Kanisfluh-Ostschulter und Holenke
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Leider ist das Alles schon etwas her und ein gemütlicher Gang auf die Holenke ist leider auch nicht annähernd mit einer Überschreitung des gesamten Berges zu vergleichen, die ich mir diesmal vorgenommen hatte.
Zwar bereiten einen so ausführliche Berichte auf Hikr - wie die von paul_sch, Nik Brückner und ali, vielen Dank! - schon vor, was die reine Streckenkenntnis angeht. Auch lassen sich dank des Internets heutzutage innerhalb von Sekunden mehr als genug Infos wie Bilder der Strecke, Informationen, Höhenmeter, Gesteinsarten usw. ohne große Probleme rausfinden.
Jedoch ist der Grat zwischen einer ausführlichen Vorbereitung und einem vermeintlichen Sicherheitsgefühl ein sehr schmaler. So kann eine sehr intensive Recherche zu Teilaspekten bzw. eher nebensächlichen Zahlen und Daten sicher förderlich sein, einem jedoch auch ein wenig den Blick auf Aspekte versperren, die einige Wochen vor der Tour vermeintlich nicht ganz so dominant wirken.
Aufgrund einer unspektakulären Hinfahrt habe ich bereits am ersten Abend meines Österreich-Aufenthaltes das erste Teilstück der Strecke (von der oft beschriebenen Brücke in Richtung Au zum oberen Rand des Ahornenvorsäß) ein bisschen bewandert. Leider verhinderte die fortgeschrittene Uhrzeit ein weiteres Erkunden der Strecke.
Am nächsten Tag bin ich dann gegen 4 Uhr aufgestanden und habe mich gegen 5 Uhr auf den Weg zum Startpunkt der Überschreitung gemacht. Das erste Stück, das ich bereits am Vortag gegangen war, brachte ich recht zügig hinter mich. Das Gefälle auf den unteren Metern sollte man aber nicht unterschätzen und so war ich schon kurz nach dem Verlassen des ausgezeichneten Wanderweges recht verschwitzt. Am oberen Rand des Ahornenvorsäß verließ ich, nach einem kurzen Blick zurück, den Wanderweg in Richtung Waldrand.
Der Wetterbericht sagte im Vorherein zunächst leichten Regen und ab 13 Uhr Gewitter an; in Erwartung dessen war ich auch so früh wie möglich gestartet, komplett langärmlig gekleidet und hatte lediglich einen kleinen Wasservorrat und eine kleine Brotzeit bei mir. Die Sonne aber hatte leider etwas Anders geplant und beglückte mich mit zunehmender Zeit mit knackigen 25 Grad und wolkenlosem Sonnenschein.
Ich befand mich zu dieser Zeit innerhalb des Waldes, welcher sich unmittelbar an der Ostkante der Kanisfluh befindet. Durch halbwegs dichtes Gestrüpp ging es vorbei an hier auf der Plattform schonmal beschriebenen, recht sorglos abgelegten Wellblech-Stücken und auf dem steilen Gelände in Richtung oberer Waldrand.
Nach dem Verlassen des Waldstücks bemerkte ich zunächst einmal, nach einem kurzen Blick in Richtung Ostschulter, dass ich im Wald wohl etwas weit nach links gedriftet war. Um zur Kante zu gelangen wollte ich daher, über die jetzt unbewaldeten und recht steilen Schrofen, leicht nach Rechts in Richtung der obersten Bäume des Waldes queren. Leider blieb mir nun der angenehme Schatten der Bäume vorenthalten und die Sonne knallte dann doch schon recht unangenehm auf meine schwarze Kleidung.
Kurz gesagt wurde ich gebacken, weshalb mein recht übersichtlicher Wasservorrat bereits beim Erreichen dieses oberen rechten Waldrandes komplett aufgebraucht und ich bereits recht angestrengt war. Ein Fortsetzen der Überschreitung schien mir nicht sonderlich klug; zumal es zumindest bis zur Edelweißhütte wohl keine Möglichkeit geben würde, das Wasser aufzufüllen.
Hab deshalb ganz oben kurz unterhalb der Jägerhütte zwischen ein paar Bäumen mein Lager aufgeschlagen und mich ehrlicherweise ein wenig dumm gefühlt. Wochenlang schaut man sich jedes Foto, jedes Video und jede Streckenbeschreibung des Grates an, aber kommt nicht auf die Idee, das konditionell bereits der Weg auf den Grat eine arge Herausforderung für einen Schönwetter-Wanderer (wie mich zu dieser Zeit) darstellt und der Wetterbericht vielleicht auch nicht so mitspielt, wie man das geplant hat. Vor allem im Nachhinein kommt mir das ganze Vorhaben, gemessen an meinen damaligen Erfahrungen, recht naiv vor. Zumindest hab ich das aber früh genug erkannt, so dass ich mich dem Berg hier vorerst geschlagen geben und mich zurückziehen konnte.
Wo sich dann der nächste übersehene Aspekt bemerkbar machte: Ich hatte keine Sekunde lang damit gerechnet, dass ich bereits an diesem Punkt umdrehen müsste. Daher hatte ich auch nicht damit geplant, dass ein Abstieg über die sehr steilen, mit Gras und großen Steinen durchsetzten Schrofen nötig werden würde. Schließlich hatte ich geplant, den Abstieg auf dem ausgezeichneten Wanderweg unterhalb der Holenke zu beschreiten.
Hinauf zur Ostschulter hatte man wenigstens noch die Möglichkeit, sich mit seinem Pickel und seinen Händen zu behelfen. Auf dem Rückweg jedoch kann man nicht durchgehend mit dem Gesicht zum Untergrund klettern, zumindest habe ich mir das zu diesem Zeitpunkt nicht zugetraut, daher schied ein übermäßíges Benutzen des Pickels (und auch aufgrund der Verletzungsgefahr im Falle eines Sturzes) für den Abstieg aus. Auch die Perspektive änderte sich nun doch recht stark; oberhalb einer Steilstufe lässt sich eine Solche nicht so leicht erkennen, als wenn man darunter steht.
Auch meine Wanderstecken waren jetzt nurnoch wenig hilfreich, jedoch wirkten Sie in dieser Situation wenigstens noch hilfreicher als der kurze Pickel (55cm). Aufgrund ihrer verstellbaren Länge und der Möglichkeit, sich mit Ihnen nach vorne hin abzustützen, nutzte ich deshalb einen von Beiden für den Abstieg. Trotzdem war ich nur unzureichend auf diese Situation vorbereitet. Blieb mir zuvor wenigstens das Gefühl, eine halbwegs intelligente Entscheidung getroffen zu haben, wich auch dieses Gefühl nun der Erkenntnis, etwas übersehen zu haben und leichtfertig mehr abgebissen zu haben, als man wirklich kauen kann.
Aufgrund der Weglosigkeit und des lockeren Bewuchses der Steine hab ich mich zwischenzeitlich dann recht schwer getan und bin oft mit den Füßen oder mit der Spitze des Steckens weggerutscht. War alles in allem sehr unangenehm und auch der Teleskopstecken war keine große Hilfe.
Gerade aufgrund der intensiven und beinahe sicher geglaubten Vorbereitung auf diese Tour wirkte dieser unerwartete Kontrast auf mich in diesem Moment im negativen Sinne beeindruckend.
Im mehrfachen Sinne beeindruckt von diesen unerwarteten Problemen und meiner eigenen Naivität gab ich mich der Kanisfluh-Überschreitung vorerst geschlagen. Aufgrund meiner begrenzten Zeit entschied ich mich gegen einen zweiten Anlauf; wollte jedoch zumindest am nächsten Tag die Holenke besuchen.
Der wirklich sehr schöne Wanderweg führte mich übers Feuersteinvorsäß vorbei an der Edelweißhütte, hinauf zum Hählesattel und letztendlich zum Gipfel der Holenke. Die tolle Landschaft des Bregenzerwaldes hatte mich daraufhin schon fast wieder so ein wenig mit der gescheiterten Tour am Vortage versöhnt; da schenkte mir der Berg unverhoffterweise noch eine sehr intime Begegnung mit einem recht eindrucksvollen Steinbock auf dem wolkenverhangenen Hauptgipfel der Kanisfluh. Beim Anblick des recht ansehnlichen Geweihs dieses Prachtexemplars stellte ich ein weiteres Mal in meinem Leben fest, dass ich wohl eher so der Katzentyp bin und zog einen großzügigen Bogen um meinen neuen Freund. Leider blieb mir aber ein Blick auf den Bodensee oder den Hohen Stoß verborgen, man konnte keine zehn Meter weit sehen; sorgte das Wetter jedoch für einen der seltenen einsamen Gipfelaufenthalte auf der Holenke.
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Hatte es ja jetzt schon oft genug erwähnt: Im Nachhinein kommt mir das Ganze ziemlich albern und leichtsinnig vor. Ambition ist die eine, Erfahrung eine gänzlich andere Sache. Zwar war die kleine Tour auf die Holenke ganz schön und meine Begegnung im dichten Nebel mit dem Steinbock schon was Besonderes, trotzdem überwiegt jedoch das Gefühl, es zu ambitioniert und naiv angegangen zu sein. Selbst, wenn das Wetter mitgespielt hätte und mein Wasservorrat großzügiger gefüllt gewesen wäre hätte ich wahrscheinlich spätestens bei den zwei anspruchsvolleren Kletterstellen der Überschreitung meine Probleme bekommen. Hab deshalb auch oft darüber nachgedacht, diesen Bericht hier überhaupt nicht zu schreiben oder ihn im Nachhein doch wieder zu löschen. Find es andererseits aber auch wichtig, Fehler zuzugeben und anderen angehenden, aber noch nicht so erfahrenen Bergwanderern, die sich auf so eine Tour vorbereiten wollen, eine Art Geschmäckle zu geben, dass die Schwierigkeitsgrade, die für so eine Überschreitung angegeben sind, schon ihre Berechtigung haben und das solche Touren auch nur bis zu einem gewissen Grad planbar sind.
Für mich persönlich war das alles, um vllt auch mal was Positives zu schreiben, trotzdem eine wertvolle Erfahrung - vor allem, um einschätzen zu können, wo man selbst von seinen Fähigkeiten her steht und was noch zu tun ist, um diese Überschreitung irgendwann doch noch anzugehen. Des nächste Mal dann hoffentlich erfahrener, konditionell stärker und vielleicht auch nicht alleine. Bis bald!

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