Adula+

Lange wilde Tour von San Bernardino zum Albula via dell’amicizia und am nächsten Tag die Alta Val Carassino.

Auf den höchsten Tessiner wollte ich schon länger. So kam mir das Schönwetterfester und meine Ferien gerade recht. Mit Übernachtung in San Bernardino und Start um 04.40 zum Pass de Omenit bei leichtem Nebel. Das Stabital wild und verlassen. Markierungen nur noch selten und schwach zu sehen. Zu Beginn T3, gegen Ende dann T4+. 
Der Weg zum Puntone dei Fraciòn mit einem linksbogen über Felsbänder (T3). Kurs vor dem Pass de Stabi sind die neuen Markierungen der Via Alta Crio ersichtlich. Die WeissBlauWeiss Markierungen sind nur von dieser Seite ersichtlich, das wurde scheinbar auch so gewollt, sagte mir man in der Adulahütte. Den Markierungen folgen via der Ostflanke zum Puntone dei Fraciòn.
Ab da alles dem Grat entlang. Die neuen Markierungen helfen dabei. Beim Pizzo Baratin laufen die Markierungen rechts (Westen) unter dem Gipfel durch. Eine Überquerung ist aber möglich (T5).
Beim Passo dei Cadabi bin ich via Osten den Steinmännern hochgestiegen, da ich den Logia ausliess.

Jetzt heisst es entscheiden: Runter zur Capanna Quarnei, oder die lange, schwierige, ausgesetzte Kletterroute via dell’amicizia zum Gipfel nehmen. Ich entschied mich, das grosse Projekt anzugehen. Schon nach dem ersten Turm merkte ich, wie das ganze Klettern sehr ausgesetzt ist. Ein Abbruch ist nun kaum mehr möglich. 
Zeitlich liege ich noch im Rahmen, aber ich musste mir mehr Zeit nehmen für die permanente Konzentration. Jeder Griff, jeder Tritt überprüfte ich. Klettern immer im 3-Punkte Stil. Die Wegfindung nicht immer klar, aber das ist eine meiner Stärken, das Routengespür und die mentale Stärke auch bei ausgesetzten Stellen. 
Beim Erblicken vom grossen grauen Turm stockte mir den Atem. Fast senkrecht ging es hoch. Umgehung links? Ja, das muss es sein! Als ich jedoch am Fuss vom Turm stand, sah ich alte Spuren, die etwas rechts vom Sattel direkt hoch führten. Steil und ausgesetzt, aber machbar. Es gibt immer wieder viele Stellen, die man sichern könnte, ich aber war ja allein und somit habe ich auch kein Seil dabei. Der rote Turm links (Osten) via Schnee und Eis umgehen. Ich zog dafür meine Steigeisen an. Wieder zurück zum Sattel, der letzte grosse Aufschwung. Ich zog etwas zu früh in die linke Rinne hinein, die war grausig brüchig. Erst ganz oben queren nach links in die Rinne und so der letzte Aufschwung zum NordWest Gipfel nehmen. Ab da den Grat und den blauen Punkt (via Val Malveglia) folgen zum Gipfel.
Abstieg via Normalweg zur Hütte. Müde und erschöpft habe ich netterweise noch was zu trinken und Essen bekommen. Die Hütte fast leer. Geschlafen habe ich nicht gut, viele Erinnerungen an diese Tour kamen hoch. Sicher eine Grenzerfahrung für mich, speziell die extreme Ausgesetztheit vom Soloklettern.

Am nächsten Morgen gemütlich runter und hoch zur Alta Val Carassino. Die ist meist gut gekennzeichnet und im Bereich T5. Die Schlüsselstellen sind mit Ketten versehen. Der Sosto lies ich aus und stieg via Tunnel zum Lago di Luzzone und runter nach Campo Blenio. Nach eine Mitfahrt via Autostopp mit dem Bus ab Olivone über den Lukmanier. Wären der Busfahrt hat es gehagelt und Starkregen viel. Viele Wanderer waren wohl beim Pass überrascht worden, so füllte sich der Bus rasch mit nassen Wanderern.