Auf verborgenem Weg von Hohtenn nach Goppenstein


Publiziert von ABoehlen , 27. Februar 2022 um 16:43.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:30 September 2021
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1090 m
Abstieg: 950 m
Strecke:Hohtenn Station – Ladu (Laden) – Scheene Biel – Imine – Mittal – Goppenstein, 12 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Hohtenn
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Goppenstein
Kartennummer:LK1288 Raron, 1268 Lötschental

Es ist dies die erste Tagestour in den Alpen nach rund 2 Jahren; die Pandemie verleitete mich nicht gerade zu ausgedehnten Ausflügen. Aber die Sehnsucht nach alpiner Wildnis wurde allmählich stärker und insgesamt ist das Reisen im Zug mit Maske zur Gewohnheit geworden. Mit einer guten Planung lassen sich auch Menschenmassen und überfüllte Züge gut umgehen. Mit der erstmöglichen Verbindung gelange ich auf diese Weise entspannt in rund zwei Stunden von Worb nach Hohtenn, wo es wie zuhause noch stark bewölkt ist. Besserung ist im Tagesverlauf aber angesagt worden und so hoffe ich, dass dies auch eintreffen werde.

Eigentlich hatte ich den grossen Exodus aus dem «Lötschberger» erwartet, indem Wanderer hier scharenweise die «Südrampe» erobern. Aber ich bin der einzige, der aussteigt! Das ermöglicht es mir, die besondere Atmosphäre dieses Bahnhofs etwas auf mich wirken zu lassen. «Schwellenhöhe 1078 m» steht dort angeschrieben, und tatsächlich befindet man sich hoch oben in den Bergen. Gleich hinter dem stattlichen Gebäude bricht das Gelände sehr steil ab und der Blick schweift ungehindert in die über 400 Meter tiefer liegende Ebene des Rhonetals mit den berühmten Pappelreihen, die die Strassen säumen. Nun sind wir hier in den Alpen – da muss ich mich als Mittelgebirgswanderer erst wieder daran gewöhnen – was bedeutet, dass auf 1000 m noch längst nicht «Ende Gelände» ist. Es geht noch weit, weit hinauf! Wie weit, sehe ich jedoch nicht, denn die Wolken hüllen alle Gipfel ein. Der Weg dort hinauf ist aber von guter Qualität und es ist angenehm kühl; geradezu perfekt!

Die Ladenalp (Ladu im örtlichen Dialekt), rund 300 Meter höher gelegen, ist zu dieser Jahreszeit bereits verlassen und liegt heute direkt an der Untergrenze der Wolken. Fortan sinkt die Sichtweite auf wenige Meter, aber auf weiterhin klar erkennbarem, wenn auch spärlich markiertem Weg, steige ich gleichmässig durch den Bergwald bis zur Weggabelung beim Pt. 1702 (gemäss alter Landeskarte). Der offizielle Wanderweg führt hier rechts weiter zur Spilbielalpij, ich schlage jedoch die Strecke ein, die linkerhand einen Graben quert und gleich wieder ansteigt. Bald werde ich überraschend von einem Hund begrüsst, dessen «Herrchen» etwas später folgt. Es ist ein Wildhüter und wir wechseln ein paar Worte, wobei er mir u.a. erklärt, worauf ich beim Übergang achten muss, um die Fortsetzung des Weges zu finden, es sei nicht offensichtlich. Ich bedanke mich und jeder geht wieder seines Weges. Nach rund 2 Stunden ist der Grat und der Übergang erreicht: Scheene Biel, 1915 m. Und endlich reissen auch die Wolken auf und erlauben erste Ausblicke nach Norden und Westen ins Lötschental. Dort hinunter soll es nun gehen, ins gut 900 Höhenmeter niedrigere Dorf Mittal.

Den Einstieg finde ich einfacher als erwartet und zunächst ist die Sache problemlos. Im Marchgrabu wird es dann komplizierter, denn es geht ein Stück weit diesen äusserst steilen Graben hinunter. Die Karte zeigt hier Wald, was aber leider nicht stimmt, und im offenen Gelände ist der Pfad im Gras teilweise kaum sichtbar. Aber alles klappt gut und deutlich einfacher gelange ich zur einsam gelegenen Hütte von Imine (1681 m).

Und abermals leistet mir ein Hund Gesellschaft, ein noch anhänglicherer als zuvor. Unvermittelt verschwindet er jedoch wie der Blitz, wohl auf ein akustisches Signal seines Besitzers, das ich aber nicht hören konnte. Auf dem Weiterweg begegne ich Hund und Meister; wiederum handelt es sich wie erwartet um einen Wildhüter. Dazu ist zu sagen, dass das ganze Gelände links der Lonza zum Eidgenössichem Jagdbanngebiet Wilerhorn gehört, was entsprechende Kontrollen von Wildhütern erfordert.

Das relativ entspannte Wandern rund um Imine ist bald zu Ende, denn der weitere Abstieg hat es in sich: Noch sind ja rund 600 Höhenmeter zu «verheizen». Die Querung des Mittalgrabu, wo weniger Wasser fliesst als erwartet, wird mit Eisenstiften und einem Seil erleichtert, erfordert aber dennoch Konzentration. Der Weg schlängelt sich anschliessend – sehr steil – durch eine Lücke zwischen den felsigen Partien hindurch talwärts und erreicht den Bach aus dem Indre Mittalgrabu, dort wo dieser aus der unerhört engen, steilen und felsigen Schlucht ans Tageslicht tritt.

Dass dieser Bach jede Menge Geröll mit sich führt, kann man sich vorstellen und so entstand im Laufe der Jahrhunderte ein ausgedehnter Geschiebekegel, der auch gut in der Karte erkennbar ist. Das lockeren Material wurde nach und nach von einer wilden Unkrautflur in Beschlag genommen, durch die ich mich jetzt noch kämpfen muss, denn den Weg habe ich inzwischen vollkommen verloren. Die Richtung ist aber vorgegeben und um die Mittagszeit erreiche ich Mittal, jene kleine Siedlung, welche die einzige im unteren Teil des Lötschentals ist. Mit 1053 m ist es zugleich die tiefste Stelle der heutigen Wanderung.

Fazit bis hier: Diese alte Verbindung ist begehbar und wird immer noch genutzt. In der Gegenrichtung ist sie wegen der Steilheit aber sinnvoller zu begehen, allerdings ist der Einstieg ab Mittal nicht leicht zu finden. Man versuche, den Indre Mittalgrabu-Bach zu erreichen und diesem zu folgen, bis zu der Stelle, wo er aus dem Graben hervortritt. Der Weg steigt dort rechterhand in den Steilhang hinauf und ist, sobald man sich im Wald befindet, gut zu erkennen.

Mittal wird von Verkehr durchbraust, da die Strasse hier zwischen zwei Galerien kurz ans Tageslicht tritt. Ich husche hinüber und folge den Resten der alten Talstrasse, wo der Verkehr rollte, ehe in den 1980er Jahren die lawinensichere Hauptstrasse mit ihren Tunnels und Galerien gebaut wurde. Es geht stetig bergan und an der Sonne, die längst von einem makellos blauen Himmel strahlt, wird es nun ziemlich heiss. Zum Glück ist der Weg aber nicht allzu weit und bald stehe ich unter den Viadukten der Verladerampe. In Kandersteg liegen diese Einrichtungen im Bahnhofareal nebeneinander, aber dort ist das Tal weit und der Platz reichlich. Hier ist hingegen alles sehr eng und steilwandig, was zahlreiche Kunstbauten bedingt.

Es folgt noch ein kurzer, letzter Aufstieg und vorbei am alten Schulhaus durchquere ich zu guter Letzt den Ort Goppenstein, wenn man bei den wenigen Häusern überhaupt von einem solchen sprechen kann. Dominierend ist das grosse Bahnhofsgebäude auf 1216 m, wo diese Tour nach knapp 5 Stunden ihr Ende findet. Aber für die Heimreise ist es natürlich noch zu früh, denn jetzt ist futtern angesagt: Nach dem Umziehen begebe ich mich ins «Felsheim», wo ich es mir bei Rösti und Bier gut gehen lasse. Es ist der perfekte Abschluss einer jeden Tour in dieser Gegend!

Tourengänger: ABoehlen


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Kommentare (2)


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Wanderer82 hat gesagt: Weg auf Karte
Gesendet am 28. Februar 2022 um 18:22
Hallo

Habe gerade den Weg auf der Karte suchen wollen und bemerkt, dass dieser ja rot, also als normaler Bergwanderweg, drauf ist. Ist das demnach ein Fehler und es war nur früher ein markierter Weg? Bin grad etwas verwirrt.

ABoehlen hat gesagt: RE:Weg auf Karte
Gesendet am 1. März 2022 um 06:36
Hallo!

Danke für deine Bemerkung. Nein, das ist kein markierter Bergwanderweg und war auch nie einer! Diese habe ich schon im Vorfeld vermutet und jener Wildhüter, mit dem ich mich beim Aufstieg zum Scheene Biel unterhalten habe, hat dies bestätigt.

Den Fehler habe ich anschliessend über den Revisionsdienst gemeldet – mittlerweile ist er grün, also Status=abgearbeitet. Das kann aber in Bezug auf die Wanderwege auch nur heissen, dass die entsprechende Meldung an den Kanton übermittelt wurde; Wanderwege sind nicht Sache von swisstopo, sondern dafür sind die Kantone zuständig. Warum dieser jemals vom Kanton Wallis als Bergwanderweg im Datensatz landete, kann ich leider nicht sagen.

Liebe Grüsse
Adrian



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