Hochglückscharte (westliche, 2387m) - Kaisergrat (ca. 1950m)


Publiziert von gero , 7. September 2009 um 01:19.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:23 August 2009
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:15
Aufstieg: 1220 m
Abstieg: 1220 m
Strecke:Alpengasthof Eng - Engalm - Kirchl - Hochglückkar - Westliche Hochglückscharte - Kaisergrat - Binsalm - Alpengasthof Eng
Kartennummer:AV-Karten 5/2 (Karwendelgebigre Mitte), 5/3 (Karwendelgebirge östl. Blatt)

Schon seit jeher reizte es mich, einmal jenen Winkel des Karwendel zu besuchen, der sich südöstlich oberhalb der Engalm befindet: hineinzumarschieren in das Hochglückkar, das im Winter als Skitour oft besucht wird, sich im Sommer dagegen im Dornröschenschlaf befindet. Ein Gipfel würde dabei für mich nicht drin sein: zu schwierig für mein bescheidenes Können, flankieren Barthspitze, Hochglück, Eiskarl- und Spritzkarspitze das Gelände. Aber einmal in der westlichen Hochglückscharte stehen und über den Kaisergrat zurückgehen: das sollte für mich auch als Alleingänger möglich sein.

Um 6 Uhr startete ich am Alpengasthof Eng (1227m), vom großen Parkplatz am hintersten Ende des Rißbachtales, oberhalb des Großen Ahornbodens. Man wandert von hier, nur sehr leicht ansteigend, hinüber zu den inzwischen sehr zahlreichen Gebäuden der Engalm und weiter Richtung Binsalm. Bevor der breite Wanderweg zu dieser anzusteigen beginnt, gilt es, den Abzweig des Steiges zur Drijaggenalm nicht zu verfehlen: "Panoramaweg Drijaggen" steht auf einem leicht zu übersehenden Schild am Weidezaun gleich oberhalb eines kleinen Turbinengebäudes.

Diesem Panoramaweg folgte ich zunächst; er steigt in den hintersten östlichen Winkel der Eng an, aber auch ihn muß man nach einiger Zeit wieder verlassen und an geeigneter Stelle ziemlich weglos in südlicher Richtung zum Kirchl aufsteigen (die Steigspuren vereinigen sich nach kurzer Zeit wieder zu einem Weglein). Hier sind Orientierungsgabe und "Blick fürs Gelände" gefragt! Das Kirchl ist der riesige Felsblock, der schon vom Parkplatz aus recht auffallend unter den Nordabstürzen der Eiskarlspitze zu erkennen ist. Das Kirchl liegt auf 1570m, man braucht bis hierher etwa 1 Std. Wirklich ein sehr eindrucksvoller Ort: je nach Witterung kommt aus den rund 500m höher gelegenen Eiskarlen ein imposanter Wasserfall herunter!

Vom Kirchl geht es in östlicher Richtung weiter aufwärts; ohne jede Schwierigkeit folgte ich den Steigspuren über Wiesenhänge, gelegentlich wird ein Bergpfad daraus, der durch rote Punkte, weiter oben mit Steinmännern markiert ist. Nach einer weiteren knappen Stunde betritt man auf etwa 1900m das weite Areal des Hochglückkares, das eigentlich aus mehreren Geländestufen besteht, die nacheinander folgen. Es ist wirklich eine wilde und einsame Landschaft, in der man hier steht: das Kar ist von den Flanken und Abbrüchen der Eiskarlspitze (2610m), des Hochglücks (2573m) und der Barthspitze (2454m) eingerahmt.

Und vor allem: es lockt das unterste Ende des Nordostgrates der Eiskarlspitze! Dort, wo dieser endet und etliche 100Hm abfällt in den Enger Grund, müßte man extrem ausgesetzt, aber angeblich unschwierig, leicht ansteigend in die Eiskarlen traversieren können - jenes noch wildere Kar, das nordseitig unter der Eiskarlspitze liegt. Wenigstens erkunden wollte ich dieses Gelände! So stieg ich das Hochglückkar immer weiter hinauf in der Hoffnung, hinüberqueren zu können zu diesem Grat. Ich hatte durchaus auch einen Einblick, eine Vorstellung, wie ich dort hinüber gelangen könnte - aber ich erkannte auch, das ich entweder zur Hochglückscharte hinauf oder zu den Eiskarlen hinüber steigen könnte. Beides gleichzeitig würde heute aus zeitlichen Gründen nicht drin sein - dazu ist das Gelände zu weitläufig und zu unerschlossen!

So entschied ich mich, auf die Eiskarlen zu verzichten - zugunsten der Hochglückscharte und des Kaisergrates.

Ich stieg also das Hochglückkar immer weiter aufwärts. Diverse Geländebuckel folgen aufeinander, sie gehen ganz oben in ein Schuttfeld über, und dieses mußte ich nun in Richtung zur Westlichen Hochglückscharte ansteigen. Hier erkannte ich auch, daß die Östliche Hochglückscharte in direktem Aufstieg unzugänglich ist - genau so, wie es der Karwendelführer beschreibt. Die beiden Scharten sind durch einen markanten Turm voneinander getrennt. Das erwähnte Schuttfeld wird an seinem obersten Ende recht steil, man quert dort in eine deutliche Rinne hinein, die von der Westlichen Hochglückscharte herunterzieht. Diese Rinne kletterte ich hinauf (I) - das geht besser, als es aussieht. Die untere Hälfte der Rinne ist durch ein altes Drahtseil entschärft, das an allerdings wenig vertrauenerweckenden alten Fiechtl-Haken fixiert ist. Der Fels ist überall sehr brüchig - aber wirkliche Schwiergkeiten sind nicht vorhanden, allerdings braucht es in derartigem Gelände natürlich in üblicher Weise Trittsicherheit. Die besagte Rinne leitet in etwa 15 Minuten hinauf zur Westlichen Hochglückscharte (2387m), ich brauchte bis hierher ab Eng gut 3 Std. - viel Schauen, Staunen und Fotografieren inbegriffen!

Die Westliche Hochglückscharte ist wirklich ein ganz besonderer Ort: es handelt sich tatsächlich um eine Scharte im Sinne dieses Wortes, denn sie fällt auf der Südseite steil in das der Ödkarl ab. Die Aufschwünge östlich zum Hochglück und westlich hinauf zur Eiskarlspitze sind steil und abweisend. Typisches Karwendelgelände: schroff, unnahbar und abweisend! Nordseitig reicht der Blick zum Gamsjoch, südseitig zum Bettelwurf und weiter zu den Eisburgen der Zillertaler Alpen.

Wie einleitend gesagt, war für mich hier Schluß: der Weiterweg zum Hochglück oder zur Eiskarlspitze geht über mein Können. So stieg ich wieder durch die Rinne hinunter ins Hochglückkar (das geht erfreulich unkompliziert) und traversierte dieses an seinem unteren Ende hinüber in nordöstlicher Richtung zum Kaisergrat. Dies ist der markante Kamm, der von der Schafkarspitze nordwärts herabzieht und mehrere Gratabsätze aufweist. Marschrichtung ist der Fußpunkt des Absatzes, der etwa auf gleicher Höhe mit dem unteren Boden des Hochglückkares liegt (s.Foto). Ich erreichte diesen Gratabsatz in einer langen, abfallenden Querung des östlichen Hochglückkares - ein Steig zeigt unmißverständlich an, wo der Kaisergrat auf etwa 1950m überschritten wird. Auch ein Fixseil (westseitig unter dem Kaisergrat) sowie eine rote Markierung erleichtern den Übergang. Ich erreichte diese Stelle etwa um 11 Uhr, also 5 Std. nach dem Start am Parkplatz Alpengasthof Eng (incl. der diversen Pausen).

Schon wieder ein Aussichtsplatz erster Güte - man genieße die Erhabenheit der Stille und Einsamkeit auf dieser Kanzel hoch über dem Großen Ahornboden!

Der Abstieg vom Kaisergrat in den östlich gelegenen Gamslahner offeriert plötzlich einige unerwartete Schwierigkeiten: ein weiteres Fixseil leitet auf der Ostseite des Grates über etliche steile, etwas exponierte Felspartieen ziemlich rasant abwärts. Mehrfach hangelte ich mich hier am Drahtseil hinunter, und es hätte nicht viel gefehlt, daß ich zuletzt noch eine Selbstsicherung auf den letzten Metern der Tour angelegt hätte. Aber mit etwas Mut und Geschicklichkeit erreichte ich den obersten Boden des Gamslahners, der dann steil, aber problemlos hinunter zur Binsalm (1502m) führt.

Von dort sind es noch 40 Minuten hinab bis zur hektischen Betriebsamkeit der Eng mit ihren Hunderten von Touristen an einem schönen Sommertag.


Tourengänger: gero


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