Grassen im Juni


Publiziert von rookie , 6. Januar 2020 um 22:56.

Region: Welt » Schweiz » Luzern
Tour Datum: 8 Juni 2019
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettersteig Schwierigkeit: K1 (L)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-OW   CH-UR 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1860 m
Abstieg: 2000 m
Strecke:Engelberg Herrenrüti - Grassenbiwak - Grassen - Sustlihütte - Wassen
Unterkunftmöglichkeiten:Grassenbiwak

Auch im 2019 treffen sich die ehemaligen Wachtmeister der FULW RS 95-3, um über die guten alten Zeiten im Dienst zu schwelgen und die dort entfachte Kameradschaft zu feiern.

Aus den verschiedensten Landesteilen - Basel, Neuenburg, Bern, Aargau, Zürich, Luzern und Mannheim -  eintreffend, steigen wir am 8. Juni 2019 am Bahnhof in Luzern ins Globi-Abteil der Zentralbahn ein. Auf gehts nach Engelberg, um 9 Uhr sind wir dort. Unsere Bekleidung lässt wie zu vorherigen Touren nicht vermuten, dass wir uns auf den 2945m - Gipfel wagen. Lediglich die an den prall gefüllten Rucksäcken bambelnden Helme und herauslugenden Seile verraten, dass wir nicht für Selfies auf den Titlis fahren.

Im lokalen Bergsportgeschäft kauft der letzte der Bande noch rasch ein Paar Gamaschen während die anderen die Lasten untereinander verteilen. Die Schlauen sind mit einem Rucksack mit geringem Volumen.

Die ersten Kilometer taleinwärts schenken wir uns, wir profitieren vom Gratis-Bus bis zur Talstation Fürenalpbahn 1083m, Endstation. Mit einer Handvoll gleichgesinnten Wanderkollegen steigen wir aus laufen in Richtung Herrenrüti 1166m. los. Die Wanderstöcke werden eingestellt, die Schuhe richtig gebunden und die Tenüs angepasst. Ausgeschildert als weiss-blau-weiss Route mit 4h30min bis zum Biwak geht es weiter über das Brüggli zum Punkt 1152. Dort steht ein weiteres Schild mit dem Hinweis «GESPERRT, Wanderweg Firnalpeli – Bödmen, Scheefelder-Einsturzgefahr». Unser Tourguide hat ein müdes «ah ja» übrig, wird schon schiefgehen, etwas Erfahrung haben wir ja.

Stets unter der Ostflanke des imposanten Titlis geht es dann aufwärts. Noch vor dem Unter Firnalpeli 1377m. gilt es das erste kleine Schneefeld zu queren, was allerdings bedenkenlos ist, da der Weg auch auf der anderen Seite erkennbar weiterführt. Beim Ober Firnalpeli bietet sich ein altes Stallfundament als ersten Rast-Platz an, die Mandel, Mango und Reiswaffeln-Packungen werden geöffnet und die Sonnencreme eingeschmiert. Der Schnee gewinnt hier mehr und mehr Überhand zum Gras und die Schneefelder werden häufiger.

Weiter hoch zum Gorisegg-Grätli respektive Moräne des Firnalpeli Gletschers auf rund 2000m. Auf dem letzten Steinflecken montieren wir die Gamaschen und das Spuren im Schnee geht los. Frustrierend und motivierend zugleich ist, dass unser Tagesziel, das Biwak resp. die Höhe dieses, ab hier praktisch ständig sichtbar bleibt. Der Weg oder die alpine Route bleibt natürlich unter dem Weiss verborgen, darum gilt es, selbst die beste Route zu suchen. Wir entscheiden uns für die Variante «Weg ins Ziel Direkt», wobei der korrekte Weg auch nicht viel anders wäre.

Auf ca. 2300m. machen wir eine weitere Pause in der «Schneewand». Es ist schon relativ steil hier, zum Absitzen reicht es nicht. Etwas weiter oben müssen wir ein paar Meter Felswand queren, hier seilen wir uns rasch an und setzen die Helme auf, denn ein Fehltritt an dieser Stelle wäre nicht optimal.
Etwas weiter vorne als Punkt 2582m. steigen wir auf den Grat zum Tierberg hoch, der mit Stahlseilen versichert ist. Mit den Selbstsicherungen hängen wir uns dort, wo der Schnee die Seile freigegeben hat, ein und kraxeln mit allen vier Extremitäten den scharfen Felsen hinauf. Das prächtige Wetter macht den 200m-Abschluss-Schneegrat kurz vor dem Biwak 2647m. zum Highlight. Darum lieben wir die Berge, ganz geil.

Das Biwak, erbaut 1970 von der SAC Sektion Engelberg, ist zwar anfangs Juni noch rundherum meterhoch eingeschneit, Vorgänger haben aber freundlicherweise die Eingangstür freigeschaufelt, was uns einen leichten Eintritt in die Stube ermöglicht, den Unbekannten sei gedankt. Nach der Ankunft zeigt sich, dass wir trotz unterdessen nur ein- oder zweimaligem Zusammentreffen pro Jahr noch immer ein eingespieltes Team von Kameraden sind. Die Aufgabenteilung ist klar. Gassmann macht Feuer und schmilzt Schnee. Büeler schneidet Salami, Bryner und Dünki Käse, Pastore filmt, Bryner 2 schaufelt das WC frei.

Wir geniessen die Sonnenstrahlen, heizen die Hütte ordentlich ein und schnurren wie immer den gleichen Blödsinn. Super. Draussen hören wir immer wieder, wie Eis und Fels vom Titlis hinunterkracht, beeindruckend. Während die Bergstiefel vor sich hindampfen und nebem dem Ofen trocknen, bereiten wir bald das traditionelle Abendessen zu, Landjäger mit Tomtanesauce und Hörnli (Artur Venzin – Style). Die Landjäger werden dafür klein geschnitten und angebraten, dann wird Tomatensauce dazugegeben. Hörnli aus Schneewasser schmecken auch immer immer wieder einzigartig. Dass beim Abschütten des Wassers ein paar Hörnli neben der Pfanne landen freut später die Bergdolen.

Nach dem Essen gönnen wir uns zwei oder drei oder wie viele es dann waren vom feinen, aber eiskalten Rioja aus dem hütteneigenen Weinkeller, so guet, wenn man den Spiritus für einmal nicht selber auf den Gipfel schleppen muss. Die CHF 25.- sind es allwewil wert. Zum Jass gibt’s dann auch traditionell wie immer einen feinen selbsgebrannten Quittenlikör, diesesmal aus der Casa Bryner im Aargau. Der Tee für den morgigen Tag wird gekocht und abgefüllt und im letzten Licht und stürmenden Wind prägen wir uns die ersten paar Meter des nächsten Morgens ein. Ein rauer, kalter Abend in einer Berghütte fernab der Zivilisation stillt die Sehnsucht nach Abenteuer!

Im Seidenschlafsack geschützt vor den kratzigen Wolldecken legen wir uns dann in die Horizontale und lachen uns gegenseitig mit dummem Geschätz in den Schlaf. Wie immer gibt es einen «Gfrörli», der das Gefühl hat, zuoberst im Kajüten-Bett sei es am angenehmsten zum Schlafen. Da der Holzofen aber vor dem Lichterlöschen wie immer noch einmal ordentlich eingefeuert wird und damit auch die Innentemperatur gen Sauna steigt, wird es im Mittel-Bettabteil nach kurzer Zeit etwas enger.

Mitten in der dunklen Nacht kleppert es mal so fest am einzigen Dreiecks-Fenster der Hütte, dass wir denken, den Wind reisst es nun gleich heraus. Wir vergewissern uns, dass das kleine Häkchen-Schloss festsitzt und schlafen weiter.  

Um 6.30 Uhr am nächsten Tag ist Tagwach, geplanter Abmarsch um 7 Uhr auf den Gipfel. Bis alle ihre siebenundzwanzig Sachen gepackt haben, dauert es immer etwas länger. Ob das bei einigen Taktik ist, noch etwas in der warmen Hütte zu bleiben? Da es nun über den Gletscher geht, montieren wir auch die Steigeisen an die Sohlen und in eine Hand kommt der Eispickel. Zuerst geht es ein paar Meter hinab ins Joch, danach steig es langsam und gemütlich hinauf.

Auf dem Gletscher liegt viel Schnee, nirgends lassen sich Spalten erkennen, das Gehen ist problemlos und kann genossen werden. Nach etwas mehr als einer Stunde sind wir auf dem Gipfel des Grassen 2945m. und stolz. Leider lässt sich die Aussicht nicht lange geniessen, vom Süden her bewegt sich eine Gewitterwolke genau in unsere Richtung. Wir schiessen ein Selfie, Klopfen ans Gipfelkreuz und gehen weiter.
 
Via Punkt 2862m. und 2836m. geht es in Richtung Stössensattel. Durch ein Coulour rechts vom Pkt. 2680m. steigen wir ab auf den Stössenfirn, etwas heikel ohne Seil, aber machbar. Beim flachen Stück des Gletschers seilen wir uns dann doch an und gehen in Dreier-Seilschaft zum Punkt 2472m. – Einstieg auf den Wanderweg zur Sustlihütte 2256m. Immer wieder regnet es leicht, wir beeilen uns und schaffen es gerade noch bis zur Hütte, wo wir uns ein Rivella, Bier und Cola gönnen. Der technisch schwierige Teil ist geschafft, nun noch bis zur Passstrasse und dann in den Bus hinunter nach Wassen. Wir entscheiden uns für den Wanderweg direkt unterhalb der Lastenseilbahn und sind im Nu bei der Passstrasse beim Sustenbrüggli 1908m.

Dumm nur, dass der Sustenpass verkehrstechnisch nicht der wichtigste ist, und er somit am 9. Juni noch gesperrt, da ungeräumt ist. Somit fährt auch kein Bus, weder von hier, noch von Färnigen noch von Meien. Na toll. 13 Kilometer und nochmals 1000 Höhenmeter als Zückerli zum Abschluss der Tour waren eigentlich nicht geplant, doch was bleibt uns anderes übrig. Wir gesellen uns zur Meienreuss und schlendern in konstantem Tempo talabwärts. Da wir auf dem Weg keine Beiz finden, können wir erst wieder in Wassen einkehren.

Dort fährt dann zum Glück ein Bus nach Erstfeld, wo wir uns verabschieden und uns die SBB wieder in die verschiedenen Landesteile verteilt.
 
Schön wars, auf ein Neues im 2020.
 

Tourengänger: rookie


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