Sulegg - Schwalmere - Drättehorn - Chilchflue


Publiziert von Bergamotte , 20. Januar 2022 um 16:34.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Berner Voralpen
Tour Datum:19 Januar 2022
Ski Schwierigkeit: ZS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 2350 m
Abstieg: 2790 m
Strecke:31km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:LSB Isenfluh - Sulwald
Kartennummer:254S / 264S

Die Schwalmere ab Sulwald mit Abfahrt ins Soustal zählt zu den grossen Klassikern im Berner Oberland. Das ist zweifellos ein lohnendes Ziel, aber derart war mir die Runde etwas gar gewöhnlich und kurz. Ergo habe ich die Tour ein wenig aufgepeppt... Die Verlängerung durch Zustieg über die Sulegg liegt noch auf der Hand. Aber die Fortsetzung über Hohganthorn und Drättehorn bis zur Chilchflue gehört dann eher in die Kategorie "exotisch", zumal sich letztere auch ganz bequem in dreissig Minuten ab dem Schilthorn erreichen liesse...

Die erste Bahn um sieben Uhr bringt mich alleine hoch nach Sulwald (1519m). Einerseits erschien mir ein früher Start angesichts des happigen Pensums sinnvoll, andererseits habe ich in den letzten Wochen wieder Gefallen gefunden an den tollen Morgenstimmungen in den Bergen. Über unten arg ausgedünnte Hänge steige ich im Mondscheinlicht zur Mederalp hoch. Die Steilstufe hoch zum Kamm (bis 35°) ist hart und völlig zerfahren und entsprechend mühsam zu gehen. Eine Aufstiegsspur ist kaum mehr auszumachen. Oben kurzes Abrutschen in den Kessel von Gumma und nun deutlich angenehmer über die Chüematte zum Schärihubel (2124m). Ich bin mal so frech und spreche dieser belanglosen Kote die Gipfelberechtigung ab. Im Schlussaufstieg über die ausladende, ideal geneigte Ostflanke der Höji Sulegg (2413m) kämpfe ich gegen eine glasige Spur, aber bin trotzdem zu faul, eine eigene Linie zu ziehen. So ist der Mensch.

Oben gibt's eine kurze Pause und erste Blicke übers Morgenberghorn Richtung Aaretal. Das Restprogramm bis zur Chilchflue wäre von hier bereits erahnbar, aber darüber mag ich mir noch keine Gedanken machen. Lieber erfreue ich mich am farbigen Morgenhimmel. Durch eine Querabfahrt versuche ich nun, unnötige Hm-Verluste zu vermeiden; das Optimierungspotential hält sich in engen Grenzen. Über Presspulver spure ich von Norden zum Klein Lobhorn (2519m) hoch; zumindest im Winter wird der Gpfel meist einfach im Vorbeigehen mitgenommen. Abrutschen auf Fellen - wohl bekomms - zur Normalroute, welche mich zur Schwalmere (2777m) bringt. Das hat sich streckenmässig etwas gezogen. Es ist frisch hier oben auf knapp 2800m, aber der Aussichtsberg macht seinem Ruf alle Ehre. Bei meinem Besuch im Sommer 2021 über den Nordgrat hatte ich davon nicht viel mitbekommen (*klick).

Und dann mache ich mich an den "Liebhaberteil" der Tour. Zurück im Sattel geht's mit Ski über den Nordkamm bis zum kleinen Felsgürtel des Hohganthorn (2775m). Zu Fuss bietet dessen Überwindung keinerlei Schwierigkeiten, die Ski habe ich derweil am Rucksack befestigt. Vom Gipfel dann wieder mit Ski dem Grat entlang südwärts. Ein kleines Felsriff sowie den felsigen Gipfelaufbau des Drättehorn (2794m) umgehe ich rechts (westlich) durch die Flanke. Das hat sich angesichts der vereisten Unterlage und der Steilheit trotz Harscheisen als wirklich anspruchsvoll herausgestellt. Zuletzt wenige Meter über den Westrücken zum Skidepot und zu Fuss hoch.

Den Besuch der Chilchflue hatte ich mir bei der Planung offengelassen. Aber angesichts von Kaiserwetter und guten Beinen fiel der Entscheid leicht. Abfahrt über den Westrücken bis zum Ende der begrenzenden Felswand und ihr entlang rüber zum Sattel P. 2523. Leider lässt sich der Chilchfluepass (2454m) von hier nicht ohne Gegenanstieg über die Chienegg erreichen. Er ist zwar kurz, aber anfellen lohnt sich alleweil und oben lässt man sie dann gleich drauf. Alternativ könnte man kurz nach Schafläger abfahren und die Chienegg östlich umgehen.

Die Nordflanke zwischen Chilchflue und Schilthorn ist - gelinde gesagt - wenig einladend: steil (bis knapp 40°), nordexponiert, muldig, kaum Sonne - sprich typisches Lawinengelände. Entsprechend sicher müssen die Verhältnisse sein. Die Spurarbeit erweist sich aufgrund der Steilheit und Unterlage als fordernd, aber ich gehe die Sache meditativ an. Überrascht entdecke ich circa zehn Minuten hinter mir einen weiteren Solisten, der meiner Spur folgt. Das nenne ich einen Zufall in dieser (im Aufstieg) kaum je begangenen Route. Fragt sich bloss, weshalb der gute Mann nicht dreissig Minuten früher aufbrechen konnte... Item, nach der vereisten Querung in den Sattel verbleiben wenige Minuten über den breiten Rücken zur Chilchflue (2833m). Nun (fast) alle Aufstiegsmeter und Schwierigkeiten hinter mir machen sich das Pensum und die Höhe langsam bemerkbar. Trotzdem, ich kann nicht anderes, inspirieren mich die umliegenden Berge bereits zu neuen Taten: zum Beispiel Andriste und Hundshore aus dem Kiental bzw. Spiggegrund? Ja, vermutlich eine weitere "Liebhabertour"....

Nach dem Aufstieg ist vor der Abfahrt: ganze 1800Hm stehen mir bevor bis runter nach Isenfluh. Der abfahrtsorientierte Tourenfahrer wird trotzdem nicht glücklich werden auf dieser Schlussetappe. Dafür sollte unbedingt genug Zeit eingerechnet werden für die lange Rally durchs gesamte Soustal. Natürlich, die Nordflanke zum Auftakt ist ein (häufig pulvriger) Leckerbissen, aber nach 400Hm zu Ende. Was nun folgt, ist gemütliches Cruisen talabwärts. Verschiedene Engstellen und Bachquerungen sorgen für Abwechslung. Und landschaftlich hat die Passage bis Sousläger einiges zu bieten. Dort, wo die Standardroute von der Schwalmere runterkommt, endet das Vergnügen vorerst. Mit etwas Stockeinsatz über die Ebene und zu Fuss den kurzen Gegenanstieg absolvierend. Die Waldpassage ist rau und arg zerfahren, aber die Fahrstrasse schnell erreicht. Auf dieser lasse ich es (noch) ohne Portage gemütlich "ausrollen" bis Isenfluh (1081m).


Zeiten (kum)
1:50  Höji Sulegg
2:35  Klein Lobhorn
3:25  Schwalmere
4:20  Drättehorn
5:45  Chichflue
6:45  Isenfluh

Tourengänger: Bergamotte
Communities: Skitouren


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Kommentare (1)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 21. Januar 2022 um 07:47
genau: "exotisch" (lang und anspruchsvoll) - chapeau


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