Muss das sein? Mim Joe klettern an Borstein und Teufelsstein. Und Parkour im Felsenmeer.


Publiziert von Nik Brückner , 22. Februar 2023 um 12:26.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Odenwald
Tour Datum:21 Februar 2023
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 2:45
Aufstieg: 500 m
Abstieg: 500 m
Strecke:10,5 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Reichenbach aus auf der Balkhäuser Straße und dem schmalen Borsteinweg zum Borsteinhaus.
Unterkunftmöglichkeiten:In Reichenbach

"Hey Joe, ich hab Dienstag ab 12 Uhr frei, wg. Fasching. Hast du Lust, am Nachmittag eine 3stündige Runde am/im Felsenmeer mit mir zu machen? 13 Grad und Sonnenschein sind vorherxakt."

"Hajo!
Find ich gut :)
Bin morgens bei Rebi; so ca 13:00/14:00 könnte ich gut irgendwo sein, solange ich abends (18:00/19:00) wieder zurück bin.
Passt also genau in meinen Tag rein. ;)"

Xakt, tan, Dry Rivers "Cuarto Creciente" eingelegt, den Joe einxammelt und in den Odenwald gedübelt. Parkt hammer am Borstein. Ich war nämlich neulich am Hohenstein, mit der Waldelfe, einem 17 Meter hohen Quarzitfels auf der anderen Talseite, von dem ich euch nen Beschrieb der Überschreitung hinterlassen haben. Der Borstein ist quasi popasi sein kleiner Bruder, lässt sich ebenfalls gern besteigen, und wollte ergänzt werden.


Parken kann man am Waldgasthaus Borstein (327 m), eigentlich und manchmal, denn die sperren ihren Parkplatz ab, wenn die Hütte geschlossen ist.

Das, Leute, ist ganz toll.

Denn abgesehen vom Parken: Wer findet das nicht total sympathisch, und fühlt sich eingeladen, beim nächsten Mal dort einzukehren?


Wir dagegen stiegen erstmal auf den Borstein. Das geht am Besten von Nordwesten (der Reim ist beabsichtigt), ist unten ne I und oben ne II. Viel mehr ist nicht zu sagen, das Ding ist vielleicht acht Meter hoch.

Dann machten wir uns auf den Weg. Wir wanderten in den Wald hinauf, und nicht direkt am Waldrand, sondern etwa 100 Meter weiter oben nach links.

Dort ist dann auch gleich der Teufelsstein (OWK-Ehrenmal, 365m) ausgeschildert, den wir ebenfalls erkletterten. Das ist leichter, eine I, die allerdings durch Brombeerranken verschärft wird. Dankenswerterweise hatte Outdoor-Joe, seines Zeichens Wolfskind und Survivaleur, seine Machete in der Hose und schnitt uns die Ruten von der Route. So ist auch der Quarzit des Teufelssteins schnell bezwungen und überschritten.

Wieder zurück am Weg ging es nun gen Westen weiter, wo wir dieses Schild passierten. Und uns fragten: Muss/Muß das sein? Na, Muß muss auf jeden Fall sein. Und Mus auch. Und weiter ging's, hinunter zum Selterswasserhäuschen (280 m).

Das 1914 errichtete "Selterswasserhäuschen" ist mal ein Kiosk gewesen, erbaut aufgrund der Arbeiterbewegung. Man konnte hier Süßwaren, Gebäck und Getränke kaufen. Als die Gäste nach dem Zweiten Weltkrieg ausblieben, musste der Kiosk schließen. Eine weitere Nutzung des Gebäudchens wurde nicht gefunden. Und so verfiel das Kiöskchen, bis es 2000 renoviert wurde. Es dient heute als Schutzhäuschen für Wanderer.

Hier am Waldrand wandten wir uns scharf nach rechts. Ein schöner Weg führt hier hinauf zum Emmerlingborn (305m) und weiter zum Ende einer großen Lichtung. Hier stießen wir auf einen breiten Weg, dem wir bis zu einer Linkskurve folgten. Dort wollten wir eigentlich den Berg hinauf, doch Windbruch verhinderte ein Durchkommen. Also wanderten wir auf dem breiten Weg noch etwa 280 Meter weiter nach Westen, wo in einer Rechtskurve die nächste Möglichkeit rechtsabzweigt. Eine gute Wahl, wie sich herausstellte, denn der Weg ist recht schön.

...vorausgesetzt, man erwischt den richtigen. Denn anders, als uns die Karte anzeigte, zweigen hier zwei Wege rechts ab. Ein breiter und ein schmaler. Wir nahmen den schmalen, links des breiten, und folgten diesem nun stracks den felsigen Bergrücken hinauf. Bleibt man in der Folge konsequent auf dem Rücken und ignoriert alle Abzweige, gelangt man direkt zum höchsten Punkt der Runde: zum Ohlyturm (512 m) auf dem Felsberg (514 m).

Der Ohlyturm ist ein 27 Meter hoher Aussichtsturm aus Granit. Er gilt als Wahrzeichen des Felsberges. Ein hübsches Ding, Beispiel für den romantisierenden Historismus des 19. Jahrhunderts, das sich an mittelalterlichen Burgen und sonstigen Wehrbauten orientierte. Der Turm ist deshalb auch als Kulturdenkmal eingetragen.

Der Turm wurde 1891 von der Sektion Darmstadt des Odenwaldklubs erbaut, zunächst aus Holz, der Steinturm steht hier seit 1901. Namensgeber ist der frühere Darmstädter Oberbürgermeister Christian Karl Albrecht Ohly.


Der Turm war natürlich geschlossen, wir machten dennoch eine Pause. Joe hatte Kemokuchen dabei, der richtig klasse war. Dann machten wir noch einen Abstecher zu Adas Buka, dem afrikanischen Restaurant einer echten Prinzessin, das hier oben steht, und in dem man sehr gut essen und heiraten kann. Dann ging's zurück zum Ohlyturm (512 m) und von dort aus südwärts hinunter in den Wald hinunter.

Schon kurz darauf überquerten wir einen breiten Weg, dann ging's am nächsten Abzweig nach links zum oberen Ende des berühmten Felsenmeers (480 m). Das wir zunächst aber nur berührten, weil wir einige der Highlights abseits des Felsenmeers besichtigen wollten.

Der Granit des Felsbergs wurde bereits von den Römern abgebaut und genutzt, unter anderem in Augusta Treverorum, wo man mit Säulen aus Odenwälder Granit eine Basilika baute, von der ein Überbleibsel unter dem Namen "Domstein" heute noch in Trier herumliegt. Eine Schwester dieser Säule liegt sogar noch im Felsenmeer, wo sie bei den Steinhauerarbeiten zerbrach und liegengelassen wurde.

Von solchen Steinen gibt es im Felsenmeer gleich mehrere. Man spricht dabei von "Stichen": Das sind Fehler in der Struktur des Granits, die von außen nicht zu sehen sind, und ungewollte Brüche verursachen können. Geschah das erst unmittelbar vor Vollendung eines Werkstückes, führte dies dazu, dass man das Werkstück aufgab und liegenließ. Solche zurückgelassenen Werkstücke wollten wir uns ansehen.


Direkt bei dem kleinen Pavillon, der Peter-Grieshammer-Ruhe, befindet sich zum Beispiel der Altarstein (465 m).

Der Altarstein zeigt sehr klar eine ungewollte Abspaltung. Ein Altar sollte das wahrscheinlich nicht werden, aber was immer man daraus machen wollte, hat der Bruch vor Ort verhindert. Deshalb wurde der Stein einfach dort liegengelassen, wo man ihn vorgefunden hatte.

Wir stiegen also (noch) nicht ins Felsenmeer ein, sondern wanderten von der Peter-Grieshammer-Ruhe auf dem breiten Weg nach Nordosten hinunter, wo nach etwa 350 Metern in einer Rechtskurve das nächste römische Werkstück angeschrieben ist: der Sarg (438 m).

Der Sarg wurde offenbar durch eine Unterschneidung unbrauchbar, die bei der Spaltung mit Hilfe von Keilen sichtbar wurde. Die Spaltung folgte der Struktur des Gesteins. Wie gut zu sehen ist, sind auch die Seitenflächen teilweise bearbeitet.

Vom Sarg aus stiegen wir auf dem schmalen Weg weiter ab, und wandten uns am nächsten Abzweig nach rechts. Dieser Weg stößt bald auf die Kurve eines breiten Weges, dem wir nun nach rechts bergan folgten, bis etwa 200 Meter weiter das nächste römische Werkstück unterhalb im Hang liegt: das Schiff (405 m).

Das Schiff ist mit 12 Metern das Werkstück mit der längsten durchgehenden Werkkante. Die Spuren der Keilspaltung, die Bearbeitung der Fläche sowie die abgespaltenen Stücke sind dutlich zu sehen.

Wieder zurück am Weg, folgten wie diesem noch ein Stück, bis zur nächsten Rechtskurve. Hier zwogen wir ab und wanderten links hinunter in eine Senke, und dort gleich wieder rechts hinauf. Der Weg überquert einen kleinen Sattel, dann verliert er sich im Wald. Hier ging es links hinunter zu einem breiten Weg (Markierung 4), den wir in der Nähe des Riesensessels (317m) erreichten.

Der Riesensessel am Rand des Wanderwegs Nr. 4 ist kein römischer Überrest, er gehört ()wie z. B. auch das Krokodil) zu den Naturschöpfungen im Felsenmeer.

Kurz nach dem Riesensessel erreichten wir das Felsenmeer und mussten dort nicht lange überlegen: Über den Granit ging es nun hinunter. T4/I. We took it for granite.

Das berühmteste Felsenmeer des Odenwalds (es gibt noch mehr, hier zum Beispiel, oder hier) ist eine Felsenlandschaft aus dunkelgrauem Quarzdiorit, die durch die für Granit typische "Wollsackverwitterung" entstand. Es ist heute ein beliebtes Naherholungsgebiet und Ausflugsziel für Familien und Wanderer und Teil des Naturschutzgebiets "Felsberg bei Reichenbach". Am oberen Ende des Felsenmeers befindet sich eine kleine Quelle, deren Rinnsal zwischen den Felsen hinab ins Tal fließt und schließlich im Graulbach mündet.

Warum hier so viele Felsen herumliegen, erklärt eine Sage:


Sie berichtet von zwei Riesen, die einst im Lautertal lebten. Der eine hauste drüben am Hohenstein, der andere hier am Felsenmeer. Eines Tages gerieten die beiden Nachbarn in Streit. Und sie bewarfen einander mit Steinen. Immer größer wurde die Wut der Riesen, und immer größer wurden die Steine, die sie aufeinander warfen.
 

Doch der Hohensteiner Riese hatte allerdings mehr Steine zur Verfügung, als der Riese vom Felsberg. Und deshalb begrub er seinen Widersacher bald mit seinen vielen Steinen. Nur ein einzige Brocken blieb übrig, der war selbst dem Riesen zu schwer: der heutige Hohenstein.
 

Man kann übrigens bis heute den Felsberg-Riesen in dunklen Nächten unter den Steinen des Felsenmeers stöhnen hören....
 

Die römischen Werkstücke und anderen Highlights links und rechts des Granit-Hauptstroms vergaßen wir. Lediglich einen Abstecher zur Kiste (391m) bauten wir noch ein. Baukasten, Krokodil, Stele und all die anderen fielen unserem Spaß am Granit-Parkour zum Opfer. Macht nichts, das Turnen im Felsenmeer ist kaum zu übertreffen.

Übrigens: Die Felsenmeerbrücke (einst auf ca. 375 m) gibt's nicht mehr. Sie wurde im Januar 2023 wegen Baufälligkeit abgerissen. War wohl mal wieder jemand überrascht, dass man sowas auf in Stand halten muss. Für uns Wanderer bedeutet das: Der Orientierungspunkt "Felsenmeerbrücke" existiert nicht mehr.

Wir parkourten nun hinunter zum unteren Ende (250 m) des Felsenmeers, und wandten uns dort, noch im Wald, nach rechts. Es geht hier, immer nah am Waldrand, steil hinauf zu einem breiten Weg, der in der Folge (teils als Vogellehrpfad), die restlichen drei Kilometer zurück zum Borstein (329 m) ausmacht, wo unsere Runde endete.


Fazit:

Super schöne Runde mit zahlreichen Kraxelgelegenheiten. Im Felsenmeer kann man noch mehr herumturnen, sich aber auch noch mehr Werkstücke ansehen. Infos gibt es im dortigen Informationszentrum.

Am Besten ist's, wenn jemand nettes dabei ist. Danke Joe, für's Mitkommen! Und bis zur nächsten gemeinsamen Tour!

Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (6)


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Bergmax hat gesagt: Odenwald
Gesendet am 22. Februar 2023 um 22:02
Schöner Bericht und sehr hübsche Fotos!
Ich nehme gelegentlich die A5 auf ihrer gesamten Länge, da könnte ich vielleicht mal einen Abstecher zu den Felsen machen.

Viele Grüße

Max

Nik Brückner hat gesagt: RE:Odenwald
Gesendet am 23. Februar 2023 um 08:59
Danke Dir, Max!
Ja, das lohnt sich schon. Der Hohenstein ist auch toll, ganz in der Nähe. Man kann sogar alle zu einer größeren Runde verbinden.

Herzlichen Gruß,

Nik

Schubi hat gesagt:
Gesendet am 23. Februar 2023 um 09:56
Hey Nik.
Schöne Ecken habt ihr da durchkraxelt! Und eine absolut sinnvolle Ausgestaltung der Fastnachtszeit ;-) (ich war da auch in der Natur)
Das mit den liegengelassenen Werkstücken in den Steinbrüchen fand ich interessant.
Schönen Gruß
Frank

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. Februar 2023 um 10:03
Shoobster!

Ich hab an Dich gedacht! Deine Liebe zum steinharten Granit ist ja mindestens ebenso bekannt wie deine Liebe zum zum granitharten Stein - und auf dieser Runde hat man beides! Plus Kulturgeschichte. Es gibt, wie angedeutet, am Felsberg noch mehr zurückgelassene Werkstücke, und eine Karte, in meinem Bücherregal. Du bist ebenso herzlich willkommen wie Ihr beide, dann führe ich euch gern herum. Und Wollsäcke umarmen tun wir dann natürlich auch. Und hinterher gibt's Hugos bei uns.

Herzlichen Gruß mit steinernem Herz,

Nik

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. Februar 2023 um 11:17
Jo, ein Herz für Wollsäcke!
Für die Hugos sammeln wir vorher noch schön Brombeeren ein, dann macht die Ranken-Stolperei endlich mal Sinn.

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 23. Februar 2023 um 11:18
Hahahaha! Das machen wir!


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