5000-Seen Trek; vom Nufenenpass über Italien ins Saastal


Publiziert von petitNic , 2. September 2009 um 21:24.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:19 August 2009
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   I   Gruppo Grieshorn   CH-TI 
Zeitbedarf: 9 Tage
Strecke:c.a. 89 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Der Nufenenpass ist bequem mit dem Postauto aus Airolo oder aus Ulrichen zu erreichen.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Visperterminen hat sehr regelmässige Postautoanschlüsse nach Visp.
Unterkunftmöglichkeiten:Auf beiden Seiten der Grenze gibt es diverse Hütten. Wichtiger beim Campieren sind die Einkaufsmöglichkeiten. Diese gibt es in Alpe Dèvero, Binn und Simplon Dorf (siehe Text).
Kartennummer:265, 275, 274

Der 5000-Seen-Trek folgt am ersten Tag die Sbrinzroute und anschliessend mit Varianten und Abstechern der Via Alpina und dem Schweizerischen Alpenpässeweg. Wir haben für diese Wanderung neun Tage gebraucht. Mit leichterem Gepäck und Hüttenübernachtungen ist dieser Trek allerdings in viel kürzerer Zeit machbar. Allerdings verzichtet man dabei auf die freie Übernachtungsplatzwahl. 
 

1. Tag: Griespass - Lago di Grasso
9km c.a.300m Aufstieg, c.a. 600m Abstieg
Der Nufenenpass ist bequem mit dem Postauto aus Airolo oder aus Ulrichen zu erreichen. Von dort aus folgt man dem einfach zu findenden Weg zum Griespass und betritt bereits Italien. Der Abstieg vom Griespass führt in das Val di Morasco. Wegen der Zufahrtsstrasse zum Lago di Grasso und seiner Parkplätze nimmt die Anzahl Wanderer mit der Nähe zum See exponentiell zu - verleiht aber der Landschaft sofort einen Hauch Allegria und viel gute Stimmung.
Der Lago di Grasso hat der Anzahl Badenden nach zu schliessen eine sehr angenehme Badetemperatur. Zum Zelten sucht man sich allerdings besser ein etwas abgelegeneres Plätzchen. Die kleine Schulter namens "Furculti" bietet sich dafür an. Die Weiden sind voll von Heidelbeeren und der Blick ins Tal ist offen. Leider hatte der Platz gerade keine Kühe oder andere Warmblütler, weshalb sich sämtliche Mücken im Tal auf uns stürzten.
Statt dieser Stufe empfehlen wir deshalb, einen Platz etwas weiter oben im Val Nefelgiù zu suchen, wo es auch unbeschränkt Wasser aber weniger Mücken gibt.

 2.Tag: Lago di Grasso - Lago Busin Superiore
10km, c.a. 1000m Aufstieg, c.a. 700m Abstieg
Nach einem Heidelbeerenzmorge machten wir uns auf zum Passo di Nefelgiù. Die einzige Alp des Tales scheint nicht mehr regelmässig in Betrieb zu sein. Die Landschaft ist jedenfalls schon ganz schön wild. Auf der Anderen Seite wollten wir über den Lago Sruèr. In der Umgebung des Lago Sruèr kann man überall abkürzen, wo es danach aussieht. Es lohnt sich, die Schulter zur Alpe Cuzalma zu übersteigen. Man fühlt sich dabei wie auf einem überdimensionierten Balkon über den blauen Seen.
Nach einem angenehmen Aufstieg zum Passo Busin sieht man auf den Stausee Busin hinunter. Diesen kann man rechts umgehen und nach einem kleinen Gegenaufstieg kommt man auf die wunderschöne einsame Seenplatte des Lago Busin Superiore. Diese Seenplatte teilt man sich nur mit einigen Schafen und neugierigen Ziegen. Die Seewassertemperatur ist gerade warm genug um eine Runde darin schwimmen zu können.
Alternativ zum Wildcampieren kann man auch am Lago Vannino im Rifugio Margaroli oder auf der Scatta Minoia auf dem Bivacco Conti übernachten.

 3. Tag: Lago Busin Superiore - Alpe Busgagna
11 km, c.a. 600m Aufstieg und etwa gleichviel Abstieg
Von den Busin-Seen kommt folgt man dem Wanderweg bis zum Pass auf 2574m. Von diesem kann man direkt auf die Alpe Dèvero absteigen oder relativ Rasch über den Albrunpass ins Binntal. Wir zogen es aber vor, in das Val Pojala abzusteigen. Der Lago di Pojala ist gerade warm genug für ein paar ganz, ganz kurze Schwimmrunden (vor allem wenn hartnäckige Wolken die Sonne verbergen).
Ab der Alpe Pojala steigt der Weg wieder leicht an bis zum Pass di Scarpa. Dort erlebten wir auch den einzigen richtigen Regen bei Tag des ganzen Treks. Nach einigen Stunden im Kalk befindet man sich hier plötzlich wieder im Granit.
Vom Pass aus kann man den Wegweisern folgend duch Heidelbeerbüsche runter in die Alpe Dèvero. In der ganzen Gegend um Alpe Dèvero ist Campieren ziemlich fest verboten. Es hat dafür einen Campingplatz. Versteckte Orte findet man aber bis recht nahe an der Alp dran. Wir zogen es deshalb vor, auf der Gegenseite etwas aufzusteigen und dort einen geschützten Platz fern vom Rummel zu finden. Diesen fanden wir nahe am Lago Nero im Val Buscagna. Dieser See hat perfekte Badetemperatur!
Angesichts des fehlenden oberirdischen Zu- und Abflusses sollte jedoch das Wasser nicht zu stark direkt als Abwaschwasser missbraucht werden...
Alternativ zum Campieren kann man hier auch aufs Bivuacco Combi e Lanzo Aufsteigen. Dort hat man garantiert als erste im Tal Morgensonne!

 4. Tag: Alpe Busgagna - Passo della Rossa
7km, 300m Abwärts, 800 steile Meter Aufwärts
Auf dem Alpe Buscagna kauften wir den besten Käse der ganzen Reise. Nach dem Abstieg nach Alpe Dèvero zurück deckten wir uns im dortigen Minimarket mit allem für die nächsten Tage ein - inklusive Tafelwein im Tetrapack und den neuesten Meteoinformationen.
Zu den Läden auf der Alpe Dèvero: "Minimarket" im Albergo "La Lanca", täglich offen von 8:30-12 und von 16 Uhr bis Abends hat eine grosse Auswahl an Gemüse, Früchten, Käse, weissbrot, Guetsli, wein und anderes. Gewisse Brennstoffe sind auch erhältlich. Im Dorfeingang gibt es einen Spezialitätenladen mit Suppen, Kuchen, Wein, Honig und Roggenbrot. Auch dieser ist täglich offen.
Anschliessend gehts steil hinauf zum Passo della Rossa. Von Lärchenwald zu Alpweide zu Zwergstrauchgewächsen zu Steinwüste.
Der Piano di Rossa unter dem Pass ist eine wunderschöne extrem wilde Felswüste aus besten rauhen Granitblöcken. Ein Paradies für Boulderer! Dazwischen Seen, die allerdings nur noch erfrischende (nicht mehr angenehme) Schwimmtemperaturen aufweisen.
Wegen den starken Winden von der schweizer Seite her campierten wir auf der italienischen Seite - wo flaches Gras nicht allzu häufig ist (aber doch vorhanden...).
Eigentlich ist Campieren hier auf beiden Seiten des Passes verboten. Allerdings sah das Schweizerische Campierverbotsschild etwas bedrohlicher aus. Noch ein Grund, etwas länger in Italien zu bleiben.

 5. Tag: Besteigung des Gross Schinhorn und anschliessend Abstieg bis Bitlärch (Binn)
9km, c.a. 600m Aufstieg, c.a.1000m Abstieg
Als Pausentag kann man ohne Gepäck das Gross Schinhorn besteigen. Vom Pass aus sieht es sehr nach anstrengendem Moränenblockgehopse aus. Aber der weglose Aufstieg war viel angenehmer als erwartet und die Aussicht vom zerbrechlich aussehenden Gipfelaufbau herrlich. Knapp unter dem Gipfel befindet sich ein kleiner See mit Eisblöcken drin. Der ist jedoch nur für ganz Hartgesottene - also nicht für uns. Ich glaub jedenfalls der See ist sauchalt.
Sauchalt war auch der Geisspfadsee und der Züesee auf der Schweizer Seite des Passes. Viel mehr als husch reinsitzen lag kaum drin - aber zum Angucken sind sie wunderschön.
Anschliessend motivierten uns starke Winde zu einem weiteren Abstieg ins Binntal. Dort leuchteten die Campierverbotsschilder schon von weitem. Also besser sehr gut verstecken oder nach Binn in den Campingplatz.

 6. Tag: Bitlärch - Saflischpass
12km, c.a. 600m Abstieg und anschliessend 1000m Aufstieg
Von Bitlärch kommt man schnell nach Binn, wo man sich im Lädeli mit ALLEM, was das Campierherz benötigt, eindecken kann ausser Biberli. Es gibt hier auch Klick- und Stechkartuschen Für Gaskocher und Brennsprit und Petrol. Die Tanksäule für Bleifreibenzin ist gerade ausser Betrieb.
Von Binn geht es gemütlich talauf bis nach Heiligkreuz, wo es steil nach rechts ins Saflischtal abbiegt. In Heiligkreuz gibt es wieder erwarten nichts. Nicht mal Bier. Mit dementsprechend schwereren Rucksäcken ging es weiter ins Saflischtal.
Hat man dort den Steilen Aufstieg durch die Lärchenwälder hinter sich gelassen spaziert man das wunderschöne kleine und wilde Tal hinein. Man kann wahlweise VOR dem Aufstieg zum Pass campieren (hier gibt es genügent schöne Plätze und Wasser) oder AUF die Plateaux knapp unter den Pass aufsteigen, um am nächsten Morgen nur noch 50 Höhemeter bis zum Pass mehr machen zu müssen. Wir wählten letztere Variante und merkten erst oben dass es dort kein Wasser hat. Wir mussten also aus einem Firn-Schmelzwasser-Rinnsal Wasser zusammentröpfeln. Es hat aber schlussendlich gut gereicht und die Aussicht war phantastisch. Man fühlt sich wie in der Mongolei mit Felsgipfel am Horizont.

 7. Tag: Saflischpass - Wintrigmatte
11km, c.a. 600m Aufstieg und 800m Abstieg
Statt dem Pässeweg zu folgen und dem Wanderschilder nach einen Abstecher in Rosswalds Skipisten zu machen haben wir die Kette vom Graue Horli zum Seewjihorn überstiegen, um die Route abzukürzen und abwechslungsreicher zu Gestalten. Das ist eine sehr empfehlenswerte Variante. Allerdings sollte man vom Seewijihorn über den Sürrigg (Richtung südwesten) absteigen und nicht wie wir, direkt nach Süden durch die Grashänge. Diese sind viel steiler als sie von oben aussehen - anstrengend hart an der Grenze der Begehbarkeit.
Nach einer Suppe, die unsere Knöchel vom Abstieg wieder etwas hätte wiederherstellen sollen, nahmen wir den Gegenanstieg zur Bortelhütte unter die Füsse.
Der Super Hüttenwart gab uns selbstlos Tipps zu schönen Orten zum Campieren und zum Wetter (seine Vorhersage stimmte perfekt - "A holbstündji rääge, sobold dr föhn zämmeghiit").
In der Wintrigmatte, c.a. 2h von der Bortelhütte entfernt, gibt es zwei "Schweizer Familie" Feuerstellen, wo man problemlos auf der Weide campieren kann. Da all die Schweizer Familien im Umkreis dieser Feuerstellen alles vollgaggen muss man sich hier als Wildcampierer auch kein schlechtes Gewissen machen...

 8. Tag: Wintrigmatte - Wysse Bode
8km (plus dazwischen kurze Postautostrecke - sonst c.a. 10km) c.a. 400m runter, c.a.800m rauf
Von der Wintrigmatte steigt man runter zum Hotel direkt an der Simplonpassstrasse (Bezeichnenderweise namens "Schallbett"). Von dort aus kann man auf die Galerie der Strasse aufsteigen und auf dieser bis zum Pass. Mal was anderes! Als Wanderer kommt man sich auf dem Pass allerdings etwas wie auf einer Autobahnraststädte vor. Am besten verlässt man die Passhöhe schnell wieder.
Wir nahmen das Posti nach Simplon Dorf, wo wir uns in der Bäckerei mit Brot und Süssigkeiten und im Tante-Emma-Lädeli von Simplon Dorf (wo man sogar Krawatten kaufen kann) mit Esswaren einzudecken.
Der kleine Laden im Dorf ist über MIttag zu und hat eine ansehnliche Auswahl an Esswaren und Haushaltwaren. Allerdings lässt hier die Auswahl an lokalen erzeugnissen zu wünschen übrig (es gibt zum Beispiel nur Gruyère)
Anschliessend fuhren wir mit dem Postauto wieder hinauf bis nach Engiloch (einer der so häufigen engen Stellen im Tal...). Von dort aus kommt man problemlos rauf zum Wysse Bode. Dieses Plateau schützt vollständig vor dem Simplonpassstrassenlärm und ist am Ende mit einem gewaltigen Wasserfall abgeschlossen. Endlich wieder zurück in der Wildnis!

 9. Tag: Wysse Bode - Giw
12km, c.a. 600m Aufstieg, c.a.700m Abstieg
Vom Wysse Bode führt der Wanderweg durch die Felswand durch eine völlig verbombte Landschaft. Frische Granattrichter, haufenweise rostige Splitter und Schafherden (oder sind es Wölfe im Schafspelz) vermitteln der Landschaft einen Einblick in die Widersprüchlichkeit der schweizer Psyche... :-)
Ab dem Sirwoltesattel wird es wieder etwas friedlicher. Vom diesem Pass aus kann man sehr gut die angrenzenden Gipfel (Galenhorn oder Sirwoltehorn) besteigen und die Aussicht auf das Simplontal geniessen.
Hinter dem Pass befindet man sich im Nanstal, von dessen Existenz ich erst während dieser Wanderung erfahren habe. Ein wunderschönes, schlecht erschlossenes, steiles Hochtal voll von zottigen Schafen und walliser Ziegen.
Der Wanderweg führt zuerst wieder talauf auf eine kleine Seenplatte. Dort befindet sich die Fassung einer Bisse, der man die nächsten sechs bis sieben Kilometer folgen kann. Auf diesem sehr angenehmenden Wanderweg mit gurgelndem Wasser auf der einen und schönen Panorama-Tiefblicken auf der anderen Seite wandert man gemütlich nach Gebidum im Saastal. Der Gebidumsee ist auch der letzte See dieses Treks. Um hier einen angenehmen Platz fürs Zelt zu finden folgt man am besten der Bisse. Woanders findet man zur Zeit grad kein Wasser - die Bäche sind ausgetrocknet und vermutlich ist der Wald dementsprechend Waldbrandgefährdet.

10.Tag: Giw - Visperterminen
2km, 600m Abstieg
Den Wegweisern folgt man dem Wanderweg bis nach Visperterminen, wo das Bier kalt und die Postautos häufig sind und erfreut sich des Lebens.


Kleiner Nachtrag zum Wildcampieren:
Wildcampieren ist auf beiden Seiten unterschiedlich stark verboten. Regelmässige Kontrollen gibt es vermutlich nur bei Waldbrandgefahr. Da wir einen Kocher dabei hatten und alle unsere Abfälle wieder mitzunehmen pflegen haben wir auch nur wenig schlechtes Gewissen beim wild Campieren. Nur eines ist auf jeden Fall diskutabel: Wenn das alle machen würden, wär die Landschaft bald voll Toilettenpapier und dazugehörender Garnitur...
Solange wir Wildcampierer allerdings alle unsere Abfälle wieder mitnehmen und auf offene Feuer verzichten, kann die Tolerante Haltung, die uns heutzutage meist entgegenkommt, andauern!

Viel Spass!


Tourengänger: petitNic


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