Kurzbericht 

Füdliblutt am Bluttlig u angeri Hoselüpf...


Publiziert von lorenzo , 2. Mai 2020 um 09:06.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Simmental
Tour Datum:25 März 2020
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Ski Schwierigkeit: SS-
Wegpunkte:
Geo-Tags: Niesenkette   CH-BE 
Zeitbedarf: 7:15
Aufstieg: 1950 m
Abstieg: 1950 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:gebührenpflichtiger Parkplatz (Fr. 6.-) Vordere Fildrich (ca. 1340m)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Kartennummer:LK 1247 Adelboden; D. Anker, R. Schnegg, Skitouren Berner Alpen West, SAC 2000

Die Normalroute auf das Rauflihore ist eine beliebte Skitour, die auch bei unsicherer Lawinensituation gemacht werden kann. Aber schon die Aufstiege und Abfahrten über die E-, SW- und N-Flanke verlangen günstige Lawinenverhältnisse, umso mehr eine Abfahrt über die noch steilere NE-Flanke, die zudem nur ausserhalb der Wildruhesaison angegangen werden sollte. Beim Aufstieg durch das Chirgeli vor zwei Jahren gewann ich einen ersten Einblick in diese faszinierende, durch zahlreiche Felsbänder vielfach gegliederte Flanke und nahm mir vor, bei Gelegenheit einen Versuch zu wagen. Am 26.1.2020 stieg ich über die E-Flanke auf den Gipfel und inspizierte die oberste NE-Flanke, fand aber zu viel Triebschnee vor, und kehrte zwar unverrichteter Dinge, aber umso zuversichtlicher entlang der Aufstiegsroute zurück. Ich nahm mir vor, erst im April wieder zu kommen, ein verlockender Augenschein und günstige Verhältnisse Ende März winkten aber schon eine Woche vorher, zudem schien mir angesichts des bereits fortgeschrittenen Frühlings mit sonnseitig weit  hinauf aperen Weide- bzw. Äsegebieten eine Begehung der Wildruhezone vertretbar.

Beim mir bereits vertrauten Aufstieg über die E-Flanke befürchtete ich, in der NE-Flanke könnte die Unterlage zu hart und der Grip zu schlecht für eine Abfahrt sein. Der Pulver von voriger Woche lag aber noch unberührt da, und bereits nach wenigen Probeschwüngen fühlte ich mich in der NE-Flanke sicher. Beim ersten Feslriegel rutschte bzw. schritt ich mit Ski und Stöcken mittig ab, den  steilen und ausgesetzten Abstieg zur Tanne zwischen dem vierten und fünften Feslriegel bewerkstelligte ich abschreitend mit Ski und Pickel auf einer freundlicherweise von Gemsen vorgezeichneten Spur. Von dort querte ich mit Pickelhilfe kurz 
noch mehr nach E, bis ich mir die freie Weiterfahrt in immer noch schönem Pulver bis zum Flankenfuss wieder zutraute. Hier war das Gröbste überstanden und nach der Querung einiger Lawinenkegel und einer vereisten Passage oberhalb der Alp Nessli traf ich wohlbehalten wieder bei der Kurve 1506 ein.

Ich hatte mir vorgenommen, noch dem Bodezehore einen Besuch abzustatten und durch sein WNW-Couloir abzufahren, aber da ich gut in der Zeit lag und noch genug Energie verspürte, wollte ich zuerst noch einen Umweg über den Drümännler machen. Ich fellte wieder an und stieg zügig zum Chummli und von dort zum W-Grat auf. Hier ging es, belohnt mit faszinierende Ausblicken, abwechselnd mit Ski und alpinwandernd weiter bis zum Gipfel. Inzwischen begannen mit der Bise Quellwolken die umliegenden Gipfel einzuhüllen. Entlang dem S-Grat vorsichtig auf dem breiten Wächtenstreifen abrutschend - nur nicht Richtung Achsete hinunterdonnern! - gelangte ich rasch zum Sattel 2327 und unter das Bodezehore.

Dieses überschritt ich in einer zweiten Alpinwandereinlage bereits weitgehend von Wolken eingehüllt, die Felsen waren aber trocken, und schon bald erreichte ich, zwischendurch mit Ski und zuletzt wieder zu Fuss den SW-Gipfel. Zum Glück blieben die Einfahrt ins WNW-Couloir und dessen Verlauf trotz der Wolkenschwaden gut sichtbar, und so schwang ich schon bald zwischen den schroffen Felswänden hinunter. Obwohl auf der meist harten Unterlage kein Hochgenuss, war es für mich trotzdem ein fast mystisches Erlebnis, und schon bald gelangte ich zurück zur Aufstiegsroute, wo wieder die Sonne schien. Das Pünktchen auf dem I setzte wunderbarer Sulz, der mich über Steibode zurück zur Hütte ca. 1400m führte.

Ein bei der Kurve 1390 wartender Mann mit Motorrad entpuppte sich beim Näherkommen zum Glück nicht als Wildhüter oder Polizist, der mir eine Strafpredigt halten und einen Bussenzeittel in die Hand drücken würde, sondern als stolzer Besitzer einer Harley Davidson, der mich nach den Verhältnissen fragte, da er plante, am übernächsten Tag hier selber eine Skitour zu unternehmen. Erleichtert gab ich ihm bereitwillig Auskunft, er bedankte sich und fuhr kurz danach mit angenehm tuckerndem Motor an mir talaus vorbei, während ich mit tackenden Skischuhen zurück zum Parkplatz watschelte.

Bluttlig- bzw. Rauflihore

Aufstieg E-Flanke: vom Parkplatz Vordere Fildrich (ca. 1340m) entlang der Alpstrasse zur Kurve 1390, weiter zur Hütte ca. 1400m und nach SSE zur Kurve 1506. Auf dem Fahrweg bis vor die Alp Nessli (1617m) dann nach SW über den zuletzt steilen Hang (bis 35 Grad) hinauf nach Raufli (1850m). Entlang dem Bergweg (weiss-rote Markierungen) oder S davon und zuletzt über die E-Flanke (bis 35 Grad) entweder auf den SE- oder ENE-Grat und über einen von diesen oder direkt zum Gipfel (2323m), 2-2h 30min, ZS.

Abfahrt NE-Flanke: direkt vom Gipfel zu einem 1. Felsriegel, der mittig durchfahren wird. Ein 2. wenig ausgeprägter Felsriegel wird W um-, der 3. Felsriegel W durch- und der 4. W umfahren. Nun folgt eine längere Querung nach E über dem 5. Felsriegel bis unter hohe, noch zum 4. Felsriegel gehörende Flühe. Weiter nach E ca. 25Hm diagonal steil hinunter zu einer Tanne E vom 5. Felsriegel, wonach die über dem 6. Felsriegel verstreuten Felsinseln in einem nach E ausholenden Bogen umfahren werden können. Über dem 7. Felsriegel zurück nach W  und ab ca. 2000m (bis hier ca. 300Hm und bis 45 Grad) Ausfahrt nach NE zum Beginn des eingezeichneten Pfads. Ungefähr diesem entlang über Nessli zur Alp Nessli (1617m) und auf dem Fahrweg zurück zur Kurve 1506, 1h, SS-.

Drümännler
Aufstieg W-Grat: von der Kurve 1506 auf der üblichen eingezeichneten Skiroute über Steibode zum Chummli bei ca. 2140m. Nach N zum W-Grat bei ca. 2240m. Zu Fuss (Pfadspuren, Stellen I, T3) und mit Ski auf den Gipfel (2436m), 2-2h 30min, WS.
Abfahrt S-Grat: über den Gipfelaufbau ev. kurz absteigen, dann entlang dem Grat (Vorsicht: Wächten) zum Sattel 2327, 15min, WS.

Bodezehore
Aufstieg NE- und Abstieg SW-Grat: vom Sattel 2327 zu Fuss zum Beginn des Felsgrats und über diesen steil, aber gut gestuft (I) auf den Vorgipfel (Steinmann) und weiter auf dem flachen, aber ausgesetzten Grat (I) zum Gipfel (2353m), 15min, T4. Abstieg über den ebenfalls ausgesetzten SW-Grat (I), bis in einer Scharte (ca. 2330m) wieder auf Ski umgestiegen werden kann. Weiter entlang dem Grat, zu Beginn einige Felsen NW umgehend, und zuletzt wieder zu Fuss über eine kurze Stufe zum SW-Gipfel (2320m), 15-30min, T4/L.

Abfahrt WNW-Couloir: abhängig von der Schneelage Einfahrt direkt unter den Gipfelfelsen oder weiter unten (ab 2280m) und Abfahrt bei wechselnder Enge und Neigung (bis 40 Grad) bis zum Couloirausgang auf ca. 2020m (gut 250Hm). Hinunter zur Aufstiegsroute und dieser entlang zurück, 45min-1h, ZS.

Insgesamt 6h 15min-7h 30min.

Verhältnisse: bei Bise kalt (morgens -6 Grad) und zuerst klar, dann zunehmend Quellwolken. Portage unterhalb der Hütte ca. 1400m, stellenweise auf dem Fahrweg unterhalb der Alp Nessli  und wie angegeben. Schnee sonnseitig hart oder Sulz, schattseitig oberhalb ca. 2000m bzw. in der NE-Flanke und im WNW-Couloir (dort auch hart) 5-10cm Pulver auf griffiger Unterlage. Aufstiegspuren auf das Rauflihore, Aufstiegs- und Abfahrtsspuren an Drümännler und Bodezehore. SLF-Stufe 1 für trockene Lawinen, an Sonnenhängen zahlreiche ältere Nassschneelawinenzüge. Auf der ganzen Tour begegnete ich keinem Bodenwild.

Material: Helm, Pickel und Steigeisen zusätzlich zu üblicher Skitourenausrüstung

Fahrplan: 7.30 Start, 9.30 Rauflihore, 12.45 Drümännler, 13.15 Bodezehore, 13.45 SW-Gipfel, 14.45 retour.

Nur bei sicheren Lawinenverhältnissen! Die NE-Flanke bis zum Nessli ist zudem vom 1.11.-31.3. rechtsverbindliche Wildruhezone.

Tourengänger: lorenzo


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