Versuch Brunnistock (2952)


Publiziert von cardamine , 13. Juni 2022 um 22:29.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:10 Juni 2022
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1600 m
Strecke:20 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Autobahnausfahrt Altdorf - Isleten - Isenthal - Parkplatz Musenalp. Achtung, 500 Meter vor dem Parkplatz muss man eine Fahrbewilligung lösen! Kosten 1 Tag CHF 5, 2-7 Tage 10 CHF. Die Musenalpbahn (Platz für 4 Personen) fährt auf Anruf. Kosten 8 CHF pro Person.
Unterkunftmöglichkeiten:Gitschenhörelihütte (2325 m) unbewartete Selbstversorgerhütte Solarstrom, Regenwasserversorgung und Aussentoilette. Holz zum Heizen, Küchenutensilien sowie Getränke vorhanden. Reservation und Code für die Eingangstüre: A. und E. Bissig, Erstfeld

Für unseren Besuch aus Spanien suchten wir eine leichte Hochtour mit wenig Höhenmetern Aufstieg.
Auf dem SAC Tourenportal wurden wir schnell fündig: Brunnistock, "nur" 2952 m hoch aber mit Gletscher, Schwierigkeitsbewertung L und bezeichnet als "beschauliche Gletscherwanderung", 630 Höhenmeter Aufstieg von der Hütte. Klang nach Volltreffer, war es aber nicht.
 
Die vorbildlich geführte Gitschenhörelihütte (unbewartet) sollte als Basis für die Besteigung des Brunnistocks dienen. Die Hütte erreicht man am schnellsten von der Bergstation der Musenalpbahn über Sassigrat und Biwaldalp. Der spannendere Zustieg über den Chlitaler Firn (Alpinwanderweg T4) waren noch zu viele (potenziell heikle) Altschneefelder, ansonsten hätten wir eine tolle Runde machen können. So ging es auf dem schnellsten und einfachsten Weg zur Hütte.

Nach einer Pause auf der schönen Terrasse der Gitschenhörelihütte inspizierten wir den Weg zum Gletscher: Zunächst folgt man ein Stück dem Alpinwanderweg Richtung Uri Rotstock und verlässt den Weg vor dem markanten Felsblock P. 2372 (gelber Punkt am Fels). Von dort leiten viele Steinmännchen über die Schuttwälle hinunter zum Gletscher.

Nächster Tag: In einem weiten Bogen Richtung West umgingen wir die (noch eingeschneiten) Spaltenzonen und querten dann unter dem Blackenstock hinüber zum Brunnistock. Unsere beschauliche Gletscherwanderung endete an der 40° steilen Westflanke. Laut dem Tourenbeschrieb sollte man nun das Firnband zum SW-Grat hochsteigen. Unterhalb des Grates gibt es sogar eine von weiter weg deutlich sichtbare Spur. Diese 40° Firnflanke war nur leider alles andere als anfängerfreundlich. Wir versuchten etwas neben dem Firnband zwischen Felsen und Geröll aufzusteigen, in der Hoffnung, die 150 Höhenmeter Aufstieg zur Wegspur irgendwo an den Felsen zwischensichern zu können. Leider klappte das nicht, da die Felsen vom Gletscher alle rund geschliffen sind, weder Schlingen noch Friends finden Halt. 150 Höhenmeter ungesichert bei dieser Steilheit hoch - und vor allem wieder runterzusteigen überstieg eindeutig unsere Risikofreudigkeit. So brachen wir den Versuch ab und bestiegen als kleinen Trost noch den firnbedeckten Hubel (P. 2737) westlich des Blackenstocks. Von dort hat man immerhin auch einen tollen Tiefblick auf das Engelberger Tal.
 
Fazit: Meiner Meinung nach stimmt die SAC-Schwierigkeitswertung mit L überhaupt nicht. Der Brunnistock ist so wenig eine "beschauliche Gletscherwanderung" wie der Heuberggrat eine Allwetter-Feierabendetour für Schüler aus Flachlandhausen. Die L-Referenztouren Piz Tschierva Ostgrat (war ich), Wildhorn (war ich) und Bishorn sind um Welten einfacher als der Brunnistock. Selbst die WS-Referenztouren Weissmies und Balmhorn Normalroute (letzteres sogar WS+) fand ich viel einfacher, immerhin hat da der Gletscher "nur" 35°. Wie man sieht, ist auch auf die Fachautoren nicht immer Verlass. Die Tatsache, dass wir unseren Gästen aus dem Ausland keinen Gipfel bieten konnten, macht dieses Fehlurteil natürlich doppelt ärgerlich.

Tourengänger: Toni Montaña, cardamine


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Kommentare (5)


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El Chasqui hat gesagt: L+
Gesendet am 16. Juni 2022 um 17:40
Ciao Cardamina
ich war nun doch schon einige Male auf dem Brunnistock, im Winter und Sommer (nur Vorsommer). Die Flanke dort hinauf bewegt sich zwischen 35 und 40 Grad, gegen oben abflachend. Wenn ich Euer gpx interpretiere, seid Ihr einige Meter zu weit links rauf. Wenn das Schneeband von Ost nach West hinauf zum Grat noch durchgängig ist, kann man da im Zick-Zack wirklich gut hinaufsteigen. Sieht steil aus, ist aber gegen unten auslaufend. Da es keine Kletterstellen hat und es auf dem Westgrat durchgehend Wegspuren hat, erachte ich L nicht als total falsch.
Vielleicht klappts das nächste Mal.

cardamine hat gesagt: RE:L+
Gesendet am 16. Juni 2022 um 18:53
Hoi El Chasqui
Bei dem, was du sonst so treibst, glaube ich gerne, dass für dich der Brunnistock ein Spaziergang ist ;)
Wir waren direkt neben dem Firnband und es war genauso steil, wie da wo wir waren. Die andern sind noch weiter rauf und meinten, nach oben würde es sogar noch steiler. Mein Partner hat es dann auch noch auf dem Band selbst probiert, aber er meinte, das wäre auch nicht weniger steil. Und es war definitiv steiler als am Balmhorn, wo ich am Glestcher oben 35° gemessen habe!
Sanft auslaufend war das meiner Meinung nach auch nicht. Wenn ich oben ausrutsche, klatsche ich direkt unten auf den flachen Gletscher (wenn ich nicht bremsen kann...). Seit deiner Begehung im 2016 kann sich das durch den Gletscherschwund und den schneearmen Winter natürlich verändert haben....
Also meiner Meinung nach kann man diese Tour nicht in eine Schublade mit L-Hochtourenklassikern wie Breithorn, Silvrettahorn, Wildhorn, Wildstrubel, Vorder Tierberg, Sustenhorn etc. werfen. Der Brunnistock gehört schon nicht umsonst nicht zu den typischen Einsteiger-Hochtouren.
Der SAC gibt in seiner Hochtourenskala nun leider keine max. Steilheit an, sodass das mit den "einfachen Firnhängen" ziemliche Interpretationssache ist. In Frankreich ist z.B. F mit max. 35° definiert, aber die Franzosen sind auch insgesamt viel härter drauf...
Insgesamt finde ich die SAC-Hochtourenskala eh unzureichend. Für die Schwierigkeitsbewertung einer Tour sollten auch künstliche Sicherungshilfen und Selbstsicherungsmöglichkeiten eine Rolle spielen. Mit den Sicherungsstangen auf der Aletschhorn SW-Rippe hat man z.B. viel weniger Absturzrisiko als auf dem Brunnistock.

El Chasqui hat gesagt: RE:L+
Gesendet am 17. Juni 2022 um 07:59
Kann sein, dass durch den Gletscherschwund das ganze heikler geworden ist.
Du hast recht, Aufstieg zum Zackengrat, Sustenhorn oder Breithorn ist in der Tat weniger steil, dafür viel länger.
Du kannst beim SAC-Tourenportal intervenieren, dann wird das überprüft.
Zum Brunnistock könnte man auch über die Skiroute (etwas neben 2776 m) rauf, ist aber auch für ein kurzes Stück sehr steil, dafür im Fels (bzw. Schutt).
Weiterhin schöne Touren, Gruss Urs

El Chasqui hat gesagt: SAC Tourenportal
Gesendet am 17. Juni 2022 um 10:34
Ui, das ging nun aber schnell. Im SAC-Tourenportal ist das nun bereits nach Deinem Gusto angepasst! Sehr gut.

cardamine hat gesagt: RE:SAC Tourenportal
Gesendet am 20. Juni 2022 um 21:00
Ui das ging wirklich schnell, danke für die Info. Wahrscheinlich ist man beim SAC nach dem aktuellen Vorfall sehr sensibel für solche Anfragen, schliesslich möchte man nicht in den Medien landen, weil ein paar Anfänger auf Gletscherwanderung über einen 40° Hang abrutschen ;D


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