Abenteuerliche Skihochtour in der Sesvenna-Gruppe von Tarasp-Fontana über Val Plavna zum Piz Foraz


Publiziert von Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II , 12. März 2023 um 00:47.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Unterengadin
Tour Datum: 9 März 2023
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Ski Schwierigkeit: WS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: Plavna-Gruppe   CH-GR 
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1650 m

Diese Skihochtour lief nicht wie geplant: kurz nach 07.00 Uhr wollte ich losgehen, erst kurz vor 08.00 Uhr allerdings fand der Abmarsch tatsächlich statt! Zuerst musste ich die Skier tragend über einen überwiegend eisbedeckten Fahrweg gehen, auf den Sägemehl gestreut worden war. In ca. 1530m Höhe konnte ich mit Skier weitergehen. Im weiteren Verlauf waren Skispuren auf dem Weg bzw. daneben zu erkennen, weiter oben der Weg selbst wegen der Schneebedeckung nicht mehr. Die alten Skispuren wiesen mir den Weg zur Alp Plavna. Kurz davor machte ich an einer Hütte Rast. 

Kurze Zeit später erreichte ich die Alp Plavna, von wo ich gut einen Wanderweg am Hang erkennen konnte. Ich blieb nicht im Tal, wo nach der Karte die Skiroute zum Piz Foraz verlauft, sondern machte den Fehler, über diesen Weg aufzusteigen. Anfangs war eine Skispur darauf zu erkennen. Bald geriet ich in übel klebenden pappigen Neuschnee, hatte leider vergessen, Wachs für die Felle mitzunehmen. An zwei Stellen geriet ich am steilen Hang seitwärts ins Rutschen, weil die Skier wegen auf den Fellen klebenden Schnees auf dem darunterliegenden Harsch keinen Halt fanden. Etwas schwierig war es, an diesen Stellen die Skier abzunehmen, um dann ein Stück zu Fuß weiterzugehen. Zur eigentlichen Skiroute zu gelangen war nicht mehr möglich. Erst weiter oben hätte ich mit etwas Höhenverlust den Hang durch einen Gragen hindurch queren können, wo alte Skispuren zu erkennen waren. Ich blieb aber oberhalb davon u. stieg weiter erst unterhalb des Steigs, dann über ihn auf, wobei ich noch ein Stück zu Fuß im knapp 40° steilen Hang mit Harsch mit dünner Pappschneeauflage zu Fuß querend aufsteigen musste. Weiter oben steuerte ich dann den Kamm an, während der Steig unterhalb von Felsen im abschüssigen Hang weitergeht. Von einer 2610m hohen Erhebung am Kamm musste ich zu Fuß über eine kurze, aber steile Geröllpassage absteigen, um dann wieder mit Skier zu einer Art Plateau zu gelangen, wo sie tief im Schnee versanken. Hier dachte ich ans Umdrehen, stieg aber mindestens vorerst doch noch weiter auf. Etwas weiter oben war der Altschnee wieder fester. Zuerst wollte ich in Direttissima Richtung Gipfel aufsteigen, ging aber weiter zur nahen, weiter nördlich gelegenen Geländekante  Von dort sah ich, dass dahinter die Skiroute zum Piz Foraz verlaufen muss.

Im Bereich der Schneeablagerungen eines Schneebretts stieg ich den an die 35° steilen Hang Richtung eines Felssporns auf. Etwa 40hm unter dem Sporn war ich des Aufsteigens mit den vielen Spitzkehren leid u. machte Skidepot. In der Nähe der Felsen versank ich tief im Schnee, aber etwas abseits von ihnen und oberhalb ging es wieder besser. Es folgte eine Rinne, wo ich einen Skistock zurückließ. Statt seiner nahm ich den Pickel in die Hand. Ich war getrieben, doch noch den Gipfel zu erreichen, obwohl es eigentlich zu spät war! Ich  stieg im Verlauf nach links zu einer Kante auf, hinter der die auf der Schweizer Karte eingezeichnete Route verlaufen muss. Ich musste jedoch weiter in dem südlich von ihr gelegenen Steilhang aufsteigen. Um nicht wieder ca 30hm absteigen zu müssen, kletterte ich etwas heikel über schneebedeckte Felsen aufwärts (wegen Schnees II+), um dann wieder nach rechts in die mindestens 40° steile Schneeflanke queren zu können. Die Höhen-App zeigte am schließlich unterhalb des erreichten Grat 3044m an, wohl zu viel an Höhe! Als ich die folgende Erhebung erreichte, war ich entgeistert: zum höchsten Punkt schien noch ziemlich weit zu sein! Über eine anspruchsvolle Kletterpassage am Grat (mit Schnee II+) erreichte ich den Vorgipfel, von dem nur noch ein paar Schritte zum höchsten Punkt mit Stange zurückzulegen waren. Dort kam ich erst um 18.23 Uhr an. Gleich darauf kletterte ich dieselbe Passage wieder ab, da ich dort Skistock und Pickel gelassen hatte. 

Der Abstieg zum Skidepot in der Schneeflanke dürfte kaum mehr als 10min. gedauert haben, der Anstieg davor wohl mindestens 1h!

Es dämmerte bereits, als ich die Abfahrt antrat. Mit Lampe fuhr ich dann langsam über die Hänge talwärts. Ich hatte beim Anstieg gesehen, dass sie keine Steilstufen oder Felsen aufweisen. Zuletzt ging es an einem Bach entlang. Anfangs fiel das Gelände noch ab, dann wurde es ziemlich eben. Inzwischen waren immer wieder Reste alter Skispuren zu sehen. Es dauerte ganz schön lang, um wieder in der Nähe der Alp Plavna  zu meiner alten Spur zu gelangen u. dann durch das lange Tal zurückzukehren. Am Schluss ging es im harten Schnee nicht ganz einfach abwärts. 

Der Rückweg zu Fuß dauerte wegen der Dunkelheit auf dem eisbedeckten Weg länger als beim Anstieg. Am Auto angekommen, war es bereits 22.45 Uhr! Auf der normalen Skiroute hätte ich beim Anstieg mehr als 1h weniger gebraucht. Wegen des üblen Pappschnees hatte ich noch einmal mindestens eine halbe Stunde verloren, da ich ihn mindestens 6mal hatte entfernen müssen!

PS: erst nach Erstellen dieses Berichts bemerkte ich, über die Nordflanke aufgestiegen zu sein, während die Skiroute auf der Westseite zum Gipfel führt. Kein Wunder erschien mir meine Route so anspruchsvoll!



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Kommentare (4)


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Bergrider hat gesagt: Gratulation
Gesendet am 22. Februar 2024 um 20:30
Hallo Ötzi II,

ist zwar schon ein Jahr her, aber nach wie vor tolle Leistung mit einem eisernen Wille, diesen Berg bestiegen zu haben.

Nachträgliche Gratulation von mir!

Habe die Tour gestern gemacht und kann dein Bericht gut nachvollziehen.

Bei Interesse und Ergänzung hier meine Erfahrungen zur Routen inkl. GPX dazu:
https://www.gipfelbuch.ch/verhaeltnisse/293997-skitour-piz-foraz-3093m

Wünsche dir weiterhin schöne Touren in dieser Gegend!

Lieber Gruss,
Bergrider

Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II hat gesagt: RE:Gratulation
Gesendet am 24. März 2024 um 18:39
Danke Bergrider! Leider bin ich nur langsam unterwegs, dieses Jahr werde ich immerhin 61!

Bergrider hat gesagt: RE:Gratulation
Gesendet am 25. März 2024 um 19:03
Hallo Ötzi II,
ob man in den Bergen langsam oder schnell unterwegs ist, ist irrelevant. Relevant ist, dass man in den Bergen überhaupt unterwegs sein darf! Ich bin genau 20 Jahre jünger als du und wenn ich in deinem Alter noch so fit sein darf wie du jetzt, dann bin ich mehr als zufrieden.
Dank deinen Berichten konnte ich viele wertvolle Informationen für meine Touren sammeln. Ich danke dir dafür! Mach weiter so! Und zwar in deinem Tempo! Vergleichereien sind völlig unnötig und machen nur unzufrieden. Das brauchen wir nicht.
Lieber Gruss und weiterhin schöne Touren.
Bergrider

Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II hat gesagt: RE:Gratulation
Gesendet am 26. März 2024 um 09:34
Vielen Dank für Deine netten Worte! Über mich wird im Herbst im größten Bergsportmagazin Europas, "Panorama" des DAV ein Artikel erscheinen! Ich hoffe, dass ich so auch Tourenpartner finden kann! Voreingenommenheut und Vorurteile vieler Menschen machen es schwer, auf die Distanz (online) Menschen kennenzulernen


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