Tschingel Bells, Tschingel Bells
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Für das Gebiet zwischen Grindelwald und Brienzersee konnte ich mich nie recht begeistern. So lassen sich meine Besuche vor Ort an einer Hand abzählen. Diese Abneigung wollte ich heute hinter mir lassen. Als Therapie haben sich ausgiebige Grattouren bei mir immer noch bewährt - auch heute.
Vom Touristenrummel zwischen Schynige Platte, Faulhorn und First bleibt man auf dieser Überschreitung garantiert verschont, abgesehen von Start (Axalp) und Ziel (Rosenlaui) natürlich. Tatsächlich dürften Gipfel wie das Gärstenhorn und der Garzen bloss eine Handvoll Begehungen pro Jahr aufweisen. Die Überwindung der Gärstenlücke verleiht der Unternehmung die nötige Würze. Und auch am Wildgärst-Westgrat darf man sich nach Bedarf austoben. Davon abgesehen ist das eine stimmige Alpinwanderung, die sich auch zügig absolvieren lässt.
Der erste Bus hoch zur Axalp (1535m) fährt spät, zu spät angesichts familiärer Pflichten und Wetterprognose. So setze ich heute auf eine Auto-ÖV-Kombi und kann bereits um sieben Uhr loslegen. Eindrücklich thronen der Tschingel, das Axalphorn und vor allem die Oltschiburg über dem Bergdorf, ihre Felswände lassen sich nordseitig nur an wenigen Stellen überwinden lassen. Im Zustieg zum ersten Gipfelziel, genanntem Tschingel (2243m), steige ich weglos den Weiderücken der Windegg zur Bergstation des Sessellifts hoch. Bald treffe ich eine passable Wegspur und allerhand Drahtseile (ohne Benutzung: T5), die gekonnt den felsigen NW-Kamm überwinden. Übrigens, zahlreiche Edelweiss säumen die Route.
Oben öffnet sich mir eine komplett neue Welt; wie gesagt, dass Gebiet war mir bisher zu grossen Teilen unbekannt. Auch der Fliegerschiessplatz Axalp-Ebenfluh bietet allerhand zu entdecken. Etwas ehrfürchtig blicke ich zum Abschnitt Gärstenlücke - Wildgärst hoch, der wilde Grat markiert das heutige Pièce de Résistance. Zunächst aber gönne ich mir den (fakultativen) Abstecher zum Axalphorn (2321m), zuletzt recht luftig und mit entsprechend lohnendem Tiefblick Richtung Brienzersee.
Zurück bei P. 2238, wo sich auch der Kommandoposten des Schiessleiters befindet, mache ich mich an den Aufstieg zum Gärstenhorn (2798m) über dessen Nordgrat bzw. -flanke. Das ist meist Gehgelände, bloss unterhalb von P. 2492 werden kurz die Hände benötigt. Zuletzt die breite Geröllhalde hoch bis zum Gipfel, wo sich erneut unbekannte Aussichten öffnen. Kurze Stärkung für das anstehende Schlüsselstück.
Mit dem Abstieg in die Gärstenlücke (2675m) beginnt die Affiche noch harmlos, T5. Im Sinne eines Passes (Nord-Süd) wird die Lücke wohl kaum bis nie benutzt, möglich wär's jedoch (geschätzt T6-). Als scharfe T6 muss jedoch meine West-Ost-Begehung bezeichnet werden. Rittlings geht es abwärts über teils brüchigen Fels, teils stelle ich mich auf nordseitige Gesimse. Umgekehrt wäre wohl etwas einfacher. Es hat sich gelohnt, für diese Tour mein zweites Paar La Sportiva Aequilibrium einzuweihen, man wünscht sich hier maximalen Grip angesichts von Nulltoleranz. Wem das alles zu haarig ist, kann eine südseitige Umgehung durch den Chessel wählen. Bald legen sich die Schwierigkeiten wieder und in schöner Kletterkraxelei geht es den Wildgärst-Westgrat hoch (T4-T5). Am Schlussaufschwung wartet in Form eines markanten Felsturms ein weiteres Hindernis. Der Direktangriff wäre eine III und vor allem extrem ausgesetzt. Links, aber vor allem rechts sind klein- bis grossräumige Umgehungen möglich. Ich hatte genug Nervenkitzel und halte mich rechts, wo ich bei erster Gelegenheit eine markante Felsrinne hochsteige (T6-). Sie entlässt mich direkt aufs Gipfelplateau des Wildgärst (2890m), den wohl bekanntesten Gipfel des Tages, am heutigen Montag jedoch verwaist.
Im Weiterweg über den Kamm nach Osten ist Einsamkeit wohl an jedem Wochentag garantiert. Dabei bleiben die Schwierigkeiten überschaubar, das ist grösstenteils Gehgelände. Die Schneefelder sind zurzeit eher hinderlich denn hilfreich: mal tragen sie, mal bricht man knietief ein - das kann schnell mal mit Beinbruch enden. Zwingend braucht es die Hände nur am kurzen Schlussaufschwung vom Garzen (2711m). Passender wäre wohl "Warzen" angesichts derartiger Felstürme zuvor am Schwarzenberg-Grat. Die kurze Pause verlege ich auf den östlich vorgelagerten Balkon, wo das Gelände abrupt zum Wandelgrat abbricht.
Den letzten Höhepunkt bildet die Begehung des langgezogenen Grindelgrats. Das sind ab Sattel immerhin knapp 3km. Im allerersten Aufschwung wird der Grat bald schmal und luftig. Die sich nun auftürmenden Felstürme umgeht man am besten durch eine nordseitige Mulde (links). Ab hier bewegt man sich fast durchgehend auf einem gutmütigen Graskamm, den man jederzeit nach Süden absteigen könnte. Bloss zwei Mal noch werden die Hände benötigt: bei einem kurzen Abbruch, der rechts umgangen wird (T4) und dann unmittelbar vor Erreichen des Tschingels (2325m), T5+.
Gutgelaunt angesichts der gelungenen Grattour mag mich der lange Abstieg bis ganz ins Haslital - aufgrund einer ÖV-Lücke - nicht schrecken. Ich wähle die streckenmässig etwas weitere, aber sanftere Variante via Kaltenbrunnensäge. Ich kann so mein schlechtes Gewissen über die 2850Hm Abstieg gegenüber meinen Lotterknie etwas besänftigen. Dabei sollte man nach dem Gasthaus Zwirgi der Via Alpina folgen, welche beste Ausblicke auf den Reichenfachfall bietet. Unten im Tal empfängt mich eine gnadenlose Gluthitze, der man im schattenlosen Asphaltmarsch zum Bahnhof Meiringen (595m) nicht mehr entfliehen kann. Doch während der Rückreise zum Auto auf der Axalp bleibt genug Zeit zum Erholen - und noch später für ein Bad im frischen Brienzersee.
Zeiten (kum)
1:00 Tschingel
1:20 Axalphorn
2:25 Gärstenhorn
3:15 Wildgärst
4:00 Garzen
4:50 Tschingel
6:30 Meiringen
Vom Touristenrummel zwischen Schynige Platte, Faulhorn und First bleibt man auf dieser Überschreitung garantiert verschont, abgesehen von Start (Axalp) und Ziel (Rosenlaui) natürlich. Tatsächlich dürften Gipfel wie das Gärstenhorn und der Garzen bloss eine Handvoll Begehungen pro Jahr aufweisen. Die Überwindung der Gärstenlücke verleiht der Unternehmung die nötige Würze. Und auch am Wildgärst-Westgrat darf man sich nach Bedarf austoben. Davon abgesehen ist das eine stimmige Alpinwanderung, die sich auch zügig absolvieren lässt.
Der erste Bus hoch zur Axalp (1535m) fährt spät, zu spät angesichts familiärer Pflichten und Wetterprognose. So setze ich heute auf eine Auto-ÖV-Kombi und kann bereits um sieben Uhr loslegen. Eindrücklich thronen der Tschingel, das Axalphorn und vor allem die Oltschiburg über dem Bergdorf, ihre Felswände lassen sich nordseitig nur an wenigen Stellen überwinden lassen. Im Zustieg zum ersten Gipfelziel, genanntem Tschingel (2243m), steige ich weglos den Weiderücken der Windegg zur Bergstation des Sessellifts hoch. Bald treffe ich eine passable Wegspur und allerhand Drahtseile (ohne Benutzung: T5), die gekonnt den felsigen NW-Kamm überwinden. Übrigens, zahlreiche Edelweiss säumen die Route.
Oben öffnet sich mir eine komplett neue Welt; wie gesagt, dass Gebiet war mir bisher zu grossen Teilen unbekannt. Auch der Fliegerschiessplatz Axalp-Ebenfluh bietet allerhand zu entdecken. Etwas ehrfürchtig blicke ich zum Abschnitt Gärstenlücke - Wildgärst hoch, der wilde Grat markiert das heutige Pièce de Résistance. Zunächst aber gönne ich mir den (fakultativen) Abstecher zum Axalphorn (2321m), zuletzt recht luftig und mit entsprechend lohnendem Tiefblick Richtung Brienzersee.
Zurück bei P. 2238, wo sich auch der Kommandoposten des Schiessleiters befindet, mache ich mich an den Aufstieg zum Gärstenhorn (2798m) über dessen Nordgrat bzw. -flanke. Das ist meist Gehgelände, bloss unterhalb von P. 2492 werden kurz die Hände benötigt. Zuletzt die breite Geröllhalde hoch bis zum Gipfel, wo sich erneut unbekannte Aussichten öffnen. Kurze Stärkung für das anstehende Schlüsselstück.
Mit dem Abstieg in die Gärstenlücke (2675m) beginnt die Affiche noch harmlos, T5. Im Sinne eines Passes (Nord-Süd) wird die Lücke wohl kaum bis nie benutzt, möglich wär's jedoch (geschätzt T6-). Als scharfe T6 muss jedoch meine West-Ost-Begehung bezeichnet werden. Rittlings geht es abwärts über teils brüchigen Fels, teils stelle ich mich auf nordseitige Gesimse. Umgekehrt wäre wohl etwas einfacher. Es hat sich gelohnt, für diese Tour mein zweites Paar La Sportiva Aequilibrium einzuweihen, man wünscht sich hier maximalen Grip angesichts von Nulltoleranz. Wem das alles zu haarig ist, kann eine südseitige Umgehung durch den Chessel wählen. Bald legen sich die Schwierigkeiten wieder und in schöner Kletterkraxelei geht es den Wildgärst-Westgrat hoch (T4-T5). Am Schlussaufschwung wartet in Form eines markanten Felsturms ein weiteres Hindernis. Der Direktangriff wäre eine III und vor allem extrem ausgesetzt. Links, aber vor allem rechts sind klein- bis grossräumige Umgehungen möglich. Ich hatte genug Nervenkitzel und halte mich rechts, wo ich bei erster Gelegenheit eine markante Felsrinne hochsteige (T6-). Sie entlässt mich direkt aufs Gipfelplateau des Wildgärst (2890m), den wohl bekanntesten Gipfel des Tages, am heutigen Montag jedoch verwaist.
Im Weiterweg über den Kamm nach Osten ist Einsamkeit wohl an jedem Wochentag garantiert. Dabei bleiben die Schwierigkeiten überschaubar, das ist grösstenteils Gehgelände. Die Schneefelder sind zurzeit eher hinderlich denn hilfreich: mal tragen sie, mal bricht man knietief ein - das kann schnell mal mit Beinbruch enden. Zwingend braucht es die Hände nur am kurzen Schlussaufschwung vom Garzen (2711m). Passender wäre wohl "Warzen" angesichts derartiger Felstürme zuvor am Schwarzenberg-Grat. Die kurze Pause verlege ich auf den östlich vorgelagerten Balkon, wo das Gelände abrupt zum Wandelgrat abbricht.
Den letzten Höhepunkt bildet die Begehung des langgezogenen Grindelgrats. Das sind ab Sattel immerhin knapp 3km. Im allerersten Aufschwung wird der Grat bald schmal und luftig. Die sich nun auftürmenden Felstürme umgeht man am besten durch eine nordseitige Mulde (links). Ab hier bewegt man sich fast durchgehend auf einem gutmütigen Graskamm, den man jederzeit nach Süden absteigen könnte. Bloss zwei Mal noch werden die Hände benötigt: bei einem kurzen Abbruch, der rechts umgangen wird (T4) und dann unmittelbar vor Erreichen des Tschingels (2325m), T5+.
Gutgelaunt angesichts der gelungenen Grattour mag mich der lange Abstieg bis ganz ins Haslital - aufgrund einer ÖV-Lücke - nicht schrecken. Ich wähle die streckenmässig etwas weitere, aber sanftere Variante via Kaltenbrunnensäge. Ich kann so mein schlechtes Gewissen über die 2850Hm Abstieg gegenüber meinen Lotterknie etwas besänftigen. Dabei sollte man nach dem Gasthaus Zwirgi der Via Alpina folgen, welche beste Ausblicke auf den Reichenfachfall bietet. Unten im Tal empfängt mich eine gnadenlose Gluthitze, der man im schattenlosen Asphaltmarsch zum Bahnhof Meiringen (595m) nicht mehr entfliehen kann. Doch während der Rückreise zum Auto auf der Axalp bleibt genug Zeit zum Erholen - und noch später für ein Bad im frischen Brienzersee.
Zeiten (kum)
1:00 Tschingel
1:20 Axalphorn
2:25 Gärstenhorn
3:15 Wildgärst
4:00 Garzen
4:50 Tschingel
6:30 Meiringen
Tourengänger:
Bergamotte

Communities: T6
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