Gazzirola (2.116 m) - von Colla nach Tesserete


Publiziert von dulac , 11. März 2012 um 12:40.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Sottoceneri
Tour Datum:29 Februar 2012
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo San Jorio-Monte Bar   I 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1750 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bus von Lugano resp. Bahnstation Lamone-Cadempino bis Tesserete, dann Bus Nr 448 bis Colla
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Bus von Tesserete nach Lugano (Bahnstation oder Lugano Centro) oder Bahnstation Lamone-Cadempino
Kartennummer:SLK 1:25.000 Tesserete (Nr. 1333) und Porlezza (Nr. 1334)

Der Gazzirola hatte bereits im letzten Jahr auf meinem Programm gestanden. Spielverderber damals war das militärische Sperrgebiet bei Isone, das auf der LK nicht vermerkt war, durch das ich damals jedoch den Aufstieg geplant hatte, leider an einem normalen Wochentag und nicht am Wochenende, wo es zugänglich gewesen wäre.
 
Vor einigen Wochen hatte mich dann ein Bericht von marmotta auf die Idee gebracht, das Projekt noch einmal ins Auge zu fassen, diesmal jedoch mit Aufstieg  vom hinteren Val Colla aus.
 
Während marmotta jedoch in Tesserete gestartet war, schien es mir vorteilhafter, bis Colla mit dem Bus zu fahren. Im Hinterkopf hatte ich dabei die vage Idee, eventuell vom Gazzirola noch weiter bis zum Camoghé zu wandern. Dann bliebe allerdings nicht mehr genügend Zeit über den langgezogenen Grat über den Monte Bar nach Tesserete zurückzukehren, sondern ich hätte wieder nach Colla absteigen müssen.
 
Soviel zu den Vorüberlegungen.
 
Doch am Morgen des 29.Februar stand ich nun erst einmal an der Bahnstation Lamone-Cadempino und suchte nach der Haltestelle des Busses, der mich Tesserete näher bringen sollte. Gar nicht so einfach, denn es gab dort allein drei davon, wenn auch nicht allzu weit voneinander entfernt.
 
Der Bus war schließlich gefunden, jetzt brauchte ich nur noch eine Fahrkarte. In Verkehrsverbünden bestehen häufig gewisse Besonderheiten. Üblicherweise findet man dazu in den Kursbüchern oder in speziellen Prospekten die erforderlichen Informationen. Nicht so allerdings im Tessin. Deshalb wollte ich es mir erst gar nicht antun, meine Fahrkarte bis nach Colla am Automaten zu kaufen. Bei Bussen kann man zumindest hier diese Aufgabe ja viel leichter an den Bus-Chauffeur weiterdelegieren.
 
Ich bat ihn also um "un biglietto per Colla solo andata con meta-prezzo". So weit so gut. Er bemühte sich nach Kräften mit intensivem Tippen auf seiner Maschine mir das entsprechend Ticket  auszustellen. Minuten vergingen, gottseidank verspätete sich die Abfahrt dadurch nicht, da bis dahin noch ein wenig Zeit war. Dann kam die Antwort, ja, eine Monatskarte nach Colla könne er mir ausstellen.....

Ich aber wollte nur eine einfache Fahrt. Erneutes Tippen, dann der Griff zum telefonino und der Anruf in seiner Zentrale. Doch nichts zu machen, einen durchgehenden Fahrschein wie gewünscht, könne er mir leider nicht ausstellen. Höchstens einen bis nach Tesserete, dort müsse ich mir dann einen separaten Fahrschein für die Weiterfahrt besorgen. Na gut, zwar nicht ganz das was man sich unter einem Verkehrsverbund vorstellt, doch der Fahrpreis von 2 Franken 90 mit HT war auch für einen Währungsgeschädigten aus Euroland erschwinglich.

Da es eine Umsteigeverbindung nach Tesserete war, hat er mich dann noch darauf aufmerksam gemacht, wo genau ich umsteigen müsse und wo die Haltestelle für den Anschlussbus  (Cannobbio, Stazione in Bus Nr. 458 von Lugano) war.

Wirklich bemerkenswert wie freundlich und hilfsbereit die Busfahrer im Tessin sind! In diesem Fall nur noch getoppt am Abend desselben Tages, wo ich am Bahnhof Lugano mit Handschlag und einem „Guten Abend“ auf Deutsch vom Bus-Chauffeur  verabschiedet wurde!
 
Doch zurück zum Fortgang der heutigen Tour:
 
Kaum war ich am Bushalt in Colla gestartet, kreuzte ein junger Mann mit einigen Hunden im Schlepp meinen Weg. Einer aus seiner Meute hatte offensichtlich eigene Pläne. Denn auf meinem Steig gab es wohl die interessanteren Geruchsspuren zu verfolgen.
 
So ging es eine ganze Weile, die Rufe seines Herrchen wurden konsequent ignoriert.
 
Ich ging meinen Weg, er den seinen, hier und dort schnüffelnd, ein zufälliges Miteinander.
 
Dann stoppte er plötzlich und begann etwas auf dem Weg zu fressen. Ich stutzte: Nein, das kann doch nicht möglich sein: Pferdeäpfel, beliebt bei Spatzen zum Picken, das ist altbekannt, aber bei Hunden???    Seltsam! 
Erst zuhause erfuhr ich von einem befreundeten Hundebesitzer, daß das keineswegs ungewöhnlich ist. Nun ja, de gustibus .......          Aber ein Foto mußte ich doch noch machen, bevor es weiterging.
 
Es war mittlerweile nicht mehr weit bis Barchi di Colla, gut 200 Höhenmeter oberhalb von Colla, doch mein „Begleiter“ machte keinerlei Anstalten umzudrehen. Mir wurde dies allmählich unheimlich. Sollte er etwa ein – mir noch nicht bekanntes – von der UN oder einer anderen Institution verabschiedetes Grundrecht für Hunde auf freie Herrchenwahl  für sich in Anspruch nehmen?
 
Wer weiß, aber dann hätte er keine glückliche Hand bzw. Pfote bei der Auswahl gehabt, gerade auf mich als völligen Ignoranten im Hinblick auf Hundehaltung gekommen zu sein.  Am Ende wäre bei mir auch nicht ausgeschlossen, daß ich ihm Kitekat statt Chappi vorgesetzt hätte.
 
Jedenfalls mußte ich der Sache bald, und nicht erst auf dem Gazzirola ein Ende machen!
 
Einige energische „Vattene“ (Hau ab!) schienen ihn allenfalls ein wenig zu verwirren, machten alleine aber noch nicht den rechten Eindruck. Erst nachdrückliche Bewegungen mit meinen Stöcken zeigten dann mehr Wirkung. Er trollte sich tatsächlich, sichtlich enttäuscht, redete ich mir ein.
 
Hinter den Häusern von Barchi di Colla folgte ich dann zunächst dem ausgeprägten Weg und verfehlte damit den eigentlich angepeilten Steig entlang des Grats, wie ich bald feststellte. Doch das ließ sich einfach quer den Hang hinauf wieder korrigieren. Auch danach habe ich mich weniger an die vielfältigen Wegspuren gehalten, sondern bin mehr oder weniger direkt zum Kamm bei Pozzaiolo aufgestiegen. Dann immer auf dem Grat ebenfalls auf direktem Weg weiter zum Gipfel des Gazzirola.
 
Weniger ein „Gipfel“, vielmehr der wenig markante höchste Punkt einer Hochebene. Nur ein Wegweiser mit Orts- und Höhenangabe, ein Grenzstein. Kein Kreuz oder dergleichen, Gipfelbuch ebenfalls Fehlanzeige.
 
Aber schöne Aussicht und eigentlich der richtige Ort für eine ausgiebige Rast mit Brotzeit. 13 Uhr war es ja inzwischen geworden. Doch der kräftige Wind aus Nordosten ging durch Mark und Bein. Fotos vom Gipfel ja, aber die Rast definitiv nicht hier!  In einer Senke lagen die Ruinen eines Gebäudes, nicht schön anzusehen, aber als Windschutz durchaus brauchbar.
 
Mit diesen Wetterbedingungen war auch der Aufstieg zum Camoghé hinfällig geworden. Rückweg also über den langgestreckten Grat nach Tesserete. Und auf dem Weg bei der Capanna Monte Bar vorbei. Auf das Bier dort freute ich mich jetzt schon.

Auf dem Kamm über die Cima di Moncucco und den Monte Bar hatte es gelegentliche Schneereste, alles unproblematisch.
 
Je mehr ich mich dem Monte Bar näherte, desto blauer wurde der Himmel über mir. Der Sonnenschein intensiver.

Vor der Hütte dann auf der Bank zu sitzen, die schon kräftige Sonne im Gesicht zu spüren, die Aussicht auf Lugano und den See geniessen zu dürfen und ein kühles Bier in der Hand halten zu können, war dann mit der schönste Augenblick des Tages.
 
Er hätte gerne eine Stunde oder auch zwei anhalten dürfen. Leider war es aber schon nicht mehr weit bis 5 Uhr. Und bis Tesserete der Abstieg rund 2 Stunden, wenn man nicht trödelt.
 
Der Rest ist nun schnell erzählt. Zunächst entlang des Fahrsträßchens bis Motto della Croce. Ab hier auf möglichst direkter Route nach Tesserete, egal welcher Weg, er mußte nur zügig nach unten führen und die Richtung sollte ungefähr stimmen.
 
Kurz vor dem Eindunkeln war es tatsächlich geschafft. Ich mußte noch ein wenig nach dem Busbahnhof suchen. Aber bei den häufigen Kursen nach Lugano stand auch schon ein Bus abfahrbereit. Zwar nicht der direkteste, doch so kam ich noch in den Genuß einer kleinen Rundfahrt, und seine Endstation war nicht in der Innenstadt, sondern unmittelbar am Bahnhof. Für mich sehr praktisch.
 
Und zum Schluß wie schon erwähnt die persönliche Verabschiedung per Handschlag durch den Busfahrer.
 
Ein ausgefüllter Tag und eine außerordentlich lohnende Wanderung über einen langgestreckten Kamm bei prächtiger Aussicht






Tourengänger: dulac
Communities: ÖV Touren


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