Mera (VIII) - in der wohl höchsten deutschen Bäckerei der Welt - Khare (4950m)


Publiziert von Kris , 15. Januar 2023 um 22:34.

Region: Welt » Nepal » Khumbu
Tour Datum: 2 November 2022
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: NEP 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 90 m

Nachdem wir bereits am Vortag an der 5000er Grenze gekratzt hatten, sollte es heute ganz hochoffiziell darüber hinausgehen. Der weitere Aufstieg leitet uns nach Khare, auf 4950m gelegen und die höchste Ortschaft in der unmittelbaren Nähe. Zweierlei Dinge werden uns schon vorher versprochen - erstens soll es nach Ankunft noch einen weiteren Akklimatisations-"Spaziergang" geben. Zweitens soll es in Khare eine "German Bakery" geben, und das auch noch in unserer Unterkunft. Entsprechend gespannt sind wir.. 

Um die Gebäcke ausprobieren zu können, müssen wir aber erstmal die Sachen schultern. Die Sonne ist die erste dreiviertel Stunde noch nicht hinter den Bergspitzen hervorgekommen, dementsprechend bibbern wir uns die ersten Höhenmeter hinauf. Der Pfad leitet gut sichtbar hinauf, teils etwas erdig und mit ein paar Blöcken versehen aber absolut unschwierig. Schnell gelangen wir dann zum Sabai Tsho auf 4450m. Dieser Bergsee ist zwar nicht der höchste der Welt - aber dennoch bemerkenswert. Nicht nur wegen der unzähligen Steinmännchen, sondern auch aufgrund der ständigen Bedrohung der darunterliegenden Talbereiche. Es werden immer wieder Messungen durchgeführt um eine Frühwarnung für eventuell instabile Moränenteile zu erhalten, zu verhindern das der See erneut eine derselbigen durchbricht und erneut Menschen unter Wassermassen begräbt.

Wir genießen hier gemeinsam mit zwei weiteren Gruppen die Aussicht unterhalb des Kyashars und ich baue auch selbst einen weiteren Steinmann - das will man sich ja nicht nehmen lassen. Ich fühle mich insgesamt nun auch deutlich fitter als ein paar Tage zuvor, als mich grippeähnliche Symptome quälten. Was jetzt und auch in den nächsten Tagen aber einfach nicht weichen mag, ist der Khumbu Husten, der aufgrund der arg trockenen Luft auftritt. Entsprechend landet immer wieder ein Tuch vor Mund / Nase um etwas zu schützen. Das macht den Aufstieg allerdings in der Höhe nicht leichter, die Luft wird ja ohnehin dünner und dünner. 

Nach der Pause geht es aber ziemlich entspannt weiter. Durch eine kleine Talsenke, die fast strandähnlichen Sand aufweist und dann an den oberen Läufen des Hinku-Flusses vorbei durch ein fast ebenes Tal in dem die Höhenmeter fast unmerklich schmelzen. Im hinteren Bereich dieses oberen Tals öffnet sich dann der Blick noch weiter gen Mera-La, zeigt eine neue Seite des Mera-Massivs und des Kyashars, der hier noch spitzer und steiler wirkt. Fast am Talschluss angekommen, erwartet uns eine Teepause. Wie immer flößen wir uns den Ginger-Lemon-Tee in Massen ein. Wegkommen sollte nichts, da hier eine große Kanne mittlerweile weit über 10 Dollar kostet. 

Der letzte Abschnitt nach Khare ist kurz aber anfangs arg steil und so schnaufen wir uns nach oben. Hinter einem kleinen Hang erscheint dann plötzlich unser heutiger Übernachtungsort. Dort angekommen, glauben wir unseren Augen nicht zu trauen. Direkt neben dem Eingang erwartet den geneigten Besucher eine illustre Auswahl von Top Equipment (u.a. Scarpa Phantom). Hier kann also für "spontan entschiedene" die entsprechende Gipfel-Ausrüstung besorgt werden - zu stolzen Preisen. Ein Gruppenteilnehmer will doch nich auf die La Sportiva Nepal Evo vertrauen (zu Recht m.E.) und legt knapp 100 Dollar für netto 2 Tage auf den Tisch. Noch beeindruckender ist allerdings der chalet-artige Wintergarten nebst grünem "Kunstrasen" Teppich. Hier knallt die Sonne rein, als gäbe es kein Morgen. Das erste Mal seit Tagen wird einem (fast zu) wohlig warm. Und hier werden auch die besagten deutschen Backwaren kredenzt. Da ich eher herzhaft als süß bevorzuge, überlasse ich das Testen eher den Anderen. So viel sei gesagt, die deutschen Backwaren wurden wie man heutzutage sagt eher "auf wish bestellt" (d.h. es kommt in deutlich schlechterer Qualität als erwartet. Das Gebäck ist staubtrocken und wohl vom Vortag. Aber was will man auch erwarten, das es hier überhaupt sowas gibt ist ja bereits diese Erzählung wert - zu Gast in der wohl höchsten(?) deutschen Bäckerei der Welt. Woher das "deutsch" rührt? Das bleibt offen ..

Wir essen aus der reichhaltigen Karte (es gibt hier auch mehrere Rot- und Weißweine zur Auswahl nebst Burger, Sandwiches und lokalen Spirituosen). Es ist und bleibt die westlichste Unterkunft unseres Trips, zumindest was die Verköstigung anbelangt. Die Zimmer sind dagegen so spartanisch wie eh und je. Wohlwollend zu erwähnen ist zumindest das elektrische Licht. Die Zimmertemperatur dagegen sinkt unter 0°, wie ich am nächsten Morgen am komplett durchgefrorenen Klo und meiner komplett durchgefrorenen Cola feststelle. Ich bin froh dass ich diesen Umstand in Ruhe feststellen kann. Für besagte Ruhe habe ich einen Einzelzimmer-Zuschlag gebucht der mir - gott sei Dank - bisher immer gewährt werden konnte. Heute allerdings steht kurz zur Debatte, dass ich mir mit einem anderen Teilnehmer das Zimmer teilen soll, der dann doch arg dem Schnarchen zugewandt ist. Das würde mich doch zurückwerfen in dem Kraft tanken, dem letzten Abend im Bett vor dem High-Camp. Zum Glück löst es sich in Wohlgefallen auf, da sich unser Guide dafür einsetzt - danke, Nima!

Wir wollen uns erst gar nicht lösen, sollen aber ja noch den "Spaziergang" zur Akklimatisation durchführen.. 
Doch es hilft ja nichts. Dadurch das wir wetterbedingt einen Tag früher zum Gipfelsturm blasen wollen, müssen wir noch etwas höher steigen. So gehen wir langsam den steilen Hang hinauf, zum View Point über Khare. Wie beim "Spaziergang" am Tage zuvor auf den knapp 5000m hohen View Point bei Tangnag schlägt hier aber Begeisterung über das Panorama schnell um in die Sehnsucht nach Erholung, die uns ja bisher verwehrt blieb. Wir kämpfen uns langsamen Schrittes den Berghang hinauf bis zu einer Fahnenstange, die im Wind flattert. Wir überblicken den Mera-La, das Mera-Massiv und schauen hinüber bis zum Kantegu. Wir wollen den windigen Ausblick genießen, aber die Gruppe will noch weiter. Das sorgt bei mir für Unverständnis, irgendwann muss es doch gut sein. Wir sind heute bereits 1000hm gelaufen. Es ist eine feine Linie zwischen besserer Höhenanpassung und Erschöpfung, die wir in den nächsten Tagen überhaupt nicht gebrauchen können. So steigen wir zu dritt - 2 Teilnehmer und 1 Assistant Guide auch ein paar Meter über der Fahne wieder ab. Da der andere Teilnehmer bereits auf dem Aconcagua stehen durfte, kann man gewisse Akkli-Erfahrung nicht absprechen.

Der Abstieg ist rutschig, wir müssen also aufpassen und sind dann froh das Tagesprogramm absolviert zu haben und setzen uns - mit Everest WLAN für 8 Dollar - in den Speiseraum und gehen danach noch bis zum Abendessen eine Runde in den Schlafsack. Das Abendessen ist gut, allerdings vertragen es nicht alle so gut. Magen Darm Reaktionen folgen schnell, andere klagen über etwas Unwohlsein. Die ersten Zweifler stehen im Raum von Teilnehmern, ob überhaupt zum High Camp aufgestiegen wird. Aber wir werden sehen wie wir uns morgen fühlen, nach der Nacht auf knapp 5000m. Meine höchste Nacht bis zum diesen Zeitpunkt. Eine kurze persönliche Bestmarke, die schon morgen gebrochen werden soll..


KONDITION 2.5/5
ORIENTIERUNG 1.5/5
TECHNIK 1.5/5
EXPONIERTHEIT 2/5
 

Tourengänger: Kris


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