Der Schnurschrofen fristet ein tristes und einsames Dasein als wie nach oben mit der Schnur gezogen abgeflachter, breiter Gebirgsstock vor der Tannheimer Top- und auch Mode-Skitour, dem Gaishorn. Weite Teile des Anstiegs sind mit dem dortigen Weg identisch, weshalb man sich bei guten Verhältnissen und schönem Wetter - hiervon hatten wir - sicher sein kann, nicht allein unterwegs zu sein. Jedenfalls bis zum Abzweig vom Weg zum Gaishorn. Was die Schönheit der Berggestalt vermissen lässt, macht die rassige Nordflanken-Abfahrt locker wett: 500 Höhenmeter (kurz) extrem steiles bis steiles offenes Gelände! Trotz dieser Top-Abfahrt ein eher außergewöhnliches Ziel im nicht an guten Wintertouren armen Tannheimer Tal.
Wir staunten nicht schlecht als der Parkplatz Tannheim West gegen 9 Uhr schon gut gefüllt war. Gefühlte Hunderschaften machten sich auf den Weg zum Gaishorn. Wir reihten uns ein, wurden von den Sprintern überholt und überholten die ganz Gemütlichen. Trotz des Andrangs allseits gute Stimmung, was angesichts des Wetters und Neuschnees nicht verwunderte. Bis zum Älpele folgt man entweder dem Sommerweg oder der Forststraße, derzeit gut gespurt und bestens eingeschneit. Bereits vor dem Älpele geht's steil linkshaltend hoch und um die steilen Ausläufer des Schnurschrofens herum quert man ins Kar unter dem Gaishorn - die Perlenkette spurte während dessen schon den steilen Nordhang zum Gaiseck hoch. Bevor dorthin gequert wird, verließen wir in einer nach links offenen Mulde die ausgetretenen Pfade und spurten in sanfter Steigung in den Sattel zwischen Schnurschrofen und Gaishorn und von dort in noch sanfterer Steigung zum unscheinbaren Gipfel. Einige folgten uns tatsächlich, hoffentlich nicht aufgrund eines Irrtums über den Berg zu dem wir wollten...
Was der Anstieg an Sanftheit und Betriebsamkeit bot, vermochte die Nordflankenabfahrt an Gegenteiligem aufzubieten: Rassig-steil und einsam. Vom Gipfel fährt man einige Meter am Grat in Richtung Osten ab. In einer wenig einprägsamen Scharte geht es dann hinab in die Nordflanke und nach dem sanften Anstieg ist man schon erstmal erstaunt, dass es (nach Wegbuddeln der kleinen Wächte) sicher klar über 45° steil die ersten 50 Meter hinab geht (in schneearmen Wintern hilft wohl ein Fixseil die Stufe hinunter vom Grat zu überwinden) und darunter auch noch einige kleine Abbrüche gibt. Nachdem dies bei nicht ganz angenehmen Bedingungen (ruppiger Harschdeckel und geringe ungleichmäßige Neuschnee-Auflage) geschafft war, querten wir nach rechts (links ginge auch, nur direkt gerade runter wird es nochmals Richtung deutlich steiler mit einigen Felsen - was auch die Einfahrt oben etwas unangenehm macht) und ab ging bei Presspulverbedingungen die wilde Fahrt ca. 300 Höhenmeter durch den riesigen Steilhang (zwischen 35 und 40° und dann flacher werdend) bis zur Waldgrenze. Dass Vorsicht in diesem Gelände notwendig ist, zeigte ein kleines von uns ausgelöster Rutsch (Breite klar unter 10 Meter bei sehr geringer Anrisshöhe), der sich in diesem steilen Gelände sehr lang ausdehnte - Profis würden wohl sagen "Sluff".
Ab der Waldgrenze ist das Gelände kupierter, aber immer noch steil. Dank fehlendem Windeinfluss hier Pulver pur bis hinab zum Forstweg, den man auf ca. 1400m wieder erreicht. Und nachdem wir mit die ersten des Tages in der Abfahrt waren, am Gaishorn musste man ja Nummern ziehen, gabs sogar auf dem Forstweg noch einige tolle Pulverschwünge zu genießen.
Schwierigkeit:
Anstieg: WS
Abfahrt: S- : finde die Bewertung schwierig: die Einfahrt ist wirklich extrem steil und die ersten 50 Meter sind etwas ausgesetzt und sehr breit ist es auch nicht, danach ist es "nur" noch steiles Skigelände zwischen 35° und 40°. Insgesamt vergleichbar mit der Gaishorn Nordrinne.
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