Alu Malus Personalunterkunft Salutogenese


Publiziert von Henrik , 29. Juli 2018 um 14:35.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:19 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI 
Zeitbedarf: 1:30
Strecke: Talus Kalus
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV
Kartennummer:Terrasse in Airolo Hotel des Alpes

... die Eisenbahn-Schweiz eine Baustelle! So schreibt die SBB auf einer ihrer entsprechenden Seite: Die SBB unterhält eines der meist befahrenen Bahnnetze der Welt. Was so intensiv genutzt wird, muss auch gepflegt werden. Deshalb gilt es, auch aufgrund der Wärme, sprich Hitze, abzuwägen, wohin ein nicht hitzefester Schreiberling seinen Kopf und seinen Körper einigermaßen moderat dem Wettergeschehen aussetzt. Das ist in diesen Tagen erstaunlicherweise das Tessin. Und zwar auch wegen der Höhe über Meer. Daher verpflege ich mich zuerst im Restaurant Hotel-des-Alpes auf deren Terrasse – mit metallenem Tisch und den Monobloc-Stühlen, den Allerwelts-Stühlen, die das Sitzen einen zwar gut ermöglichen, teilweise sogar bequem sind, aber sobald eine Kante das eine Stuhlbein verkantet, es einen ggf. aus der Balance bringt. Ich sitze im Schatten. Und trinke keinen Wein, der bei diesen Temperaturen mir sogleich in die Birne steigt. Oft bestelle ich einen Tee und kippe einen mitgebrachten Bouillonwürfel statt des Teebeutels in die Tasse. So komme ich zu meinem Salz... und beuge vor!
 
... aus dem Rucksack, keine Plastiktasche wie fast ein Jahrzehnt lang, klaube ich den Tagi hervor und lasse nach der Lektüre das Kryzi folgen. Das des Tagi mag ich ganz besonders. Unlängst kam mir eines aus dem 2007 in die Finger, aus einem beiseite gestellten Rucksack zuhause, und entdeckte die Unterschiede – damals war es ein leichter lösbares als heute, aber vielleicht bin ich ja dümmer geworden...
 
... beinahe verpasse ich den RE: nur eine Station weiter – Ambri-Piotta. Wem ist es aufgefallen? Die malen und streichen, schlagen und kleben, drücken und formen, sperren ab und öffnen andere Zugänge. Bis zur Eröffnung der NEAT hielt hier während Jahrzehnten kein Zug. Wie alle andern Haltestellen bis Biasca – das führte zur Vernachlässigung einerseits und andererseits zur Rotfärbung der schienennahen Umgebung. Die ist in Rodi ausgeprägt zu sehen. Seit hier der RE hält, wie auch in Lavorgo, Bodio und im völlig umgebauten Castione-Arbedo, erfahren  die Haltestellen punktuell eine wirklich sichtbare Erneuerung.  Einst schrieb das St. Galler-Tagblatt über Ambri folgendes – 2010: Waren Sie schon einmal in Ambri? Ambri hat einen Bahnhof, an dem nie ein Zug hält. Ambri hat etwa 500 Einwohner, dazu kommen ein paar Hundertschaften vom daneben gelegenen Piotta, was dem Verein Hockeyclub Ambri-Piotta den Namen gibt. Ambri hat einen Bahnhof, der in blau-weissen Clubfarben bemalt ist und als Geschäftsstelle des Vereins dient. Und seit der RE hier hält, auch einen kleinen, geöffneten Kiosk mit eine paar Monoblocs davor. Ich packe um und aus und ab und hänge mir die Kamera um den Hals. Und möchte auf die andere Seite des Geleises – das geht aber nicht, obwohl eine Unterführung besteht. Nebst den beschriebenen Aktivitäten – also das/dem Tun, das Handeln - kommt das „Umwegen“ dazu. Zuerst entlang der Kantonsstrasse, auf dem Verkehr wahrzunehmen ist – weniger erheiternd ist die Tatsache, dass die strassenseitig ausgerichteten Gasthäuser fast alle geschlossen sind (...). Wie sieht wohl die Leventina in 15 Jahren aus, wenn die zweite Röhre dann Wirklichkeit ist? Es hat ja auch noch in dieser Ebene einen ausrangierten Flugplatz, der als Übungsplatz für vers. Veranstaltungen taugt und an dessen Rand sich die Röhrenbauer eingemietet haben: Kies und mehr!

... zuerst aber Asphalt, ohne Cowboy!  Eine Unterführung, die Bahn. Dann ein paar Häuser, zuerst orografisch links des Riale Secco, dann rechts bis zum Dorfrand mit der Bushaltestelle Ambri Sotto. Durch einen Hinterhof (was mich enorm inspiriert, fotografisch, hier noch nicht erkennbar, kommt noch). Die wenigen Meter, die ich auf der Strasse verbringe, führen zum Laghetto Audan. Das gleichnamige Grotto ist mitten am Nachmittag voll belegt – das liegt an der Lage, dem Zugang per Auto und sicher an der naturnahen Umgebung mit den beiden Fischteichen, an denen man angeln kann.  Hier setze ich mich hin und lausche, schreibe, lege fest und ab, packe ein und um. Ein paar Windstösse im Norden fordern eine Einschätzung heraus, dunkelgraue Wolken türmen sich gegen den Gotthard hin. Das könnte Regen bedeuten.
 
... erneut bin ich auf Asphalt unterwegs, unter der Eisenbahn (Tre Cappelle)  hindurch, die Kantonsstrasse queren und dann dem Geleise geplant folgen bis Rodi. Es sind ja keine Distanzen, darum geht es mir auch nicht. Es sind die Beobachtungen, was treffe ich an, beschreiben zu dürfen. Zuletzt sind wir hier durchgekommen im April – am Wegesrand fanden wir Hinweisschilder, die vor Lawinen warnten. Die stehen auch sommers da. Ich hätte aufgrund der damaligen Zugänglichkeit eigentlich erwartet, dass der Weg (kein WW) gemäht wird: das Dickicht war vollständig. Wenn ich von mannshoch schreibe, gehe ich von mir aus: meinen 200 cm. Kein Durchkommen und vor allem, Kletten und Dornen – nein, hier wollte ich nicht „kämpfen“.
 
... beim Rückzug fielen sie mir auf: ein halbes Dutzend Aludosen im Gras und am Bahnbord, zerbrochene Glasflaschen, Tetrapacks wie geschreddert und PET-Flaschen, Plastikbahnen von gepressten Heuballen, Papierschnipsel und Asphaltreste – mein Weg führte unter der Bahn hindurch, zur Kantonsstrasse, auf der Höhe der IDA. Und dann ein Knall. Ich fuhr zusammen. Und blickte nach oben. Sie waren dunkelgrau. Und an ihren Rändern wie Scherenschnitte plastisch geformt – die Wolken. Ich war so mit dem Abfall, den ich angetroffen hatte, beschäftigt, irritiert, wie verletzt und auch wütend, dass ich nicht gewahrte, dass sich über mir was zusammenbraute – eilenden Schrittes folgte ich der Kantonsstrasse, und wusste, bei der Bivio, Varenzo gibt es eine Bushaltestelle, mit Wartehäuschen. Die bei einem Regenguss nur bedingt schützte. Das Grollen nahm zu, die Tropfen auch, insbesondere deren Grösse und dann fing es an zu schütten. Kurz nach 16 Uhr fuhr der Postbus vor – ich stieg ein, letztlich störte der Regen gar nicht so, im Gegensatz zum Schaden, den Kreise aus UNSERER Gesellschaft draussen hinterlassen. Ein Mü zum Allgemeinen. Ich denke an den Boden, denke an die Tiere, an die Luft (die jetzt eine Kühlung erfuhr), denke an die möglichen Verletzungen von Lebewesen, nein, keine moralische Keule!
 
... in Lavorgo setzte ich mich bei Defanti auf die Gartenterrasse unter die Platanen. Und bestellte einen Merlot Bianci. Die Welt ist so schnell in geglaubter Ordnung. Der Regen, kein Thema. Der Wein, ein Genuss.
 
 

Tourengänger: Henrik
Communities: Touren und Tafeln


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