Vrenelisgärtli (2904 m)


Publiziert von gero , 29. Juni 2010 um 15:19. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum:25 Juni 2010
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Glärnischgruppe 
Zeitbedarf: 13:45
Aufstieg: 2130 m
Abstieg: 2130 m
Strecke:Klöntal-Plätz - Glärnischhütte - Schwander Grat - Vrenelisgärtli und zurück (26,3 km)
Kartennummer:1153 - Klöntal

Um es gleich vorwegzunehmen: das Vrenelisgärtli ist zwar schon oft beschrieben worden - aber trotzdem ein Erlebnis der Extraklasse. Vor allem, wenn man in dieser Zeit der ultralangen Tage pünktlich um 4:15 Uhr in Klöntal-Plätz (855 m) startet und zusammen mit einer zuverlässigen und konditionsstarken Seilkameradin wie Ursula am Stück hinaufschnurrt bis zum Schwandner Grat und hinüber zum Gipfel des Vreneli.

Der Weg hinauf zur Glärnischhütte ist bestens beschildert; nach Überwindung des ersten steilen Almstraßenstückes kommen wir an Chlüstalden (1063 m) vorbei. Weiter geht es das Rossmattertal aufwärts, es folgt nach einiger Zeit der Gasthof Käsernalp (1272 m). Hier befindet sich ein schmuckes, kleines Almdorf - einige schnuckelige Hütten, stilgerecht mit Schindeln eingedeckt, können sommers gemietet werden. Es ist allerdings erst 5:45 Uhr, als wir vorbeimarschieren, und es herrscht noch Nachtruhe - auf dem Rückweg werden wir am späten Nachmittag hier einkehren.

Nach Chäseren wird der Weg steiler - es geht hinauf zur nächsten Alm Wärben (1385 m), ein Hund kläfft uns an. die Almstraße endet hier, auf einem noch steileren Steig geht es die ewig lange Wiesenflanke aufwärts über Grieseren und Spitzplanggen zur Glärnischhütte. Gelegentlich sichern einige Ketten Wegstrecken ab, wo bei Nässe etwas Rutschgefahr bestehen könnte. Um 7:20 Uhr passieren wir die Gärnischhütte (1990 m) - 3 Std. für 1100 Hm und rund 9 km Horizontalentfernung, das ist schon ok.

Kurz vor uns sind einige andere Bergsteiger von der Hütte losgezogen, ebenfalls mit Ziel Vrenelisgärtli. Wir können sie ab und zu weiter droben ziehen sehen, sie marschieren bereits in der Morgensonne. Der Steig führt aufwärts an den Beginn des nördlich orientierten Steintällis; dann aber biegt er nach Süden ab, um im Bogen hinaufzuleiten an den Beginn des Glärnischfirns; wir betreten ihn gegen 8:15 Uhr auf ca. 2400 m an seinem unteren Ende.

Wie immer bei solchen Gelegenheiten ist die Frage: Steigeisen anziehen? Seil benutzen? Der Glärnischfirn zieht aber so harmlos und ebenmäßig aufwärts, daß wir uns entschließen, auf beides zu verzichten. Der Erfolg gab uns recht - wir konnten nicht ansatzweise so etwas wie eine Spalte erahnen. Inzwischen steht die Junisonne hoch am Himmel, gleichzeitig ist es vollkommen wolkenlos und fast windstill - es verspricht, ein grandioser Tag zu werden.

Der Neuschnee, der im Mai gefallen war, ist zwar noch nicht weggetaut - aber um diese frühe Morgenstunde noch recht ordentlich gefroren. So kommen wir zügig aufwärts, immer südlich unter den Aufschwüngen des Ruchen entlang in Richtung auf den namenlosen Sattel, der zwischen Ruchen und Schwander Grat eingebettet ist. Ursula saust vorneweg, bei mir geht es schon langsamer, aber schließlich stehen wir beide gegen 10:15 Uhr auf dem Schwander Grat (2883 m).

Und jetzt - wie weiter? Östlich gegenüber ragt recht markant unser eigentliches Ziel, das Vrenelisgärtli, in den blauen Himmel - noch blau, denn schon spielen einige dünne Wolkenfetzen um seine Grate und Wände, sie werden sich im Laufe der folgenden Stunden verdichten, allerdings ohne Niederschlag oder gar Gewitter zu bringen.

Vom Schwander Grat geht es nun knackig steil rund 80 Hm über Felsabbrüche hinunter zum Firngrat, der dann zum Vreneli hinüberführen wird. Diese Felsabbrüche sind die Schlüsselstelle der Tour - bis zum Schwander Grat ist sie als "Leichte Hochtour" einzustufen, der Rest gehört in die Kategorie "WS". Ohne die 2 Ketten, welche den Felsabbruch versichern, wäre auf dem Schwander Grat für den Durchschnittsbergsteiger allerdings Schluß: das Terrain ist durchaus ausgesetzt, und ohne die Ketten müßte man die Felsen sicher mindestens als III einstufen. Wir beide legen sicherheitshalber die Selbstsicherung an, und flott hangeln wir uns an den Ketten abwärts. Bleibt noch zu erwähnen, daß für diese dicken Ketten die konventionellen Karabiner zu klein sind - es sind Klettersteig-Karabiner (mit großer Öffnung) notwendig.

Auf der folgenden Querung des Firngrates hinüber zum Vreneli beginnt der Schnee bereits deutlich weich zu werden; hier haben wir sicherheitshalber Steigeisen und Pickel benutzt. Denn mit diesem Gratübergang ist nicht zu spaßen: südseitig hängen ziemliche Wächten über den Abgründen, und nordseitig geht es steil hinab. Die Aussicht über die Nordflanke abwärts zum Klöntaler See ist wirklich beeindruckend. Am Schluß ersteigen wir dann die leichten Felsen zum Gipfel des Vreneligärtli (2904 m), um 11:30 Uhr haben wir es geschafft: 7 Std ab Klöntal-Plätz, dabei kann aber mindestens eine Std. für Foto- und sonstige Pausen abgezogen werden.

Nach langer Rast auf dem Gipfel geht es dann auf dem gleichen Weg wieder zurück; anfangs können wir noch kurz hinübergucken zum alles überragenden Firndom des Tödi, dann verhüllen Quellwolken die Sicht. Hinunter ins Linthal reicht die Aussicht länger. Auf dem Rückweg rasten wir auf dem Schwandner Grat nochmals sehr lange, und dann geht es den Glärnischfirn wieder hinunter, nun in zunehmend weicher Schneeauflage. Auf der Glärnischhüte und bei der Käsernalp gibt es jeweils eine Einkehr - und als wir schließlich am späten Nachmittag gegen 18 Uhr wieder am Ausgangspunkt bei Klöntal-Plätz einlaufen, sind wir von der Sonne richtig durchgeglüht. Wurde auch Zeit nach SOOO langer Winterpause !

Tourengänger: Ursula, gero


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden


Geodaten
 2690.gpx Von Klöntal-Plätz auf das Vrenelisgärtli

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

WS-
11 Jun 11
Vrenelisgärtli · Sherpa
T4 WS- II
T4 WS II
T6+ ZS+ III K1
WS
27 Jun 10
Vrenelisgärtli 2904m · Elju
T4 WS
3 Jun 11
Vrenelisgärtli 2904 m · zahni
T6 III
27 Jul 13
Vreneli via Guppengrat · tricky
T4 WS I
1 Dez 11
Vrenelisgärtli 2904m · RainiJacky
T4 WS
1 Aug 11
Vrenelisgärtli 2903m · halux

Kommentare (8)


Kommentar hinzufügen

Bombo hat gesagt:
Gesendet am 29. Juni 2010 um 16:07
Gratuliere Euch zu dieser Top-Leistung - das Vreneli von Klöntal hin und zurück ist echt ne satte Tour! Als meine erste Hochtour überhaupt (damals noch mit einem österreichischen Bergführer, welcher fast keinen einzigen Berg rundherum gekannt hatte...) kommt beim Lesen dieses Berichtes natürlich grosse Freude auf - schön, konntet Ihr diese tolle Tour bei so herrlichen Verhältnissen geniessen!

Gruss
Bombo

alpstein hat gesagt:
Gesendet am 29. Juni 2010 um 17:22
Toller Bericht und tolle Fotos von dieser eindrücklichen Tour und Respekt vor der konditionellen Leistung, die Ihr Beide da vollbracht habt.

Grüße
Hanspeter

gero hat gesagt:
Gesendet am 29. Juni 2010 um 18:34
Herzlichen Dank für Euer Interesse an unserem Bericht und den lobenden Worten! Ja wirklich, wir hatten einen tollen Bergtag - und waren nahezu allein am Vreneli. Das gibt es sicher nur in der Vor- und Nachsaison!

Grüße zurück, Georg

Felix hat gesagt: schliesse mich Dominik und Hanspeter an ...
Gesendet am 30. Juni 2010 um 00:47
und mag es euch sehr gönnen, diese wunderschöne Parforce-Tour genossen zu haben!
Wie immer - auch ohne Pano ... - sehr lesens- und sehenswert dokumentiert, Danke schön.

lg Felix;
damals noch im steilen Firn zum Grat unterwegs ...

pame hat gesagt:
Gesendet am 30. Juni 2010 um 07:14
Tolle Tour! Toller Bericht und Fotos! Vielen Dank.
Gruesse,
Patrick

Nicole hat gesagt: Das Vreni zieht einen in den Bann...
Gesendet am 1. Juli 2010 um 16:37
Auch ich möchte euch gratulieren zu dieser knackigen Ausdauerleistung. Nicht in einem "Schnuz" trotzdem hoffe ich im August endlich auch das Vreni zu besteigen.

hg Nicole und Gruss auch an Ursula

kauhukarhu hat gesagt:
Gesendet am 21. Juli 2010 um 20:41
Hört sich sehr schön an.
Ich möchte schon lange mal auf das Vrenelis Gärtli und dachte mir ich könnte das nun diesen Sommer mal machen, zusammen mit meinem Göttibueb :)
Problem: bin zwar gut zu fuss unterwegs und auch sehr trittsicher und auch kondition ist kein problem - habe aber nur wenig hochalpine-erfahrung (sprich: wenn dann bisher mit führer, und auch das ist schon ewig her. aber ich kann mit seil und so umgehen)
Frage: ist das alleine machbar? auch mit wenig erfahrung?

gero hat gesagt: RE:
Gesendet am 21. Juli 2010 um 21:27
Servus kauhukarhu (was für ein alias!),

also ohne jetzt Deine Fähigkeiten im Detail zu kennen: bis zum Schwander Grat kannst Du wohl allein gehen. Am "Sattel" kurz davor nicht zu sehr rechts (südseitig, Tödiseitig) halten , da hats eine ziemliche Wächte.
Ich denke, daß der Glärnischfirn spaltenfrei ist - wir haben nichts dergleichen Verdächtiges gesehen, sind alles seilfrei gegangen. Aber dafür garantieren kann ich nicht, das Risiko muß jeder selbst abwägen.
Ob Du den Übergang vom Schwander Grat zum Vreneli allein machen kannst, mußt Du selbst beurteilen. ICH könnte es, würde aber an den Ketten auf alle Fälle Selbstsicherung benutzen (Klettersteig-Karabiner mit GROSSER Öffnung!). Auch der firnige Übergang danach bietet keinerlei Schwierigkeiten - aber, wie gesagt, das muß jeder selbst mit sich ausmachen.
ICH gehe solche Alleingänge immer unter dem Motto: "Mal sehen, wie weit ich vernünftigerweise allein gehen kann - wenn es MIR zu heikel wird, kehre ich um". Und bei anderen Touren bin ich durchaus schon umgekehrt.

Also, viel Erfolg, wie auch immer Du Dich entscheidest: Berg Heil!

Gruß vom Georg aus Nürnberg


Kommentar hinzufügen»