Alle Jahre wieder: ein kurzes Rendez-vous mit den Gemsen
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Nach einer Skitour vorletzten Winter auf den Gemschberg und einer Klettertour letzten Herbst über das Gemschgrätli zog es mich diesen Sommer wieder einmal zum Gemsensattel in den Engelhörnern. Bei meinem letzten Besuch vor sieben Jahren war ich Richtung Urbachengelhorn und über die wunderbare Südgruppe zum Gstellihorn weiter geklettert. Dieses Mal war wieder die Mittelgruppe an der Reihe. Die vor über hundert Jahren am 14. Juli 1910 durch die Seilschaft Thorleif Björnstad, August Mottet, Franz Müller und Jules Streuli eröffnete Überschreitung der Mittelgruppe vom Gemsen- zum Simelisattel gilt als lange und ausgesetzte klassische Genusskletterei in meistens rauhem und griffigem Kalk. Der Zustieg aus dem Ochsental zum Gemsensattel führt über abschüssige Schrofen und griffarme Plattenschüsse mit wenig Sicherungsmöglichkeiten und bildet das eigentliche Pièce de Résistance der ganzen Tour.
Es handelt sich sicher nicht um die schwierigste Tour in den Engelhörnern, aber neben der Überschreitung der Südgruppe wohl um eine der schönsten. Hat man nach einigen angstvollen Augenblicken endlich den mythenumwobenen Gemsensattel erreicht, balanciert man auf luftigem Grat hoch oben über dem Rosenlaui und dem Urbachtal, sieht nach Westen weit in die sanften Voralpen, im Süden die leuchtende Wetterhorngruppe über dem Rosenlauigletscher und nach Osten über das rauhe Haslital zu den Zentralalpen. Entfernte Schläge von holzhackenden Sennen, das vertraute Tuten des kurvenden Postautos, heraufklingende Kuh- und Schafglocken von umliegenden Alpweiden, vereinzelte Schreie herumsegelnder Alpendohlen und das Rauschen von Reichenbach und Urbachwasser unterstreichen nur die tiefe Ruhe dort oben, erinnern uns daran, dass wir frühmorgens aufgebrochen sind, und mahnen uns, doch vor dem Eindunkeln wohlbehalten ins Tal zurückzukehren.
Von Rosenlaui-Gletscherschlucht auf dem weiss-rot markierten Hüttenweg bis vor die Engelhornhütte, rechts abzweigend auf einem Pfad ins Ochsental und durch dieses bis ca. 2080m. Links über eine in den Talgrund hinausragende Felszunge auf eine grasig-felsige Rampe und über diese hinauf (2 Stufen II-III, alte Hk, Bh, Steinmann). Weiter über einen Schrofenhang und nach kurzer Rechtsquerung durch eine Felsrinne (II) in den Sattel links vom Ruppspitz (2313). Auf der anderen Seite hinunter, Querung der 1. Plattenmulde unter der Mittelspitze und dem Klein Engelhorn auf Geröllbändern, über einen wenig ausgeprägten Rücken in die 2. Plattenmulde unter der Gemsenspitze und durch diese hinauf, bis sie zu steil wird. Nach rechts über eine griffarme Platte und ein Band zu steilen Plattenrissen und diesen folgend leicht rechtshaltend hinauf (Steinmann). Über Schrofenhänge (Gras, Geröll) und einen langen Risskamin (II, ev. Schneereste) zum Gemsensattel, 3h 30min, ZS.
Überschreitung der Mittelgruppe
Vom Gemsensattel in Genusskletterei (III) zuerst direkt über den S-Grat, dann rechts davon auf die Gemsenspitze. Abstieg über den ausgesetzten N-Grat (II, ev. Abseilen über eine ca. 7m hohe glatte Platte) in die Scharte Gemsenspitze-Klein Engelhorn. Über den SW-Grat zu einem Gendarmen, der überklettert wird (IV-, Bh), und nach rechts über grauen, kompakten Wasserrillenfels in einen Kamin. Durch diesen unter den überhängenden Gipfelgrat und nach rechts auf ein ansteigendes Band aus gelbrötlichem, scharfem und löchrigem Fels. Auf diesem ausgesetzt nach rechts hinauf (IV, Bh) und nach links durch einen Geröllkamin in eine Scharte im Gipfelgrat. Über diesen, einen weiteren Gendarmen auf der Ochsentalseite querend (Bh), auf das Klein Engelhorn. Unter dem Gipfel 25m zu einem Absatz im N-Grat abseilen, dann nochmals 20m in die Scharte Klein Engelhorn-Mittelspitze. Auf dem breiten S-Grat zuerst in der Mitte, dann rechts hinauf unter den überhängenden Gipfelaufbau, und auf einem Band nach links ausgesetzt zu einer Nische. Über eine senkrechte Wandstufe rechts haltend (III+, einzementierter Ringhaken, Eisenstange) auf die Mittelspitze. Abstieg entlang dem NW-Grat meistens auf Bändern in der der Urbachflanke (I-II) in die Scharte Mittelspitze-Ulrichspitze. Auf dem S-Grat über den ersten Gratturm und durch mehrere Kamine (III) auf die Ulrichspitze. Abstieg über den ausgesetzten N-Grat zum Vorgipel und 25m Abseilen in die Scharte Ulrichspitze-Getrudspitze. Auf dem S-Grat zu einem gelben Überhang, der direkt erklettert wird (IV, Bh), dann rechts haltend hinauf (Hk). Nun entweder weiter nach rechts in einen Kamin und durch diesen auf eine abgespaltene Schulter, oder nach links zu einer kurzen Verschneidung, durch diese hinauf und wieder rechts haltend über Stufen auf einen Absatz (III). Wieder gemeinsam über die Gipfelwand in der Urbachflanke (III, Bh) auf die Gertrudspitze. Abstieg durch einen Riss nach N auf ein Schuttband und 20m Abseilen in den Sattel Getrudspitze-Vorderspitze. Über den plattigen SE-Rücken einfach auf die Vorderspitze, 3-5h, S. Abstecher zur Hohjegiburg: über den NE-Grat einfach in die Scharte 2590 (I) und auf Bändern in der Urbachflanke unter dem W-Grat (I) auf den Gipfel, hin und zurück je 15min, L.
Abstieg über den Simelisattel
Von der Vorderspitze Richtung NNW über die schuttbedeckte Flanke auf Pfadspuren rechts haltend hinab zu einem Rücken und auf diesem weiter hinunter, bis rechts durch eine Rinne auf ein Schuttfeld abgestiegen werden kann. Auf diesem nach links hinunter in die Scharte oberhalb des Vorderspitze-Gendarms zu einem Ringhaken. 20m Abseilen, links durch eine Rinne (I-II) absteigen und nach rechts zum Simelisattel queren (Steinmänner). Nach SW durch eine Schuttrinne hinunter und an Ringhaken 2x 25m über glattgeschliffene Stufen abseilen. Nach E über Schrofen auf eine Grasschulter (Steinmann) und durch ein Couloir (II) hinunter auf die Plattenschüsse unter der Vorderspitze. Über diese auf Schrofen (Gras, Platten, Geröll) links am Zapfen (2269m) vorbei hinunter, zuletzt 25m durch die 1. Rinne abseilen und über Geröll ins Ochsental absteigen. Durch das Ochsental zur Engelhornhütte und auf dem Hüttenweg zurück, 2h 45min, ZS.
Material: vollständige Kletterausrüstung mit 40-50m Einfachseil, 5-6 Express, einigen Schlingen, ev. ein paar kleinen bis mittleren Friends und einem Kk-Set.
Bemerkung: die Tour sollte nur bei trockenen Felsen und sicherem Wetter unternommen werden, da ein Rückzug vom Gemsensattel heikel ist und zwischen Gemsen- und Simelisattel keine Fluchtmöglichkeiten bestehen.
Es handelt sich sicher nicht um die schwierigste Tour in den Engelhörnern, aber neben der Überschreitung der Südgruppe wohl um eine der schönsten. Hat man nach einigen angstvollen Augenblicken endlich den mythenumwobenen Gemsensattel erreicht, balanciert man auf luftigem Grat hoch oben über dem Rosenlaui und dem Urbachtal, sieht nach Westen weit in die sanften Voralpen, im Süden die leuchtende Wetterhorngruppe über dem Rosenlauigletscher und nach Osten über das rauhe Haslital zu den Zentralalpen. Entfernte Schläge von holzhackenden Sennen, das vertraute Tuten des kurvenden Postautos, heraufklingende Kuh- und Schafglocken von umliegenden Alpweiden, vereinzelte Schreie herumsegelnder Alpendohlen und das Rauschen von Reichenbach und Urbachwasser unterstreichen nur die tiefe Ruhe dort oben, erinnern uns daran, dass wir frühmorgens aufgebrochen sind, und mahnen uns, doch vor dem Eindunkeln wohlbehalten ins Tal zurückzukehren.
Aabe chund
uber Bäärga embrin,
leid si im Grund
sametig hin.
Liid ubere Wwääldren,
si gspirren ne chuumm,
liid ubere Fäldren
en duuchliga Fluumm.
Spinnd um mi z ringsum
und liired mi in.
Weis niimma, ob i diheimmen
old wiit, wiit furt bin.
(Albert Streich 1897-1960)
Zustieg zum Gemsensattel
Von Rosenlaui-Gletscherschlucht auf dem weiss-rot markierten Hüttenweg bis vor die Engelhornhütte, rechts abzweigend auf einem Pfad ins Ochsental und durch dieses bis ca. 2080m. Links über eine in den Talgrund hinausragende Felszunge auf eine grasig-felsige Rampe und über diese hinauf (2 Stufen II-III, alte Hk, Bh, Steinmann). Weiter über einen Schrofenhang und nach kurzer Rechtsquerung durch eine Felsrinne (II) in den Sattel links vom Ruppspitz (2313). Auf der anderen Seite hinunter, Querung der 1. Plattenmulde unter der Mittelspitze und dem Klein Engelhorn auf Geröllbändern, über einen wenig ausgeprägten Rücken in die 2. Plattenmulde unter der Gemsenspitze und durch diese hinauf, bis sie zu steil wird. Nach rechts über eine griffarme Platte und ein Band zu steilen Plattenrissen und diesen folgend leicht rechtshaltend hinauf (Steinmann). Über Schrofenhänge (Gras, Geröll) und einen langen Risskamin (II, ev. Schneereste) zum Gemsensattel, 3h 30min, ZS.
Überschreitung der Mittelgruppe
Vom Gemsensattel in Genusskletterei (III) zuerst direkt über den S-Grat, dann rechts davon auf die Gemsenspitze. Abstieg über den ausgesetzten N-Grat (II, ev. Abseilen über eine ca. 7m hohe glatte Platte) in die Scharte Gemsenspitze-Klein Engelhorn. Über den SW-Grat zu einem Gendarmen, der überklettert wird (IV-, Bh), und nach rechts über grauen, kompakten Wasserrillenfels in einen Kamin. Durch diesen unter den überhängenden Gipfelgrat und nach rechts auf ein ansteigendes Band aus gelbrötlichem, scharfem und löchrigem Fels. Auf diesem ausgesetzt nach rechts hinauf (IV, Bh) und nach links durch einen Geröllkamin in eine Scharte im Gipfelgrat. Über diesen, einen weiteren Gendarmen auf der Ochsentalseite querend (Bh), auf das Klein Engelhorn. Unter dem Gipfel 25m zu einem Absatz im N-Grat abseilen, dann nochmals 20m in die Scharte Klein Engelhorn-Mittelspitze. Auf dem breiten S-Grat zuerst in der Mitte, dann rechts hinauf unter den überhängenden Gipfelaufbau, und auf einem Band nach links ausgesetzt zu einer Nische. Über eine senkrechte Wandstufe rechts haltend (III+, einzementierter Ringhaken, Eisenstange) auf die Mittelspitze. Abstieg entlang dem NW-Grat meistens auf Bändern in der der Urbachflanke (I-II) in die Scharte Mittelspitze-Ulrichspitze. Auf dem S-Grat über den ersten Gratturm und durch mehrere Kamine (III) auf die Ulrichspitze. Abstieg über den ausgesetzten N-Grat zum Vorgipel und 25m Abseilen in die Scharte Ulrichspitze-Getrudspitze. Auf dem S-Grat zu einem gelben Überhang, der direkt erklettert wird (IV, Bh), dann rechts haltend hinauf (Hk). Nun entweder weiter nach rechts in einen Kamin und durch diesen auf eine abgespaltene Schulter, oder nach links zu einer kurzen Verschneidung, durch diese hinauf und wieder rechts haltend über Stufen auf einen Absatz (III). Wieder gemeinsam über die Gipfelwand in der Urbachflanke (III, Bh) auf die Gertrudspitze. Abstieg durch einen Riss nach N auf ein Schuttband und 20m Abseilen in den Sattel Getrudspitze-Vorderspitze. Über den plattigen SE-Rücken einfach auf die Vorderspitze, 3-5h, S. Abstecher zur Hohjegiburg: über den NE-Grat einfach in die Scharte 2590 (I) und auf Bändern in der Urbachflanke unter dem W-Grat (I) auf den Gipfel, hin und zurück je 15min, L.
Abstieg über den Simelisattel
Von der Vorderspitze Richtung NNW über die schuttbedeckte Flanke auf Pfadspuren rechts haltend hinab zu einem Rücken und auf diesem weiter hinunter, bis rechts durch eine Rinne auf ein Schuttfeld abgestiegen werden kann. Auf diesem nach links hinunter in die Scharte oberhalb des Vorderspitze-Gendarms zu einem Ringhaken. 20m Abseilen, links durch eine Rinne (I-II) absteigen und nach rechts zum Simelisattel queren (Steinmänner). Nach SW durch eine Schuttrinne hinunter und an Ringhaken 2x 25m über glattgeschliffene Stufen abseilen. Nach E über Schrofen auf eine Grasschulter (Steinmann) und durch ein Couloir (II) hinunter auf die Plattenschüsse unter der Vorderspitze. Über diese auf Schrofen (Gras, Platten, Geröll) links am Zapfen (2269m) vorbei hinunter, zuletzt 25m durch die 1. Rinne abseilen und über Geröll ins Ochsental absteigen. Durch das Ochsental zur Engelhornhütte und auf dem Hüttenweg zurück, 2h 45min, ZS.
Material: vollständige Kletterausrüstung mit 40-50m Einfachseil, 5-6 Express, einigen Schlingen, ev. ein paar kleinen bis mittleren Friends und einem Kk-Set.
Bemerkung: die Tour sollte nur bei trockenen Felsen und sicherem Wetter unternommen werden, da ein Rückzug vom Gemsensattel heikel ist und zwischen Gemsen- und Simelisattel keine Fluchtmöglichkeiten bestehen.
Tourengänger:
lorenzo

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