Heute vorab keine Kartoffelsuppe


Publiziert von Schubi , 16. Dezember 2022 um 09:37. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Pfälzerwald
Tour Datum:11 Dezember 2022
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 1:30
Aufstieg: 280 m
Abstieg: 280 m
Strecke:5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Wanderparkplatz Trifels
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.
Unterkunftmöglichkeiten:Burghotel Trifels, und zahlreiche weitere in der Umgebung

Frostige Temperaturen herrschten vergangenen Sonntag im Pfälzerwald. Kein Grund jedoch, um nicht mal wieder mit Pfadfinder Nik auf Tour zu gehen. Der kennt dort alle Buntsandstein-Riffe beim Vornamen und zeigte uns auch diesmal versteckt Kraxeliges, Rustikales, Geologisches sowie Historisches, und zwar bei Annweiler am Trifels: Die Pfalz ist halt vielfältig. Das Beste an der Tour war aber eigentlich die Kartoffelsuppe am Ende.

Für die wehrhaften Felsburgen dort passt als Tourenberichts-Soundtrack Fortress von Pinback.

Wir stellten die Boliden am Parkplatz Windhof (388 m) ab, überquerten die Zufahrtsstraße zum Trifels und zickzackten im Wald hinauf Richtung Ruine Scharfenberg. Unterhalb der Ruine erreicht man ein hübsches Aussichtskänzele, von dem aus man einen schönen Blick hinüber zu den Hahnsteinen hat. Dann geht's die letzten Meter hinauf zur Ruine Scharfenberg (Münz) (488 m).

Scharfenberg wurde in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts unter dem staufischen König Konrad III. erbaut. Ihr volkstümlicher Name "Münz", der sich von lateinisch "munitio" ableiten lässt, weist auf eine Funktion als Bollwerk zur Absicherung der Reichsburg Trifels hin (ähnlich ist es bei anderen Gebäuden der Pfalz, die diesen Namen tragen, mit einer Münzstätte kann keines davon in Verbindung gebracht werden). Scharfenberg diente dazu auch als Gefängnis.

Der Name Scharfenberg leitet sich von späteren Eigentümern ab, einer Ministerialenfamilie, aus der unter anderem Konrad III. von Scharfenberg stammt, Bischof von Speyer und Kanzler des Reiches. Die Burg wurde während des Bauernkrieges 1525 zerstört, und ist seither Ruine.

Erhalten ist vor allem ein 20 m hoher Bergfried, der mit Buckelquadern aus der Stauferzeit ummantelt ist. Außerdem sind noch Teile des Brunnenturms und der Ringmauer zu sehen. Oder auch nicht - denn die Burg wird zur Zeit renoviert.

Von der Burg aus hat man (eigentlich) eine tolle Rundumsicht auf die umliegenden Hügel. Von hier aus kann man auch den Weiterweg schon erahnen. Es geht nun dem markanten Felsenriff folgend nach Nordnordwesten zu den Burgen Anebos und Trifels.



Wir verließen das Burgareal und nahmen dazu den Weg gleich nördlich der Burg, der bei ein paar Büschen den Bergsporn hinunter führt. Hier stiegen wir über Felsen und Wurzeln ab bis zum Beginn des Felsenriffs.

Gleich am Beginn des Felsens befindet sich ein schmaler natürlicher Durchlass. Wir überquerten ihn mit einem großen Spreizschritt, und stiegen dann durch die kleine Klamm auf die Ostseite des Felsens hinab. Vorsicht, hier ist es oft nass und ein wenig glitschig. Unten führte uns ein schmaler Pfad nach links unter der Ostseite des Münzfelsens hindurch.

Gleich in der nächsten Spalte stiegen wir wieder hinauf. Das ist eine kurze, aber veritable Kletterei im II. Grad. Ein Fuß links, der andere rechts, und man steigt senkrecht hinaus auf die Westseite des Felsmassivs.

Vor dem nächsten Felsen, dem Fensterfels, ging es dann wieder auf die Ostseite hinüber.

Wer genau hinschaut, kann in einer schmalen Spalte im Fensterfels in etwa 10 Metern Höhe ein aus dem Felsen herausgehauenes Fenster entdecken. Und wer sich traut, kann sogar dort hinaufklettern. Auf der anderen Seite geht es über ein Band und einige Treppen, allerdings sehr ausgesetzt, hinauf zum schmalen Plateau. Hier nicht auspsychen! Wer Fenster und Treppen angelegt hat, ist nicht bekannt; aber das Ganze sieht so aus, als wäre es schon ziemlich alt.


Dort wo das Gelände zum Hügel der Ruine Anebos hin wieder ansteigt, befindet sich eine Wegkreuzung, Hier steigen wir geradeaus über einige Serpentinen bergan, diesmal wieder auf der linken Seite des Felsenriffs. An einem Felssporn, der nach Süden aus den Bäumen hinausragt, befindet sich eine Bank, auf der man gut pausen kann. Schöner ist es allerdings, ein paar Meter weiter oben, auf einem ausgesetzten, ungesicherten Band zum nächsthöheren Aussichtspunkt zu gehen (Kurz T4-/I)

Wieder zurück auf dem Wanderweg geht's die letzten Schritte hinauf zum freigeschnittenen Plateau der Ruine Anebos (482m).

Dort kann man auf den Mauern oder den Felsen mit herrlicher Aussicht auf den Trifels seine Brotzeit auspacken. Und wer mag, verlegt seine Brotzeit hinauf auf den kleinen Felszahn vor dem mächtigen Felsenturm, der einst den Kern der Burg bildete.

Die Erbauung der Burg Anebos wird auf Anfang des 12. Jahrhunderts datiert. Sie war Stammsitz der Herren von Anebos, die nur vom Ende des 12. bis zu Mitte des 13. Jahrhunderts nachweisbar sind. Die Familie waren Reichsministerialen, denen das Lehnsrecht an der Burg übertragen worden war: 1194 wird ein Marschall Eberhard von Anebos im Gefolge Kaiser Heinrichs VI. genannt, sein Bruder Heinrich war ab 1196 Marschall. Bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts ist eine Eliza von Anebos urkundlich nachweisbar, die zuletzt als Witwe eines Marschalls bezeichnet wird. Danach fehlen Belege für die Existenz der Familie.

Später erhielt die Familie des Reichstruchsessen Philipp I. von Falkenstein das Lehnsrecht an der Burg. Seine Ehefrau Isengard übergab die Burg 1246 an König Konrad IV., vermutlich war ihre Familie im Mannesstamm erloschen. Die Burg wird in einer Urkunde des Jahres 1266 zum letzten Mal erwähnt, Ausgrabungen deuten aber darauf hin, dass die Burg noch bis ins 14. Jahrhundert bewohnt war. Ob sie danach aufgegeben, oder im Zuge von Kampfhandlungen zerstört wurde, ist nicht bekannt.

Von der Burg existieren heute nur noch einige Mauerreste sowie eine Filterzisterne, außerdem sind am Burgfelsen Bearbeitungsspuren zu sehen.



Man hat hier oben mehrere Abstiegsmöglichkeiten. Keine jedoch führt direkt zum Parkplatz der Burg Trifels hinunter. Am schönsten ist es, auf der Ostseite jenes Felsmassivs abzusteigen, an dessen Westseite wir heraufkamen. Hier wandert man noch einmal an einer eindrucksvollen Sandsteinmauer entlang. Schließlich gelangt man wieder an die Wegkreuzung zwischen Fensterfels und Anebos.

Hier wandten wir uns nun nach links und liefen auf der Ostseite des Anebos-Hügels hinunter zum Parkplatz am Burghotel Trifels (377m). Wir überquerten den Parkplatz und stiegen drüben hinauf zur berühmtesten der drei Annweiler(er) Burgen, zum Trifels (497m).

Die Reichsburg Trifels steht auf einem schmalen, 50 Meter hohen schiffsartigen Felsenriff. Hier wurden im Mittelalter die Reichskleinodien des Heiligen Römischen Reiches aufbewart. Nachbildungen (einiger) davon können dort heute besichtigt werden (die Originale befinden sich im Kunsthistorischen Museum Wien). Außerdem ist die Burg berühmt geworden, weil man hier 1193 den englischen König Richard Löwenherz gefangen gehalten hat, um ein bisschen Lösegeld für die Staatskasse zu erpressen. Was für Sitten!

Die Tatsache, dass die Burg heute keine Ruine (mehr) ist, verdankt sie der zweifelhaften Bemühungen der Nationalsozialisten, die die Burg ab den 1930er Jahren zu einer "nationalen Weihestätte" ausbauen mussten, weil es ihrer Ideologie leider an Gehalt mangelte. Was heute auf den unbedarften Besucher wirkt wie ein mittelalterlicher Raum, ist tatsächlich eine hohle Kulisse falsch verstandenen Mittelalters.


Und eine tolle Aussicht hat man auch! Nämlich von der Felsplattform aus, auf der die Burg errichtet wurde. Die Geiersteine sind zu sehen, und die Hügel um Wilgartswiesen, auf der gegenüberliegenden Seite die Burg Neuscharfeneck und der Orensfelsen.

Leider ist die Burg im Dezember geschlossen und so standen wir vor verschlossenen Türen. Die Besichtigung dauert ansonsten etwa eine Stunde.


Allerdings lockte uns eine unmarkierte Pfadspur in die 50 Meter hohe, senkrechte Felswand, auf der die Anlage errichtet wurde. Die letzten Meter sind gruselig ausgesetzt, und führen damit zu der exklusivsten Stelle auf dieser Tour!

Wir verließen den Trifels schließlich endgültig und liefen wieder hinunter zum Parkplatz (377m).

Dort, am Burghotel Trifels, lockte uns eine Tafel mit der großartigen Aufschrift "Heute vorab keine Kartoffelsuppe, danach 2 Dampfnudeln mit Wein; und Vanillesoße". Das ist ein derart absurdes Mahl, dass wir nicht umhin konnten, einzukehren. Und uns eine Portion keine Kartoffelsuppe zu bestellen.

Und was kam? Natürlich eine Kartoffelsuppe! Herrje, hört uns denn keiner richtig zu?!? Die (tatsächlich servierte!) Suppe hat dann aber hervorragend gemundet. Viel Gemüseeinlage und herzhaft gewürzt! Sehr lecker! Aber halt nicht keine Kartoffelsuppe.

Und angesichts dieser Tatsache hat sich dann auch niemand von und mehr getraut,
Dampfnudeln mit Wein zu bestellen....


Vom Burghotel aus ging es noch einmal hinauf zur Wegkreuzung zwischen Fensterfels und Anebos, und von dort aus, der Beschilderung folgend, zurück zum Parkplatz Windhof (388 m).



Mit auf Tour: Amelie (Grazie), Schubi (Fotos), Nikster (Text und Route)

Schubis Fazit: Wintertouren in der Pfalz sind nur dann erfüllend, wenn man am Ende eine heiße Kartoffelsuppe löffeln darf. Auf keinen Fall jedoch VORAB!

Niks Extrawurstfazit:
Wintertouren in Winterthur sind selbst dann erfüllend, wenn man am Ende (k)eine heiße Kartoffelsuppe löffeln darf.Aber nur wenn extra Wurst drin ist. Ansonsten gilt, psonders unter Franken: Äweng kaa Sübbler kommer scho vädrooch!

Eine Tour aus der Rubrik Unterholz-Preziosen

Tourengänger: Nik Brückner, Schubi


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Kommentare (7)


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Nyn hat gesagt: Äweng kaa Sübbler kommer scho vädrooch!
Gesendet am 17. Dezember 2022 um 09:31
Hoisst so fill wia:
A reachde Subba duat halt guad.

Schubi hat gesagt: RE:Äweng kaa Sübbler kommer scho vädrooch!
Gesendet am 17. Dezember 2022 um 09:46
Vielleicht kann ja jemand diesen Satz noch auf Pfälzisch formulieren?
Schwäbisch, Fränkisch ... Bleibt die Frage, wo's die beste Kartoffelsuppe gibt. Die Pfälzer setzen den Suppen-Maßstab auf jeden Fall sehr hoch.

Nyn hat gesagt: RE:Suppen-Maßstab
Gesendet am 17. Dezember 2022 um 16:08
I ma "Maultäschle-Suppa"
Kadoffel-Supp herd sich abr au läggr ah
Fiar der Wendr isch Supp eh s'Beschd ibrhaubd

Pfaelzer hat gesagt: Pälzisch :-)
Gesendet am 17. Dezember 2022 um 11:13
Jedzd deed ä Grumbeersubb guud...

Schubi hat gesagt: RE:Pälzisch :-)
Gesendet am 17. Dezember 2022 um 16:06
Klingt auch gemütlich – vielen Dank!

Nik Brückner hat gesagt: RE:Pälzisch :-)
Gesendet am 17. Dezember 2022 um 19:39
Auf die/den Pälldser ist Verlass!

F3ttmull hat gesagt: RE:Pälzisch :-)
Gesendet am 19. Dezember 2022 um 12:00
Wie sagten einst ein paar Lausbuben vor mir in Monnem, während ich auf meinen Döner wartete: "Jaja, immer wieder diese dappischen Pälldser".


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