Bike&Hike: Bemunder, Badstuber und andere Besonderheiten des Niedermattgrabens


Publiziert von ABoehlen , 25. Juli 2021 um 11:31.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Emmental
Tour Datum:21 Juli 2021
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 4:00
Aufstieg: 820 m
Abstieg: 820 m
Strecke:(Bike & Hike) Worb – Grosshöchstetten – Signau – Niedermattgraben – Hinteregg – Biglen – Worb, 37 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:zuhause
Zufahrt zum Ankunftspunkt:zuhause
Unterkunftmöglichkeiten:zuhause
Kartennummer:LK1168 Langnau i.E.

«Bike&Hike» habe ich vor einem Jahr, angesichts der corona-bedingten Einschränkungen, nach langer Pause reaktiviert. Die Besteigung des höchsten Gipfels des Churzenberges blieb dann aber die einzige derartige Tour, daher wird es Zeit für eine Fortsetzung. Ein Ziel ist schnell gefunden: Der Niedermattgraben, ein weit gehend bewaldetes Tal, welches ostwärts sehr steil von der Blasenfluh abbricht. Dass man mit Wanderschuhen an den Füssen und dem grossen Rucksack am Rücken akzeptabel Rad fahren kann, habe ich letztes Jahr schon festgestellt, aber natürlich gehe ich es etwas gemächlicher an, als bei den Sprinttouren wie zuletzt im Rahmen der Aktion bike to work. So benötige ich für die Strecke über Biglen – Grosshöchstetten – Signau rund 40 Minuten, ehe ich in Schüpbach in den Niedermattgraben einbiegen kann. Beidseits ragen die Abhänge nun sehr steil in die Höhe und Bach und Strasse bleibt nur ganz wenig Platz am Talgrund. Bei Pt. 708 endet der Hartbelag und hier steht auch ein Wegweiser mit Velo- und Wanderrouten. Mein Ziel liegt aber noch etwas weiter oben am Bach: Bemunder, 759 m.

Neben einem Holzstoss stelle ich das Velo ab und spanne das Faltschloss um die Speichen und zwar so, dass ich den Helm auch gleich fixieren kann, den möchte ich nicht mitschleppen. Dann folgt eine ordentliche Dusche mit grünem Anti-Brumm, dessen Verfalldatum zwar bereits 7 Jahre in der Vergangenheit liegt, welches aber vermutlich immer noch schützen dürfte. Und dieser Schutz ist notwendig, denn es wartet der (Zecken?)-Dschungel auf mich!

Bis ca. 1970 stand an dieser Stelle ein Haus; es ist auf dem Luftbild von 1969 noch gut zu erkennen, auf jenem von 1975 hingegen nicht mehr. Vieles lässt sich darüber auf die Schnelle nicht in Erfahrung bringen. Im Online-Inventar des Staatsarchivs des Kantons Bern finden sich zwei Kaufbeilen aus den 1890er Jahren, wonach die ideelle Hälfte [der] Liegenschaft "Bemunder" [Wohnhaus mit Scheuerwerk und Stallung, Brunnen, Hausmättelein (144.00 Aren)] und ein Stück Weidland (18.00 Aren) im "Niedermattgraben" in der Gemeinde Lauperswil (…) dem Staat Bern für Fr. 1'600.– verkauft wurden.
siehe: http://www.query.sta.be.ch/detail.aspx?ID=59185 und http://www.query.sta.be.ch/detail.aspx?ID=59186

Dieses Weidland, das einst das Anwesen umgab, ist in der Zwischenzeit längst vom Wald überwuchert worden, aber dort, wo das Haus gestanden hat, wie auch auf der einstigen Zufahrt, dominiert eine Unkrautflur mit mannshohem Grünzeugs, durch das ich mich jetzt zunächst mal kämpfe, um den kleinen Bach zu erreichen, der dort aus einem Seitental hervortritt. Zielsicher erreiche ich den Beginn des Zickzackweges, der hier einst steil den Berg empor führte und dies mehr oder weniger immer noch tut. Das «Berner Wanderbuch 4» von 1948 beschreibt diese Strecke in der Gegenrichtung:

(…) leicht links zum Wald und durch ihn über die Rippe nach Bemunder hinunter. Das Zickzackweglein heisst Badstuber; früher soll es dort ein Bad gegeben haben.

Es erschliesst sich mir nicht, wo genau dieses Bad gewesen sein könnte, alles ist derart dicht bewachsen, dass es nicht möglich ist, etwas zu erkennen. Auch die Siegfriedkarte gibt dazu keine Auskunft, wenn man allerdings in der swisstopo-Zeitreise bis 1917 und früher zurückgeht, bezeichnet «Badstuber» auf einmal nicht mehr den Weg, sondern den Hof, der später und bis heute Alpweg heisst, gleich wie früher schon das noch weiter oben gelegene Haus. Möglicherweise war dieses Bad einst dort zu finden.

Obwohl der Weg seit 2006 in der Karte nicht mehr geführt wird, ist der einstige Verlauf noch gut ersichtlich und der Aufstieg gelingt ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Einzig vor der Einmündung in den Querweg stellen sich mir grössere Hindernisse entgegen und erzwingen eine Traverse durch den sehr steilen Waldhang. Bis hier beträgt die Höhendifferenz gut 90 Meter. Wenig oberhalb befindet sich der Waldrand und das Grasland von Alpweg schliesst sich an, an dessen höchster Stelle das Gasthaus Waldhäusern liegt. Aber dorthin will ich nicht, sondern zurück zu meinem Velo.

Dazu folge ich nun einfach dem Hangweg, der vereinzelt Ausblicke zur Blasenfluh bietet, die von dieser Seite viel mächtiger wirkt, als von Westen. Aber hier sind die Täler viel tiefer eingeschnitten und bieten eine Szenerie, die schon stark ans Napfgebiet erinnert.

«Eingeschnitten» ist auch diese Waldstrasse, nämlich in das harte Nagelfluhgestein. Steile Wände ragen teilweise in die Höhe, oder brechen auf der anderen Seite ins Bodenlose ab. Und dort erspähe ich auf einem Sims – unerreichbar – zwei Feuerlilien. Gemäss einer in Wikipedia beigezogenen Quelle, ist die Urwüchsigkeit außerhalb der Alpen (…) umstritten. Es wäre daher interessant zu wissen, wie sie dann an diese Stelle gelangten!

Bald erreiche ich wieder den Talgrund und zwar an jener Stelle, wo sich der Niedermattgraben in zwei Täler gabelt, die früher Flühligraben und Schwendeligraben genannt wurden (ehemaliger Pt. 802). Die Landeskarte zeigte bis in die 80er Jahre hinein Wege, die parallel zu den Bächen aufwärts führten und zwar breite der alten 5. Klasse. Mich interessiert, was davon noch übrig ist:

Im nördlichen Graben (Flühligraben) komme ich nicht weit. Alles ist dermassen mit umgestürzten Bäumen blockiert, dass ich bald kapitulieren muss. Ein Ausweichen in den Abhang bringt auch nichts, da dieser feucht und schmierig ist. Im Schwendeligraben ist zumindest das alte Wegtrassee noch gut erkennbar, wenn auch vollkommen zugewachsen. Leider floss bei den jüngsten Regenfällen das Wasser teilweise dort ab, sodass alles verschlammt ist. Bald liegen auch hier wieder Bäume im Weg, die aber vorerst noch überwindbar sind. Dazu weiche ich abermals in den Abhang aus, was hier besser gelingt. Allerdings werde ich dann von einem ausgedehnten Erdrutschgebiet gestoppt, welches zu traversieren, mir zu heikel scheint.

Auch wenn ich gerne weiter gekommen wäre, bin ich doch mit dem Gesehenen zufrieden. Touren in Norditalien sind weiterhin kein Thema für mich, aber es ist sehr erfreulich, dass ich auch im heimischen Blasenfluhgebiet etwas «Val Grande Atmosphäre» erleben kann, und dies ganz ohne mich zuvor mit Maske ins Getümmel des ÖV stürzen zu müssen! Mein Velo wartet brav in Bemunder auf mich und für die Rückfahrt fahre ich nun gleich wieder das Tal hinauf, jene Waldstrasse benützend, auf der ich eben hinunter gewandert bin. Immer weiter führt sie dann aufwärts, gerade so steil dass es noch fahrbar ist. Der rauhe und rutschige Naturbelag ist unangenehm, aber da ich kein Mountainbike habe, muss ich damit leben. Schliesslich münde ich in die hangparallele Strecke, die von der Ofenerggalp her kommt und erreiche wenig später die Bergpoststrecke unweit Waldhäusern (Pt. 977). Von hier geht es auf der bestens bekannten bike to work Strecke heimzu, heute allerdings mit einer längeren Pause auf der Ruhebank am Waldrand bei der Hinteregg, welches heute mit 1001 m wieder mal der höchste Punkt ist.

Nachfolgend die Zahlen zur Tour:

Route Wegstrecke (km) Aufstieg (m)
Worb – Niedermattgraben 18.6 350
Wanderung 1.8 130
Niedermattgraben – Worb 16.8 340
Total 37.2 820

Tourengänger: ABoehlen
Communities: Bike & Hike


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