Karlsruher Grat - Schliffkopf - Allerheiligen


Publiziert von Nik Brückner , 6. August 2014 um 20:20. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum:15 Juni 2014
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:23km

Die klassische Runde von Ottenhöfen über die Schlucht des Gottschlägbachs, den Karlsruher Grat und Allerheiligen kann man schön ausbauen, indem man die Eintausender des Nordschwarzwalds noch mitnimmt: Melkereikopf (1016m) und Schliffkopf (1055m). Das hab ich neulich mit der Judith7 gemacht. "Calculations Of The Ancients" - Jazzmetal von Super Massive Black Holes im Player - zur Motivation.

Ich habe die klassische Variante hier bereits ausführlich beschrieben, darum hier nur die Kurzfassung. Auf die Erweiterung gehe ich dann ausführlicher ein. Wer ein aufschlussreiches Video vom Karlsruher Grat sucht, kann sich das hier mal anschauen.



Man startet diese Tour am Besten in Ottenhöfen oder auf dem Parkplatz am Steinbruch im Gottschlägbachtal. Diesmal sind wir nach dem Kieswerk nicht in die Schlucht des Gottschlägbachs, sondern direkt vom Parkplatz aus in den Wald hinauf, wo ein schmales Weglein ins Tal hinter führt. Edelfrauengrab und Wasserfälle umgeht man dabei zwar, dafür kann man sie am Ende wieder einbauen.

Nun immer auf der im Sinne des Aufstiegs linken Hangseite weiter das Gottschlägbachtal hinauf. Bald zweigt man dann von einem breiten Holzabfuhrweg in spitzem Winkel nach links ab und steigt zum Grat hinauf - nicht ohne dem Aussichtspunkt Herrenschrofen (635 m), von dem aus man eine tolle Aussicht hinaus ins Rheintal hat, noch einen Besuch abzustatten. Oben folgt man dann den Wegweisern zum Grat.

Der Karlsruher Grat ist ein ungefähr 700 Meter langer, passagenweise recht scharfer Felsgrat. Die Felsen bestehen aus Quarzporphyr, der vor rund 290 Millionen Jahren durch Erkaltung der Magma-Füllung einer vier Kilometer langen und ca. 750 Meter breiten Gesteinsspalte entstanden ist. Erosion trug die weicheren Gesteine ab, während der härtere und widerstandsfähigere Porphyr als Grat herausgebildet wurde.

Über diesen Grat führt heute eine alpine Route, die auf alten, leider nicht mehr vorhandenen Schildern als "Kletterpartie" bezeichnet wurde. Ziemlich treffend: Die Route führt den Grat entlang über die rauen Porphyrfelsen. Der abschnittsweise anspruchsvolle Grat ist an einigen Stellen recht ausgesetzt und absturzgefährlich, aber – im Gegensatz zu richtigen Klettersteigen – nicht mit Drahtseilen oder Tritthilfen versehen. Weshalb er auch kein Klettersteig ist, auch wenn man das oft liest.
Eine Tourenbeschreibung zu sämtlichen Schwarzwälder Klettersteigen findet sich hier.

Die genaue Route kann frei gewählt werden, auch eine gratnahe Umgehung ist möglich. Auf dem Grat selbst sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sowie gutes Schuhwerk gefragt. Auch sollte man die Route bei Nässe meiden.

Die Kletterei nimmt je nach Können etwa eine halbe bis eine Stunde in Anspruch. Die Schlüsselstelle bildet dabei ein kleines Wandl, das Kletterfertigkeiten im unteren zweiten Grad abverlangt. Die Wanderschwierigkeiten übersteigen direkt auf dem Grat T4- nicht, wer allerdings wie wir die Route hier und da ein wenig aufwürzt, kann leicht in T6-Gelände geraten.

Ein aufschlussreiches Video vom Karlsruher Grat gibt's hier. Wem das nicht gefällt: Für Ungeübte bietet sich ein schmaler Waldpfad auf der Nordseite des Grates zur, je nach Laune und Können, vollständigen oder teilweisen Umgehung der Kletterpassagen an.

Der Name "Karlsruher Grat" ist im Übrigen nicht ursprünglich. Früher trug die gesamte Gratschneide (wegen der Eichen, die hier stehen und wegen ihrer Ähnlichkeit mit einem Dachfirst) den Namen "Eichhaldenfirst". Dieser Name ist heute auf einen quer verlaufenden Felsriegel zusammengeschnurrt. Als der Grat Anfang des 20. Jahrhunderts zum Anziehungspunkt für Kletterer aus dem Karlsruher Raum wurde, und erste Todesfälle gemeldet werden mussten, benannte die Gemeinde ihn 1926 zu Ehren der verunglückten Karlsruher um.



Judith7 und ich sind munter über den Grat gekraxelt und haben dabei auch jede mögliche Verzweigung erkundet. Besonders das "Gipfel"kreuzerl des Eichhaldenfirsts lockt, allerdings gilt es dabei, eine ziemlich ausgesetzte Gratkletterei zu bewältigen (T6). Kein Gelände zum Auspsychen!

Wie gesagt, wer am eigentlichen Karlsruher Grat bleibt, hat keine Schwierigkeiten zu gewärtigen, die über T4/I hinausgehen.

Am Ende des Grates in der Wand hinunter, und gegenüber am Rücken wieder hinauf, bis zur Straße (K5370). Hier auf der gegenüberliegenden Straßenseite hinauf in die Hänge des Melkereikopfes. Diesmal sind wir bis zum Gipfel gegangen (1024m). Ein wunderschöner schmaler Weg führt schräg den Hang hinauf. Oben geht es dann auf einem breiten Fahrweg nach rechts und um die Kuppe des Melkereikopfes südseitig herum. Bald steht man im Sattel zwischen Melkereikopf und Schliffkopf, wo man auf den berühmten Westweg stößt. Nun in gerader Linie auf wunderschönem Pfad den Schliffkopf hinauf. Mit 1055 Metern ist das der höchste Punkt der Tour.

Hier hat man einen schönen Blick hinunter auf den K'Grat und ins weite Rheintal, bis hinüber zu den Vogesen: Im Süden sind noch Feldberg, Belchen und Blauen zu erkennen. Dann beginnt auf der anderen Seite des Rheintals die Kette der Vogesen, mit dem Grand Ballon und dem Petit Ballon. Es folgen das HohneckTanet und Gazon du Faing. Dann zeigen sich Tête des Faux und Grand Bézouard. Weiter Richtung Westen sieht man Ungersberg, Climont, den langgezogenen Champ du Feu, davor den Mont Sainte-Odile. Genau im Westen dann die Donons und der Rocher de Mutzig. Mit dem Schneeberg und weiteren Erhebungen senken sich die Vogesen danach ab. Erst im Nordwesten sieht man mit dem Grand Wintersberg und den ersten Gipfeln des Pfälzerwaldes wieder ein paar höhere Erhebungen. Begrenzt wird diese Aussicht durch den Schliffkopf im Süden und die Hornisgrinde im Norden.


Vom Gipfel nun leicht nach rechts hinunter und über einen Fahrweg. Hier beginnt der weniger schöne Teil der Tour, denn bis zur Klosterruine Allerheiligen bewegen wir uns ausschließlich auf solchen Holzabfuhrwegen. Nun, manche stört das ja nicht so sehr. Mein Ding ist's nicht.

Nun immer weiter hinunter zum Kloster Allerheiligen (620m), das nach einer halben Stunde Abstieg erreicht ist.

Allerheiligen ist ein heute noch als Ruine erhaltenes ehemaliges Prämonstratenser-Chorherrenstift, das um 1195 gegründet wurde. Die Reste der gotischen Kirche sind bis heute ein Anziehungspunkt für Kunstinteressierte, Ausflügler und Wanderer. Dementsprechend gibt es hier die übliche Infrastruktur: Parkplätze, Schautafeln, Einkehrmöglichkeiten, Eis.


Das Stift Allerheiligen wurde in einem abgelegenen Tal oberhalb einer Felsschlucht auf der straßburgischen Seite der damaligen Bistumsgrenze gegründet. Der Platz soll durch einen Esel bestimmt worden sein: Oberhalb dieser Stelle hat er einen Geldsack abgeworfen, der dann bis in die Talmulde an den zum Klosterbau bestimmten Ort gerollt sei....

Naja. Realer Kern der Sage könnte sein, dass das Kloster im 12. Jahrhundert nur mühselig über den Sohlberg auf einem Eselpfad erreicht werden konnte. Die Wahl durch Gott höchstpersönlich könnte auch bei den vielen Auseinandersetzungen um das Kloster geholfen haben. Na, und solche Gründungssagen, die eine zufällige oder gottgewollte Ortswahl proklamieren, sind zu dieser Zeit recht populär gewesen.

Um 1195 herum wurde die Gründungsurkunde für das Prämonstratenser-Chorherrenstift von der kurz zuvor von Welf VI. verwitweten Herzogin Uta von Calw (Uta von Schauenburg) ausgestellt. Uta war zu diesem Zeitpunkt bereits über 70 Jahre alt. Die Gründung wurde daraufhin vom staufischen Kaiser Heinrich VI. bestätigt. Die Stiftung umfasste neben dem eigentlichen Grund und Boden (die Hänge von Schliffkopf, Braunberg, Sohlberg, Eselskopf und Melkereikopf) fünf Höfe im Renchtal, ein Waldstück, Fischfangrechte sowie als wertvollsten (und umstrittensten) Besitz das Patronat über die Kirche von Nußbach mit dem zugehörigen Kirchenzehnten.
 
In dieser Gegend hatten nun auch die Adelsgeschlechter der Zähringer, Staufer und Welfen umfangreichen Besitz. Streitereien dieser Familien waren an der Tagesordnung und spiegelten Konflikte um politischen Einfluss auf Reichsebene wider. Die Gründung des Stifts könnte in diesem Zusammenhang auch dazu gedient haben, Besitz- und Gebietsansprüche zu erheben und zu unterstreichen.
 
Durch das Aussterben der Zähringer und Staufer im 13. Jahrhundert festigte sich der Einfluss der Straßburger Bischöfe. Allerheiligen übernahm, von Straßburg gefördert, die kirchliche Organisation des Renchtals. Mehr und mehr geriet Allerheiligen unter die Herrschaft der Bischöfe.

Nachdem 1469 größere Bauarbeiten in Angriff genommen worden waren, zerstörte ein Brand am 13. April 1470 Klausurgebäude und Kirche. Auch nach einem zweiten Brand wurde die Klosterkirche ab 1556 wiederhergestellt. Dann überstand Allerheiligen knapp die Reformationszeit, in der die meisten benachbarten Klöster untergingen. Während der Bauernkriege allerdings wurde das Kloster gestürmt und verwüstet. Erst gegen die Zahlung von 100 Gulden erreichten Adlige, Stift und lokale Bauern eine Einigung, die die Rückgabe der geplünderten Kirchengegenstände vorsah.

Ende des 16. Jahrhunderts eskalierten dann die Spannungen mit dem Straßburger Bistum. Johann Georg von Brandenburg, Kandidat der protestantischen Partei, untersagte Allerheiligen die Aufnahme von Novizen und ließ die Klosterschule schließen. Die in Allerheiligen verbliebenen drei Chorherren wählten 1594 Jakob Jehle zum Propst, der jedoch von Johann Georg nicht bestätigt wurde. In der Folge wurde Jehle sogar von Soldaten des Bischofs gefangengenommen, und verschwand ohne ein weiteres Lebenszeichen...

Eine Auflösung des Stifts konnte dennoch knapp verhindert werden. 1600 wurde unter dem katholischen Bischofskandidaten ein neuer Propst bestimmt. Das Stift erhielt gegen Zahlung einer jährlichen Abgabe seine Güter und Rechte zurück.
Allerdings lebte damals nur noch ein Kanoniker in Allerheiligen. Schließlich verzichtete Johann Georg auf seine Rechte am Bistum.

Es folgte der Dreißigjährige Krieg - den das Stift aber trotz großer Verwüstungen im Renchtal unbeschadet überstand. Danach erlebte das Stift dann seine größte Blüte: Die Zahl der Kanoniker stieg wieder auf über zwanzig an. 1657 wurde Allerheiligen zur Abtei erhoben. Die Klosterschule entwickelte sich im 18. Jahrhundert zu einem renommierten Gymnasium mit Internat, das über 50 Schüler beherbergte. 1773 konnte die Abtei Reliquien der Heiligen Clemens von Metz und Bonifatius erwerben, die die Anziehungskraft als Wallfahrtsort erheblich vergrößerten: An Feiertagen kamen bis zu 2000 Pilger. Pacht- und Zinseinkommen sowie Forsterträge sorgten zusätzlich für eine umfangreiche finanzielle Ausstattung.

Dadurch verstärkte sich allerdings auch der Zugriff der Straßburger Bischöfe. Streitigkeiten entzündeten sich regelmäßig an Steuerforderungen Straßburgs sowie an der Wahl des Propstes bzw. Abts. Nachdem die Finanzen des Stifts bereits mehrfach zur Erweiterung der Straßburger Machtbasis eingesetzt worden waren, ließ Bischof Louis César Constantin de Rohan-Guéméné den Konflikt 1757 eskalieren, indem er die Bestätigung der Abtswahl verweigerte, keine neuen Pfarrer mehr einsetzte und alle von Allerheiligen eingesetzten Pfarrer durch Kapuzinerpatres ersetzte. Die Abtei musste kapitulieren.

Im Rahmen der Säkularisation wurde das Stift dann 1802 aufgehoben. Die 29 Mitglieder des Konvents mussten die Abtei verlassen und wurden in Lautenbach untergebracht. Zur Sicherung der seelsorgerischen Arbeit wurden vom badischen Staat zwei Kapuziner nach Allerheiligen entsandt. 1804 beschädigte dann erneut ein Brand das Klostergelände. Damit war dem Klosterleben ein Ende gesetzt: Einrichtung und Bibliothek wurden verkauft, kurzzeitig wurde in den Gebäuden eine Wollspinnerei betrieben, 1812 wurden die Gebäude allerdings auf Abbruch versteigert und als Steinbruch für die neuen Kirchen in Ottenhöfen und Achern benutzt. 1820 stürzte die Klosterkirche endgültig ein.

Der Rest ist schnell erzählt. Die Romantik zog erste Besucher an. Ab 1840 wurden die Büttensteiner Wasserfälle unterhalb des Klosters touristisch erschlossen, 1844 eine Gaststätte in den Klostergebäuden eingerichtet, nachdem die badische Forstdomäne die Nutzung als Steinbruch untersagt hatte. Bald begann man mit der Sicherung der Ruinen.
 
1853 besuchte Karl Baedeker die Reste der Abtei und beschrieb sie in seinem Reiseführer, was die Besucherzahl weiter steigerte, 1871 wurde die Gaststätte zu einem dreistöckigen Kurhotel erweitert, 1887 entstand sogar ein zweites Hotelgebäude.

Tja, und dann kam Allerheiligen zu Weltruhm.

Ein gewisser Samuel Langhorne Clemens hatte Baedekers Reiseführer gelesen und besuchte 1878 im Zuge seiner seiner Europareise die Ruine. Und beschrieb Abtei, Wasserfälle und das Hotel wiederum in seinem eigenen Buch "A Tramp Abroad". Es erschien unter seinem Pseudonym: Mark Twain.

"Den ganzen Nachmittag ging es bergauf. Um fünf oder halb sechs erreichten wir den Gipfel und plötzlich teilte sich der dichte Vorhang des Waldes und wir schauten in eine tiefe, schöne Schlucht hinunter mit einem weiten Panorama bewaldeter Berge dahinter, deren Gipfel in der Sonne leuchteten und deren von Lichtungen durchzogene Hänge von violetten Schatten gedämpft wurden. Die Schlucht zu unseren Füßen – genannt Allerheiligen – bot am Ende ihres grasbewachsenen Bodens gerade genug Platz für ein abgeschieden von der Welt mit ihren Belästigungen gelegenes, gemütliches, entzückendes Menschennest, und folglich hatten die Mönche der alten Zeit nicht verpasst, es zu entdecken. Hier waren die braunen und anmutigen Ruinen ihrer Kirche und ihres Konvents, die bewiesen, dass auch die Priester vor siebenhundert Jahren bereits den gleichen guten Riecher hatten, die besten Winkel und Ecken eines Landes aufzuspüren, wie heute."


Wir besichtigten die eindrucksvollen Ruinen der alten Abteikirche.

Von der Kirche sind die Westfassade, die südlichen Langhausarkaden, die Seitenkapelle des südlichen Querschiffs sowie der Abschluss des nördlichen Querschiffes erhalten, in dem sich heute noch ein Treppenhaus befindet. Von den nördlichen Arkaden des Langhauses sind nur noch die Sockel zu sehen. Am südlichen Querschiff ist der Anschluss des Klausurgebäudes erkennbar; Mauerreste des östlichen Konventsgebäudes wurden zwischen 1976 und 1980 freigelegt.

Die ältesten noch erhaltenen Bauteile der Klosterkirche wurden auf die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert. Stilistisch orientieren sie sich an der Straßburger Bauhütte. An der Ruine können Stilmerkmale aller Epochen von Spätromanik bis Spätgotik entdeckt werden: Die Westfassade stammt aus der Zeit der Spätromanik. Daran schloss sich ein dreischiffiges spätgotisches Langhaus an. Der wie die Querschiffarme viereckige Chor weist frühgotische Stilelemente in den Kapitellen und den Gewölberippen auf. Diese werden auf die Zeit zwischen 1220 bis 1250 datiert und gehören damit zu den ältesten bekannten gotischen Bauformen am Oberrhein.

Der gotische Kapellenanbau am südlichen Querschiff ist äußerlich noch erhalten und weist im Innern ein noch vollständiges sechsteiliges Gewölbe mit Schlussstein auf.

An der Südseite der Kirche schlossen sich Klausurgebäude und Kreuzgang an.
Von diesen restlichen Abteigebäuden blieben lediglich der als Forsthaus und später als Hotel genutzte Gebäudeteil sowie das Ökonomiegebäude erhalten, ebenso Teile der Gartenanlage. Die auf drei Terrassen angelegte spätbarocke Gartenanlage ist sogar noch recht gut erhalten, einschließlich der Becken und der Balustrade der oberen Terrasse.


Wir gaben uns noch das Eis, und verließen das Klostergelände dann auf dem Talweg, hinunter zu den Allerheiligen-Wasserfällen. Diese wurden um 1840 durch einen Steig mit vielen Treppen begehbar gemacht. Die Fälle sind toll, weil die Schlucht richtig tief und eng eingeschnitten ist, und das Wasser einige hohe Stufen überwinden muss.

Die Allerheiligen-Wasserfälle sind nichts Geringeres als die größten Wasserfälle des Nordschwarzwalds. Der Grindenbach fällt hier durch eine enge Porphyr-Schlucht über sieben Stufen insgesamt 66 Meter in die Tiefe. Wegen der Auskolkungen (Gumpen oder Bütten) unter den Katarakten nennt man die Fälle auch "Büttensteiner Wasserfälle" oder "Die Sieben Bütten".

Die Wasserfälle gehörten jahrhundertelang dem Kloster Allerheiligen. Erst am Anfang des 19. Jahrhunderts erkundeten romantische Zeitgenossen die bis dato unzugängliche Schlucht mit Hilfe von Leitern. 1840 baute dann die Forstverwaltung einen Weg, der über mehrere Treppen und Stege die Schlucht begehbar machte. Der Steig musste seither mehrfach renoviert werden und ist seit 1964 ein aus Sandstein aufgemauerter Treppenweg.

Am Ende der Schlucht angekommen (hier ist ein kleiner Parkplatz an der K5370) gez dann nach rechts hinauf in den Wald. Oben wieder rechts und hoch über den Wasserfällen, mit spektakulären Tiefblicken, wieder zurück zum Kloster.

Hinter dem Kloster geht es nun über eine Wiese an einer unschönen Kapelle vorbei hinauf zum Wald, wo es linkswärts weitergeht. Dort treffen sich an einer Y-Kreuzung im Wald, wo auch ein Parkplatz ist, die Straßen K5370 und K5371.Wir queren hier die K5370 und wählen den unteren der beiden Wege, die uns ins Kolbenloch, den Talschluss der Unterwasser, führen. Über einen breiten Waldweg (die zweite unschöne Passage der Tour), geht es hinauf zu den Häusern am hübschen Blöchereck, von wo aus wir auf kleinen Pfaden rechtswärts ins Gottschlägbachtal absteigen.

"Tal" ist untertrieben. Das Gottschlägbachtal ist die zweite Schlucht des Tages. Sie beginnt gleich hinter dem ehemaligen Gasthaus Edelfrauengrab und ist bis zur Gumpe "Deglerbad" etwa 700 Meter lang. Die eigentliche Talenge endet allerdings bereits knapp 300 Meter unterhalb des Deglerbads. Moos- und farnüberwucherte Felshänge umrahmen hier eine Abfolge abwechslungsreich geformter Fallstufen, deren Höhen von drei bis acht Metern reichen. Insgesamt verliert der Bach auf dieser 200 Meter langen Schluchtstrecke rund vierzig Höhenmeter.

Das Gottschlägtal liegt in einer der niederschlagsreichsten Gegenden Deutschlands. Die Wassermassen und die großen Höhenunterschiede lassen in der Schlucht unterschiedlich widerstandsfähige Gesteine als Gefällestufen sichtbar werden. Gumpen am Fuß der Fallstufen zeigen, dass an den Aufprallstellen die größte Erosionsleistung wirksam ist.

Erstmals gangbar gemacht wurde das Gottschlägtal in den Jahren 1857 bis 1862. Damals legte die Försterei Ottenhöfen die erste Weganlage in der Schlucht an. 1887 wurde dann das Gasthaus Edelfrauengrab errichtet. 1966 musste die Weganlage nach einem Unwetter wiederhergestellt werden.

Wir wanderten durch die Schlucht hinunter. Schon gegen Ende kamen wir am Edelfrauengrab vorbei.

Um die grottenartige Auskolkung in der Schluchtwand. spinnt sich eine düstere Sage. So steht es auf einer Tafel in der Schlucht:

"Ritter Wolf von Bosenstein war während der Zeit der Kreuzzüge zusammen mit dem kaiserlichen Heer ins Heilige Land gezogen, um dieses aus der Hand der Sarazenen zu befreien. Seine Frau, die er zurücklassen musste, nahm es allerdings mit der ehelichen Treue nicht so genau und lebte mit ihrem Liebhaber in Saus und Braus. Also, eigentlich lebte sie im Schloss Bosenstein...

Eines Tages klopfte eine Bettlerin mit sieben halbverhungerten Kindern am Schloss Bosenstein an und bat um eine milde Gabe. Angesichts ihrer sieben Kinder wurde sie von der hochmütigen Schlossherrin verspottet und schroff vertrieben, so dass sie Frau von Bosenstein mit folgendem Fluch bedachte: "Sieben Kinder sollst du auf einmal zur Welt bringen, alle so elend wie die, welche du verhöhnst." Der Fluch wurde wahr. Eine Tages brachte die Schlossherrin sieben Kinder zur Welt. In ihrer Not sah sie keinen anderen Ausweg, als ihre Dienerin zu beauftragen, die Kinder in einen Sack zu stecken und im Schlossweiher zu ertränken.

Gerade zu diesem Zeitpunkt traf die Dienerin den vom Kreuzzug zurückkehrenden Schlossherrn. Der stellte sie zur Rede, und nachdem ihm die Dienerin glaubhaft machen wollte, kleine Hunde ertränken zu wollen, nahm der Schlossherr den Inhalt des Sacks in Augenschein. Wutentbrannt befahl der Ritter die Dienerin zurück ins Schloss und trug ihr auf, der Herrin die Ausführung ihres Befehls zu berichten. Wolf selbst brachte die Kinder zu Verwandten auf die Burg Hohenfels im Elsass und ließ sie dort unter anderem im Harfespiel erziehen.

Sieben Jahre später ließ Wolf die sieben Kinder zu einem Fest auf die Burg Bosenstein bringen. In ärmlicher Kleidung spielten sie auf ihren Harfen und sangen von ihrem traurigen Schicksal. Auf die Frage aus den Reihen der Gäste, was solch eine unmenschliche Mutter wohl verdiene, antwortete die Schlossherrin: "Diese sollte bei einem Laib Brot und einem Krug Wasser lebendig eingemauert werden." Daraufhin erwiderte ihr von Zorn erfüllter Gatte: "So sei's, du hast dein eigenes Urteil gesprochen. Es soll an dir vollzogen werden!" Und so geschah es. Wolf ließ seine Gattin bei Wasser und Brot in eine von Wasser bespülte Höhle im Gottschlägtal lebendig einmauern. Letztendlich befahl er, den Bach in die Höhle hineinzuleiten, um seine Frau von ihren Qualen zu erlösen. Seit dieser Zeit heißt die Felsenhöhle das "Edelfrauengrab"."

Heimatland! Rauhe Sitten, da im Nordschwarzwald...

Und auch die Wasserfälle sind sehr sehenswert. Bald steht man dann wieder auf dem Parkplatz im Kieswerk.


Fazit:

Fantastische Tour, eine der schönsten im Nordschwarzwald. Zwei Schluchten, ein Grat, steile Hänge, wurzelige Wege, eine Höhle mit einer grausamen Geschichte - und wie zum Ausgleich eine gotische Klosterruine, mit Mark Twain -.mehr kann man als Romant nicht von einer Tour verlangen! Umso schöner wird sie, wenn man sie mit Judith7 geht, der Bergdame und besten Tourenpartnerin zwischen Wien und Monaco.


P. S.:

Auch wenn viele das tun, würde ich den Karlsruher Grat nicht zu den Klettersteigen zählen. Er ist zwar ein Steig, und man muss da auch klettern, aber es handelt sich nicht um eine eisengesicherte Via Ferrata im eigentlichen Sinne. Eine Tourenbeschreibung zu den Schwarzwälder Klettersteigen findet sich unter Alle Schwarzwälder Klettersteige - an einem Tag!

Tourengänger: Nik Brückner, Judith7


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Kommentare (6)


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Dino hat gesagt: Herrlich!
Gesendet am 6. August 2014 um 20:40
Salut Judith und Nik

Freut mich mal wieder was vom Karlsruher Grat und vom Nordschwarzwald zu hören!
Eine schöne Tour habt ihr da gemacht!

Dino

Nik Brückner hat gesagt: RE:Herrlich!
Gesendet am 6. August 2014 um 20:48
Heyho Dino!

Ja, gell, das ist ne fantastische Tour. Umso mehr, weil man in so einer Gegend so etwas gar nicht erwarten würde. und dann die ganzen Highlights.

Nur so langsam könnt's in den Alpen mal wieder aufhören zu regnen... ;-(

Dino hat gesagt: RE:Herrlich!
Gesendet am 6. August 2014 um 20:51
Ja es könnt wirklich mal aufhören mit dem Regen. Hab schon unzählige Touren geplant und am Vorabend wegen dem Wetter frühzeitig abgebrochen.

Es gibt übrigens noch mehr schöne Ecken in der Region... :)

Nik Brückner hat gesagt: RE:Herrlich!
Gesendet am 7. August 2014 um 08:43
Yep, ich sitze auch seit, na, im Grunde seit Wochen auf nem gepackten Rucksack. Ist schon ein bisschen frustrierend.

Schöne Ecken? Hast du Geheimtipps? Jenseits von T4?

Gruß,

Nik

quacamozza hat gesagt: Diese Tour...
Gesendet am 8. August 2014 um 16:33
...ist bei mir auch schon länger auf dem Radar.

T 6 im Nordschwarzwald, da müss mer hin...mal was anderes als immer nur Allgäu.

Den Schliffkopf kenne ich bisher nur als Wellness-Hotel.

Ein guter Tourenvorschlag...

Lieben Gruß an Euch
Ulf

Nik Brückner hat gesagt: RE:Diese Tour...
Gesendet am 8. August 2014 um 19:08
Hi Ulf!

Ja, das ist ne klasse Tour. Bissl viel los am Grat, aber Spaß macht's auf jeden Fall. Viel einsamer ist aber die Tour im Wiedenbachtal, die kennt kein Mensch!

Na, wir werden uns schon mal zusammenfinden, da bin ich mir sicher. Dir erstmal viel Spaß in waagrechteren Gegenden!


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