Entdeckungen im Val Calnègia


Publiziert von Chrichen , 19. Mai 2017 um 22:11.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:29 April 2017
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Pizzo Biela   Gruppo Pizzo Solögna 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 440 m
Abstieg: 440 m
Strecke:ca. 8.5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem ÖV: Zug bis Locarno / Bus bis Bignsaco, Posta / Postauto bis Foroglio
Zufahrt zum Ankunftspunkt:(Gleicher Weg umgekehrt)

Das Val Calnègia zweigt in Foroglio als kleines Seitental vom Val Bavona ab. Im wildromantischen Tälchen gibt es drei alte Weiler zu bestaunen. Wahrzeichen von Puntid ist eine schöne Steinbrücke, die den Fiume Calnègia überquert. Gerra ist von gigantischen Flühen durchsetzt, unter denen sich etliche Behausungen/Lagerstätten aus vergangener Zeit finden lassen. Calnègia ist die hinterste Siedlung im Tal und zugleich Ziel unserer Wanderung. Im Gegensatz zum Val Bavona ist das Val Calnègia nur durch einen Wanderweg erschlossen. In eindrücklicher Wegführung überwindet er die Geländestufe beim Wasserfall von Foroglio.

Nach der märchenhaften Wanderung im Val Bavona vor drei Wochen konnten wir schneller als erwartet unser Versprechen einlösen, auch dem Val Calnègia einen Besuch abzustatten. Die neulichen Wintereinbrüche schränkten in der Deutschschweiz die Möglichkeiten für Wanderungen stark ein, und für Schneeschuhtouren war uns die Lawinensituation etwas zu heikel. Also nahmen wir noch einmal den weiten Weg nach Bignasco und weiter nach Foroglio auf uns.

Foroglio - Puntid (T2)
Wir starten kurz vor 11 Uhr in Foroglio. Zunächst müssen wir den Einstieg etwas suchen. Es geht ins Dorf hinein und an der Kirche vorbei zu einem kleinen Brunnen. Hier befindet sich ein Wegweiser auf dem Calnègia angeschrieben ist. Steil geht es durch den Wald auf einem hübschen Weglein hinauf. Zahllose Steinstufen erleichtern das Gehen. Im Hintergrund hört man stets den tosenden Wasserfall. An einer Stelle hat man einen schönen Ausblick auf diesen.

Bald schon ist die Felsstufe erreicht. Der Weg führt untermauert und talseitig gut mit Geländerseilen gesichert den Felsen entlang hoch. Es lassen sich spektakuläre Tiefblicke auf Foroglio geniessen, bevor ein kleines renoviertes Kapellchen aus dem 16. Jahrhundert erreicht wird. Danach geht es ein kurzes Stück am von glattgeschliffenen Felsen gesäumten Bach entlang weiter hinauf nach Puntid. Die vom letzten Wintereinbruch frisch verschneiten Berge im Hintergrund lassen den Weiler besonders schön erscheinen. Wir lassen uns viel Zeit für einen kleinen Dorfrundgang, bevor wir zur hübschen Steinbrücke gehen und diese überqueren. In der Nähe von der Brücke machen wir eine kleine Mittagsrast. Zusätzlich wäre ein kleiner Abstecher zur Splüia Bèla (ca. 10 Minuten pro Weg, Brücke nicht überqueren) möglich gewesen.

Puntid - Gerra (T2)
Von Puntid aus führt der Weg nun stets auf der taleinwärts gesehen linken Seite vom Fiume Calnègia zum Weiler Gerra. Ein Schild warnt vor Mutterkühen. Noch sind die Alpen aber nicht bestossen. Waldabschnitte wechseln sich mit schönen Ausblicken zum Bachbett, in dem kristallklares Wasser fliesst. Auf der rechten Seite des Tals imponieren die oft glatten Felswände, an denen sich an der einen oder anderen Stelle grössere Felsdächer finden lassen. Das Val Calnègia ist urig und wild. Oft steigt der Weg nur sanft an, manchmal etwas steiler. Eine massive Brücke, die den Bach überquert, wird ignoriert. Erst kurz vor Gerra (einzelne Häuser sind bereits neben den riesigen Flühen zu sehen) verlassen wir den Weg und überqueren Wegspuren folgend das hier gänzlich ausgetrocknete Bachbett.

Die Häuser schauen wir von Weitem wie auch von Nahem an. Wir flanieren durch die einsam und verlassen wirkende Ansammlung von Behausungen. Fein säuberlich aufgetürmte Holzscheite und alte Kuhfladen sind Zeuge davon, dass in der Saison durchaus Leben zu finden ist. Je genauer wir uns Gerra ansehen, desto mehr entdecken wir. So gibt es im Osten der Siedlung ein Haus, das besonders schön an einen Felsbrocken gebaut ist. Die Felsplatte schaut oben beim Dach noch ein Stück weit heraus. Dahinter finden sich einige mit Türen abgesperrte Eingänge zu Räumlichkeiten unter den Flühen. Nahe der Felsbrocken finde ich Treppenstufen, die zu einem schmalen Felsspalt führen. Auch in diesem ist eine Treppe angelegt, die hinab führt zu einem offenen Eingang auf der einen Seite und einer Türe auf der anderen. Es sind die Keller der sogenannten "Crasta", wo unter anderem auch Käse gelagert wurde. Geschlossene Türen versuche ich prinzipiell nicht zu öffnen, aber in den offenen Raum hinein mache ich ein Foto, um zu sehen, was sich hinter dem Dunkel verbirgt. Leider weis ich grad nicht wie den Blitz aktivieren. Am westlichen Rand des Dorfes finden sich nochmals grosse Gesteinsbrocken, unter/an denen ebenfalls hie und da Räume angelegt sind.

Gerra - Calnègia (T2)
Nach diesem Intermezzo mit (Zitat countryboy) Indiana-Jones-Faktor verlassen wir Pfadspuren folgend das Dorf gegen Südwesten. Im lichten Wäldchen finden wir eine Spirale aus Steinen und Moos, die zweifelsohne von Ausserirdischen angelegt wurde :-). Die Pfadspuren verlieren sich am Rand vom steinigen Bachbett leider immer mehr. Wo der Instinkt versagt, hilft das GPS weiter. Ein Blick auf die Karte hätte es auch getan. Schnell zeigt sich, dass der richtige Weg auf der anderen Seite des Fiume Calnègia verläuft, und diesen gar nie überquert hatte, also an Gerra in einiger Distanz vorbeiführt. Wir überschreiten das hier wieder ein wenig Wasser führende Bachbett und noch ein weiteres Rinnsal. So gelangen wir in Kürze zurück auf den richtigen Wanderweg.

Diesem folgen wir nun in Richtung Calnègia, dem hintersten Weiler im Tal. Gegen Ende eröffnet sich ein schöner Ausblick über Weiden hinweg zum Weiler. Interessanterweise führt der Fiume Calnègia hier wieder relativ viel Wasser. Wir fragen uns wo und wie das Wasser bei Gerra einmal ganz verschwinden konnte. Für uns ist Calnègia Ziel der Wanderung und zugleich Umkehrpunkt. Die Karte und ein Wegweiser zeigen, dass es im danach stark aufsteilenden Talkessel noch weiter ginge. Das sind aber alles ziemlich lange Geschichten. Gemütlich schlendern wir an den Steinhäusern vorbei und machen nochmals eine kleine Pause.

Calnègia - Puntid - Foroglio (T2)
Der letzte Bus fährt in Foroglio um 17:22 Uhr. Mittlerweile ist es fast 15 Uhr geworden. Deshalb machen wir uns bald schon auf den Rückweg. Da wir Landschaft und Siedlungen auf dem Hinweg bereits gebührend bestaunen konnten und die Gravitation nun auf unserer Seite ist, geht dies erstaunlich zügig. Gerra besuchen wir nicht mehr, stattdessen folgen wir dieses Mal komplett dem Weg. Während wir auf dem Hinweg bis Calnègia kaum einer Menschenseele begegnet sind, treffen wir nun hie und da auf andere Wanderer und Familien. In Puntid angekommen machen wir nochmals eine kleine Rast. Dann geht es weiter hinab nach Foroglio. Dort haben wir noch eine knappe Stunde Zeit, um im Restaurant die Erfrischung nachzuholen, die uns bei der letzten Wanderung im Val Bavona aus Zeitgründen verwehrt blieb.

Es folgt eine lange Rückreise mit dem ÖV. Die Umsteigezeit in Bignasco beträgt 50 Minuten. Grund genug wie schon beim letzten Mal ins Lokal neben der Bushaltestelle einzukehren und Toast und Bier zu geniessen.


Wenn man einen Gipfel besucht, findet man oft grad fünf weitere potenzielle Gipfelziele. Kaum anders scheint es sich mit Talwanderungen zu verhalten. Wie schon das Val Bavona konnte uns das Val Calnègia verzaubern und in seinen Bann ziehen. Die gefühlte Abgeschiedenheit hat das Tälchen für uns besonders attraktiv gemacht. Die Wanderung ist leicht und der Weg ist stets gut angelegt. An der Stelle wo die Felsstufe neben dem Wasserfall überwunden wird, könnte ein gewisses Mass an Schwindelfreiheit von Vorteil sein. Der Weg ist dort aber recht breit, einfach und gut mit talseitigen Geländerseilen abgesichert. Im Val Calnègia hat der Pfad stellenweise einen etwas steinigen und ruppigen Charakter, weshalb etwas festeres Schuhwerk nicht schaden kann. Wir freuen uns darauf im Spätherbst oder Frühling auch die Gebiete der Maggia und Verzasca entlang weiter zu erkunden.

Tourengänger: Chrichen, Aichen


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Kommentare (7)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 20. Mai 2017 um 06:46
schlicht - fantastisch!

alpstein hat gesagt: RE:
Gesendet am 20. Mai 2017 um 08:29
Fantastisch in jeder Hinsicht!!!!!!

Gruß
Hp

Pit hat gesagt:
Gesendet am 20. Mai 2017 um 16:37
Gratulation zu dieser wunderschönen Tour, mit wunderschönen Fotos!

danicomo hat gesagt:
Gesendet am 20. Mai 2017 um 18:11
Woowww....
Ciao
Daniele

CampoTencia hat gesagt:
Gesendet am 21. Mai 2017 um 16:29
Gratuliere zu diesem tollen Bericht und die schönen Fotos. Gefällt mir sehr gut!

LG Herbert

Stevo47 hat gesagt:
Gesendet am 23. Mai 2017 um 00:01
Einfach wunderschöne Aufnahmen....Jedes für sich ein Genuss zum anschauen! Gratulation - super! Viele Grüsse, Steve

bergstrolk hat gesagt:
Gesendet am 25. Mai 2017 um 07:38
Selten soviele verführerische Fotos in einem einzigen Bericht gesehen. Ganz großes Kino! Danke dafür.


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