Schnehschuhtour Glärnisch (Bächistock 2914m)


Publiziert von Raphy , 11. März 2020 um 17:30. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum:25 Januar 2020
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT5 - Alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Glärnischgruppe 
Aufstieg: 2045 m
Abstieg: 2045 m

Nach langer Zeit mit schlechten Bedingungen und vielen gesellschaftlichen Events, die einem vom touren abhalten, endlich mal wieder ein Wochenende mit gutem Wetter und nur mässiger Lawinengefahr.
Tristan fand einen Skitour-Bericht zum Glärnisch und wir beschlossen dasselbe mit den Schneeschuhen zu wagen. In den Tagen zuvor mussten wir noch etwas bangen, da Anfang der Woche die Lawinengefahr wieder auf Stufe 3 sprang und das Wetter unter der Woche immer schlechter angesagt wurde, doch die Gefahr sank wieder und um dem schlechten Wetter zu entgehen verschoben wir die Tour auf Freitag/Samstag.
Da wir beide noch arbeiten mussten, starteten wir erst spät und so lug mich Tristan um 18:30 in Zürich am Bahnhof auf und wir fuhren los. Kurz darauf machte sich bei uns noch der Hunger bemerkbar und wir assen noch bei einem Raststätten-Mc Donalds zu Abend.
So waren wir etwa um 23:00 an unserer Ausgangsstelle bei einem Parkplatz kurz nach dem Restaurant Plätz im Klönttal.


Der Aufstieg zur Hütte war eine Plackerei. Wir waren beide schon lange auf den Beinen und besonders ich war schon von Beginn an sehr müde. Technisch wäre der Weg zur Hütte sehr einfach, doch da die Verhältnisse sich abwechselten zwischen sehr wenig oder gar keinem, bis hüfttiefem Schnee mussten wir öfter die Steigeisen und Schneeschuhe an und ausziehen. Dazu kam die Dunkelheit, die durch Schlafsäcke und die Ausrüstung schweren Rucksäcke, was alles nicht unbedingt förderlich für das allgemeine wohlbefinden war. Dafür war die Nacht klar und wunderschön, auch wenn ich das nicht unbedingt so sehr wargenommen habe.
Irgendwann war Tristan dann ziemlich weit voraus, da ich immer langsamer wurde mich schon fast im Halbschlaf durch den Schnee schleppte. Ich hätte mich einfach hinlegen können und wär sofort eingeschlafen. Doch plötzlich hörte ich ihn rufen, ich soll anhalten. Wir hatten im Dunkeln doch tatsächlich die Hütte verpasst.
Es folgte eine halbe Stunde suche, doch wir fanden sie. Um 3:30 waren wir dann endlich beim Winterraum der Glärnischhütte. Wir machten noch schnell ein dürftiges Feuer, was eine grössere Herausvorderung war als man jetzt vieleicht erwartet und legten uns schlafen. Der Müdigkeit sei dank, ich schlief wie ein Stein.

Am nächsten (oder besser gesagt später am selben) Morgen, standen wir etwa um halb 8 auf, eigentlich war 7 geplant, doch ich brauchte noch eine halbe Stunde, bis ich es aus dem Schlafsack schaffte.
Egal, um 8 starteten wir also unsere eigentliche Tour zum Bächistock. Das Wetter war ein Traum, zwar stiegen wir lange im Schatten auf und es war wirklich eisig kalt, doch der Himmel war blau und der Schnee perfekt.
Wir folgten einer Skitourenspour (danke dafür) bis zum ersten Couloir, wo die Spuren hochführten. Da es sehr steil war, wollte ich unbedingt da hoch und ging vor. Hier wird es am steilsten Punkt nach Tristans Schätzung etwa 45 Grad nach oben, ich hätte mehr geschätzt, doch seine Erfahrung gibt ihm wohl Recht. ;)
Also Schneeschuhe aus, Steigeisen an und los gings.
Da die Tourengänger uns fast so etwas wie eine Treppe hinterlassen hatten, war dieser Aufstieg unproblematisch, jedoch sehr spassig. Oben am Couloir angekommen mussten wir erst mal kurz unsere Schuhe öffnen, um die Zehen durch Bewegung aufzutauen. Bald darauf kamen wir dann auch in die Sonne und die kalte Luft wurde erträglicher.
Bis zum Beginn des Gipfelgrats am Bächistock ging es nun sehr einfach und gemütlich weiter. Hier deponierten wir die Schneeschuhe und Stöcke und wechselten erneut zu den Steigeisen. Der Grat war der schwerste Teil der Tour. Es hatte wirklich sehr viel Schnee, die Spuren hörten ziemlich aprupt nach der einen Kletterstelle, die wir passierten auf und nun war es Tristan vorzugehen, während ich mir das erstmal skeptisch ansah. Nach dem ersten kurzen Teilstück selten wir an, wodurch ich mich schon sehr viel sicher fühlte. in einer eineinhalb Stündigen plackerei spurte Tristan den Grat, während ich ihn sicherte und etwa um 13:30 waren wir endlich oben.
Wir machten ein kurze Pause, für Fotos und Gipfelbucheintrag und stiegen dann bald wieder ab.

Wieder am Anfang des Grats angekommen, wollte Tristan noch den zweiten Hauptgipfel mit der Messstation abhacken, ich war jedoch zu müde für den Umweg, also beschlossen wir uns zu trennen und uns später bei der Hütte wieder zu treffen.

Raphael
Da Tristan länger für rüber und runter brauchen würde, als ich nur für runter, machte ich es mir noch auf einem Felsen in der Sonne gemütlich und ass etwas. Dabei vergass ich ein klein wenig die Zeit und brach erst etwa eine halbe Stunde später auf, als mir langsam der Hintern einfror.
Ich stieg den selben Weg ab, den wir gekommen waren, mit dem steilen Couloir. Das war tatsächlich ein ziemlicher Adrenalinkick und unglaublich anstrengend, aber genau sowas macht mir richtig Freude. Da komm ich mir immer wie ein "richtiger" Bergsteiger vor. ;)
Mein Abstieg dauerte ziemlich lange, so traf ich unten am Couloir schon wieder auf Tristan. Er musste sogar noch etwa fünf Minuten auf mich warten.


Tristan
Nachdem wir den schwierigen Bächistock nun schon bestiegen hatten und ich noch einigermaßen fit war, wollte ich unbedingt noch den fast gleich hohen Mittelgipfel mit der Messstation machen. Ich versuchte also, etwa auf einer Höhe hinüber zu queren. Das gelang bis zu dem kleinen (vorher nicht sichtbaren) Abbruch vor der Scharte zum Gipfel. Das Gelände war dann doch etwas zu steil für die Schneeschuhe, ich zog sie vorsichtshalber aus und warf sie einfach die ca. 6-8m hohe Stufe hinunter in den tiefen Schnee. Dann wühlte ich mich vorsichtig eine schneegefüllte Rinne herunter und weiter ging es zum Mittelgipfel. Das war dann doch nochmal recht anstrengend, hat sich aber auf jeden Fall gelohnt, die Aussicht war fantastisch. Dann stieg ich das hintere Couloir komplett mit Schneeschuhen ab (zwei ganz kurze Stellen rückwärts), es ist schon deutlich flacher als das Vordere. Unten konnte ich durch tiefen Schnee recht entspannt abwärts queren und ich ereichte unseren Treffpunkt unterhalb des vorderen Coloirs sogar etwa 5 Minuten vor Raphael.

Als wir uns wieder getroffen haben, stiegen wir zügig zur Hütte ab, wo wir uns noch kurz ins Hüttenbuch eintrugen, unsere Sachen packten und uns wieder auf den Weg machten, um noch so lange wie möglich im hellen Absteigen zu können.
Der Schnee war beim Abstieg nun sehr weich, wodurch wir ständig in irgendwelche Löcher einsanken und einfach nur hofften uns dabei nicht noch zu verletzten. Doch bald kamen wir wieder auf die Strasse, die die Alpdörfchen mit dem Tal verband. Ab hier übernahm der innere Autopilot und wir liefen, mittlerweile wieder im dunkeln den Restlichen Weg zum Auto, ohne wirklich bewusst zu laufen.
Etwa um 19:30 waren wieder beim Parkplatz und (zumindest ich) am Ende unserer Kräfte.

Kurze Einschätzung der Schwierigkeit (von Cubemaster):
Ein Winterbesteigung des Bächistocks ist eine sehr ernste alpine Unternehmung, die nur mit genügend Erfahrung und bei sehr guten Bedingungen durchgeführt werden sollte. Der Hüttenzustieg ist generell sehr lawinengefährdet. Hier kam uns zugute, dass unterhalb von 2000m nur sehr wenig Schnee lag, so war dieser Teil kein Problem. Das vordere Couloir ist sehr steil (etwa 45 Grad, vielleicht kratzt man in der Engstelle oben auch an den 50 Grad). Hier hatten wir perfekte Bedingungen, es war wirklich wie eine Treppe.
Der Gipfelgrat am Bächistock ist im oberen Teil sehr schmal, ich habe für das letzte (und schmalste) Stück zum Kreuz etwa 30 Minuten gebraucht, weil ich die obersten 30cm verwechteten Schnee mit dem Pickel wegarbeiten musste, um überhaupt erstmal Platz für Tritte zu schaffen. Wir sind dieses Stück einzeln und gesichert gegangen, wobei klar sein muss, dass der Sichernde auf der anderen Seite hinunterspringen muss, um einen Sturz halten zu können. Die Schwierigkeit hängt hier stark von den Bedingungen ab: Ist der Grat trocken, ist es ein lockeres WS, wir hatten mindestens ZS-.

Tourengänger: Cubemaster, Raphy


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Kommentare (3)


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DonMiguel hat gesagt: Gratulation!
Gesendet am 12. März 2020 um 17:35
Zu dieser doch nicht ganz einfachen Tour! Puuh, sogar mit Schneeschuhen! Hut ab für diese Leistung! Im Abstieg seit ihr ebenfalls wieder durch den Hüttendirektauf/abstieg? Die Hänge oberhalb sind bei Sonneneinstrahlung ziemlich heikel, darum bin ich die letztes Jahr umgangen. Gruss Micha

Cubemaster hat gesagt: RE:Gratulation!
Gesendet am 13. März 2020 um 22:58
Vielen Dank!

Es hat im Januar tatsächlich ziemlich wenig Schnee gelegen. Ich habe dir noch ein Bild hinzugefügt, wo die Lawinenhänge zu sehen sehen sind. Für mich sah das nicht so schlimm aus, ich wäre aber auch an deiner Einschätzung interessiert.
Außerdem sind wir nachts zur Hütte hochgestiegen und in der Abenddämmerung wieder herunter. Wir haben das insgesamt als ziemlich sicher eingeschätzt...

Du hast ja schon viele tolle Touren rund um den Glärnisch gemacht, war echt spannend zu lesen. Und eine super Vorbereitung für unsere Tour! Gruß Tristan

DonMiguel hat gesagt: RE:Gratulation!
Gesendet am 19. März 2020 um 17:37
Mitreissgefahr besteht leider immer noch, auch wenn es wenig Schnee hat. Ich meide diese Hänge wenn möglich..:) Schön wenn meine Berichte geholfen haben! Gruss Micha


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