Extrem-Bachwandern im Flüebachtobel


Publiziert von Tobi , 22. Oktober 2009 um 22:16.

Region: Welt » Schweiz » Luzern
Tour Datum:19 Oktober 2009
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-LU 
Zeitbedarf: 4:00
Aufstieg: 400 m
Abstieg: 400 m
Strecke:Löchli - Flüebach - Pt 714, Pt - Chorbgrabe - Menzburg (1016) - Pt 1038 - Pt 1010 - Pt 995 - Pt 931 - Pt 832 - Löchli

Wie ABoehlen in seinem Bericht schreibt, zählt das Flüebachtal, welches einem Canyon gleich in die Nagelfluh eingefressen ist, zu den unwegsamsten Tälern des Napfberglandes. Dies wollte ich mir mal von Nahem anschauen, und ich wurde nicht enttäuscht!

 

Das Abenteuer begann beim Gehöft Löchli, dort folgte ich zunächst einem noch schwach erkennbaren Feldweg entlang des Flüebachs. Doch bald entfernte ich mich ganz von der Zivilisation und tauchte ein, in die wilde Welt dieses Napfbachs. Anfänglich war links und rechts des Bachs noch genug Platz, um zügig vorwärts zu kommen. Auch die erste Felsstufe konnte dank schwach ausgeprägten Tritten im Fels ohne grössere Probleme überwunden werden. Aber dann verengt sich die Schlucht zu einem felsigen V. Die etwa 7 Meter lange Stelle liess sich nicht umgehen, die Felsen erheben sich hier bis weit nach oben. Aufgeben wollte ich aber so kurz nach dem Start nicht, also wagte ich einen Versuch, den Abschnitt im Spreizschritt zu meistern: Zu meiner Überraschung funktionierte diese Technik erstaunlich gut, wenn sie auch ziemlich Kraft verlangt. Leider war ich alleine unterwegs, dies hätte bestimmt lustige Fotos gegeben.

 

Dies war die eigentliche Schlüsselstelle der gesamten Tour, aber auch sonst gab es noch einige knifflige Abschnitte zu überwinden. Bei zwei grossen Stufen musste in die Flanken ausgewichen werden. Insbesondere den zweiten imposanten Wasserfall musste ich ziemlich weiträumig umgehen, es galt ja auch ca. 15m Fallhöhe zu überwinden. Hier erleichterten Wildwechsel das Gehen im rutschigen und abschüssigen Gelände. Auch viel feuchtes und glitschiges Fallholz musste auf der ganzen Strecke mühsam überklettert werden.

 

Aber entschädigt für die Mühe wird man mit einer unglaublichen Landschaft und Atmosphäre. Imposante Nagelfluhwände, die vom Wasser zu eindrücklichen Kessel geformt wurden. Weicher Sandstein, durch den sich der Bach kunstvoll schlängelt und windet. Die beruhigende Geräuschkulisse mit dem Plätschern und Gurgeln, welche nur selten durch Zivilisationslärm (Flugzeuge) gestört wird.

 

Ich folgte immer dem Hauptast des Flüebachs und kam so direkt beim Dorfeingang von Menzberg zurück in die Zivilisation. Ich genehmigte mir dort im Restaurant Sperber das günstige Mittagsmenü. Anschliessend marschierte ich auf dem markierten Wanderweg wieder zurück nach Löchli. Hier beim Absteigen wird einem erst bewusst, welche Höhendifferenz man ganz unbemerkt während der Bachwanderung überwunden hat. Für das Bezwingen der Flüebachtobels brauchte ich etwas mehr als drei Stunden, für den Rückweg benötigte ich nicht mal eine Stunde.

 

 

Bemerkung: Die Bewertung der Schwierigkeit ist für mich ziemlich schwierig. Meist wird im kiesigen Bachbett oder über Felsen gelaufen, ein knappes T3. An einigen Stellen muss in die felsigen und rutschigen Wände ausgewichen werden. Der Nagelfluhfels ist ziemlich brüchig, jeder Tritt muss gut geprüft werden, die Wanderstöcke leisten hier einen wertvollen Dienst. Ein Ausrutschen ist meist aber nicht fatal, aber einige Prellungen und nasse Kleider wären die Folgen. Nur beim Umgehen des hohen Wasserfalls bewegt man sich im ausgesetzten und steilen Gelände, hier würde ein Ausrutscher mit einem tiefen Fall bestraft. Deshalb bewerte ich die gesamte Tour mit einem T6-.

Die Kletterstellen über die Kaskaden sind meist nicht schwieriger als I. Doch wie ist die Stelle, welche sich nur im Spreizschritt überqueren lässt, zu bewerten? Ich habe mal eine II gegeben.


Tourengänger: Tobi
Communities: Bachwandern


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Kommentare (8)


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ABoehlen hat gesagt: Herzliche Gratulation
Gesendet am 23. Oktober 2009 um 06:42
zur erfolgreichen Durchquerung des Flüebachtales und den eindrücklichen Bildern! Bis zur ersten Felsstufe bin ich dem Bach mal im Winter gefolgt, konnte sie wegen Eis aber damals nicht überwinden. Deshalb habe ich mich beim nächsten Anlauf auf die von mir beschriebene Hangtraverse konzentriert. Dies auch, weil das Kurvenbild der Landeskarte darauf hinweist, dass die Schlucht im unteren Teil äusserst eng ist. Deine Bilder bestätigen nun diese Vermutung.
Im Bereich zwischen Hinderegg und Zibershusschürli scheint es übrigens eine Durchquerungsmöglichkeit zu geben. Diese wurde einst auf der Landeskarte mit zwei äusserst kurzen Wegfragmenten gekennzeichnet, die auch in der neuesten Ausgabe noch drin sind. Bei dieser Stelle handelt es sich vermutlich um das hier beschriebene, sagenumwobene Ofeloch: http://www.schule-wolhusen.ch/hotpot/kl4b/LueckentOfenloch.htm

Beste Grüsse
Adrian

Tobi hat gesagt: RE:Herzliche Gratulation
Gesendet am 23. Oktober 2009 um 13:18
Vielen Dank für das Lob und den interessanten Link!

Ich werde mal in der Karten-Kiste meines Vaters graben. Er hat noch viele alte 25'000er-Karten (die mit dem weissen Hintergrund und der braunen Zeichnung/Schrift, interessant auch der damalige Preis). Vielleicht finde ich dort den von dir beschriebenen Weg auch eingezeichnet.

Kennst du noch andere solche interessante Tobel in der Napfregion? Bin jetzt so richtig auf den Geschmack gekommen ;-)

Gruss Tobi

ABoehlen hat gesagt: RE:Herzliche Gratulation
Gesendet am 23. Oktober 2009 um 13:37
Wie gesagt, dieser "Weg" ist auch in der neuesten Ausgabe noch drin (und hat sämtliche Nachführungs-Bereinigungsaktionen überstanden). Man muss aber sehr genau schauen, um ihn zu entdecken :-)

Weitere Tipps, bitte sehr:
Gerade die Talschaft Fontannen ist reich an solchen Nagelfluhgräben. Selbst bin ich vor über 10 Jahren mal der Kl. Fontanne von Paradiesli an aufwärts gefolgt, ungefähr bis zu jener Stelle, wo der alte Schulweg Grossenberg-Krachen kreuzte (den ich allerdings nicht mehr aufspüren konnte). Interessant wäre es sicherlich, bis an den Fuss der Stächeleggflue vorzustossen, jene sagenumwobene Stelle, die sich Enziloch nennt (wie der weltabgeschiedene Hof ganz in der Nähe). Dürfte allerdings mit grösseren Schwierigkeiten einhergehen...
Dürrenegg- und Güggigraben, die bei Wolf einmünden, sehen ebenfalls äusserst anspruchsvoll aus; diese Täler kenne ich allerdings überhaupt nicht.

20 Jahre ist es schon her, als ich im nördlich des Menzberg gelegenen Wolhusertal dem Wiggernbach (laut LK Wigger) von Bärrüti bis nach Buechen folgte. Zu jener Zeit war auf den Karten noch ein Fussweg eingezeichnet, der aber in der Realität kaum noch auszumachen war.

Im Jahr 2000 stieg ich mit einem Kollegen bei Wolhusen Bad ins Badtobel ein (ältere Karten zeigen dort ebenfalls einen Weg), gerieten aber bald in gröbere Schwierigkeiten und mussten noch vor Pt. 649 kapitulieren. Dieses Tobel ist sehr steil und die Hindernisse waren für uns nicht mehr überwindbar. Wir sind dann fast senkrecht den Nordhang hochgekraxelt und bei der Schruffenegg wieder in die Zivilisation zurückgekehrt.

Ansonsten lohnt sich ein genaues Studium der Kartenblätter Wolhusen und Schüpfheim um noch viele weitere anspruchsvolle Tobel zu finden. Gerade wenn Du bei Deinem Vater noch alte, hellbraune Exemplare aufspüren kannst, wirst Du darauf noch viele Fusswege sehen, die die aktuellen Blätter längst nicht mehr zeigen.

Viel Spass dabei wünscht
Adrian

Tobi hat gesagt: RE:Herzliche Gratulation
Gesendet am 23. Oktober 2009 um 13:52
Sali Adrian

Vielen Dank für die vielen Tipps! Ich werde diese bei Gelegenheit mal in meine frisch gegründete Community Bachwandern einpflegen.

Jetzt habe ich übrigens deine Durchquerung auch auf der neusten Karte entdeckt. Aber ich halte diese beiden Kringel gleich in der Nähe des Bachs eher für Felsen. Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich dies gleich vor Ort im Gelände überprüft. Da muss ich wohl nochmals hin, oder vielleicht macht das ja auch ossi ;-)

Gruss Tobi

ossi hat gesagt: Heureka!
Gesendet am 23. Oktober 2009 um 09:04
Ich nehme an, Du kennst diese Community? Ich nehm Dich gerne mal auf einen Bildungsurlaub im Tösstal mit;)

Ansonsten macht Deine Tour sehr gluschtig. Aussagen wie etwa "auch viel feuchtes und glitschiges Holz.....mühsam überklettert werden" klingen wie Musik in meinen Ohren. Gratuliere Dir und die besten Wünsche für weitere feuchte Abenteuer

ossi

Tobi hat gesagt: RE:Heureka!
Gesendet am 23. Oktober 2009 um 13:35
Ja, die Community Züri Oberland Alpin ist mir bekannt. In der Tat eine ziemlich ähnliche Gegend wie das Napfgebiet, aber mir leider gänzlich unbekannt. Deshalb werde ich gerne mal auf dein Angebot mit der Bildungsreise zurückkommen. Wäre insbesondere im Winter sicher eine lohnende Alternative zum Schneestampfen in höheren Lagen ;-)

Ich hoffe, du bist mir nicht böse, wenn ich den Bericht jetzt nicht in der Züri Oberland Community hinzufüge, sondern meiner soeben selber ins Leben gerufenen Community Bachwandern ;-)

Gruss Tobi


PS: Ziemlich zweideutig das mit den "feuchten Abenteuer" ;-)

ossi hat gesagt: RE:zweideutig, dreideutig...
Gesendet am 23. Oktober 2009 um 17:55
Ok, ok, ich geb's zu: Es ist zweideutig. Eindeutig ist aber, dass ich diese Art Touren wirklich sehr spannend finde. Mein erreicht in Tuchfühlung mit der Zivilisation Regionen, die in stiller, unaufdringlicher und einsamer Schönheit ihren eigenen Charme versprühen...das mag ich.

Jost hat gesagt: Ein Einheimischer berichtet
Gesendet am 31. Januar 2018 um 23:18
Ich habe eure Berichte mit Interesse gelesen,und die eindrücklichen Foto! Im Flüebach ist es wirklich so. Unsere Fam. bewirtschaftet den Hof unter-Zibershus mit dem dazugehörenden Zibershusschürli. Unser Wald geht bis zum Bach. Ich kenne den Flüebach seit 50 Jahren. Die heutigen schwierigen Stellen waren früher einfacher zu begehen oder zu umgehen. 2016 machte ich nach vielen Jahren wieder einmal den Flüebach.Nach dem Gusti besorgen im Schürli, stieg ich in den Bach hinunter, flott ging es dem Löchli zu und gleich wieder retour. Wenn man nichts anderes im Sinn hat, reichen 3 Std. Der Rückweg hatte dann schon seine Tücken. Die glitschige nasse Nagelfluh, die nie trocknet, ist an vielen Stellen schwer zu überwinden. Vieleicht wäre eine art spikes an den Schuhen hilfreich. Zu diesem Zeitpunkt kannte ich die Tourenberichte noch nicht. Im Gebiet Zibershusschürli gibt es zwei Übergänge, auf der Menzbergseite runter in den Bach und gleich auf der anderen Seite wieder rauf in den unteren Wanderweg Menzberg- Chorb- Steinhusen. Die beiden Wege sind begehbar und minim gelb markiert. Wenn man es bis zu dem hohen Wasserfall schafft, der nur mit einem Kraftakt die Flanke hoch zu nehmen ist, und sich das nicht zutraut, ist 2oo m vorher auf beiden Seiten ein Ausstieg möglich,ist schwach gekennzeichnet. Nach dieser Felsstufe heisst es dann Chorbgraben. Verlässt man den Flüebach vorzeitig oder erst bald bei der Quelle und folgt dem Wanderweg Richtung Dorf kommt man am Braukeller des Menz-Bergbier vorbei.
In den vorherigen Berichten wird der Weg an den Wandfuss der Stächeleggfluh gesucht. Vom Hof Hapfig führt ein Waldbewirtschafterweg eben weg Richtung Stächeleggfluh, zuhinterst, wirklich ganz zuhinterst vor der Fluh geht ein steiler Weg hinunter zu Pt. 1oo4. Dort wo Zuhinterst ist,gehts schnurstracks nach oben zum Chregu auf der Stächelegg .Vorher gehts aber noch runter,oder. In der unteren Hälfte des steilabfallenden Weges geht es scharf rechts der Schichtenlinie entlang. Dort wirst du bald willkommen geheissen.Alles weitere ergibt sich von selbst. Letzten Oktober war ich wieder dort Unten unterwegs und habe versucht dem Bach nach vorne zu kommen,bis zum Steg vom Wanderweg Enziloch-Chleeweidli.Ich habe es geschafft, da ging ich wirklich am Limit.

Viel Glück Jost




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