verschwunden. Dass ich ihn heute betreten habe, war nicht geplant, aber er hat mich anscheinend gerufen!?
Ursprünglich wollte ich nur einer alten Tour die Fotos hinzufügen und den Schneebigen Nock von Nord nach Süd überschreiten. Die Gelegenheit war passend, Freunde von mir sind auf dem Weg zur Rieserfernerhütte und haben mir einen Shuttledienst für später zurück zur Säge angeboten.
Ich starte früh und fühle mich heute überraschend frisch. Ich bin gut unterwegs und unter der Kassler Hütte am Abzweig zum Schneebigen Nock kommen mir Gedanken in den Kopf. Angeblich gibt es einen alternativen Anstieg zum "Schneabign" über den Nordostgrat im I/IIer Gelände, in alten Führern ist er noch beschrieben.
Ich folge einer deutlichen "traccia di tratturo", die von Osten an den Grat heranführt. Allerdings bewegen sich hier nur noch Schafe, von den erhofften Steinmännern oder gar Markierungen ist nichts zu sehen. So stehe ich irgendwann auf 2800m vor einem ersten felsigen Aufschwung am Grat und vor einer Entscheidung. Seitliche Umgehungen schließen sich in dem haarsträubenden Bruch aus und ich steige ein Stück direkt an. Im 2er Gelände machbar, aber was mich dahinter erwartet ist ungewiss, alles andere als einladend, ich breche ab.
Doch wie komme ich jetzt zur Rieserfernerhütte? Die Querung zum Normalweg ginge zwar, aber mit viel Höhenverlust und durch wildes Abbruchgelände, lieber wende ich mich nach Osten, dem Westlichen Rieserferner entgegen. Mit einem kurzen Abstieg betrete ich die Ausläufer des Gletschers und steige im Geröll an seinem Rand aufwärts. Irgendwann schimmert es zum erstenmal unter meinen Füßen: ewiges Eis, immer wieder ein besonderes Gefühl. Wenig später betrete ich dann den Gletscher, lege die Eiskrallen an und quere Richtung Fernerköpfl.
Dieser Abschnitt des Westlichen Rieserferners ist gutmütig, nicht steil und quasi spaltenlos. Ich komme bequem an den Fuß des Fernerköpfls und an die Markierung. Mein Plan hat sich jetzt natürlich entscheidend geändert, statt von Norden steige ich von Süden auf den Schneebigen Nock.
Und dieser Aufstieg ist ein abenteuerliches Unternehmen, inzwischen gibt es zwei! mit Ketten versicherte, senkrechte Felsaufschwünge und eine Gruppe kommt mir gar mit Klettersteigset entgegen! Das Gelände verändert sich, das Rieserfernergestein bröckelt vor sich hin und auch beim finalen Gipfelaufschwung kommt man mit einer Hand nicht mehr weiter.
Am Gipfel schaue ich auf die Uhr, zur Rieserfernerhütte werde ich es jetzt nicht mehr rechtzeitig schaffen. Eine SMS sollte genügen "Ich steige zur Kassler Hütte ab!" Nutzlos, da die Kolleginnen an der Rieserfernerhütte und im gesamten Geltal ohne Empfang sind!? Werden sie meine Planänderung antizipieren, ich hoffe es.
Zunächst konzentriere ich mich auf den Abstieg, denn auch der Normalweg von Norden ist kein Spaziergang. Zwar braucht es keinerlei Gletscherberührung mehr, aber dafür bricht immer wieder etwas ab, eine Stelle ist mit Drahtseil versichert und die Hände müssen definitiv aus den Hosentaschen.
Der Weg ist aber bestens markiert und gepflegt, ich komme gut durch das Felsenlabyrinth und die Kassler Hütte lockt. Doch im Zoom sichte ich Menschenmassen und verliere die Lust. Stattdessen steige ich direkt ab und ein neuer Gedanke kommt mir in den Kopf, ich werde den Freundinnen ein Stück entgegengehen, zu meiner eigenen Strafe und weil ich nichts besseres vorhabe ;-)
Immer noch haben sie meine Nachrichten nicht erhalten, sie werden sich doch keine Sorgen machen? Ich stelle den Wagen am Parkplatz zur Rieserfernerhütte ab und folge dem Erlanger Weg, zu den Kolleginnen und den zu erwartenden Vorwürfen.
Nach einer knappen Stunde kommen sie mir entgegen, wir kennen uns gut, ein vielsagender Blick genügt ;-) Aber sie haben meine Planänderung schon geahnt, in Frieden steigen wir gemeinsam ab und verabschieden uns von den Rieserfernern und dem ewigen Eis.

Tourengänger: georgb


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