Rustikal durchs Lattengebirge: Karspitz, Karschneid, Törlschneid


Publiziert von Schubi , 11. August 2020 um 14:01.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum:28 Juli 2020
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 902 m
Abstieg: 902 m
Strecke:13,7 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:kurz hinter den letzten Häusern von Loipl-Kampen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.

Auch heuer weilten wir im Salzburger Land zum Familientreffen. Hier haben wir vor vier Jahren das Bergwandern für uns entdeckt. Weil es da neben dem ganzen Verwandschaftsprogramm nicht immer einfach ist, Bergtouren innerhalb von Zeitfenstern zu schaffen, haben wir in  den letzten Jahren meist kürzere Runden im Salzkammergut oder den benachbarten Berchtesgadener Alpen gemacht. Ein erster Versuch, etwas abseitigere Pfade zu entdecken, [post155897 fand letztes Jahr statt.] Dies Jahr wollten wir erneut eine ruhige Rundwanderung machen, mal komplett abseits der üblichen Highlights dieser Region, die ja meist heftigst überlaufen sind.

Schön, dass man für so ein Vorhaben auf Hikr Perlen rustikaler Stille wie *dieser Tour hier finden kann, die Hade mal vorstellte. Ich strickte den Routenverlauf etwas um, weil wir östlich der Schneid starten wollten und mit dem Wagen kamen.

Da speziell das Stück über die Schneid und unterhalb wieder zurück herzhaft durch die Botanik führt, ist unsere Soundtrack-Empfehlungfür den Bericht die  Swingin' Safari des wunderbaren Bert Kaempfert.

Oberhalb der letzten Häuser von Loipl-Kampen kann man den Wirtschaftsweg noch ein Stück in den Wald hinein fahren. Dort stellen wir den Wagen auf dem Wendeplatz vor dem Durchfahrtsverbots-Schild ab. Ab hier geht es in der frischen Luft des Sommer-Morgens zunächst südlich/südwestlich auf Pfaden und Forstwegen. Unser erstes Etappenziel ist die Mordau-Alm, aber weil ich noch einen kleinen Karsee mitnehmen möchte, den ich auf der Karte entdeckt hatte, gibt es erstmal ein kleines Wege-Zickzack (siehe GPX-Track) dorthin. Der Karsee liegt etwas ab vom Pfad, ca. 100 m durch die (einfache) Botanik, und ist leider schon tlw. verlandet. Trotdzem ein sehenswertes, schönes Örtchen. Pfadig geht es weiter bis zur Mordau-Alm, kurz vor ihr haben wir auch schon einen Blick hoch zur Schneid.

An der Mordau-Alm angekommen laufen wir noch ca. 80 m südlich zu einem Aussichtspunkt und haben hier einen herrlichen Blick zum Hochkalter. Grad recht für eine erste Brotzeit. Und weiter geht's, nun auf dem Pfad durch den Osthang der Karspitz hoch. Vor einer der Almhütten beginnt eine junge Dame gerade, gemütlich-bayrische Melodien auf ihrem Akkordeon zu üben. Diese begleiten uns recht wunderbar auf unserem schweißtreibenden Steig nach oben. Ein wirklich schöner Zufallsmoment auf dieser Wanderung  ... und solche Töne dürfen die Stille unserer Tour natürlich gerne unterbrechen :-) Der Pfad führt uns zunächst auf den Sattel (P.1535) zwischen Jochköpfl/Feuerspitz und Karspitz. Dort kommen wir mit einer Einheimischen nett ins Gespräch, die das Glück hat, hier oben alle paar Tag sein zu können. Wir haben jetzt auch einen ersten Blick in die Berge westlich mit Kareck/Übeleck/Alphorn. Nun in das Kernstück der Tour hinein: auf den Karspitz und nördlich von ihr dann immer entlang des Kamms/Grats Karschneid-Törlschneid.

An der Südnase des Karspitz wird es jetzt wilder und felsiger, hier müssen die Hände für einige Kraxel-Passagen ran. Wir erreichen das Gipfelkreuz des Karspitz (1641 m), wo ein Bankerl zu einer weiteren Brotzeit einlädt. Der Blick ist ein rechter Traum: das Bild dominieren der Hochkalter mit seinem Blaueis-Gletscher und das Watzmann-Massiv. Unterhalb das liebliche Tal der Ramsau. Bis hierhin waren die Trittspuren deutlich und wir begegneten auch ein paar anderen Wanderern. Jetzt beginnt der Steig entlang der Karschneid, die weiter nördlich in die Törlschneid übergeht. Ab hier nun bleiben wir komplett allein. Wie einem Kommentar des zuständigen Wegwarts im o.g. *Bericht zu entnehmen ist, wird der Steig zwar noch gepflegt und freigeschnitten, aber Ein- und Ausstieg wollen ein bissel gesucht werden. Wenn man am Gipfelkreuz des Karspitz steht, führen undeutliche Trittspuren (ca 7 m hinter einer Felsstufe) nordöstlich davon in die Wildnis. Es gibt später auch Markierungen in rot und blau, wobei wir den Eindruck hatten, dass die Blauen die aktuelleren sind. Aber trotzdem sollte man durchgehend die Augen offen halten, wir sind im Lauf des Steigs dreimal aufgrund nur zart wahrnehmbarer Spuren in Sackgassen geraten. Vielleicht ein Zeichen dafür, dass hier oben wohl mehr Wildtiere als Wanderer unterwegs sind ... Bliebe zu ergänzen, dass der Pfad nicht in allen Kartenwerken verzeichnet ist. Strenggenommen ist's wohl auch eher ein felsiger Jägersteig denn ein für Wanderer aufbereiteter Pfad.

Die Verhauer von jeweils wenigen Metern tun unserem Spaß aber keinem Abbruch, denn es geht wirklich abwechslungsreich, naturnah und rustikal durchs Gelände. Mal genau auf der Schneid, manchmal auf leicht ausgesetzten Querungen im östlichen Abbruch, machmal mit etwas Gewurschtel durch Latschen und andere Vegetation im nicht so steilem Gelände westlich. Man taucht hier urig ein in die Natur und die für die Kalkalpen auf dieser Höhe so typische Geländeform: kleinstufiger Fels, der von allerhand alpiner Vegetation bestanden wird. Trittsicherheit und ein Stecken sind deswegen echt hilfreich, technisch wirklich schwierig wird's aber nicht. Oft rücken die Latschen bedrohlich nahe, aber wir sind da genauso flexibel wie sie es sind :o) Begleitet wird diese schöne Passage von prächtigen Blicken rundum in die Bechtesgadener Bergwelt, neben den erwähnten Kollegen Hochkalter und Watzmann sind auch Berchtesgadener Hochthron östlich und der Hochstaufen nordwestlich ständige Begleiter. Schöne Tiefblicke hat man immer wieder runter zu den Weiden der Mordau-Alm. An diesen Stellen weht ein kühler Wind aus dem Tal herauf und erfrischt uns.  Dann wiederum als Kontrast dazu der warm-harzige Duft in den Latschengassen. Kleine, aber ebenfalls erinnernswerte Momente der Tour.

Schliesslich erreichen wir das Törljoch (P. 1512), wo es wieder Wander-Wegweiser gibt. Nach einem Verschnaufer hier nun östlich herab. Kurz vor der Mitterkaser-Alm dann rechts in den Wald hinein. Wer wie wir schon seine Wasservorräte arg aufgebraucht hat, geht aber noch zum Brunnen links neben der Hütte. Selten waren wir so froh über frisches Bergwasser. Unterhalb der Schneid entlang geht es nun auf einem ebenfalls offenbar selten begangenen Pfad durch schönen Bergwald wieder in südliche Richtung. Höhepunkte sind hier die Querungen zweier Tobel. Kleine Bergbäche haben sich tiefe Schneisen in den Fels gefressen, kommen am Tag unserer Wanderung aber eher still heruntergeplätschert, der zweite sogar über einen Wasserfall. An beiden Tobeln ist der Pfad jeweils nur schmal in die Felswände gehauen und ein paarmal kurz ausgesetzt, aber drahtseilgesichert. Auch kurz gekraxelt (I) werden darf nochmal. Zwischen den Tobeln (ca 1,5 km nach der Mitterkaser-Alm) sollte man auf keinen Fall den unauffälligen Abzweig links auf den (unmarkierten) Pfad verpassen, der durch lichten Laubwald südöstlich in Richtung Fernwasser-Diensthütte führt. Anderenfalls käme man nämlich wieder an der Mordau-Alm heraus. Hinter der Hütte treffen wir dann wieder auf einen häufiger begangenen Weg, der wohl auch für Mountain-Biker markiert ist und ebenfalls von der Mordau-Alm herüberkommt. Wir gehen hier aber natürlich in östliche Richtung nach links ab: zunächst pfadig, später bequem forstwegig geht es zurück zum Wagen (kurz unterhalb der Hütte, nach der Bach-Überquerung  geht links hangseitig ein rel. parallel geführter Pfad vom Weg ab, der ist schöner und so erspart man sich ein paar hundert Meter Forstautobahn).

Mit auf Tour: Amelie.

Fazit: Endlich mal in Ruhe weitestgehend einsam in den Berchtesgadenern unterwegs. Es war schön, dort etwas jenseits der überlaufenen Wanderautobahnen zu entdecken und dabei tief in die alpine Natur eintauchen zu können. Für uns grad die richtige Mischung aus rustikalen Pfaden, etwas Kraxelei und Fernblicken. Danke an dieser Stelle an Hade für seinen Tourenbericht und natürlich auch an den Wegwart des Steigs entlang der Schneid. Ein kurzer Abstecher auf die Törlspitz war optional ins Auge gefasst, wurde aber auf ein andermal verschoben, dann werden wir hoffentlich auch die Berge nördlich davon erwandern.

Tourengänger: Schubi


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Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

Nyn hat gesagt:
Gesendet am 11. August 2020 um 16:59
Danke fürs Mitnehmen

VG, Markus

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. August 2020 um 20:37
Gerne! Schönen Gruß, Frank


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