Wyssi Flue - Felsenhorn - Rote Totz

Die Wahl einer spannenden Skitour wird angesichts der Schneesituation langsam zur Kunst, da helfen auch die bombensicheren Lawinenverhältnisse nur bedingt. So musste ich früher als erhofft aufs hochgelegene Jokergebiet Gemmi-Sunnbüel zurückgreifen. Wunschziel wäre das Chli Rinderhorn gewesen, doch die abgeblasene Flanke liess keine vernünftige Skibegehung zu. Stattdessen zog ich eine gutmütige Runde über die drei Gipfel westlich vom Berghotel Schwarenbach. Nun bin ich gespannt, was der Wetterwechsel so mit sich bringt.

Die erste Frühfahrt bringt mich um 8 Uhr ins Sunnbüel (1932m) hoch. Mit diesem "Spezialangebot" brauchen die Bahnbetreiber nicht noch plagieren... Das Gebiet rund um den Wildstrubel wird zurzeit von Tourengängern gut besucht, wo soll man sonst auch hin? Ich habe - wie immer - bereits zuhause angefellt. In der Regel erspart man sich damit kalte Hände und kann gleich loslegen. Heute hätte ich besser drauf verzichtet, denn ohne wäre es auf dem hartgepressten Winterwanderweg zügiger in die Spittelmatte-Ebene runter gegangen. Item, bald liege ich wieder in Führung. Kurzer Wasserhalt beim Berghotel Schwarenbach (2060m), um gleich danach die SE-Flanke Richtung Schwarzgrätli (2381m) hochzusteigen. Die Unterlage wie erwartet hart, ruppig, zerfahren. Noch vor dem Grätli zieht man rechterhand die Rampe zur Gipfelkote der Wyssi Flue (2472m) hoch. Tolle Aussicht über den Üschenengrat, auf Loner, Doldenhorn und natürlich Altels und Rinderhorn.

Es gibt nun mehrere Möglichkeiten, den Weiterweg nach anzugehen, zwei davon sind auf der Skitourenkarte ersichtlich. Ich wähle eine dritte: abrutschen nach Norden über den Sommerweg, um erst dann westwärts zu queren. Dann geht es an den meist sanften Wiederaufstieg Richtung Felsenhorn (2782m), wobei zuletzt nach Süden ausgeholt wird. Diesen Schlenker könnte man bei passenden Verhältnissen (wie heute) durchaus vermeiden: sei es mit abschliessendem Fussaufstieg über den Nordgrat oder mit steilem Skiaufstieg durch eine Westrinne. Aber ich fühle mich den ganzen Tag irgendwie kraftlos und verspüre keine Lust auf Extraefforts. Auf dem recht grosszügigen Gipfelplateau mache ich es mir beim östlich vorgelagerten Steinmann gemütlich und geniesse erneut das wirklich formidable Panorama.

Das nächste Ziel, der Rote Totz, ist von hier bereist gut einsehbar. Zunächst heisst es, den sanften SW-Rücken abzufahren. Die Abfahrt über den ruppigen Hang ist zum Vergessen. Wer nicht aufpasst, reisst sich hier gleich glatt einen Meniskus. Es braucht dringend Schnee, aber das Problem befindet sich zurzeit ja in Lösung. Im Wiederaufstieg holt die Normalroute leicht nach Westen über den Tälligletscher aus. Ich mache es ebenso, die nur unwesentlich steilere Direktlinie wäre gleichfalls möglich. Am Südfuss des Rote Totz (2848m) wandern die Bretter an den Rucksack und ich klettere direkt das Grätli hoch, kurz T5/I. Das geht heute deutlich schneller als die Querung durch die Ostflanke. 

Nach einem letzten Happen und wehmütigen Blick zum Chli Rinderhorn geht's auf in die Schlussabfahrt. Diese fällt besser aus als erwartet. Die ostseitigen Hänge konnten bereits aufsulzen und im Kessel oberhalb der Rote Chumme findet sich noch Presspulver. Man nimmt zurzeit, was man kriegen kann. Ab dem Berghotel folge ich wieder dem Winterwanderweg Gemmi-Sunnbüel, welcher um diese Uhrzeit gut frequentiert ist. Zu recht, Länge, Höhe und alpines Ambiente machen ihn fast schon einzigartig. Den werde ich gelegentlich mal mit meiner Familie absolvieren. Den Abschluss findet der gelungene Tourentag im Tea-Room Marmotte unten in Kandersteg. 


Zeiten (kum)
0:40  Schwarenbach
1:35  Wyssi Flue
2:55  Felsenhorn
3:45  Rote Totz
4:45  Sunnbüel