Silvrettakamm Überschreitung Von der Kleinen Schattenspitze zur Fcla dal Cunfin
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Nach der Liegfeistgruppe im Juni und einigen Hochtouren im Wallis (u.a. Dent Blanche, Rimpfischhorn und meiner 2ten Besteigung des Matterhorns über den Hörnligrat) war mein Hunger nach "Überschreitungen" für diese Jahr noch nicht gestillt. Fündig wurde ich schließlich mit der großartigen Überschreitung des gesamten sog. Silvrettakamms, der vom Silvretta-Stausee über ein knappes Dutzend Gipfel bis fast zum Großen Piz Buin (G. Ochsenkopf) führt.
Einige Touren der Umgegend kannte ich bereits, so z.B. die herrliche Litzner-Seehorn-Überschreitung, das Hohe Rad oder den Großen Piz Buin von Süden ab Tuoi-Hütte. Bei jedem Besuch stach mir diese Kette ins Auge. Diese Überschreitung musste doch auch für einen Einzelgänger möglich sein! Sie stand schon ganz lange auf meiner Projektliste.
PLANUNG
Der nördliche Teil ist überwiegend felsig, wird so gut wie nie besucht. Der südliche weist tw. auch kombiniertes Gelände auf. Den Abstieg wollte ich dann ab der Fcla dal Cunfin hinüber zum damaligen Normalweg des Buin von Norden, also dem Wiesbadener Grätle und zur Wiesbadener Hütte nehmen - wegen Rückkehr zum AP Silvrettastausee gab es logistisch wenig Alternativen.
Eine wenn auch im Vergleich zur Gesamtlänge relativ kurze Begehung des obersten Ochsentaler Gletschers wie auch eine kurze Überquerung des Vermuntgletschers liessen sich bei meiner Planung kaum vermeiden. Ich ging davon aus, dass zu der etwas fortgeschritteneren Jahreszeit die Spalten offen und sichtbar sind, außerdem es genügend Spuren geben würde. So schätzte ich das Risiko der Gletscherbegehungen als Alleingänger als vertretbar ein. Würde das vor Ort ganz anders, die Gefahr objektiv zu groß sein, könnte ich ab Fcla dal Cunfin auch notfalls nach Süden absteigen.
Die heute üppig via Internet zu bekommenden Bilder, Einblicke und Details standen mir damals nicht zur Verfügung, so war ich auf mein Führerwerk und den Augenschein, bzw. meine "Spürnase" vor Ort angewiesen.
SCHWIERIGKEITEN
Über einige Abschnitte, z.b. den Nordostgrat des Klostertaler Egghorns, fand ich überhaupt keine Informationen, dem Anschein nach um III, wobei die optische Einschätzung im Urgestein eher schwierig ist, da selbst bei geneigteren Strukturen die Begehung sehr schwer sein kann. Auch an anderen Stellen gab es trotz ausgiebigem Führerstudium (AVF Silvretta) einige Unwägbarkeiten, was z.b die direkte Überkletterung der Schattenspitze angehen würde (IV oder IV+?) oder die Randklüfte am Vermuntgletscher.
Der Teil mit der Schneeglocke und dem Silvrettahorn wird öfters gemacht (s. Berichte) und dort waren die rein technischen Schwierigkeiten mit etwa I-II und WS angegeben, je nach Schneelage, Vereisungszustand und Konsequenz beim Einhalten der Grathöhe. Am "kleinen" Silvretta-Egghorn um II oder etwas schwerer (vgl. http://www.hikr.org/tour/post27122.html)
Man mag mir verzeihen, daß ich nicht für jeden der Gipfel genauere Angaben zum T-Schwierigkeitsgrad machen kann, dazu ist es einfach zu lange her und die T-Bewertung ist hier auch kaum mehr passend.
Gesamt würde ich die Route mit T6/T6+, III+, ZS+ bis S- bewerten
Nachdem ich am Vortag zum "Warmlaufen" auf den Hochmaderer stieg (I,T4) war es dann soweit!
ÜBERSCHREITUNG
In aller Herrgottsfrühe (4.30 Uhr) startete ich beim P am Madlener Haus, wanderte am See entlang zum Südende, folgte kurz dem Weg ins Klostertal, überquerte den Klosterbach und wandte mich dann weglos, aber zunächst unschwierig in ssö. Richtung dem ersten Gipfel, der kleinen Schattenspitze (2703) zu, die ich über die NW-Flanke erstieg. Die nächste Einsattelung ist der Egghörnersattel.
Nach Überschreitung der Kleinen Klostertaler Egghörner (2730, I-II und 2872, ca II+) zur n. Egghornscharte (2810) ging es an das "?" der Route, dem NO-Grat des Großen Klostertaler Egghorns (3120).
Einige der vielen Grattürme zu Beginn umging ich rechts (nördlich), den großen, den Grat sperrenden Block querte ich direkt unterhalb zur linken Kante und erkletterte diesen dann dort(III, III+). Der oberer Teil ist dann wieder etwas leichter, ich hielt mich fast immer direkt am Grat. Ab dem aussichtigen Gipfel hinab zur s. Egghornscharte (ca 3020)
Der Schattenkopf (3114) forderte ebenfalls kurzweilige Kletterei um III.
Nach der Schattenkopfscharte stand ich dann bald etwas unschlüssig vor der weiteren direkten Fortsetzung Richtung Schattenspitze (3202). Der Grat zackte mit vielen steilen glatten, teils überhängenden Türmen steil empor. Es gab keinen mir sofort offensichtlichen Anstieg. Ohne ordentliche Sicherung war mir das im Solo zu heikel und angesichts der Gesamtlänge der Route beschloss ich hier die rechte Flanke leicht absteigend zur Schattenlücke (ca 2970) zu queren (ca. II, WS), um von da deutlich leichter über die Südseite auf den Gipfel zu steigen.
Fortsetzung der Überschreitung nun öfters im Schnee und Eis. Die Nordseite der Scheeglocke (3223) ging es in hartem Firn hinauf (Kurz-Pickel, Steigeisen!), dann weiter dem Gratverlauf folgend über den Knoten (3190) zur Silvrettalücke (ca 3140).
[Anmerkung: Ab Knoten / Rotflühlücke ist auch ein Ab/Zustieg über den Klostertaler Gletscher westseitig möglich. Diesen kenne ich jedoch nicht.]
Die weiteren Gipfel waren das Silvrettahorn (3244, II-) zur s. Egghornlücke, P.3082 zur n. Lücke (ca 3047), das Silvretta-Egghorn (3147, II/II+) und das Signalhorn (3210, II), um schließlich zur Fcla dal Cunfin (3056) abzusteigen, wobei sich Firnpassagen und Felspassagen abwechselten. Der Schnee war zusehends aufgeweicht, ich war auch müde, aber das Wetter war nachwievor gut.
ABSTIEG
Wie nun weiter? Die Sicht war gut, die Firnauflage eher gering, der Weiterweg für mich deshalb klar.
Ich traversierte den obersten Ochsentaler Gletscher unter dem kleinen Buin durch auf ca 3000m hinüber zur Trasse, die von der Buinlücke herunterkam und folgte dem "Weg" zum Wiesbadener Grätle. Die O-Flanke hinab zum Vermuntgletscher war steinschlägig, steil, der Untergrund tw. vereist und wirklich unschön. Da ich zur späteren Stunde alleine unterwegs war, musste ich mir zumindest über die auch damals schon angemerkte Steinschlaggefahr keine Sorgen machen, war aber nach der langen Tour bisher schon etwas angesäuert.
Den Bergschrund am Vermuntgletscher konnte ich überspringen, einige offene Spalten entlang führten mich bald zum etwas flacheren Gletscher, der völlig blank war. Dann endlich wieder Schutt. Gegen 20.30 Uhr erreichte ich ziemlich abgekämpft, aber glücklich die Wiesbadener Hütte, fast befremdet von den Menschen und der "Rückkehr in die Zivilisation". Ich konsumierte deshalb nur kurz eine Kleinigkeit und entschloss mich, noch bis zum AP am Silvrettastausee/Madlenerhaus abzusteigen, den ich gegen 23 Uhr errreichte.
Fazit: Sehr lange Tour in Fels und Schnee für versierte gewandte, konditionsstarke, klettererfahrene Bergsteiger. Für Soloisten nur bedingt geeignet, da in dieser Kombi stellenweise Gletscherüberquerungen stattfinden. Steigeisen/Pickel unerlässlich. Die Routenfindung dagegen ist relativ einfach.
ACHTUNG! Beachtet die klimabedingten Veränderungen; der ca. bis zum Jahr 2000 übliche Weg über das Wiesbadener Grätle zum oder vom Buin ist wegen Steinschlaggefahr nicht mehr zu empfehlen! (vgl.: http://martin-outdoor.de/2016/08/auf-dem-neuen-normalweg-zum-piz-buin/)
Leider habe ich keine eigenen Fotos von der Tour
SYMBOLBILDER
Bestes Bild: http://f.hikr.org/files/1794572.jpg
weitere Ansichten:
http://f.hikr.org/files/2185060k.jpg von Norden
http://f.hikr.org/files/2890294l.jpg und http://f.hikr.org/files/1930471l.jpg von Westen
http://f.hikr.org/files/2678469l.jpg und http://f.hikr.org/files/1794586l.jpg von Osten
http://f.hikr.org/files/1591969.jpg n. Teil von ONO
http://f.hikr.org/files/1817095l.jpg von Südosten
Einige Touren der Umgegend kannte ich bereits, so z.B. die herrliche Litzner-Seehorn-Überschreitung, das Hohe Rad oder den Großen Piz Buin von Süden ab Tuoi-Hütte. Bei jedem Besuch stach mir diese Kette ins Auge. Diese Überschreitung musste doch auch für einen Einzelgänger möglich sein! Sie stand schon ganz lange auf meiner Projektliste.
PLANUNG
Der nördliche Teil ist überwiegend felsig, wird so gut wie nie besucht. Der südliche weist tw. auch kombiniertes Gelände auf. Den Abstieg wollte ich dann ab der Fcla dal Cunfin hinüber zum damaligen Normalweg des Buin von Norden, also dem Wiesbadener Grätle und zur Wiesbadener Hütte nehmen - wegen Rückkehr zum AP Silvrettastausee gab es logistisch wenig Alternativen.
Eine wenn auch im Vergleich zur Gesamtlänge relativ kurze Begehung des obersten Ochsentaler Gletschers wie auch eine kurze Überquerung des Vermuntgletschers liessen sich bei meiner Planung kaum vermeiden. Ich ging davon aus, dass zu der etwas fortgeschritteneren Jahreszeit die Spalten offen und sichtbar sind, außerdem es genügend Spuren geben würde. So schätzte ich das Risiko der Gletscherbegehungen als Alleingänger als vertretbar ein. Würde das vor Ort ganz anders, die Gefahr objektiv zu groß sein, könnte ich ab Fcla dal Cunfin auch notfalls nach Süden absteigen.
Die heute üppig via Internet zu bekommenden Bilder, Einblicke und Details standen mir damals nicht zur Verfügung, so war ich auf mein Führerwerk und den Augenschein, bzw. meine "Spürnase" vor Ort angewiesen.
SCHWIERIGKEITEN
Über einige Abschnitte, z.b. den Nordostgrat des Klostertaler Egghorns, fand ich überhaupt keine Informationen, dem Anschein nach um III, wobei die optische Einschätzung im Urgestein eher schwierig ist, da selbst bei geneigteren Strukturen die Begehung sehr schwer sein kann. Auch an anderen Stellen gab es trotz ausgiebigem Führerstudium (AVF Silvretta) einige Unwägbarkeiten, was z.b die direkte Überkletterung der Schattenspitze angehen würde (IV oder IV+?) oder die Randklüfte am Vermuntgletscher.
Der Teil mit der Schneeglocke und dem Silvrettahorn wird öfters gemacht (s. Berichte) und dort waren die rein technischen Schwierigkeiten mit etwa I-II und WS angegeben, je nach Schneelage, Vereisungszustand und Konsequenz beim Einhalten der Grathöhe. Am "kleinen" Silvretta-Egghorn um II oder etwas schwerer (vgl. http://www.hikr.org/tour/post27122.html)
Man mag mir verzeihen, daß ich nicht für jeden der Gipfel genauere Angaben zum T-Schwierigkeitsgrad machen kann, dazu ist es einfach zu lange her und die T-Bewertung ist hier auch kaum mehr passend.
Gesamt würde ich die Route mit T6/T6+, III+, ZS+ bis S- bewerten
Nachdem ich am Vortag zum "Warmlaufen" auf den Hochmaderer stieg (I,T4) war es dann soweit!
ÜBERSCHREITUNG
In aller Herrgottsfrühe (4.30 Uhr) startete ich beim P am Madlener Haus, wanderte am See entlang zum Südende, folgte kurz dem Weg ins Klostertal, überquerte den Klosterbach und wandte mich dann weglos, aber zunächst unschwierig in ssö. Richtung dem ersten Gipfel, der kleinen Schattenspitze (2703) zu, die ich über die NW-Flanke erstieg. Die nächste Einsattelung ist der Egghörnersattel.
Nach Überschreitung der Kleinen Klostertaler Egghörner (2730, I-II und 2872, ca II+) zur n. Egghornscharte (2810) ging es an das "?" der Route, dem NO-Grat des Großen Klostertaler Egghorns (3120).
Einige der vielen Grattürme zu Beginn umging ich rechts (nördlich), den großen, den Grat sperrenden Block querte ich direkt unterhalb zur linken Kante und erkletterte diesen dann dort(III, III+). Der oberer Teil ist dann wieder etwas leichter, ich hielt mich fast immer direkt am Grat. Ab dem aussichtigen Gipfel hinab zur s. Egghornscharte (ca 3020)
Der Schattenkopf (3114) forderte ebenfalls kurzweilige Kletterei um III.
Nach der Schattenkopfscharte stand ich dann bald etwas unschlüssig vor der weiteren direkten Fortsetzung Richtung Schattenspitze (3202). Der Grat zackte mit vielen steilen glatten, teils überhängenden Türmen steil empor. Es gab keinen mir sofort offensichtlichen Anstieg. Ohne ordentliche Sicherung war mir das im Solo zu heikel und angesichts der Gesamtlänge der Route beschloss ich hier die rechte Flanke leicht absteigend zur Schattenlücke (ca 2970) zu queren (ca. II, WS), um von da deutlich leichter über die Südseite auf den Gipfel zu steigen.
Fortsetzung der Überschreitung nun öfters im Schnee und Eis. Die Nordseite der Scheeglocke (3223) ging es in hartem Firn hinauf (Kurz-Pickel, Steigeisen!), dann weiter dem Gratverlauf folgend über den Knoten (3190) zur Silvrettalücke (ca 3140).
[Anmerkung: Ab Knoten / Rotflühlücke ist auch ein Ab/Zustieg über den Klostertaler Gletscher westseitig möglich. Diesen kenne ich jedoch nicht.]
Die weiteren Gipfel waren das Silvrettahorn (3244, II-) zur s. Egghornlücke, P.3082 zur n. Lücke (ca 3047), das Silvretta-Egghorn (3147, II/II+) und das Signalhorn (3210, II), um schließlich zur Fcla dal Cunfin (3056) abzusteigen, wobei sich Firnpassagen und Felspassagen abwechselten. Der Schnee war zusehends aufgeweicht, ich war auch müde, aber das Wetter war nachwievor gut.
ABSTIEG
Wie nun weiter? Die Sicht war gut, die Firnauflage eher gering, der Weiterweg für mich deshalb klar.
Ich traversierte den obersten Ochsentaler Gletscher unter dem kleinen Buin durch auf ca 3000m hinüber zur Trasse, die von der Buinlücke herunterkam und folgte dem "Weg" zum Wiesbadener Grätle. Die O-Flanke hinab zum Vermuntgletscher war steinschlägig, steil, der Untergrund tw. vereist und wirklich unschön. Da ich zur späteren Stunde alleine unterwegs war, musste ich mir zumindest über die auch damals schon angemerkte Steinschlaggefahr keine Sorgen machen, war aber nach der langen Tour bisher schon etwas angesäuert.
Den Bergschrund am Vermuntgletscher konnte ich überspringen, einige offene Spalten entlang führten mich bald zum etwas flacheren Gletscher, der völlig blank war. Dann endlich wieder Schutt. Gegen 20.30 Uhr erreichte ich ziemlich abgekämpft, aber glücklich die Wiesbadener Hütte, fast befremdet von den Menschen und der "Rückkehr in die Zivilisation". Ich konsumierte deshalb nur kurz eine Kleinigkeit und entschloss mich, noch bis zum AP am Silvrettastausee/Madlenerhaus abzusteigen, den ich gegen 23 Uhr errreichte.
Fazit: Sehr lange Tour in Fels und Schnee für versierte gewandte, konditionsstarke, klettererfahrene Bergsteiger. Für Soloisten nur bedingt geeignet, da in dieser Kombi stellenweise Gletscherüberquerungen stattfinden. Steigeisen/Pickel unerlässlich. Die Routenfindung dagegen ist relativ einfach.
ACHTUNG! Beachtet die klimabedingten Veränderungen; der ca. bis zum Jahr 2000 übliche Weg über das Wiesbadener Grätle zum oder vom Buin ist wegen Steinschlaggefahr nicht mehr zu empfehlen! (vgl.: http://martin-outdoor.de/2016/08/auf-dem-neuen-normalweg-zum-piz-buin/)
Leider habe ich keine eigenen Fotos von der Tour
SYMBOLBILDER
Bestes Bild: http://f.hikr.org/files/1794572.jpg
weitere Ansichten:
http://f.hikr.org/files/2185060k.jpg von Norden
http://f.hikr.org/files/2890294l.jpg und http://f.hikr.org/files/1930471l.jpg von Westen
http://f.hikr.org/files/2678469l.jpg und http://f.hikr.org/files/1794586l.jpg von Osten
http://f.hikr.org/files/1591969.jpg n. Teil von ONO
http://f.hikr.org/files/1817095l.jpg von Südosten
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Nyn
Communities: Alleingänge/Solo
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