Hochvogesen: Münsterkäs und Wetterwechsel


Publiziert von Schubi , 2. April 2020 um 17:06.

Region: Welt » Frankreich » Vogesen » Alsace » Vosges Alsace
Tour Datum:13 August 2017
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Aufstieg: 420 m
Abstieg: 420 m
Strecke:10.3 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Wanderparkplatz "Parking du Tanet" unterhalb der Ferme Auberge Seestaedle
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.
Unterkunftmöglichkeiten:Ferme Auberge Seestaedle, Ferme Auberge du Forlet

Die Vogesen sind in ihrer Entstehungsgeschichte ja sozusagen die Schwestern des Schwarzwalds und liegen  spiegelbildlich zu ihm auf der linken Seite der Oberrheinischen Tiefebene. Und so gibt es in der Geologie und damit der Landschaftsform viele Ähnlichkeiten, z. B. so schöne Überbleibsel der Eiszeiten wie es die Karseen sind. Die liegen hier wie dort immer auf der Lee-Seite der Gebirge, also auf der windabgewandten Flanke. In diese Hänge haben die damaligen Gletscher schöne halbrunde Formen mit steilen Wänden „gehobelt“. Das ist alles lange her, aber neben den Karseen am Grund dieser Halbrunde sind z.B. auch Blockhalden interessante Relikte der Eiszeiten. Und auch heute noch gehen winters die vom Wind auf der Lee-Seite der Berge aufgetürmten Schneemassen regelmässig als kleine Lawinen herunter.

In jedoch größtenteils sommerlichem Wetter ging es mit den Wandergesellen Christoph und Patrick auf eine Tour rund um die Karseen Lac Vert und Lac du Forlet, ein ganzes Stück dabei auch entlang des Höhenkamms der Vogesen.  Hier noch meine übliche Soundtrack-Empfehlung (passend zum Wandern mit Freunden): Dear Fellow Traveler von Sea Wolf.

Neben einer *Wanderung 2018 möchte ich diese schöne Runde aus 2017 vorstellen, meine erste Wanderung in den Vogesen. Sie beginnt am Wanderparkplatz unterhalb der Ferme Auberge Seestaedle (es gibt zwei Parkplätze, wir nehmen den nordwestlicheren). Die Auberge wäre dann auch eine mögliche Einkehr nach der Rückkehr. Etwas versteckt zwischen den Bäumen geht es direkt rechts (am Beginn des Parkplatz, ausgeschildert) in nordwestliche Richtung auf einem wurzelig-felsigen Pfad in den Wald hinein  zu unserem ersten Zwischenziel, dem romantisch gelegenen Lac Vert. Und wie es bei Waldseen halt meist so ist, wirkt er tatsächlich grün. Aber sein Name rührt wohl von den Algen her, die in den Sommermonaten den See einfärben. Er liegt auf 1044 m in der Ostflanke des Hauptkamms der Vogesen. Das östliche Seeufer bildet eine Staumauer mit Parkplatz, wer will, kann die Wanderung also auch von hier aus starten. Überhaupt fällt uns auf, dass in den Vogesen erstaunlich viele Wanderparkplätze in Hochlagen sind.

Es geht direkt wieder in den Wald und auf einem Pfad bergan ein Stück durch die Karwand des Sees nach Norden. Wir gelangen schliesslich auf eine offene Hochfläche und auch der Blick öffnet sich mit wunderschönen Panoramen runter ins Münstertal und rüber zur Rheinebene und dem Schwarzwald. Nun wandern wir entlang des Hauptkamms der Vogesen und zwar im Abschnitt zwischen den Erhebungen Le Tanet (Tanneck, 1293 m) und dem Gazon du Faite (Ringbuhlkopf, 1303 m) mit seinem Kar, unserem nächsten Etappenziel.

Die Landschaft hier oben wirkt recht wild und ist geprägt von Gräsern, Heidekraut, Heidelbeeren, Sträuchern und vereinzelt stehenden Baumgruppen, auch der gelbe Enzian begegnet uns häufig. Nun gelangt das Kar am Gazon du Faite (1303 m) ins Blickfeld. Am seinem Grund der dunkle Lac du Forlet. Wir gehen ein ganzes Stück an der Kante des Kars entlang und haben immer wieder beeindruckende Tief- und Fernblicke. Die Karwand ist durchzogen von schroff-felsigen Partien und damit für ein Mittelgebirge doch recht alpin anmutend. Man kann sich hier auf dem offenen, vegetationsarmen Vogesen-Hauptkamm viel besser als in den meist komplett bewaldeten Karen des Schwarzwalds die enormen Kräfte eines Gletschers bildlich ausmalen. Die Karwände sind steil, felsig und regelrecht ausgehobelt.

Bevor wir die Karwand ganz umrundet haben, machen wir aber noch einen Einkehr-Abstecher (ca. 1 km auf dem Pfad nach Westen) runter zur Ferme Auberge du Gazon du Faing und veschpern dort etwas Herzhaftes. Frisch gestärkt geht es danach zurück zur Kante des Kars und an ihr entlang nun nordöstlich weiter in Richtung des Soultzeren Eck (1302 m). Hier oben sind an einem Sonntag natürlich auch viel andere Besucher unterwegs, man merkt die Nähe zur Vogesen-Hochstraße Route des Crète, an der übrigens auch unsere Einkehr lag.

Dunkle Wolken im Westen und Windböen kündigen sich an. Bald haben sie uns auch schon eingeholt und jetzt passiert innerhalb weniger Minuten ein toller Licht- und damit Stimmungswechsel: alles verdunkelt sich, Wolkenfetzen treiben tief, hängen sich in die Hochfläche und die Karwand, verhüllen sie in einem Moment und geben sie kurz danach wieder frei – herrlich! Für mich zusammen mit den Fernblicken der Höhepunkt unserer Wanderung, auch wenn’s jetzt ein bisschen ungemütlich wird. Denn natürlich führen die dunklen Wolken Niederschlag mit sich und wir packen eiligst unseren Regensachen aus. Jetzt fällt mir auch auf, wieso drüben bei uns im Badischen das Wetter immer so schön sonnig ist: weil sich die Wolken eben schon westlich davon in den Vogesen weitestgehend abregnen.

Die Wegführung geht weiterhin schön pfadig zwischen Heidekraut und Felsbrocken hindurch. Ich empfehle, sich bei Verzweigungen der Aussicht wegen immer den Pfad zu wählen, der näher an der Kante des Kars verläuft. Wir haben trotz des Regenschauers weiterhin gute Laune und natürlich immer wieder tolle Blicke ins Kar und in die Ferne. Die wilde Vegetation der Hochfläche wird tlw. auch beweidet. Dem Regen gegenüber völlig gleichgültig stehen die Kühe in ihrer Gemütlichkeit hier zwischen Heidekraut, Heidelbeeren, Rasenbinse, Pfeifengras und allerlei Kräutern und freuen sich im Stillen wahrscheinlich über dieses abwechslungsreiches Nahrungsangebot. Perfekte Basis für die Milch, aus der später der herzhafte Münsterkäse heranreift. Ich beneide die Tiere ein bisschen um ihr Leben in diesen aussichtsreichen Höhen.

Nun gelangen wir zum Wendepunkt unserer Wanderung: ca. 200 Meter östlich des Soultzeren Eck zweigt unser Pfad rechts nach Süden ab, im Zickzack geht es runter durch die Karwand. An ihrem Fuß passieren wir die wild durcheinander gepurzelten Granitfelsen zweier recht eindrucksvoller Blockhalden, auch diese sind eiszeitliche Überreste. Wir erreichen die Ferme Auberge du Forlet am gleichnamigen See (1065 m) im Grund des Kars. Hier hätten wir gerne einen duftenden Münsterkäse erworben. Der ist aber heute schon ausverkauft und so ziehen wir enttäuscht weiter, immerhin mit schönen Blicken hoch in die Karwand, an der entlang unser Hinweg vorhin führte. Nun wieder ins Dickicht des Bergwalds, der hier (wie auch sonst in den Vogesen) eine viel wilderen, „unaufgeräumten“ Eindruck macht als in vergleichbaren Lagen des Schwarzwalds. Sei es wegen hiesigen (älteren?) Naturschutzgebieten, sei es wegen einer anderen Art der Beforstung.

Nochmals führt unser Pfad hinaus auf eine Weidefläche und hier findet sich die Ferme Auberge Gaertlesrain (1103 m). Die hat zwar gerade geschlossen, aber wer Käse braucht, darf klingeln :-) Und so kommen wir schließlich doch noch zu einem leckeren Pfund Fromage de Munster. Der Tag ist gerettet. Den vor dem Hof grasenden Kühen rufen wir noch ein Merci beau Kuh! zu, bevor wir wieder in eine dunkle Waldpassage eintauchen. Sie führt uns hinunter zum Lac Vert und dann zurück auf gleichem Pfad wie beim Hinweg zum Wanderparkplatz.

Mit auf Tour: Christoph und Patrick

Fazit: Nicht nur Dank des Wetterwechsels eine abwechslungsreiche Runde. Sie läuft fast durchgehend auf Pfaden und passiert dabei felsige Partien, windige Hochflächen, weite Panoramen, wilde Wälder und stille Karseen. Nicht zu vergessen die gemütlichen Einkehrmöglichkeiten der Ferme Auberges. Wer mehr Zeit als wir hat, der erweitert die Runde zum Beispiel nach Norden, wo direkt zwei weitere Karseen folgen, oder ergänzt südwestlich und nimmt den Gipfel des Tannecks mit. Merci an Christoph für die Touren-Idee. Es war meine erste Wanderung in den Vogesen und ich war beeindruckt von Vielfalt und Wildheit der Landschaft. Gerade im direkten Vergleich zum Zwillings-Gebirge gegenüber des Rheins, dem Schwarzwald, der da etwas zahmer und aufgeräumter wirkt.


Tourengänger: Schubi


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Kommentare (2)


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alpstein hat gesagt:
Gesendet am 3. April 2020 um 12:04
Hallo Frank,

danke für die schönen Berichte aus dem Elsass, eine Region, welche ich bisher nie ernsthaft für Wanderungen in Erwägung gezogen hatte. Das soll sich aber ändern.

Beste Grüße und ein schönes Wochenende
Hanspeter

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. April 2020 um 13:05
Hallo Hanspeter.

Danke für dein Lob! Ich freu mich, dass ich etwas Inspiration hab leisten können.

Dir auch ein feines Wochenende,
Frank


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