Abschlusstour auf das Bishorn, 4153m aus dem Val d'Anniviers


Publiziert von alpensucht , 16. November 2010 um 00:06.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Mittelwallis
Tour Datum:10 Juli 2010
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2500 m
Abstieg: 2500 m
Strecke:Zinal - Cabane de Tracuit - Bishorn und retour
Zufahrt zum Ausgangspunkt:im Val d'Anniviers in Vissoie den Wegweisern nach Zinal folgen, in Zinal ganz durch den Ort, bis man an einen kleinen Campingplatz am großen Hauptschmelzwasserbach gelangt (gebührenfreier Parkplatz, sehr viel von Bergsteigern genutzt)
Unterkunftmöglichkeiten:Cabane de Tracuit

Nach einem sehr entspannten Tag am Illhorn und dem Lac Noir, entschieden wir nun unseren Hochtourenurlaub mit einem "leichten" 4000er ausklingen zu lassen. Dafür gaben wir uns zwei Tage Zeit, was angesichts der steigenden Gewitterneigung nachmittags sich als sehr richtig erwies.

Mit großer Entspannung sah ich diesen beiden Tourentagen entgegen nach den Strapatzen am Dom. Die einzige Sorge bereitete uns der Schlafplatz in der sehr beliebten Hütte auf 3254m, denn es war Wochenende und wir waren nicht gerade früh dran. Leider musste einer meiner Bergfreunde aus gesundheitlichen Gründen (am Dom zugezogen) auf dem Zeltplatz in Vissoie zurück bleiben.

1. Tag
So starteten wir nun zu dritt um 10:30 Uhr in Zinal wieder mit schwer bepackten Rucksäcken, wobei ich dieses mal schon etwas besser einschätzen konnte, was ich alles brauchen werde, somit sparte ich schon etwas an Gewicht. Zuerst hatten wir etwas Schwierigkeiten den richtigen Aufstiegsweg zu finden, da Anwohner uns mitteilten die Bergsteiger stiegen immer "direkt am Bach" (Torrent de Tracuit) auf, wo es aber nur anfangs eine Art Pfädlein gab. So drehten wir wieder um und gingen einfach auf markierten Wege in eine anfangs etwas seltsame Richtung (sieht erst so aus als käme man nach Zinal zurück), zweigte jedoch etwas später nach oben ab.

Auf meist wenig steilem Weg gelangt man über die Waldgrenze. Sehr viele Tourengänger kamen uns entgegen. Wir hörten mehrfach von einigen, dass die Cabane de Tracuit sehr überlaufen sei, nur noch etwa fünf bis zehn Schlaplätze frei seien, was unsere Befürchtungen bestätigte.
Wir wussten, dass auch vor uns sehr viele noch auf dem Weg in die Hütte waren, daher startete ich im (für mich) extremen Aufstiegstempo zur Hütte in der Hoffnung noch drei Schlafplätze buchen zu können. Knapp 20 Hüttenaspiranten konnte ich überholen und nach insgesamt 3 3/4 Std. (rund 1600Hm) stand ich vor der Hütte. Dabei bin ich wirklich an meine absolute Leistungsgrenze für diesen Tag gelangt.
Ab etwa 2700m gelangte man zunehmend in steiles Gelände. Den Rest des Weges musste man über steiles Geröll und teilweise schmierigen Schutt, zwei kleinere Schneefelder, und eine kurze sehr steile, versicherte Passage (auf den Col de Tracuit) bewältigen. Aus meiner Sicht trotzdem noch nicht T4 (Ist auch nur weiß-rot-weiß auf Markierungen und auf der Karte nur rot gestrichelt).
Der Wirt regte sich zuerst darüber auf, dass wir uns nicht vorangemeldet hatten (BITTE IMMER VORANMELDEN WENN MÖGLICH!!), da diese Tour ja erst seit morgens fest stand, gab uns dann aber die gewünschten Plätze (zu diesem Zeitpunkt die letzten drei!!! Man war ich glücklich darüber!).
Nun verschnaufte ich erstmal ordentlich und begann den Rundblick, der mir ja während des gesamten Aufstieges versagt blieb, zu genießen, Beim Aufstieg machte ich ab der Baumgrenze nur insgesamt 10min Pause!

Während alle übrigen Bishornaspiranten nach und nach zur Hütte gelangten, zog das Panorama langsam zu, ein Gewitter war im Anmarsch. So ergab es sich, dass später am Abend doch noch sehr viele Schlafplätze frei blieben, da wohl einige gleich wieder ins Tal abgestiegen sind. Hüttenromantik während des Gewitters wollte nicht so richtig aufkommen, da der Aufenthaltsraum total überfüllt war. Wir hatten uns aber eine recht gemütliche Ecke rausgesucht, und nutzten die Zeit, den morgigen Tag planerisch nochmal durch zu gehen sowohl im Kopf als auch auf der Karte.
Später um 19 Uhr gingen wir noch einmal vor die Tür, um einige Fotos zu schießen und den Weg bis zum Gletscherrand zu begutachten. Wer den verfehlt muss beinahe blind sein - auch im Schein der Stirnlampe am morgen!! Um ca. 20Uhr hieß es dann Schlafenszeit für uns. 

2.Tag
Nach für mich sehr erholsamer Nacht nach dem Gewaltaufstieg fühlte ich mich topfit für den Gipfelanstieg, wobei ich im nach hinein behaupte, man müsste für diesen Gipfel nicht einmal unbedingt "topfit" sein. Das soll allerdings keinesfalls heißen diese Tour sei anspruchslos.
Es handelt sich bei der Normalroute um einen Gletscherhatsch, im Frühsommer komplett ohne Felsberührung.
Nur mit einer weiteren Seilschaft des Tages standen wir bereits um 3:00Uhr auf, frühstückten sehr knapp und starteten kurz nach halb vier. Eine Seilschaft kam schon 20min vor uns weg. Diesmal sollte ich Seilschaftserster sein und hatte somit ein besonderes Augenmerk auf gefährliche Spalten zu richten.Schon nach wenigen Minuten auf dem Gletscher kommt man in ein größeres Spaltensystem, was aber um diese Zeit noch unproblematisch ist. Zahlreiche Trittlöcher der Bishornabsteiger der letzten Tage waren im Schein der Stirnlampe zu sehen, so dass man manchmal besser etwas neben der Spur entlang lief. Die ersten 400Hm legt man sehr flach, dafür aber recht weit über den Turtmanngletscher zurück. Bald kommen wir der ersten Seilschaft sehr nahe.
Ungefähr ab der Höhe von 3500m trifft man nur noch drei große Spalten an, die es zu überqueren gilt. Alle weiteren sind zu dieser frühen Zeit im Jahr noch dick überfirnt. Hier verläuft die Route allmählig auch in Richtung SW, wobei man vorher stets nach Osten marschiert ist, und wird etwas steiler als bis dahin. Auch den Sonnenaufgang über der Mischabel im Westen bestaunten wir ab hier. Noch etwas unterhalb des Sattels überholten wir die Seilschaft vor uns, wobei auch wir schon von zwei ganz flotten Genfern (auf ihrer ersten Hochtour, ohne Seil!!) überholt wurden. Mit großem Erstaunen und einiger Bewunderung sahen wir in der überholten Fünferseilschaft einen knapp 70 jährigen Mann, der allerdings zunehmend Probleme bekam. Er schaffte es bis auf den Sattel!!

Als zweite Seilschaft erreichten wir um 6:30 Uhr den Hauptgipfel des 4153m hohen Bishorn. Keiner von uns hatte irgendwelche Probleme mit der Höhe, da wir von der Domtour drei Tage zu vor sehr gut akklimatisiert waren. Kaum 20min auf dem Gipfel sahen wir unten auf dem Gletscher eine eindrucksvolle "Pilgermasse" aufsteigen. Ich zählte außer uns knapp 50 weitere Gipfelaspiranten. Deshalb machten wir uns schnell daran wieder in den Sattel abzusteigen, obwohl der Gipfel absolut nicht wenig Platz bot (allerdings große Vorsicht auf dessen Ostseite wegen einer sehr großen Wechte geboten!).

Auch im Sattel konnten wir noch die grandiose Aussicht geniesen. Doch das wohl allergrößte am Bishorn ist der Blick auf das Weisshorn mit seinem Nordgrat. Es zieht jeden unweigerlich in seinen Bann und der leise Wunsch wächst in mir, auf diesem einmaligen Gipfel eines Tages zu stehen.
Doch in der Gegenwart wurde zunächst etwas Energie getankt und dann zum Abstieg aufgebrochen, angesichts der vielen Bergsteiger, die noch hinauf kamen und der wieder recht hohen Gewitterneigung am Nachmittag (wir wollten natürlich bis ins Tal absteigen).

 Auf jedenfall kann man sehen, dass wir aus der Tour auf den Dom gelernt hatten, denn kurz vor 9 Uhr verließen wir bereits den Gletscher wieder als , obwohl unser Abstiegstempo nicht gerade hoch war. Zu dieser Zeit war die gesamte Firnauflage bis hinab auf 3250m noch "knüppelhart" gefroren.

Nach einer ausgiebigen Pause an der Hütte wollten wir diese um ca. 10:30 Uhr verlassen. Jedoch passierte ein kleines Missgeschick. Einer meiner Bergfreunde stieß aus Versehen beim packen meinen guten Mammuthelm von der Mauer der Hütte, der dann zuerst etwa 50m frei fiel, dann aufschlug und ziemlich lange abwärts rollte, sprang. Wenigstens lag die Seite ungefähr auf dem Abstiegsweg. Er versprach mir den wieder zu holen, was dann etwa eine Stunde zusätzlich beim Abstieg kostete und für ihn mühevolle 400Hm Abstieg über wegloses Geröll und Schneefelder bedeutete. Zum Glück war der Helm beim Abstieg nicht notwendig. Er hatte übrigens nachher einen kleinen Platzer in der  Schale und die Halterung für die Befestigung am Helm war abgeplatzt. Leider nicht mehr zu verwenden...

Dann leistete ich mir noch "ein Ding" beim Abstieg:
Natürlich stieg ich, sobald die steilen Geröllfelder überwunden waren wieder im Laufschritt ab. Irgendwie bereitet mir das jedesmal Freude, obwohl man dann ja eigentlich nichts wirklich mehr genießen kann. Zusätzlich kam für mich noch das schwere, nasse Vollseil an Gewicht dazu. Kurz unterhalb der Baumgrenze kam mir der misteriöse (abgekürzte) Aufstiegsweg, von dem die Einheimischen sprachen, in den Sinn. So wendete ich mich bald bei dem nächsbesten Kuhpfad nach links in den Wald. Bald wurde der Pfad schmaler und verschwand irgendwann gänzlich. Spuren, die nun nur noch zu sehen waren, konnten nur noch von Gemsen oder Schafen sein. Doch für ein zurück war es zu spät. Deswegen versuchte ich weiter in Richtung Torrent de Tracuit zu gelangen. Viel durch Unterholz stürzte ich sogar an einer stark bewachsenen, aber flachen Stelle, wegen eines morschen Baumes, auf den ich trat und der dann plötzlich nachgab. Dabei riss mir zu allem Überfluss noch ein Träger meines Rucksacks fast ganz ab. So musste ich in relativer Schieflage meinen "Weg" fortsetzen. Am Bach/Fall angekommen erkannte ich diesen in einer recht tiefen Schlucht. Deshalb versuchte ich an deren Rand weiter nach unten zu gelangen, wusste ich doch dass sich unser Parkplatz genau an der Müdung dieses Bergwassers befand. Hier befand ich mich schnell im T5+ Gelände wieder, in dem sich meine Trekkingstöcke immer wieder zusammen schoben. Ohne diese wäre ich dort allerdings definitiv nicht runter gekommen. Bald erreichte ich die ersten vom Bergwald umsäumten Almen, die ich weglos bis auf den Hauptabstiegsweg querte.
Trotz allem war ich fast eine Stunde eher da als meine Freunde und nutzte die Zeit meine Füße im Gletscherwasser zu kühlen.
Daraus musste ich wieder meine "Berglehre" ziehen, lieber auf dem Normalweg (besonders beim Abstieg!) zu bleiben. Den misteriösen abkürzenden Aufstiegsweg gibt es einfach nicht. Die Einheimischen mussten etwas anderes gemeint haben. Sprachbarriere...

Die Tour auf das Bishorn über die Tracuithütte würde ich jedenfalls immer weiter empfehlen. Dieser Gipfel ist besonders gut für Hochtourenanfänger geeignet, wobei niemals die Gefahren des Gletschers, besonders in den spaltenreichen Passagen, unterschätzen darf! Als abgeschiedener 4000er Gipfel mit diesen Anforderungen fällt mir nur noch der Gran Paradiso über dem Aostatal ein...
Der Abschluss unseres Hochtourenurlaubs im Val d'Anniviers war also durch aus gelungen, zu mal wir nachher in Vissoie noch das Finale der Fußball-WM mit erleben durften.
Hochzufrieden traten wir am Folgetag unsere Rückreise an.


Tourengänger: alpensucht


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