Piz Pischa, 3136m via Westgrat


Publiziert von Linard03 , 9. September 2021 um 06:35.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Oberengadin
Tour Datum: 6 August 2021
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 6:15
Aufstieg: 930 m
Abstieg: 930 m
Strecke:Alp Languard - Lej Languard - Fuorcla Pischa - Fuorcal Prüna - Piz Pischa retour (15.7 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Pontresina - Talstation Sesselbahn Alp Languard

Der 2. Tag in 2 Wochen, welcher gänzlich ohne Regen vonstatten ging ... ;-)
Die "Schönwetter-Störung" wollte also nochmals genutzt werden für eine letzte Tour. Schon länger hatte ich mit einem der einsamen Gipfel in der Region der Fuorcla Pischa geliebäugelt. Ich entschloss mich deshalb, dem unbekannten Piz Pischa einen Besuch abzustatten.


Per Bus nach Pontresina und mit der Sesselbahn hinauf auf die Alp Languard (2327m). Hier oben gibt es bekanntlich diverse Wanderwege, welche in Richtung Fcla. Pischa führen. Ich wählte den "Mittleren", welcher die direkteste Verbindung zum Lej Languard ist, gleichmässig und nur wenig ansteigend ist.

Der Untergrund war aufgrund der vielen Niederschläge teilweise etwas sumpfig, was jedoch nicht weiter störend war. Vom Lej Languard (2592m) ein kurzer, steiler Anstieg, welcher eine Felsstufe überwindet. Bei P.2818 ein Abzweiger und wenige Minuten später war die Fuorcla Pischa (2835m) erreicht. Bekannt und problemlos bis hierhin.

Mein Tagesziel war von hier aus schön sichtbar. Nun auf einem angedeuteten, jedoch nicht mehr markierten Pfad eine Querung zur Fuorcla Prüna (2835m). Hier, über dem wunderschönen, tiefblauen Lej da Prüna legte ich eine kurze Pause ein und studierte die Südwand bzw. den Westgrat des Piz Pischa. Sah von hier aus ziemlich unnahbar aus ...

Also hinein in den grossen Geröllkessel ... Steil, rutschig und deshalb ziemlich mühsam ging es hinauf. Nachdem einige Höhenmeter absolviert waren hielt ich mich an den Ausläufer des Westgrates. Nun galt es, eines der diversen Couloirs hinaufzuklettern. Das brüchige Gelände war nicht gerade vertrauenserweckend ... - zudem war das Gelände nicht gerade übersichtlich. Instinktiv folgte ich einer Verschneidung, welche machbar aussah. Später entdeckte ich den einen oder anderen Fussabdruck; so falsch konnte ich also nicht liegen ...

Nach einiger Kraxelei erreichte ich den Rücken des Vorgipfels. Weiterhin steil hinauf auf Geröll und Block. Ob man hier irgendwo queren müsste? Ob es hinter dem Vorgipfel steil hinuntergehen würde? Ich musste es herausfinden. Nachdem ich den Vorgipfel erreicht hatte, öffnete sich der Blick und das Gelände flachte dahinter überraschend ab.
Nun war es nicht mehr weit: hinunter in den Sattel und danach auf breitem Schuttrücken hinauf zum grossen Steinmann des Piz Pischa (3136m).

Vom grossen Gipfelsteinmann zum höchsten Punkt besteht ein sehr schmaler, ausgesetzter Grat, welcher diverse Absätze aufweist und deshalb wie ein Drachenrücken aussieht. Ich überkletterte noch den ersten Absatz und angelte mich weiter zum Zweiten, ehe ich abbrach. Wie tief es dort hinunterging und wieder rauf, war nicht einsehbar. Für mich ein T6-Gelände. Alleine unterwegs im T6? Nein, ohne mich, das war es mir dann nicht wert (zu frisch war zudem der WoPo1961-Bericht ...)
Womöglich ist es sogar einfacher, von Osten her direkt auf den höchsten Punkt zu steigen.

Jedenfalls machte ich es mir gemütlich auf dem geräumigen Gipfel-Plateau und genoss die wunderschöne Aussicht. Bis ich Geröll-Poltern vernahm. Wild? Nein, eine 12er-Gruppe von Italienern (ja, es war nicht überhörbar ...), welche den benachbarten Piz Prüna zum Ziel hatten.

Ich überlegte noch, ob ich hier nach Osten absteigen sollte. Das Gelände ist hier viel einfacher (T4), kein Klettergelände, einfach etwas mehr Geröll ... Es hätte jedoch auch einen längeren Weg bedeutet, weshalb ich schliesslich doch auf die Alternativ-Route verzichtete.

Nach ca. 45 Min. Pause machte ich mich also auf demselben Weg auf den Abstieg. Der Vorgipfel war schnell erreicht und der Abstieg auf dessen Rücken war ebenfalls kein Problem. Etwas heikler wurde es dann, als es in einem der Couloirs den Geröllkessel zu erreichen galt. Was im Aufstieg einigermassen gut ging, war im Abstieg nicht ganz trivial. Das lose Gestein macht es einem nicht einfach. Und die Felsen als Haltegriffe müssen gut überprüft werden: selbst grosse Felsscheiben entpuppen sich bei genauerer Überprüfung als nicht Griff-fähig. Jedenfalls benötigte ich an einer Stelle zwei Anläufe, bis ich den entsprechenden Absatz bewältigen konnte.

Ist der Geröllkessel mal erreicht, kann man auf dem losen Untergrund hinunter surfen. Nach ca. 45 Min. hatte ich die Fuorcla Prüna wieder erreicht - und war einmal mehr froh, dass hier kein Steinschlag erfolgt war.
Nach einer kurzen Pause ging's zurück zur Fuorcla Pischa und auf demselben Weg via Lej Languard zur Alp Languard.

Wie meist nachmittags, herrschte grosser Rummelbetrieb auf der Alp Languard. Dass jedoch die Leute in einer 100m langen Schlange anstanden, um mit der Sesselbahn hinunterzufahren, hatte ich hingegen noch nie gesehen ... Wie am Skilift ... Wartezeit ca. 10-15 Min.
Diese Wartezeit nahm ich jedoch in Kauf, da meine Knie den weiteren Abstieg nach Pontresina nicht mehr mitgemacht hätten.

Tour im Alleingang.

Fazit:
eine coole Tour auf einen sehr einsamen Gipfel; ein wunderbarer Abschluss unserer Engadin-Ferien! Man darf hier oben eine prächtige Aussicht geniessen, sieht auch mal den Piz Languard von einer anderen Seite ...
Über die Fuorcla Pischa ist man allerdings längst nicht mehr alleine unterwegs: wo man vor 20 Jahren noch einzelnen Personen begegnete, sind heute viele Leute unterwegs, sogar mit Kind und Kegel.

Bemerkung / Schwierigkeit:
der SAC-Führer von 1984 ist (einmal mehr) ziemlich unpräzise, was die Routenführung angeht: "... über Schutt an den Gratausläufer, dann einen roten Felskopf überkletternd auf einen Schuttrücken und auf den Vorgipfel. Über Firn ... and den Gipfelblock und über einen Schuttgrat auf den Gipfel". 
Im Nachhinein kann man die "Routenbeschreibung" in etwa nachvollziehen, ist für eine Tourenplanung jedoch wenig hilfreich. Zudem kein Wort über den sehr ausgesetzten, scharfen Grat zum höchsten Punkt, welchen ich mit T6 bewerten würde.
Der SAC-Führer bewertet die Tour mit WS, wobei längst kein Firn mehr vorhanden ist und auch nicht (mehr) von einer Hochtour gesprochen werden kann.

Tourengänger: Linard03


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Geodaten
 53922.gpx Piz Pischa

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Kommentare (5)


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WoPo1961 hat gesagt:
Gesendet am 10. September 2021 um 15:30
Hoi Richard, normalerweise würde nun als erstes applaudierende Hände kommen, aber 1. sind auf Hikr und 2. bin ich technisch nicht der Fitteste für solche Gimmicks! So oder so hast DU alles richtig gemacht. Das Bauchgefühl ist nämlich fast immer DAS, worauf man hören sollte. (schreibt zwar derjenige, der diesbezüglich nur halbherzig drauf gehört hat).
.... (aber genau deshalb auch umso heftiger dafür plädieren darf).
SEHR gefallen hat mir übrigens auch deine Formulierung "Schönwetter Störung".... muss ich mir unbedingt merken!!
Lieben Gruss aus Flachlandhausen vom ollen WoPo

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. September 2021 um 18:50
Hoi WoPo,

vielen Dank für Deine Nachricht, welche mich natürlich sehr gefreut hat. Meine Antwort kommt erst heute, da ich ein paar Tage fort war. Und wenn man auf Vereinsreise ist, bleiben Internet & Co. für einmal etwas im Hintergrund, was ja auch ganz gut so ist ...

Auch ohne Gimmicks kann ich mir die applaudierende Hände gut vorstellen und bedanke mich dafür. Aber genau genommen gibt es ja nicht wirklich etwas zu applaudieren. Wenn sich das Bauchgefühl meldet UND auch noch genügend gesunder Menschenverstand vorhanden ist, kommt es meistens gut.

Tatsächlich ist es in den letzten 15 Jahren wohl erst das 2. oder 3. Mal, wo der Bauch meinte, dass ich jetzt besser hier umkehrensollte und der gesunde Menschenverstand sagte, lass die Finger davon; Du musst hier gar niemandem irgendetwas beweisen; hier sind definitiv keine Heldentaten gefragt ...

Was natürlich wiederum nicht heisst, dass dies immer funktioniert; dass man ab und zu doch etwas probieren will, obwohl Bauch & Menschenverstand es besser wissen ...

Dass Du hingegen noch nie von einer "Schönwetter-Störung" gehört hast, erstaunt mich hingegen sehr. Schliesslich ist das ein typischer Schweizer Spruch, ein Helvetismus, den man sehr oft hört ... Frag mal bei Roger nach ... ;-)

Lieber Gruss zurück & weiterhin gute Genesung!
Und nicht zu vergessen: beste Grüsse natürlich auch an webeBe!

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. September 2021 um 15:03
bin da gerade nochmal über meinen eigenen Kommentar gestolpert: uiii - das könnte durchaus falsch verstanden werden, nämlich dass der WoPo u.U. den gesunden Menschenverstand ausgelassen hat.

Das wäre jedoch definitiv NICHT so gemeint! Ich hoffe jedenfalls, dass es so angekommen ist, wie ich das gemeint habe (Kommentare schreiben ist nicht immer einfach ...)

WoPo1961 hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. September 2021 um 18:10
ALLES GUT, lieber Richard! Ich hab deinen Kommentar in keiner Sekunde anders verstanden, wie DU es gemeint hast!! Ansonsten wäre ich über eine ziemlich große Wesensänderung deinerseits ziemlich erstaunt gewesen!
So ein bisken, denke ich, kenne ich dich. Und ein anders gemeinter Kommentar würde da gar nicht zu dir passen. Deshalb hab ich meinen Filter (ob der Kommentar u. U. Auch anders gemeint werden könnte) erst gar nicht angestellt.
Soh, hätten wir das auch geklärt und ich wünsche genussvolle Herbsttage in den Bergen, wann immer die Zeit es zulässt.
GrüßE aus dem Sauerland (Kurzurlaub!)
WoPo

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. September 2021 um 07:00
puhh - dann bin ich ja beruhigt ...
Du hast natürlich recht, ein anders gemeinter Kommentar hätte nicht zu mir gepasst ...

Dir wünsche ich ebenfalls schöne Herbsttage. Ob es bei mir noch ein, zwei Herbstwanderungen gibt, hängt primär auch vom Wetter ab.

Beste Grüsse,
Richard


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