Aletschhorn, 4193m via SW-Rippe
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Es war an der Zeit, wieder mal etwas «Grosses» anzugehen; wieder mal 4000er-Luft zu schnuppern. Das Aletschhorn ist zwar technisch wenig schwierig, aber konditionell brutal fordernd. Also jedenfalls für mich … Deshalb war der Respekt vor dieser Tour gross. Ich erinnere mich, als ich 2009 einen Hikr-Bericht zum Aletschhorn wie folgt kommentiert hatte: «… definitiv ein Berg, welcher über meinen Fähigkeiten liegt …».
Nun ja, viel Zeit ist seither vergangen und die Zeit war reif, diesem formschönen Gipfel einen Besuch abzustatten. Was dabei herauskam - etwas dramatisch formuliert "Leiden am kältesten Berg der Alpen" ...
Anreise
Im Zug ein 4er-Abteil auf der Strecke Zürich – Bern – Brig für sich alleine zu ergattern, war bis anhin fast ein Ding der Unmöglichkeit. Aber genau das war heute Morgen der Fall. Es war daher eine ruhige, gemütliche Fahrt. Allerdings wurde es durch die verspätete Ankunft in Brig etwas hektisch, aber der Umstieg in den Bus klappte und so trafen wir uns ca. 11.30 Uhr an der Talstation Belalp.
Wir, das waren 10 Leute + 4 Bergführer (bzw. 1 BF + 3 Aspiranten). Ziemlich viele Leute für so eine Tour, dachte ich anfangs … Aber letztlich waren es 4 Seilschaften mit je 2 Gästen plus eine private Seilschaft; also voll ok – und der Gruppen-Mix hat gut gepasst.
Hüttenzustieg
Der Hüttenzustieg ist ziemlich lang; auf dem Wegweiser bei der Bergstation Belalp steht 4 Std. 50 Min. – beinahe 5 Std. tönt jedenfalls ziemlich happig …
Wie angekündigt war es von Anfang an stark bedeckt; von der schönen Umgebung war leider kaum etwas zu sehen.
Aber das Wetter war ja heute sowieso sekundär; Hauptsache trocken. Und zu Beginn waren wir ja alle in der Kennenlern-Phase …
Der Oberaletschbach musste bei P.2132 überquert werden, danach folgte ein Aufstieg in beeindruckendem Weg, welcher in die Felswand geschlagen wurde. Auch insgesamt darf der gesamte (neue) Hüttenweg als Meisterleistung bezeichnet werden; da wurde unglaubliche Arbeit geleistet. In einem ständigen Auf- und Ab, später auf ausgesetzten Passagen (alles mit Stahlseilen abgesichert) gelangten wir nach genau 4 Std. zur Oberaletschhütte (2640m).
Die Bewirtung ist ausgezeichnet, zuerst mussten natürlich die leckeren Kuchen probiert werden (…).
Am Abend gab es dann eine Lage- bzw. Tourenbesprechung. «6 Std. Aufstieg wäre sehr gut, 7 Std. sind ok, um 09.15 Uhr ist jedoch Umkehrpunkt, wenn wir um 2 Uhr losgehen. Schliesslich muss der lange Rückweg berücksichtigt werden» … Es wurden also maximal 7 1/4 Std. toleriert (zum Vergleich: der SAC-Führer schreibt 7-8 Std. Aufstieg).
Es ist sicher richtig, dass man einen Plan hat; der BF hat auch eine Verantwortung zu tragen. Andererseits bin ich mir nicht gewohnt, Zeitvorgaben zu haben – da fühlt man sich eigentlich von Beginn weg unter Druck; v.a. auch, wenn man die Zeitvorgabe für sich selber nicht einordnen kann (sind für mich 7 Std. realistisch oder nicht?).
Jedenfalls war in Anbetracht des sehr frühen Tourenstarts um 21 Uhr Lichterlöschen.
Gipfeltag
01.15 Uhr aufstehen, 01.30 Uhr Frühstück, 01.55 Uhr Abmarsch …
Es war nicht kalt, angenehme Temperaturen zum Start. Steil geht’s hinunter zum Gletscher. Eine Leiter nach der anderen muss abgestiegen werden. Manch einer hatte sich dabei wohl überlegt, dass diese Stufen zum Schluss der Tour wieder aufgestiegen werden müssen …
Einmal auf dem Gletscher angelangt, stolpert man endlos lange über das Geröll des Oberaletschgletschers. Endlich war der Einstieg erreicht – und dieser hatte es in sich: die Moräne entpuppte sich als steile, sandige und steinschlägige Flanke. Zur Erleichterung wurden hier Ketten angebracht, an denen man sich emporziehen kann. Trotzdem war es extrem mühsam, sich hier emporzuhangeln (P.2705). Und es war ja immer noch mitten in der Nacht … Ich fühlte mich bereits jetzt (also nach ca. 1 Std. Gehzeit) komplett leer; das kann ja heiter werden …
Weiter geht’s auf einem Weglein, hinauf zu P.3101; einzelne Reflektoren helfen zur Orientierung. Über eeeeendlos langes Blockgelände zu P.3393, wo wir die Steigeisen montierten. Ca. 3 Std. bis hierher; das Zeitgefühl war bereits weg … - aber endlich mal eine kurze Pause.
Kurz davor durften wir ein phantastisches Rosarot über dem Monte Rosa-Gebiet (wie passend) miterleben, etwas später die ersten Sonnenstrahlen über dem Weisshorn, etc.
Die ersten Seilschaften arbeiteten sich bereits das steile, jedoch kurze Eiswändli empor, während ich mir in der kurzen Trinkpause überlegte, ob ich wohl den Aufstieg schaffen würde …
Aber keine Zeit zu überlegen, es ging bereits wieder weiter am Seil von Jan. Dank der von den BF’s gehauenen Stufen war der steile und ausgesetzte Eiswand-Aufstieg kein Problem. Weiter auf dem Firnfeld, nach Osten ausholend. Obwohl es anhaltend steil hinauf ging, war das Laufen auf dem Firn bedeutend angenehmer als das Blockgelände.
Da auch mein Seilkollege nicht der Schnellste war (also richtig eingeteilt …), waren wir selbstredend hinter allen anderen Seilschaften als Letzte unterwegs. Ausser unserer grossen Gruppe waren übrigens lediglich 2 andere 2er-Seilschaften unterwegs.
Bald ging es wieder in die Felsen; erneut machte sich Müdigkeit breit. Immer wieder mal der Blick auf die Uhr; die Zeit tickt – ob der Gipfel noch zu schaffen ist? Weiter, immer weiter, einen Fuss vor den anderen. Bis hierher hatte ich innerlich schon gefühlte 50x aufgegeben; das wird wohl nix mehr …
Eine erste «Androhung» des BF’s:
«es sind jetzt noch ca. 550m, dafür benötigen wir sicher 3 Std.» … Ein Gipfelerfolg somit ziemlich unwahrscheinlich. Das konnte ich allerdings nicht ganz nachvollziehen – tatsächlich noch 3 Std. für die verbleibenden Höhenmeter? Der Gipfel schien zum Greifen nahe …
Auf ziemlich genau 3900m dann die unheilverkündende Botschaft des BF-Aspiranten: wir sind zu langsam, v.a. in den Felsen. Es wären noch mind. 2 Std. Aufstieg für uns und somit deutlich über dem Umkehr-Zeitpunkt. Wir könnten noch 1 Std. weiter aufsteigen, aber dann müssten wir umkehren. Na super! Das würde ja gar nichts bringen, wenn wir 1 Std. weiter aufsteigen und dann den Gipfel doch nicht erreichen könnten – dafür 1 Std. länger absteigen …
Ok, ein Entscheid des BF’s ist grundsätzlich zu akzeptieren. Aber es wäre das erste Mal, dass ich aus «Eigenverschulden» den Gipfel nicht erreichen würde … Hinsetzen, Pause machen, Thé trinken, die Information mal setzen lassen. Leere, Frustration.
15 Min. später kam bereits die erste (fremde) Seilschaft wieder hinunter. Ein kurzer Wortwechsel zwischen den beiden BF’s. «ca. 1 Std. von hier, kaum Fels, mehrheitlich Firn».
Damit kam auch der Meinungs-Umschwung unseres BF; «kommt, dann probieren wir’s!». Neu motiviert ging’s also weiter; nun immer steiler hinauf in den Gipfelbereich. In den verbleibenden 300Hm sind Sicherungsstangen angebracht. Unser BF war jetzt plötzlich begeistert, wie zügig wir nun vorankamen.
Die ersten beiden Seilschaften von unserer Truppe kam uns entgegen. Nur noch ca. 150Hm unterhalb des Gipfels wurden wir zur "Chefin" umgeseilt, da unser Aspirant aus Zeitgründen wieder absteigen musste – das war für uns jedoch kein Problem. Wir kämpften uns weiter hoch, wurden an den Stangen gesichert, keuchten und ächzten die letzten Meter hinauf.
Um ca. 9.45 Uhr erreichten wir schliesslich den Gipfel des Aletschhorn, 4193m – Heureka! Das Panorama ist unglaublich; eine 360-Grad-Sicht, welche beinahe konkurrenzlos ist. Für irgendwelche crazy Jubelposen war ich zu erschöpft, aber einfach glücklich, dass ich es doch noch geschafft hatte. Ich genoss es still, saugte das phantastische Gipfelpanorama ein.
Nach wenigen Minuten hiess es Absteigen; schliesslich war ja erst die Hälfte geschafft … Hinunter ging’s jedoch bedeutend besser – und dies nicht nur, weil nun an den Stangen abgeseilt werden konnte. Eines vorweg: meine Knie bleiben ein Rätsel; manchmal schmerzen sie bereits nach 1 Stunde ungemein, sodass ich kaum richtig gehen kann. Heute hatte ich trotz 2000m Abstieg überhaupt keine Schmerzen, und dafür war ich gerade heute extrem dankbar …
Konzentriertes Absteigen war gerade in den steilen Firnflanken unabdingbar, was auch gelang. Weiter unten sanken wir dafür im bereits aufgeweichten Schnee ein. Ein deutliches Zeichen dafür, dass wir eben etwas später dran waren als die anderen …
Zurück über das ewig währende Block-Gelände und schliesslich das Abseilen an der Moräne, um wieder auf den Gletscher zu gelangen.
Die Zeit war zwar fortgeschritten; letztlich hatten wir ca. 1 ¼ Std. Rückstand auf die anderen. Was mir persönlich total egal war … Bei Tageslicht war natürlich das Überqueren des Gerölles deutlich angenehmer als in völliger Dunkelheit.
Das Beste kommt zum Schluss, heisst es. Nun ja, das hätte ich mit Bestimmtheit nicht unterschrieben, als ich an der untersten Leiter stand … Der Tank war ja eigentlich schon längst leer; wie soll ich bitteschön jetzt noch zur Hütte hochkommen? Na ja, es muss halt irgendwie gehen …
Leiter um Leiter, Schritt für Schritt ging’s hoch – und irgendwann, nämlich um ca. 16.15 Uhr, erreichten wir tatsächlich wieder die Oberaletschhütte.
Schön festzustellen, dass nicht nur ich kaputt war – einige schliefen bereits tief und fest, als ich in der Unterkunft ankam … Die Suppe und Pasta am Abend war genau das Richtige, um wieder etwas zu Kräften zu kommen. Obwohl man am Vorabend gewisse Pläne geschmiedet hatte; die Meisten verabschiedeten sich schon bald in Richtung Matratze …
Rückweg / Heimreise
Heute begrüsste uns wiederum ein wunderschöner Sonnenaufgang; im Tal ein grosses Nebelmeer (wohl eher ein neueres Phänomen um diese Jahreszeit …). Die Beine waren noch bleischwer, als wir um ca. 7 Uhr abmarschierten. Das Auf- und Ab des Hüttenweges kannten wir ja bereits vom Hinweg. Nun sahen wir allerdings auch die schöne Umgebung, welche uns im Hinweg noch verwehrt wurde.
Der Gegenanstieg nach Belalp war nochmals ziemlich zäh, aber dann war es geschafft.
Da die Seilbahn (aus welchen Gründen auch immer) nicht fuhr, gingen wir weiter bis zur Gondelbahn, welche in Betrieb war.
Bei der Talstation genossen wir auf der Sonnenterrasse des nahegelegenen Restaurant einen feinen Zmittag (z.B. Käseschnitte Älpler Art ...), bevor es mit dem Bus zurück nach Brig ging und von dort per Zug weiter nach Zürich.
Dass der Zug 20 Min. Verspätung hatte und somit alle Anschlüsse weg waren, störte heute nicht. Heute war es total egal, ob ich nun eine Stunde früher oder später nach Hause kommen würde. Die stille Freude (und auch ein bisschen Stolz) behielt die Oberhand …
Fazit:
Eine grossartige Tour in einer phantastischen Landschaft – und das erst noch bei Kaiserwetter! Eine Tour, welche mir aber auch wieder mal alles abverlangt hatte (ich weiss, einige haben dafür ein müdes Lächeln übrig, damit kann ich aber gut leben …). Jedenfalls habe ich ja bereits mehrmals eine gewisse Leidensfähigkeit bewiesen – obwohl ich ja niemandem etwas beweisen muss …
Unter dem vorgegebenen Zeitdruck hatte ich echte Zweifel, ob ich es auf den Gipfel schaffen würde. Ich bin super-happy, dass es doch noch geklappt hatte.
Bemerkungen:
kalt war es übrigens überhaupt nicht; der Berg wurde also (glücklicherweise) seinem Ruf nicht gerecht.
Die Bedingungen waren hervorragend.
Zahlen:
Belalp – Oberaletschhütte: 4 Std., 11.5 km, 970m auf, 400m ab
Oberaletschhütte – Aletschhorn: 7 ¾ Std., 9.2 km, 1888m auf, 2025m ab
Aletschhorn – Oberaletschhütte: 6 ¼ Std., 9.2 km
Oberaletschhütte – Belalp: 3 ¾ Std., 12.1 km, 400m auf, 970m ab
Nun ja, viel Zeit ist seither vergangen und die Zeit war reif, diesem formschönen Gipfel einen Besuch abzustatten. Was dabei herauskam - etwas dramatisch formuliert "Leiden am kältesten Berg der Alpen" ...
Anreise
Im Zug ein 4er-Abteil auf der Strecke Zürich – Bern – Brig für sich alleine zu ergattern, war bis anhin fast ein Ding der Unmöglichkeit. Aber genau das war heute Morgen der Fall. Es war daher eine ruhige, gemütliche Fahrt. Allerdings wurde es durch die verspätete Ankunft in Brig etwas hektisch, aber der Umstieg in den Bus klappte und so trafen wir uns ca. 11.30 Uhr an der Talstation Belalp.
Wir, das waren 10 Leute + 4 Bergführer (bzw. 1 BF + 3 Aspiranten). Ziemlich viele Leute für so eine Tour, dachte ich anfangs … Aber letztlich waren es 4 Seilschaften mit je 2 Gästen plus eine private Seilschaft; also voll ok – und der Gruppen-Mix hat gut gepasst.
Hüttenzustieg
Der Hüttenzustieg ist ziemlich lang; auf dem Wegweiser bei der Bergstation Belalp steht 4 Std. 50 Min. – beinahe 5 Std. tönt jedenfalls ziemlich happig …
Wie angekündigt war es von Anfang an stark bedeckt; von der schönen Umgebung war leider kaum etwas zu sehen.
Aber das Wetter war ja heute sowieso sekundär; Hauptsache trocken. Und zu Beginn waren wir ja alle in der Kennenlern-Phase …
Der Oberaletschbach musste bei P.2132 überquert werden, danach folgte ein Aufstieg in beeindruckendem Weg, welcher in die Felswand geschlagen wurde. Auch insgesamt darf der gesamte (neue) Hüttenweg als Meisterleistung bezeichnet werden; da wurde unglaubliche Arbeit geleistet. In einem ständigen Auf- und Ab, später auf ausgesetzten Passagen (alles mit Stahlseilen abgesichert) gelangten wir nach genau 4 Std. zur Oberaletschhütte (2640m).
Die Bewirtung ist ausgezeichnet, zuerst mussten natürlich die leckeren Kuchen probiert werden (…).
Am Abend gab es dann eine Lage- bzw. Tourenbesprechung. «6 Std. Aufstieg wäre sehr gut, 7 Std. sind ok, um 09.15 Uhr ist jedoch Umkehrpunkt, wenn wir um 2 Uhr losgehen. Schliesslich muss der lange Rückweg berücksichtigt werden» … Es wurden also maximal 7 1/4 Std. toleriert (zum Vergleich: der SAC-Führer schreibt 7-8 Std. Aufstieg).
Es ist sicher richtig, dass man einen Plan hat; der BF hat auch eine Verantwortung zu tragen. Andererseits bin ich mir nicht gewohnt, Zeitvorgaben zu haben – da fühlt man sich eigentlich von Beginn weg unter Druck; v.a. auch, wenn man die Zeitvorgabe für sich selber nicht einordnen kann (sind für mich 7 Std. realistisch oder nicht?).
Jedenfalls war in Anbetracht des sehr frühen Tourenstarts um 21 Uhr Lichterlöschen.
Gipfeltag
01.15 Uhr aufstehen, 01.30 Uhr Frühstück, 01.55 Uhr Abmarsch …
Es war nicht kalt, angenehme Temperaturen zum Start. Steil geht’s hinunter zum Gletscher. Eine Leiter nach der anderen muss abgestiegen werden. Manch einer hatte sich dabei wohl überlegt, dass diese Stufen zum Schluss der Tour wieder aufgestiegen werden müssen …
Einmal auf dem Gletscher angelangt, stolpert man endlos lange über das Geröll des Oberaletschgletschers. Endlich war der Einstieg erreicht – und dieser hatte es in sich: die Moräne entpuppte sich als steile, sandige und steinschlägige Flanke. Zur Erleichterung wurden hier Ketten angebracht, an denen man sich emporziehen kann. Trotzdem war es extrem mühsam, sich hier emporzuhangeln (P.2705). Und es war ja immer noch mitten in der Nacht … Ich fühlte mich bereits jetzt (also nach ca. 1 Std. Gehzeit) komplett leer; das kann ja heiter werden …
Weiter geht’s auf einem Weglein, hinauf zu P.3101; einzelne Reflektoren helfen zur Orientierung. Über eeeeendlos langes Blockgelände zu P.3393, wo wir die Steigeisen montierten. Ca. 3 Std. bis hierher; das Zeitgefühl war bereits weg … - aber endlich mal eine kurze Pause.
Kurz davor durften wir ein phantastisches Rosarot über dem Monte Rosa-Gebiet (wie passend) miterleben, etwas später die ersten Sonnenstrahlen über dem Weisshorn, etc.
Die ersten Seilschaften arbeiteten sich bereits das steile, jedoch kurze Eiswändli empor, während ich mir in der kurzen Trinkpause überlegte, ob ich wohl den Aufstieg schaffen würde …
Aber keine Zeit zu überlegen, es ging bereits wieder weiter am Seil von Jan. Dank der von den BF’s gehauenen Stufen war der steile und ausgesetzte Eiswand-Aufstieg kein Problem. Weiter auf dem Firnfeld, nach Osten ausholend. Obwohl es anhaltend steil hinauf ging, war das Laufen auf dem Firn bedeutend angenehmer als das Blockgelände.
Da auch mein Seilkollege nicht der Schnellste war (also richtig eingeteilt …), waren wir selbstredend hinter allen anderen Seilschaften als Letzte unterwegs. Ausser unserer grossen Gruppe waren übrigens lediglich 2 andere 2er-Seilschaften unterwegs.
Bald ging es wieder in die Felsen; erneut machte sich Müdigkeit breit. Immer wieder mal der Blick auf die Uhr; die Zeit tickt – ob der Gipfel noch zu schaffen ist? Weiter, immer weiter, einen Fuss vor den anderen. Bis hierher hatte ich innerlich schon gefühlte 50x aufgegeben; das wird wohl nix mehr …
Eine erste «Androhung» des BF’s:
«es sind jetzt noch ca. 550m, dafür benötigen wir sicher 3 Std.» … Ein Gipfelerfolg somit ziemlich unwahrscheinlich. Das konnte ich allerdings nicht ganz nachvollziehen – tatsächlich noch 3 Std. für die verbleibenden Höhenmeter? Der Gipfel schien zum Greifen nahe …
Auf ziemlich genau 3900m dann die unheilverkündende Botschaft des BF-Aspiranten: wir sind zu langsam, v.a. in den Felsen. Es wären noch mind. 2 Std. Aufstieg für uns und somit deutlich über dem Umkehr-Zeitpunkt. Wir könnten noch 1 Std. weiter aufsteigen, aber dann müssten wir umkehren. Na super! Das würde ja gar nichts bringen, wenn wir 1 Std. weiter aufsteigen und dann den Gipfel doch nicht erreichen könnten – dafür 1 Std. länger absteigen …
Ok, ein Entscheid des BF’s ist grundsätzlich zu akzeptieren. Aber es wäre das erste Mal, dass ich aus «Eigenverschulden» den Gipfel nicht erreichen würde … Hinsetzen, Pause machen, Thé trinken, die Information mal setzen lassen. Leere, Frustration.
15 Min. später kam bereits die erste (fremde) Seilschaft wieder hinunter. Ein kurzer Wortwechsel zwischen den beiden BF’s. «ca. 1 Std. von hier, kaum Fels, mehrheitlich Firn».
Damit kam auch der Meinungs-Umschwung unseres BF; «kommt, dann probieren wir’s!». Neu motiviert ging’s also weiter; nun immer steiler hinauf in den Gipfelbereich. In den verbleibenden 300Hm sind Sicherungsstangen angebracht. Unser BF war jetzt plötzlich begeistert, wie zügig wir nun vorankamen.
Die ersten beiden Seilschaften von unserer Truppe kam uns entgegen. Nur noch ca. 150Hm unterhalb des Gipfels wurden wir zur "Chefin" umgeseilt, da unser Aspirant aus Zeitgründen wieder absteigen musste – das war für uns jedoch kein Problem. Wir kämpften uns weiter hoch, wurden an den Stangen gesichert, keuchten und ächzten die letzten Meter hinauf.
Um ca. 9.45 Uhr erreichten wir schliesslich den Gipfel des Aletschhorn, 4193m – Heureka! Das Panorama ist unglaublich; eine 360-Grad-Sicht, welche beinahe konkurrenzlos ist. Für irgendwelche crazy Jubelposen war ich zu erschöpft, aber einfach glücklich, dass ich es doch noch geschafft hatte. Ich genoss es still, saugte das phantastische Gipfelpanorama ein.
Nach wenigen Minuten hiess es Absteigen; schliesslich war ja erst die Hälfte geschafft … Hinunter ging’s jedoch bedeutend besser – und dies nicht nur, weil nun an den Stangen abgeseilt werden konnte. Eines vorweg: meine Knie bleiben ein Rätsel; manchmal schmerzen sie bereits nach 1 Stunde ungemein, sodass ich kaum richtig gehen kann. Heute hatte ich trotz 2000m Abstieg überhaupt keine Schmerzen, und dafür war ich gerade heute extrem dankbar …
Konzentriertes Absteigen war gerade in den steilen Firnflanken unabdingbar, was auch gelang. Weiter unten sanken wir dafür im bereits aufgeweichten Schnee ein. Ein deutliches Zeichen dafür, dass wir eben etwas später dran waren als die anderen …
Zurück über das ewig währende Block-Gelände und schliesslich das Abseilen an der Moräne, um wieder auf den Gletscher zu gelangen.
Die Zeit war zwar fortgeschritten; letztlich hatten wir ca. 1 ¼ Std. Rückstand auf die anderen. Was mir persönlich total egal war … Bei Tageslicht war natürlich das Überqueren des Gerölles deutlich angenehmer als in völliger Dunkelheit.
Das Beste kommt zum Schluss, heisst es. Nun ja, das hätte ich mit Bestimmtheit nicht unterschrieben, als ich an der untersten Leiter stand … Der Tank war ja eigentlich schon längst leer; wie soll ich bitteschön jetzt noch zur Hütte hochkommen? Na ja, es muss halt irgendwie gehen …
Leiter um Leiter, Schritt für Schritt ging’s hoch – und irgendwann, nämlich um ca. 16.15 Uhr, erreichten wir tatsächlich wieder die Oberaletschhütte.
Schön festzustellen, dass nicht nur ich kaputt war – einige schliefen bereits tief und fest, als ich in der Unterkunft ankam … Die Suppe und Pasta am Abend war genau das Richtige, um wieder etwas zu Kräften zu kommen. Obwohl man am Vorabend gewisse Pläne geschmiedet hatte; die Meisten verabschiedeten sich schon bald in Richtung Matratze …
Rückweg / Heimreise
Heute begrüsste uns wiederum ein wunderschöner Sonnenaufgang; im Tal ein grosses Nebelmeer (wohl eher ein neueres Phänomen um diese Jahreszeit …). Die Beine waren noch bleischwer, als wir um ca. 7 Uhr abmarschierten. Das Auf- und Ab des Hüttenweges kannten wir ja bereits vom Hinweg. Nun sahen wir allerdings auch die schöne Umgebung, welche uns im Hinweg noch verwehrt wurde.
Der Gegenanstieg nach Belalp war nochmals ziemlich zäh, aber dann war es geschafft.
Da die Seilbahn (aus welchen Gründen auch immer) nicht fuhr, gingen wir weiter bis zur Gondelbahn, welche in Betrieb war.
Bei der Talstation genossen wir auf der Sonnenterrasse des nahegelegenen Restaurant einen feinen Zmittag (z.B. Käseschnitte Älpler Art ...), bevor es mit dem Bus zurück nach Brig ging und von dort per Zug weiter nach Zürich.
Dass der Zug 20 Min. Verspätung hatte und somit alle Anschlüsse weg waren, störte heute nicht. Heute war es total egal, ob ich nun eine Stunde früher oder später nach Hause kommen würde. Die stille Freude (und auch ein bisschen Stolz) behielt die Oberhand …
Fazit:
Eine grossartige Tour in einer phantastischen Landschaft – und das erst noch bei Kaiserwetter! Eine Tour, welche mir aber auch wieder mal alles abverlangt hatte (ich weiss, einige haben dafür ein müdes Lächeln übrig, damit kann ich aber gut leben …). Jedenfalls habe ich ja bereits mehrmals eine gewisse Leidensfähigkeit bewiesen – obwohl ich ja niemandem etwas beweisen muss …
Unter dem vorgegebenen Zeitdruck hatte ich echte Zweifel, ob ich es auf den Gipfel schaffen würde. Ich bin super-happy, dass es doch noch geklappt hatte.
Bemerkungen:
kalt war es übrigens überhaupt nicht; der Berg wurde also (glücklicherweise) seinem Ruf nicht gerecht.
Die Bedingungen waren hervorragend.
Zahlen:
Belalp – Oberaletschhütte: 4 Std., 11.5 km, 970m auf, 400m ab
Oberaletschhütte – Aletschhorn: 7 ¾ Std., 9.2 km, 1888m auf, 2025m ab
Aletschhorn – Oberaletschhütte: 6 ¼ Std., 9.2 km
Oberaletschhütte – Belalp: 3 ¾ Std., 12.1 km, 400m auf, 970m ab
Tourengänger:
Linard03

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