Auf's Hohneck (1363 m) und um den Wormspel-Kessel, wohl eines eindrucksvollsten Mittelgebirgs-Kare


Publiziert von Schubi , 2. April 2020 um 17:06.

Region: Welt » Frankreich » Vogesen » Alsace » Vosges Alsace
Tour Datum:21 September 2018
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Aufstieg: 603 m
Abstieg: 603 m
Strecke:14 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Wanderparkplatz an der Auberge de la Chaume du Firstmis
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.

Erdgeschichtlich sind Vogesen und Schwarzwald sozusagen Geschwister, sie liegen praktisch spiegelbildlich links und rechts des Oberrheins. Ganz früher mal waren sie sogar ein zusammenhängendes Gebirge. Ursächliche Kraft für ihre Trennung war das heftige tektonische Geschiebe zwischen afrikanischer und eurasischer Platte vor so einigen Jahrmillionen: dieses verursachte zunächst das Auffalten der Alpen, was wiederum in der Folge zu Spannungen im heutigen Oberrhein-Gebiet führte. Es wölbte sich zunächst auf, aber als die zerrenden und wölbenden Kräfte zu groß wurden, sackte es ein: getrennt waren Schwarzwald und Vogesen, fertig war ein (neues!) Flußbett für den Rhein.

Ich erzähl' das alles zur Einleitung, weil ich mir vorgenommen habe, diese beiden Mittelgebirge in der Nähe meines Wohnorts nun immer mal "vergleichend zu erwandern" (wobei der Schwarzwald bis dato deutlich mehr Besuche von mir abbekommen hat). Schliesslich haben sie eine fast deckungsgleiche Geschichte hinter sich, gelogisch wie kulturell. Ich stelle es mir spannend vor, nach und nach Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu entdecken. Ein Schlüsselerlebnis war die hier vorgestellte Runde um den Wormspel-Kessel in den Hochvogesen mit meinen Wanderfreunden Christoph und Patrick. Ebenfalls durch ein Kar ging es übrigens auf unserer ersten Wanderung in den Vogesen. Und hier noch eine (herrlichst trockene) geologische Abhandlung zu den Karen beider Mittelgebirge.

Harte Zeiten für die Landschaftsform, harte Zeiten für unsere Füße auf dieser recht steinigen Tour: was passt da als Soundtrack besser als Hard Times von J. J. Cale.


Startpunkt ist die Auberge de la Chaume du Firstmiss an der Route de Crête, einer Landstraße, die entlang des Hauptkamms der Hochvogesen führt. Auf einem Pfad haben wir bald die schön gelegene Ferme Auberge Kastelberg erreicht. Für eine Einkehr wär es aber noch zu früh und so freun wir uns nur über den schönen Talblick hier. Auch der Wegpunkt Kerbholz bietet schöne Aussichten. Die dann folgende Waldpassage ist einer der schönsten, die ich in der Oberrhein-Region bisher erlebt habe. Durch einen unbeforsteten Buchen-Mischwald und entlang vieler schöner Felsformationen geht es pfadig und wild, über Stock und Stein an zugemoosten Fels-Ungeheuern entlang, immer wieder gibt es dabei auch kleine seilversicherte Stellen.

Nun leuchtet zwischen den Bäumen eine riesige Ansammlung von Geröll hindurch, und als wir weitergehen stellt sie sich als eine Blockhalde am Südhang der Spitzkoepfe (1290 m, elsässisch: Spitzköpfle) heraus. Und das tolle ist: die Pfadführung geht mitten durch die Blockhalde hindurch! Ein rechter Spaß, wenn man da durchwandert. Ich glaube, das brachte mich auf die Idee, die Blockhalden drüben im Schwarzwald mal näher zu erkunden, eine davon hatte ich kurz zuvor "entdeckt".

Die Wegführung bleibt auch danach herrlichst felsig und abwechslungsreich, es geht entlang des Südhangs der Spitzkoepfe. Und auch wenn wir nicht oben drauf auf die Kopefe sind (wie Spezialist
Nikbrueckner hier), kamen auch mal die Hände zum Einsatz. Nach der Hangpartie geht es dann wieder etwas horizontaler, aber weiterhin felsig in den Wald hinein und hoch auf einen wirklich schönen Aussichtsfelsen. Der ist zwar namenlos, bietet aber schöne Talblicke, auch zum unter uns liegenden Lac de Fischboedle. Anschliessend nochmal in den Wald und hinunter nicht zu diesem See, sondern zum Lac du Schiessrothried.

Er ist der Karsee des Wormspel-Kessels, liegt aber relativ weit unterhalb des Hauptkessels. Die Wikipedia bezeichnet das Wormspel deshalb als "mehrstufiges Kar". Und ich muss sagen, so in der Gesamtsicht toppt dies locker das bekannte Feldberg-Feldsee-Gespann im Südschwarzwald.

Erneut geht es in den Wald hinein, nun steil nach oben zu unserem Einkehr-Etappenziel, der Ferme Auberge Schiessroth. Eine Ferme Auberge ist ein Berggasthof mit eigener Landwirtschaft, manchmal auch mit Übernachtungsmöglichkeit. Auf den Tisch kommen vorrangig Produkte vom Hof. Die Bezeichnung "Ferme Auberge" ist geschützt und der Betreiber des Hofs muss sich dafür (regelmässig) qualifizieren. Wer mal vorbeikommen sollte: uuunbedingt den hier gekästen Coeur de Massif probieren – ein Traum von einem Bergkäse! Gibt's auch im Direktverkauf zum Mitnehmen.

Zum Glück haben wir uns ausgiebigst gestärkt, denn nun geht es rustikal und steil weiter bergan: wir sind jetzt fast auf Augenhöhe mit dem Wormspel-Kessel und haben einen schönen Blick auf das Rund seiner Karwände. Rechts davon der Gipfel des Hohneck (1363 m). Und, hey: das Wormspel-Kar hat es sogar zu einem Bildbeispiel auf der Wikipedia-Site zum Thema "Kare" geschafft! Eine herrliche Felspassage begleitet nun rechts unseren Pfad am Hang des
Petit Hohneck und wir gehen mehr oder weniger am Südrand des Kessels nach oben. Eindrucksvoll sind auch immer wieder die Blicke zurück zum unter uns liegenden Lac de Schiessrothried, ausserdem bekommen wir eine guten Eindruck von den Dimensionen des Kars. Schliesslich erreichen wir den oberen Rand des Wormspel-Kessels:  ein Traum von einem Kar. Fast kreisrund, fast frei von größerem Bewuchs, sehr felsig, recht alpin anmutend. Man kann sich richtig vorstellen, wie es der damalige Gletscher ins Gestein gehobelt hat. Und wie sich winters Wächten an seinem Rand aufbauen und dann als Lawinen herunterrasseln.

Wir schnaufen die letzten Meter hoch zum Gipfel des Hohneck (1363 m). Hier können wir im Osten zur  Oberrheinische Tiefebene blicken, heute aber wegen viel Dunst nur sehr undeutlich. Gerade noch zu erkennen sind die  Kammlinien des Kaiserstuhls sowie des Schwarzwalds. Ebenfalls herrlich der Blick nach Westen. Oder, wie der Elsässer auch sagt: "France intern". Hier oben befindet sich wieder ein Berggasthof, allerdings ohne Ferme-Auberge-Qualifikation. Jedoch mit einem Parkplatz an der nahen Route de Crête, und entspechend mehr Leute sind auf den Wegen unterwegs. Das weite Kesselrund des Wormspel-Kars möchte nun noch umrundet werden, mittig am Col du Wormspel machen wir noch eine verdiente Rast im Gras. Von dort hat man einen super Blick auf die felsigen und gerölligen Wände des Kessels. Wir können die enormen Kräfte erahnen, die über die Zeit das Kar ausgeschliffen haben (und mit Lawinen, Eis, Wasser immer noch bearbeiten).

Weiter geht es, das flache Licht des beginnenden Abends lässt die Formen der Berge nun schön hervortreten. Ebenfalls zum Glück recht flach verläuft unser Weg hier durch die offenen Graslandschaft, durchgehend haben wir prächtige Fernblicke. Wir tauchen schliesslich in ein Wäldchen aus Weidbuchen ein: das sind etwas verkrüppelt gewachsene Buchen, deren Wuchsform durch das beständige Abknabbern ihrer Jungtriebe durch hier oben weidendes Vieh entsteht.

Nochmals geht es raus in die Sonne und dann über einen steinigen Pfad, vorbei an gemütlich grasenden Kühen zurück zum Ausgangspunkt unserer Wanderung, der Auberge de la Chaume du Firstmiss an der Route de Crête.

Fazit: auch für meine zweite Vogesen-Tour geht ein Merci an Wanderfreund Christoph für Initiative und Routenführung. Wie oben erwähnt war diese Runde ein bisschen ein Schlüsselerlebnis: fürs Wandern in der Region um den Oberrhein überhaupt und speziell für meine geologische Neugierde. Der Wormspel-Kessel ist ein wirklich eindrücklicher Ort mit fast alpiner Anmutung, den man auf wunderbaren Pfaden erwandern kann. Einkehrmöglichkeiten gibt es auch zu genüge, also: was will man mehr?


Tourengänger: Schubi


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Kommentare (2)


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Nik Brückner hat gesagt:
Gesendet am 3. April 2020 um 10:24
Servus Jungs!

Gratuliere zu dieser schönen Runde, und Eurer Routenwahl. Da habt Ihr eine der schönsten Vogesenwanderungen überhaupt gemacht.

Herzlichen Gruß aus Mannheim,

Nik

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. April 2020 um 12:54
Servus Nik.

Jep, sperschöne Ecken gibt es dort oben!

Beste Grüße aus Offenburg,
Frank


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