Wiedenbachtal Nordkamm Überschreitung und Gertelbachfälle


Publiziert von Nik Brückner , 7. Juli 2014 um 16:27. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum: 6 Juli 2014
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 700 m
Strecke:14,5km

Der hintere Teil des Bühlertals, nördlich und südlich von Wiedenbach und Gertelbach, wartet mit felsigen Kämmen aus dem bekannten Bühlertalgranit auf. Die Hänge sind mit Felskanzeln besetzt, aber vor allem die Kämme bestehen aus diesem Gestein, dessen Formenschatz hier durch die typische Wollsackverwitterung geprägt ist.

Vor allem der von West nach Ost zum Hauptkamm des Grindenschwarzwalds ansteigende Rücken nördlich des Bühlertals weist einen langgezogenen Granitkamm auf, den man mit viel Vergnügen im Bereich von T4/I-II überklettern kann. Dabei gibt es kaum ausgesetzte Stellen, was das Vergnügen nur erhöht. Allerdings lässt die für Granit typische Wollsackverwitterung kaum gute Tritte und Griffe übrig, weshalb eine Begehung des Kamms hier und da mit Stellen konfrontiert, die man nur kraftraubend hinaufspreizen oder hinunterklemmen kann. Wer es aber liebt, sein Gleichgewicht mehr einzusetzen als seine Fingerkuppen, der ist hier genau richtig.



Also los! Renaissances "Symphony of Light" eingeschoben, und ab in den Schwarzwald!

Unsere Runde startet an dem Wanderparkplatz im Bühlertal, an dem die Gertelbach-Wasserfälle angeschrieben sind (380m). Allerdings geht man vom Parkplatz erst einmal wieder hinauf zur Sandstraße (L83), überquert diese und wendet sich dann gleich rechts hinauf, auf den Briefträgerweg. Diesem Pfad folgt man nun, immer ansteigend, in östlicher Richtung den Hang hinauf. Bald quert ein erster breiter Weg, den man ignoriert. Dann kommt oberhalb ein weiterer breiter Weg in Sicht, den man bei einer Infotafel erreicht. Hier endet der Pfad, und man folgt dem breiten Weg nach rechts, leicht ansteigend, bis etwa 200 Meter weiter ein weiterer breiter Weg links abzweigt. Diesem folgt man in die Nordseite des Berges. Etwa 700 Meter nach dem Abzweig kommt vom Tal ein Wanderweg herauf. Kurz danach passiert man eine markante Rechtskurve mit einer Bank. Nun die Augen rechts: Gleich nach der Kurve, wo man oberhalb imposante, moosig-grüne Felsen erblickt, verlässt man den breiten Weg und steigt wild irgendwie zu den Felsen hinauf.

  • Stand Juli 2014: Das ist zur Zeit ziemlich zugestrüppt, wird aber besser, je weiter man sich vorwärtswühlt.
     
  • Stand August 2019: Ein netter Mensch hat die Tour bis über die Brockenfelsen freigeschnitten. Vielen Dank dafür!

Unter einem riesigen Felsentisch hindurch (hinten hinauf kurz I-II) und den nächsten Turm rechts umgehend höher (I). Hier merkt man schon, dass man die moosbedeckten Felsen, so schön sie sind, besser meidet: Ist das Moos nass, glitscht man schnell ab, ist es trocken, rutscht es oft einfach vom Felsen ab. Eine nächste Stufe erklimmt man schnell, dann eher halbrechts haltend auf die nächsten Felsen hinauf (I). Dahinter geht es noch ein bisschen weglos weiter, dann stößt man linkshaltend auf einen Wendeplatz, von dem aus ein kaum noch benutzter, ziemlich zugewucherter Weg in einer Linkskurve nach Osten führt. Hier kann man nochmal nach links zu einem auffällig abgebrochenen Felsfinger hinaussteigen, von dem aus man einen tollen Blick auf das Schlosshotel Bühlerhöhe hat (T4+). Eine weitere Felsbastion zur Rechten wird in optional ihrer Ostseite erstiegen (I) und über die Nordflanke wieder verlassen.

Bald stößt man an einem größeren Platz auf erste Zeichen von Zivilisation: Hier steht ein großer Hochsitz. Vor dem Hochsitz nach links und am besten direkt am Kamm hinauf zu den nächsten Felsen.

Hier beginnt der für mich schönste Abschnitt der Tour: In freier Routenwahl geht es nun über die frei liegenden Granitwollsäcke geradewegs hinauf, auf den optisch höchsten Punkt zu. Einer senkrechten Wand weicht man nach links aufsteigend aus. Ein paar Meter weiter kriecht man in Schräglage unter einem riesigen Brocken hindurch, unmittelbar dahinter eine Rinne links hoch (I-II) und über die nächsten Felsen weiter hinauf, möglichst immer der höchsten Linie folgend (das meiste ist rechts (südseitig) umgehbar). Ein großer Brocken direkt am Grat kann rechts auf einem Band absteigend umgangen werden, mehr Spaß macht es allerdings, ihn direkt zu überklettern. Dabei darf man sich nicht scheuen, fest in die Heidelbeersträucher zu packen, die in Mannshöhe aus einem Spalt wachsen, und den rechten Fuß auf einen alten, aber halbwegs sicheren Baumstumpf zu stellen, der ebenfalls an der Wand klebt (I-II). Der Abstieg ist dann deutlich leichter.

Nun ist man in kleinteiligerem, von üppigem Grün durchsetzten Felsgelände. Wer Spaß daran hat, kann sich eher nach rechts orientieren, hier ist es etwas ausgesetzter. Bald darauf stößt man dann auf alte, zugewucherte Treppenstufen. Kurz danach hat man nochmal die Gelegenheit, eine schräge Spalte unter einem Felsendach zu durchklettern. Nun entweder geradeaus und über eine steile Rinne fast senkrecht hinunter, oder, eine kluge Wegfinderin wie Judith7 ist, scharf links über Stufen links hinauf zu einem Aussichtspunkt.

Von diesem aus findet man über noch mehr Stufen in der Nordseite der Felsen entspannt hinunter, dann geht es auf einem breiten, aber ziemlich zugewachsenen Weg weiter abwärts in einen Sattel.

Hier überquert ein breiter Weg den Bergrücken. Wir haben uns geradeaus gehalten, auf einem markierten Weg, immer am Kamm entlang. Bald sieht man linker Hand die nächsten Felsen. Ein aufwändig gebauter Weg mit einem alten Metallgeländer (am Fels, nicht auf der Talseite) führt scharf links in die Südflanke hinauf und um eine Aussichtskanzel herum. Nun wieder in der Nordseite problemlos über den alten Weg, der hier nicht immer gut sichtbar ist, im Zickzack hinauf auf den Falkenfelsen, wo die Herthahütte steht (769m).

Hier haben wir eine gemütliche Pause eingelegt und uns die nächsten Felsen angesehen. Die haben zwar alle Namen, in der Karte findet man "Eulenstein" oder "Marienstein", aber die Zuweisung zu den Felsen ist in den drei Karten der Gegend, die ich kenne (ADAC, Kompass, Outdooractive) unklar.

Nun zunächst ein paar Meter auf dem Weg nach Osten hinunter, dann wird ein kleiner Felsturm rechts des Weges überschritten (I). Man kann natürlich auch einfach drumrumwandern... Dann gelangt man an eine Stelle, an der der gut erkennbare Weg in die rechte Flanke schwenkt, um eine nächste Felsbastion zu umgehen.

Weiter unten ist rechter Hand ein phantastisches Felsgebilde, hoch aufragende Granitscheiben, durch die man wie durch ein Labyrinth gehen kann. Hinunter zu dem Turm, diesen dann rechts umgehen, immer durch die schmalen Spalten. Dann steil auf die Südostseite hinunter und steil im Hang wieder hinauf.

Wir sind dann wieder ganz hinauf zum Felskamm aufgestiegen, dorthin, wo der gut erkennbare Weg in die Flanke schwenkt. Wer hier genau schaut, der erkennt am Bergrücken ein paar alte Stufen. Hier führt unsere Route weiter. Die nächste T4/I-Passage führt zu einem Signalgipfel mit rot-weiß-rotem Stangerl. Schön sind hier ein paar alte Treppen, die vermutlich vom Schlosshotel aus angelegt wurden, um die wildromantische Felsszenerie für Sommerfrischler zu erschließen.

Wer nun konsequent nach Osten weitergeht, muss nicht mehr viel kraxeln, stattdessen geht es auf den alten, treppenbewehrten Wegen weiter durch die Granitbrocken hindurch. Spektakulär ist eine äußerst steile, im unteren Teil stark verfallene Felstreppe, die von einigen Wanderern rückwärts genommen wird. Drüben wieder hinauf und zwischen Felsen weiter Richtung Eulenstein.

Nicht viel weiter nach Osten befindet sich der letzte große Felsen des Granitkamms, der Eulenstein. Wir sind ihn von Süden angegangen (I), leichter ist der Wanderweg, der zu seinem Gipfel führt. Oder besser: Zu einem Rastplatz unter dem überhängenden Gipfelfelsen, auf den man nur über eine ausgesetzte IIer-Stelle kommt. Die Passage ist griffarm, aber ein senkrecht verlaufender schmaler Spalt hilft auf den höchsten Punkt.

Nun auf einem schönen schmalen Wanderpfad unterhalb des Eulenfelsens hinüber zum Sand. Man kann hier schon über den Wiedenfelsen ins Tal absteigen, aber weil sich das Wetter besser entwickelte, als wir befürchtet hatten, wollten wir noch einen Eintausender mitnehmen: Den Mehliskopf.

Aufmerksames Gehen bescherte uns dann kurz vor dem Sand noch einen Felsgipfel: Den Bärenfels. Der eindrucksvolle Felsturm ist zwar mit einer Treppe erschlossen, deren Stufen sind aber derart wackelig, dass eine Besteigung derzeit nicht ganz ohne ist.

  • Stand August 2019: Der Bärenfels ist für Besucher gesperrt. Einige Stufen sind locker, im obersten Teil der Treppe hängt eine Betonstufe frei in der Luft, dutzende Meter über dem Abgrund, nur noch gehalten von einer Stütze des Treppengeländers. Das ist nicht sichtbar, deshalb lebensgefährlich, hier besteht derzeit Absturzgefahr! 

Sand (824m) ist nicht wirklich ein Ort, sondern eine Ansammlung von Häusern an einem Pass. Hier überquert ein Übergang vom Rheintal ins Murgtal die Schwarzwaldhöhe. Früher war das mal ein Skigebiet, das wurde mittlerweile mangels Schnee in einen Outdoorspielplatz mit Sommerrodelbahn und Baumklettergarten umgewandelt.

Von derlei Naturnutzung haben wir uns ferngehalten und sind in 15 Minuten auf den Mehliskopf gestiegen. Der ist schöner, als man angesichts der Skihänge denkt. Und vom Mehliskopfturm (1010m), der ein wenig alten römischen Wachttürmen ähnelt, hat man eine tolle Aussicht.

Nun auf gleichem Weg wieder hinunter, und dort, wo der Wanderweg kurz vor der B500 nach rechts Richtung Sand abzweigt, geradeaus zur Bundesstraße. Hier gerade hinüber und auf einem breiten Waldweg weiter geradeaus hinunter. Bald kommt der Wanderweg vom Sand hinzu und es geht beschildert weiter zwischen unzähligen Granitblöcken hindurch zum Wiedenfelsen. Hier steht eines der alten Hotels, von denen es auf den Höhen des Nordschwaldes einige gibt. Leider stehen die meisten leer und sind dem Verfall preisgegeben. Dieses ist zum Glück renoviert worden und lässt wieder etwas vom Glanz alter Tage erahnen.

Wir sind zunächst von der Haarnadelkurve der Sandstraße aus auf den Felsen gestiegen, in der Hoffnung, ihn überklettern zu können. Bald steht man aber vor einem überhängenden, 25 Meter hohen Abbruch. Also wieder ein paar Meter zurück, und dann rechts hinunter. Gleich ein paar Meter unterhalb muss man sich in trittarmem Fels ziemlich lang machen, danach wird's leichter, und bald steht man unten auf dem schönen Treppen-und-Geländerweg, der hinüber zur Aussichstkanzel Wiedenfelsen (694m) führt. Hier haben wir wieder gemütlich gepaust und ein paar Touren in den Hohen Tauern geplant.

Nun wieder zurück zur Haarnadelkurve und gut beschildert rechts hinunter zum touristischen Highlight des Bühlertales: den Wasserfällen des Gertelbachs. Auf einer Strecke von etwa 800 Metern (mir kam es eher doppelt so lang vor) stürzt sich der Bach kaskadenartig 220 Meter tief in zahlreichen Fallstufen von bis zu 7 m Höhe hinunter, um sich unten mit dem Wiedenbach zum Wiedenbach zu vereinigen. Das ist nochmal ein herrlicher Abschnitt! Grün bemooste Granitfelsen liegen im Bach und im rötlichen Laub des Vorjahrs. Zahlreiche Treppen und Holzbrücken führen hinunter in den Talgrund.

Unten geht es dann an ein paar lustigen Schildern vorbei in wenigen Minuten zurück zum Parkplatz.


Fazit:

Diese Tour ist eine großartige Alternative zum benachbarten Karlsruher Grat, der an schönen Tagen ziemlich überlaufen ist. Hier, in ebenso unbezeichnetem wie unbekanntem Gelände, trifft man dagegen nur auf wenige Geher. Erst im stärker erschlossenen Bereich, östlich des Falkenfelsens, ändert sich das. Aber auch hier kann man den Massen gut aus dem Weg gehen, wenn man sich immer schön im T4-Gelände bewegt.

Die runden Granitfelsen sind rauh, und krallen sich in die härteste Sohle. Das macht viel Spaß, auch in solch griff- und trittarmem Gelände. Eine herrliche, und eher lustige als luftige Kraxelei! Man muss allerdings deutlich sagen, dass diese schöne Runde mehr und mehr zuwuchert. Zusätzlich zur Kraxelfähigkeit muss man mittlerweile auch eine Protion alpinen Humor mitbringen. Allerdings hat inzwischen (Stand August 2019) ein netter Mensch die Tour bis über die Brockenfelsen wieder freigeschnitten. Vielen Dank dafür!

Alles andere sind normale Wanderwege, aber für den Nordschwarzwald, der alles in allem ja gegen den Südschwarzwald ein wenig abfällt, besonders schön. Absolute Empfehlung für Erfahrene mit Sinn fürs Abenteuer!



Tipp:

Man kann die Tour auch in einer Exträjmvariante gehen. Ist hier dokumentiert. Aber ich war garantiert nicht das letzte Mal dort. Vielleicht finde ich ja eine noch spektakulärere Route! Oder Ihr?


Tipp 2:

Ich habe eine gefunden! Von der Straße aus, die aus dem Bühlertal hinauf Richtung Sand führt, sieht man mehrere Granitrippen, die die gesamte Südflanke des Bergs bis hinauf zum Kamm durchziehen. Gleich auf der ersten dieser Rippen (von Westen kommend) kann man bis hinauf zu den Brockenfelsen aufsteigen. Ich gelangte zwischen dem schmalen Durchschlupf und dem Aussichtspunkt auf den Kamm. Meine Route: T6/II-III.

Tourengänger: Nik Brückner, Judith7


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Kommentare (2)


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Bernhard01 hat gesagt:
Gesendet am 11. September 2014 um 10:41
Super Tour !!
Habt ihr n GPS File von der Tour ?

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 19. April 2017 um 16:51
Nopsen, tut mir Leid! Aber mit Karte und meiner Beschreibung sollte es eigentlich möglich sein, die Route zu finden. Ich hab trotzdem mal die Route beigefügt - letztes Bild ind er Galerie.

Gruß,

Nik


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