Zugspitze über Riffelwandkamm


Publiziert von frehel , 6. Juli 2017 um 09:54.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Wetterstein-Gebirge
Tour Datum: 4 Juli 2017
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit der Zugspitzbahn zur Haltestelle Riffelriss
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Seilbahn Zugspitze

Als "zuagroaster Breiss" muss man in Bayern natürlich einmal auf die Zugspitze wandern. Deswegen hatte ich mir die Zugspitze jetzt schon lange vorgenommen, aber ausgegangen war es sich bis jetzt nie. Als seilfrei machbare Alternative zu den überlaufenen Anstiegen fällt schnell der Riffelwandkamm in den Blick. Immerhin handelt es sich um den ersten Zugspitzgrat, der erwandert wurde (1886 von Resch und Sam); damals mit Nagelschuhen zählte das sicherlich zu den anspruchsvollsten Gratüberschreitungen überhaupt (für eine sehr lebendige Schilderung der Erstbegehung des Riffelwandkamms siehe das Buch von T. Hiebeler "Zugspitze - von der Erstbesteigung bis heute"). Obwohl der Riffelwandkamm nicht besonders lang und landschaftlich grandios ist, wird er auf Grund seines sehr alpinen Ambientes nur selten begangen. Im Gipfelbuch der Großen Riffelwandspitze hat es vielleicht fünf Eintragungen in den letzten zwanzig Jahren, davon alleine zwei vom Garmischer ReinerD und Gefährten. Da die Beschreibung im AV-Führer für den Übergang von der Kleinen zur Großen Riffelwandspitze nicht komplett präzise ist, gebe ich im Folgenden einige Details, die mir für die nicht immer leichte Wegfindung wichtig erscheinen.

Als Genusswanderer nimmt man die Zugspitzbahn bis zur Haltestelle Riffelriss. Auf dem Wanderweg startet man zur Riffelscharte und nun weglos über den begrünten Riffeltorkopf bis man zum unteren Geröllfeld der Kleinen Riffelwandspitze kommt. Über dieses links haltend mühsam aufwärts (Wanderstecken wären hier nicht verkehrt gewesen) bis sich rechts ein steiler Schrofenhang auftut. Über ein kurzes Band nach rechts auf ihn und direkt hoch zum oberen Geröllfeld, das schließlich eben nach rechts gequert wird zur Rinne (I+), die auf den oberen Gipfelhang führt. Über ihn in wenigen Minuten auf die Kleine Riffelwandspitze. Die Kleine Riffelwandspitze ist ein ziemlicher Schutthaufen und den Weg bis in die Scharte vor der Großen Riffelwandspitze fand ich auf Grund der Schuttauflage extrem nervig.

Die besagte Scharte erreicht man von der Kleinen Riffewandspitze, indem man nordseitig vielleicht 40 Höhenmeter über Schutt absteigt und dann eben auf Schuttbändern etwa 20 Höhenmeter über der Schartenhöhe zum Grat quert. Die letzten Meter im Abstieg zur Scharte erfolgen am äußerst brüchigen Grat.

Der gelbe Turm in der Scharte zwischen den Riffelwandspitzen wird wenige Meter südseitig ausweichend umgangen und man nimmt das deutliche Band, das südseitig aus dem Schartenbereich herausführt. Über dieses gelangt man eben zum großen Plattenschuss. Zunächst über dessen rechte Begrenzungsrippe hinauf (III-). Ab dem oberen Ende der Rippe war ich mir nicht mehr ganz sicher, wo es lang geht. Ich bin schließlich entlang eines breiten Einrisses/Bandes auf den Platten nach links gequert. Dieses Band zieht bald nach unten und man verlässt es einem Einriss rechts aufwärts folgend bis zu einem Wasserbecken (Normalhaken). Hier beginnt die griffarme Reibungskletterei (IV-). Es geht direkt aufwärts bis auf den Scheitel des Plattenschusses. 

Nach den Platten will der AV-Führer, dass man einen Quergang nach links macht. Das war mir nicht nachvollziehbar. Ich bin stattdessen bis zum großen Grataufschwung immer direkt am Grat geklettert (viele Passagen III). Nach einem kurzen ebenen Gratstück beginnt der große Aufschwung vom Grat. Die erste kurze senkrechte Gratpassage hier habe ich nach kurzem Quergang links und bald wieder rechts hoch zum Grat umgangen. Wieder am Grat angekommen quert man in die Nordseite und folgt einem steilen Band zum Fusspunkt der "von einer aufrecht stehenden Felsplatte gebildeten Kanzel" (AV-Füher). Nicht durch die beiden Risse am Ende der Rinne, sondern wenige Meter vorher links über eine Verschneidung hoch (IV-).

Jetzt steht man auf einem breiten Absatz und hier wird, für mich absolut nicht nachvollziehbar, vom AV-Führer vorgeschlagen, dass man nach rechts zu einem "seichten Riss" quert (Schlüsselstelle laut AV-Führer). Der AV-Führer erwähnt auch eine südseitige Umgehungsmöglichkeit, die heikel ausgesetzt sein soll. Das ist Schmarrn. Südseitig geht es wenige Meter unschwierig über ein Band und dann eine bröselige rote Rinne aufwärts zum Grat (I+). Diese "Umgehung" ist im Übrigen direkter als die schwierige Methode aus dem AV-Führer.

Jetzt hat man die Kletterschwierigkeiten am Ostgrat der Großen Riffelwandspitze hinter sich und über dafür sehr brüchigen gelblichen Fels geht es meist südseitig ausweichend zum einsamen Gipfel der Großen Riffelwandspitze

Diesen verlässt man Richtung Zugspitze immer direkt am sehr scharfen Grat mit vielen Türmchen bleibend. Auch wenn es nur wenige schwierige Kletterstellen (III) hat, ist hier absolute Konzentration gefragt. Nach einiger Zeit steht man vor einem glattwandigen hohen Grataufschwung. Hier stößt auch die gerade ziemlich in Mode kommende Route "Eisenzeit" durch das Bayerische Schneekar auf unseren Weg. Man steigt rechts entlang der glatten Wände ab, lässt zwei emporziehende Bänder unbeachtete und wendet sich erst links aufwärts, sobald sich dort ein breiter, steiler Schrofenhang öffnet. Hier schreibt der AV-Führer etwas von "Rinnen folgen", was mich dazu verleitet hat, die Rinne, auf die sich der Schrofenhang zuschnürt, anzupeilen und durch diese hochzuklettern (IV und nass). Richtig wäre gewesen, aus dem Schrofenhang unter senkrechten Abbrüchen über ein ebenes Band nach rechts zu einem weiteren Schrofenhang zu queren und über diesen hinauf zum Grat zu steigen.

An der Stelle, an der man den Grat erreicht, erblickt man wenige Meter südseitig eine Markierungsstange, bei der sich der Abseilstand befindet, über den man zum Höllentalklettersteig abseilen kann. Es wird dringed davon abgeraten, am Grat weiter bis zur Irmerscharte zu gehen, weil jeder Stein auf der Höllentalseite über den vielbegangenen Klettersteig abgeht. Abseilen finde ich aber auch keine verantwortungsvolle Alternative; viel sicherer ist es über die Rippe links in kompaktem Fels vorsichtig zum Klettersteig abzuklettern (II). Nun noch einige hundert Höhenmeter über den Klettersteig zur Zugspitze.



Fazit: Der Riffelwandkamm ist ein extrem einsamer und extrem alpiner Anstieg auf die Zugspitze. Abgesehen von den schwierigsten und dabei ausgesprochen lohnenden Kletterpassagen am Ostgrat der Großen Riffelwandspitze ist der Fels splittrig, brüchig und unangenehm scharfkantig, überall liegt nerviges Geröll rum. Man muss auf jedem einzelnen Meter sehr konzentriert gehen, wirkliche Entspannung kommt erst nach Erreichen des Höllentalklettersteigs auf. Der Ostgrat der Großen Riffelwandspitze ist sicherlich auch das landschaftliche Highlight des Anstiegs. Ohne Übertreibung wohl eine der landschaftlich schönsten Touren, die ich überhaupt gemacht habe. Somit gibts von mir *****.

Tourengänger: frehel


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Kommentare (4)


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Sarmiento hat gesagt: Was für...
Gesendet am 6. Juli 2017 um 12:28
... eine schöne Tour und v.a. ein genialer Bericht! :-) Der kommt definitv auf meine Liste, danke für die Inspiration!
Sagmal, hab ich das eventuell überlesen, oder hast du die Tour mit IV-er Stellen tatsächlich alleine gemacht?

VG, Bernhard

frehel hat gesagt: RE:Was für...
Gesendet am 6. Juli 2017 um 18:49
Danke Bernhard. Wenn man so eine Tour alleine macht, muss man sich natürlich sehr gut vorbereiten, ich war z.B. extra im DAV-Archiv auf der Praterinsel etc., um an alle Infos zu kommen. Die kurzen (IV-)-Stellen in gutem Fels sind definitiv nicht die größte Herausforderung bei der Tour, sondern das ohne Unterbrechung heikle alpine, ausgesetzte Gelände. Leuten, die davor nicht zurückschrecken, kann ich die Tour nur wärmstens empfehlen.

VG,
Moritz

Nic hat gesagt:
Gesendet am 6. Juli 2017 um 23:33
Gratulation zu diesem Abenteuer! Du bist echt der Härteste. :) Großartig!

VG Nico

_maxl hat gesagt: Danke dir!
Gesendet am 10. August 2018 um 13:57
Grias di frehel, danke dir für den Bericht, insbesondere die Fotos. War viel hilfreicher als die Beschreibung im AV Führer. Haben gestern die Tour gemacht. Meist recht heikles Gelände zwischen Kleiner Riffelwand und dem großen Schuttfeld, auf dem man auf die Eisenzeit trifft, am einfachsten und angenehmsten war der Plattenschuss. Die (potentielle) 4- Verschneidung kurz vorm Gipfel war definitiv nicht fest, vielleicht sind wir aber auch woanders auffe. Gruß Max


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