Mit statt ohne Seil...

Für eine geplante längere Gratüberschreitung wollte ich abklären, ob sich als Zugabe das Grosse Lobhorn über die S-Wand im Auf- und Abstieg seilfrei klettern lässt. Bei angekündigten Aufhellungen im Lauf des Vormittags startete ich mit ersten Sonnenstrahlen zuversichtlich in Sulwald, musste dann aber schon auf Suls einen letzten Regenschauer unter dem Vordach der Alphutte aussitzen. Als ich schliesslich beim Einstieg anlangte, hatte auch das leichte Nieseln aufgehört, und die noch nassen Felsen begannen zu trocknen. Nach einem seilfreien Versuch und mehreren gesicherten Versuchen fand ich endlich eine kletterbare Linie über die im Führer mit L bewertete Rampe zu den Ketten. Diesen entlang gelangte ich zur klassischen Route zwischen IV. Zahn und Grossem Lobhorn, die ich aber nur mit einmal Einhängen auf dem Band und zweimal Einhängen und zuletzt Seilsicherung in der Verschneidung schaffte. Derart ernüchtert, kam auch ein seilfreies Abklettern über die S-Wand nicht in Frage, und so seilte ich mich über die eingerichtete NW-Kante ab. Entlang dem Sulsbach und vorbei an den beiden Sulsseeli und weidenden Kühen wanderte ich, begleitet vom Spiel von Sonne und Wolken, zurück nach Suls und auf dem Bergweg hinunter nach Sulwald, bereichert um die Einsicht, ohne Zugabe auskommen zu müssen, und um einen weiteren erholsamen Tag in den Bergen. 

Zustieg von Sulwald
Von der Bergstation Sulwald (1519m) auf dem weiss-rot markierten Bergweg (wr) über Suls (1901m), Sousegg (2149m) und Schwarze Schopf (2285m) zum Einstieg (ca. 2450m) auf einem Geröllkegel S unter der Lücke zwischen IV. Zahn und Grossem Lobhorn, 2h, T3.

Grosses Lobhorn
Aufstieg S-Wand: vom Einstieg (ca. 2450m) über eine gestufte Rampe (IV-, Zwischensicherungen mit Camalots und Rocks) von links zur SSW-Kante vom IV. Zahn hoch und entlang von Ketten über diese hinauf (frei IV) zu Stand. In der SW-Wand gut gestuft hinauf und auf einem Band (III+, Hk) hinab in die Lücke zwischen IV. Zahn und Grossem Lobhorn, Stand. In dessen S-Wand auf grasdurchsetzten Bändern zu einer Stufe, über diese hinauf (II+, Bh) und weiter zu Stand. Durch eine Verschneidung (IV-, Bh, Hk) zu Stand auf dem NE-Grat, und über diesen (II-III, Hk) auf den Gipfel (2565m), 1h, ZS.

Abstieg NW-Kante: vom Gipfel (2565m) je 15m und 20m abseilen, dann über gutgriffige Stufen abklettern (I-II), und nochmals je 15m und 20m zum Lobhornsattel (2474m) abseilen, 15-30min, WS.

Abstieg über die Sulsseeli
Vom Lobhornsattel (2474m) nach NE über Geröll und Gras und entlang dem Sulsbach zum Obers Sulsseeli (2192m). Nach E durch die SE-Flanke vom Fürtal hinab zur darunter liegenden Schwemmebene (ca. 2050m) und entlang dem Sulsbach bis zu deren E Begrenzung. N vom Grätli (2109m) zwischen Flühen auf steilem Gras nach E hinunter (Durchschlupf), und nach NE auf Geröll und Weide zum Sulsseeli (1921m). Von diesem wr über Suls (1901) zurück zur Bergstation Sulwald (1519m), 1h 30min, T4.

Verhältnisse: bei mässigem W-Wind zuerst Restbewölkung mit Regenschauern, dann zunehmend sonnig und mild. Wege, Gras und Felsen zu Beginn nass, dann weitgehend trocken.

Material: übliche Kletterausrüstung mit 50m 7,5mm Zwillingsseil (1 Strang), 3 Schlingen, 6 Express, 3 mittleren Camalots und 1 Satz Rocks.

Fahrplan: 9 Uhr Start, 11 Uhr Einstieg, ca. 45min Reko, 13 Uhr Gipfel, 15.15 retour.