Sustenhorn 3502m


Publiziert von raphiontherocks , 27. August 2022 um 15:38.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:21 August 2022
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-UR 
Zeitbedarf: 10:30
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 1900 m
Strecke:Göscheneralpsee - Chelenalphütte - Sustenhorn und zurück

Nach vielen Jahren Berg-/Alpinwandern stand mir diesen Sommer endlich der Sinn nach einer etwas grösseren Herausforderung. Dass ich in den Bergen so bald wie möglich regelmässig auch über 3000m und auf Eis und Schnee sportlich aktiv sein wollte, war für mich schon seit dem Zermatter Breithorn vor über zehn Jahren klar, nur liess sich das zeitlich und finanziell nicht so gut mit dem Gymi/Studium vereinbaren. Das hat sich in den letzten paar Jahren geändert und spätestens das Vrenelisgärtli vor zwei Jahren hat die Lust auf weitere hochalpine Gipfel noch mehr gesteigert. Da sich in meinem Umfeld aus Respekt nur wenige Personen für Hochtouren begeistern lassen und sich die Terminierung für Mehrtagestouren mit dem harten Kern immer schwierig gestaltet, hatte ich dieses Jahr keine Lust auf Drama und meldete mich relativ spontan bei bergundtal.ch für eine Anfängerhochtour in einer Gruppe Fremder an. 

Gipfel: Das Sustenhorn erblickte ich zum ersten Mal vor etwa zwanzig Jahren als Schulkind vom Titlis aus und ich erinnere mich noch wie ich ganz fasziniert war dass es dahinter noch höhere Berge gibt. Nach einer Tagesexkursion auf den Steigletscher viele Jahre später gehörte das Sustenhorn für mich zu diesen Bergen, die ich gerne einmal besteigen würde, ich aber noch nicht genau wusste wie und wann. Nachdem ich irgendwo über eine Werbung von bergundtal gestolpert bin, rückte das Projekt plötzlich ganz nah in den Bereich des Möglichen, denn nach etwas Vorbereitung mit Tourenberichten hier und auf dem SAC-Portal sowie etwas Kartenstudium war ich überzeugt, dass ich das Sustenhorn auch wirklich besteigen kann. Ein paar Klicks später war die Tour gebucht und bald sass ich neben meinem mit Pickel und Helm verzierten Rucksack im Zug in die Innerschweiz. 

Leider machte uns das Wetter und vor allem die sehr starke Ausaperung des Steigletschers im Bereich der beiden Spaltenzonen einen Strich durch die Rechnung und verhinderten die geplante Überschreitung des Sustenhorns von Süden nach Norden. 

Tour: Vom Göscheneralpsee zur Chelenalphütte (Tag 1), dann via Sustenlimi auf das Sustenhorn und dann via Sustenlimi und die Chelenalphütte zurück zum Göscheneralpsee (Tag 2)

Route: Restaurant Dammagletscher - Abzw. Bergseehütte / P. 1951m - Vorder Röti - Hinter Röti - SAC Chelenalphütte - Abzw. Bergseehütte (wbw) / P. 2592m - Brunnenfirn - Sustenlimi (3078m) - Steigletscher - Sustenhorn (3502m) und auf gleichem Weg zurück bis zur Bushaltestelle beim Restaurant Dammagletscher

Wegbeschreibung: Vom Restaurant Dammagletscher folgten wir dem Bergwanderweg auf der hydrologisch linken Seeseite (Nordseite) über einige Kehren hinauf zur Abzweigung zur Bergseehütte und von dort leicht absteigend zum hinteren Seeende, dann in das Chelenalptal hinein vorbei an der Vorder und Hinter Röti und rechts den steilen Schlussanstieg hinauf zur etwas versteckten Chelenalphütte. T3, 2h 40min.
Am zweiten Tag liefen wir um 05:15 Uhr von der Chelenalphütte bei Stirnlampengeblinke im Zickzack den Hüttenhang hinauf, an der alpinen Abzweigung zur Bergseehütte (P. 2592m) vorbei zur Zunge des Brunnenfirns auf ca. 2900m. Angeseilt, mit Steigeisen an Schuhen und dem Pickel in der Hand ist der Brunnenfirn ziemlich schnell überquert und auch der Felsriegel unterhalb des Sustenlimi ist auch mit Steigeisen überraschend einfach. Von hier sahen wir unser Gipfelziel endlich und erreichten es über den Steigletscher, abgesehen von einem spaltenbedingten weiten Schlenzer nach links, ziemlich direkt. Um 09:05 Uhr waren wir oben auf beim Gipfelkreuz des Sustenhorns. Der Abstieg war ebenfalls ziemlich einfach, der Felsriegel am Sustenlimi logischerweise etwas schwieriger aber immer noch sehr moderat und nach etwas Gletscherspaltenslalom auf dem Brunnenfirn konnten wir uns bald wieder unserer Hochtourenausrüstung entledigen. Der Rückweg zur Hütte und zur Bushaltestelle nahmen wir dann etwas langsamer in Angriff und kamen um ca. 15:15 Uhr müde aber glücklich bei der Bushaltestelle am Göscheneralpsee an.

Schlüsselstelle: der ca. 10m hohe, steile schräge Felsriegel unterhalb des Sustenlimi liess sich auch mit Steigeisen gut bezwingen. Da der Fels von guter Qualität ist und unzählige Tritte und Stufen anbietet, machte mir diese kurze Felskletterei sehr viel Spass im Aufstieg. Im Abstieg leicht schwieriger, aber rückwärts wie vorwärts immer noch sehr moderat und übersteigt den I. Grad nach UIAA nicht.

Schwierigkeit: Der Hochtourenteil wird vom SAC auch von der Chelenalphütte über das Sustenlimi noch mit L angegeben. Ich denke wegen des Felsriegels ist sie wahrscheinlich minimal schwieriger als die Route von der Tierberglihütte, aber mehr als ein WS- ist es sicher nicht. Der Zustieg ist oberhalb der Chelenalphütte alpin ausgeschildert, übersteigt aber T4 nicht. Grundsätzlich beschränken sich die wirklich alpinen Stellen auf wenige kurze Abschnitte, von denen fast alle mit Ketten gesichert sind und der Weg schliesst sich von der Schwierigkeit her nahtlos an den Weg unterhalb der Hütte an, der weiss-rot-weiss markiert ist. Grundsätzlich finde ich ein T4 aber gerechtfertigt, weil das Gelände stellenweise sehr steil ist und der Weg ob dem vielen Wasser, das aus dem Hang drückt und über den Weg läuft, oft rutschig ist und daher heikel sein kann. Ein weiterer Grund für die alpine Markierung könnte die Tatsache sein, dass alle Ziele oberhalb der Chelenalphütte (Sustenlimi oder der Alpinwanderweg zur Bergseehütte) alpin sind und deshalb der Weg auch zw. Hütte und Abzw. auf 2592m schon alpin markiert sein muss.

Zeitbedarf: 2h 40min für den Zustieg zur Chelenalphütte, insgesamt 10h 30min für den zweiten Tag.

Anforderungen: Eine gute Kondition sind das A und O dieser Tour. Wir haben es bei angenehmen Pace gut geschafft, aber oberhalb des Sustenlimi machte sich der höhenbedingte Leistungsabfall deutlich bemerkbar. Ich habe nicht für diese Hochtour trainiert - bzw. konnte gar nicht richtig da so spontan gebucht - und ich schaffte sie noch ziemlich gut und v.a. ohne ernste Probleme o.Ä., aber spätestens beim Rückweg dem Göscheneralpsee entlang war ich leer. Die technischen Anforderungen sind minimal, einzig Schwindelfreiheit und Trittsicherheit müssen gegeben sein, gehen aber nicht über die Herausforderungen einer Mythen- oder Druesbergbesteigung hinaus. Eine vollständige Hochtourenausrüstung (Klettergurt, Steigeisen, Pickel) sind natürlich obligatorisch, auf einen Helm haben wir aber verzichtet.

Bemerkungen: Während es am Samstag noch bewölkt war und immer wieder, v.a. am Abend auch ausgiebig, geregnet hatte, hatten wir am Gipfeltag beste Bedingungen. Auf dem Gipfel bissiger Wind, aber nichts was eine gute Goretexjacke nicht abhalten kann. Wunderbare Fernsicht vom Piz Bernina über Basodino, Matterhorn, Finsteraarhorn zum Brienzersee und bis in die Vogesen und den Schwarzwald hinein. Gleich gegenüber grüssen Titlis, das Gwächtenhorn, das unser Ausweichziel gewesen wäre, und der Dammastock.
Grundsätzlich wäre die Überschreitung des Sustenhorns möglich gewesen, einige Gruppen stiegen auch von der Tierberglihütte auf. Beide Gletscher waren aber im unteren Teil weitestgehend aper. Die Morgensonne vermochte den wenigen Schnee vom Vortag auch im oberen Teil des Steigletschers schnell wegzuputzen und die dadurch einhergehende Veränderung der Gletscheroberfläche waren erstaunlich und spätestens auf dem sonnigen Brunnenfirn deutlich bemerkbar. 
Die Führung durch den Bergführer war sehr professionell und angenehm. Die anderen in der Gruppe waren ebenfalls top, sehr unkompliziert und angenehm. Vom Niveau waren sie konditionell mindestens so gut wie ich dran, technisch vielleicht nicht ganz. Summa summarum eine gute Truppe cooler Menschen, die auch morgens um halb 5 oder bei -20°C Windchill nicht den Humor verliert. Mir hat es den Ärmel definitiv reingenommen und weitere Touren werden folgen. Vielleicht besser mit etwas mehr Vorbereitungstraining und weniger Schnappatmung beim Gipfelaufstieg...

Cheers,
raphiontherocks

Tourengänger: raphiontherocks


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