Gantrisch N-Wand: neue Formel


Publiziert von lorenzo , 27. Juli 2016 um 18:06.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Berner Voralpen
Tour Datum:27 Juli 2016
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 3:15
Aufstieg: 570 m
Abstieg: 570 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Wasserscheide
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Obernünene
Kartennummer:LK 1206 Guggisberg

Aus Respekt vor den beiden anspruchsvollen Steilgras- bzw. Mixedrouten von Martin Zahn und Bruno Schmid (2006, siehe auch 2014) sowie von jfk (2015) hatte ich um die Gantrisch N-Wand bisher einen grossen Bogen gemacht. Kürzlich entdeckte ich aber vom Zustieg zur Nüneneflue zwischen diesen beiden Routen zwei von rechts nach links aufsteigende Grasrampen, die einen "bequemen" Zustieg zum mittleren Wandteil versprachen. Auch dieser und der zum Gipfel führende Trichter sahen von Weitem nach "gutmütigem" Steilgras aus, so dass ein Durchstieg durch den ganzen zentralen Wandsektor im Bereich T5-6 möglich schien.

Einen ersten Versuch über die obere Rampe vor einigen Tagen brach ich mangels Material für einen allfälligen Rückzug vor einer nassen, glitschigen und ausgesetzten Felsstufe ab und wich auf den schönen N-Grat aus. Diesmal probierte ich die untere Rampe, die gut zu begehen war. Auch die nachfolgenden Gras- und Schrofenpartien schräg nach rechts hinauf über mehrere Rippen und durch den Trichter stellten bis auf eine steile Passage mit wackeligen Moospolstern keine grösseren Probleme. Diese könnte bei besserer Sicht ev. vermieden werden, andernfalls sollte man sie nur mit 2 Eisgeräten, Steigeisen und wenn möglich gesichert angehen. Was sich also prima vista als T5-6 ausnahm, erwies sich bei näherer Betrachtung und konkreter Durchführung - wenigstens an einer Stelle - 
ebenfalls als mindestens T6+. So kann man es drehen und wenden wie man will, die Gantrisch N-Wand ist und bleibt ein harter Brocken...

Zentrale Gantrisch N-Wand
Von Wasserscheidi (1584m) oder dem Parkplatz (1604m) auf der weiss-rot (wr) markierten Alpstrasse bis zur Gürbe, nach SSW über die Weide zum Leiterebode und über Gras, Geröll und Schneereste bis ca. 1825m. Nach SW eine felsige Rinne hinauf (I-II) bis ca. 1875m und nach SE über steiles Gras und Schrofen zum Beginn der auf der LK eingezeichneten unteren Rampe bei ca. 1900m. Über diese (Gras, Stauden, Fels I, Wildwechsel) nach links hinauf bis ca. 1960m. Durch ein Grascouloir kurz gerade hinauf, dann nach rechts aufsteigend über steiles Gras und Schrofen (50 Grad, II) zu einer nach oben felsigen 1. Rippe, die gequert wird. Weiter nach rechts durch eine Grasmulde (50 Grad) aufsteigend zu einer 2. Rippe und an deren linkem Rand über Gras und federndes Moos (ca. 25m, 60-70 Grad, délicat!) hinauf (Schlüsselstelle) bis ca. 2100m. Querung nach rechts hinauf in den Gipfeltrichter und durch diesen über Gras (50-30 Grad) auf den Gantrisch (2176m), 2h, T6+.

Abstieg über den Leiterepass
Auf dem Normalweg entlang dem SW-Grat (wr, Kabel) bis P. 2107, dann nach E auf dem Bergweg durch die S-Flanke (Kabel) zum Leiterepass (1905m), T3, und wr über Obernünene (1989m) zurück, 1h, T2.

Material: zusätzlich Helm, 1-2 alte Eisgeräte und ev. Steigeisen. Ich hatte sicherheitshalber die Kletterausrüstung mit einem 50m 7,5mm Seil, flexiblem Sicherungsmaterial und einigen Haken mitgenommen, aber nicht gebraucht.

Bemerkungen: nach der Einstiegsrampe sind vermutlich verschiedene Aufstiegsvarianten im Bereich T6-T6+ möglich (ev. direkt zum E-Gipfel). Bis zur Rampe Gefahr von Steinschlag durch flüchtende Gemsen, Vorsicht zudem wegen Blindgängern!

Tourengänger: lorenzo


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Kommentare (6)


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Aendu hat gesagt: Gratuliere...
Gesendet am 8. August 2016 um 10:18
...zur neuen Formel:-)

Krasse Route!

Gruss, Aendu

lorenzo hat gesagt: RE:Gratuliere...
Gesendet am 8. August 2016 um 12:46
Hallo Aendu

Merci! Ich war selber erstaunt, wie steil es stellenweise war. Man sollte halt nicht zu optimistisch sein...und der Nebel hat die Sache auch nicht einfacher gemacht.

Gute Touren und Grüsse

lorenzo

jfk hat gesagt: Toll gemacht!
Gesendet am 28. August 2016 um 12:51
Es freut mich, hat die Nordwand wiedereinmal besuch erhalten. Und dann noch auf einer neuen Linie - Genial!
Habe mir deine Grasrampen ebenfalls in der Vorbereitung auf meine neue Linie angeschaut, mich dann aber dagegen entschieden, weil sie nicht ganz so direkt ist und im Mittelteil, was du mir jetzt bestätigst, ebenfalls recht steil und heikel aussah. Die Gantrischnordwand ist und bleibt auf jeden Fall ein anspruchsvoller Brocken!

Grüsse Jonas

lorenzo hat gesagt: RE:Toll gemacht!
Gesendet am 29. August 2016 um 10:52
Hallo Jonas

Danke für Deine Rückmeldung! Die Linie ist tatsächlich weniger direkt als Deine und die klassische. Ich suchte aber eine möglichst "leichte" Linie entlang vorgegebener Strukturen, die dann halt im Mittelteil doch nicht ganz so leicht war...

Beste Grüsse

lorenzo

jfk hat gesagt: Und noch eine Formel...
Gesendet am 1. November 2016 um 18:25
Hoi Lorenzo

Ich war heute wieder einmal in der Region unterwegs und wollte mir dabei auch deine Nordwandroute ansehen. Die untere Rampe ist wirklich klar der einfachste Zugang in den mittleren Wandteil. Anschliessend bin ich allerdings etwas zu lange im Couloir geblieben und alls ich den Irrtum bemerkte, dachte ich, ich könnte nun tatsächlich schauen, ob von hier, wie von dir gemutmasst, ein direktaufstieg zum Ostgipfel möglich ist. Das gelang recht gut und zügig. Wenn einem hier die optimale Linie gelingt (und das ist mir nicht zu 100% gelungen) bewegt man sich in kaum steileren Gelände als 60º. Allerdings längere Zeit zwischen 55º und jener Marke. Ich denke, das dies mit deiner, vielleicht noch etwas optimierten Variante der leichteste Weg ist, diese Wand zu durchsteigen. Aber auch mit optimalster Linienwahl sind die Schwierigkeiten wohl (klar?) nicht unter T6+ zu drücken.

Beste Grüsse

Jonas

lorenzo hat gesagt: RE:Und noch eine Formel...
Gesendet am 2. November 2016 um 20:33
Hallo Jonas

das klingt nach Formel 1...gratuliere! Wenn ich es richtig verstanden habe, bist Du von der unteren Rampe durch das mittlere Couloir zum Ostgipfel aufgestiegen. Ich denke auch, dass ein Durchstieg unter T6+ wohl kaum möglich ist, denn im Profil, z.B. vom Nordgrat oder von der Nüneneflue aus wirkt die Nordwand durchgehend mindestens 50-60 Grad steil.

Neben dem östlichen Couloir, wo die klassische Route durchführt, und dem mittleren mit Deiner neuen Route bliebe jetzt noch das westliche Couloir auf den Ostgipfel zu erkunden. Das sieht aber auch nicht ganz einfach aus...

Schöne Grüsse

lorenzo



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