Überschreitung Tilisuna Schwarzhorn


Publiziert von Michael26 , 14. August 2018 um 17:54.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Rätikon
Tour Datum:27 Juli 2018
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:00
Strecke:1100 Hm
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Berggasthof Grabs

Früh um 7 h starte ich bei prächtigem Wetter vom Berggasthof Grabs. Zunächst geht es direkt über die ehemalige Schipiste hinauf, dann auf dem Forstweg zur Alpilaalpe und weiter am Tobelsee vorbei zum Schwarzhornsattel. Dabei habe ich links von mir die markante Tschaggunser Mittagsspitze im Blick, die ich erst einige Tage vorher mit meiner Nichte und ihrem Mann bestiegen habe (über den Südgrat oben problemlos durch die Felsen, eine Stelle UIAA SG I). Ich begegne einer Herde Esel, die mich freundlich begrüßen und ein nettes Fotomotiv abgeben.

Ab dem Schwarzhornsattel beginnt der alpine Teil meiner Unternehmung. Ich verlasse den Wanderweg nach rechts, um über einen felsigen Gratrücken zum Fuß des Schwarzhorns zu gelangen.
Dazu muss ich zuerst einige Meter ab-, dann wieder aufsteigen und schließlich den ausgeprägten Felszacken am Ende des Gratrückens rechts umgehen.
Nun geht es über ein Schrofenwandl auf den steilen Grasrücken, der zum Nordgrat des Schwarzhorns hinauf zieht. In der zunehmenden Vormittagshitze ist das schweißtreibend, bis ich auf den Nordgrat gelange.
Ab hier geht es über den gut ausgeprägten Blockgrat (Granit oder Gneis ?) ohne größere Schwierigkeiten und nicht zu verfehlen bis hinauf auf den Gipfel des Tilisuna Schwarzhorns mit dem schönen Gipfelkreuz. Der Anstieg ist in meinem AV Führer mit SG II angeschrieben, mir scheint die Route aber sogar einfacher zu sein, max. SG I-II, aber sehr schön und anregend. Jedenfalls eine problemlose Zugangsmöglichkeit, die sich auch für einen seilfreien Abstieg eignet.

Auf dem Gipfel angekommen gönne ich mir eine Rast, um den sehenswerten Ausblick zu genießen. Richtung Norden blicke ich zurück auf den Aufstiegsweg, der sich als Grat bis hinüber zur Tschaggunser Mittagsspitze zieht. Im Osten liegt tief unter mir der freundlich in der Sonne blinkende Tilisunasee mit dem Tilisuna Seehorn dahinter und den Gipfeln der Silvretta noch weiter hinten. Im Süden blicke ich auf den mächtigen Gebirgsstock der Sulzfluh und rechts daneben auf den nach Westen mit den Drusentürmen, der Drusenfluh und den Kirchlispitzen bis hinüber zur Cesa Plana ziehenden Hauptkamm des Rätikons. Und ganz im Westen steht das herausragende Horn der Zimba.

Mein weiterer Weg führt nach Süden und wird nun deutlich anspruchsvoller als der bisherige Aufstieg. Ich möchte zunächst zum kleinen Schwarzhorn hinüber klettern und dann nach Süden in die Schwarze Scharte absteigen, um die gesamte Nord-Süd-Überschreitung auszuführen.
Vom Gipfel des großen Schwarzhorns klettere ich den Südgrat hinunter in das Joch, das das große vom kleinen Schwarzhorn trennt. Der Grat ist gut gestuft und erreicht in einigen Abschwüngen den SG II. Es finden sich mehrere Bohrhaken, aber auch ohne Sicherung geht es gut hinunter in das Joch.
Um auf das kleine Schwarzhorn zu gelangen, halte ich mich auf der linken Seite des steilen, aber sehr gutgriffigen und –trittigen Felsaufschwungs und erreiche die Scharte, die den Gipfel des kleinen Schwarzhorns auffällig spaltet.
Nun muss ich auf der anderen Seite durch die Südflanke hinunter, was sich als anspruchsvollster Teil der Route heraus stellt. Ein ausgeprägter Grat ist nicht zu erkennen, vielmehr ziehen mehrere schuttig-steile Rinnen nach unten, durchsetzt mit brüchigen Steilabschwüngen.
Oben finden sich einige Bohrhaken und ich lasse mich verleiten, mit meinen 2x20 m Reepschnur in Falllinie in eine der Rinnen abzuseilen. Ich gelange zwar auf einen deutlichen Absatz, unter mir befindet sich aber noch eine weitere ca. 10 m hohe, brüchige und schlecht einzusehende Wandstufe. Hier gibt es keine weiteren Haken und daher lege ich eine Köpfelschlinge und seile mich nochmals ab.
Danach quere ich durch steiles und brüchiges Schrofengelände (orografisch) nach rechts, dabei immer absteigend, bis ich schließlich die Schwarze Scharte erreiche. Auf jeden Fall sollte man in die Schwarze Scharte absteigen, den weiter unten folgen noch weitere Steilabbrüche der Südflanke.
Nun blicke ich zurück auf den Abstiegsweg und erkenne, dass ich wahrscheinlich nicht die günstigste Abstiegsroute gewählt habe. Von der Gipfelscharte des kleinen Schwarzhorns sollte man sich eher (orografisch) weiter rechts halten und über ein gestuftes und festes Felswandl absteigen, anstatt weiter links durch die Rinnen und Schrofen.

Hier in der Schwarzen Scharte kann ich nun beobachten, wie das Schwarzhorn zu seinem Namen gekommen ist. Tatsächlich besteht das Gelände rund um die Scharte aus schwarzem Gestein und es sieht aus, als hätte der Berg gerade noch gebrannt und nur verkohltes Gestein wäre übrig geblieben. Der Anblick ist durchaus eindrucksvoll und ich frage mich, ob es wohl alte Sagen zur Entstehung gibt oder gar der Leibhaftige selbst seine Krallen dabei im Spiel gehabt hat ?
Tatsächlich handelt es sich um vulkanisches Gestein aus Amphibolit und Serpentin, das hier zwischen dem grauen Urgestein und den weißen Kalkriffen zu Tage tritt.
Zur Erinnerung sammle ich einige Gesteinssplitter und stecke sie mir ein.

Als Rückweg wähle ich den Bilkengrat, einen Wanderweg, der hoch über dem Gauertal zurück nach Grabs führt. Dieser Weg verläuft wunderschön hoch über dem Tal und bietet fantastische Tief- und Fernblicke, rechts zurück blickend auf die Doppelgipfel des Schwarzhorns und auf der anderen Seite in das wilde Herz des Rätikons mit seinen Fluhen und Türmen – ein wirkliches Highlight, absolut zu empfehlen !  

Fazit: Die Überschreitung des Tilisuna Schwarzhorns ist ein sehr schönes, lohnendes und nicht wirklich schwieriges alpines Unternehmen. Wahrscheinlich ist die Überschreitung von Süden nach Norden noch lohnender, da man dabei die Südflanke im Aufstieg begeht. In dieser Richtung ist die Tour auch ohne Seilversicherung problemlos machbar. Ich selbst war ganz froh, etwas Reepschnur für den Abstieg durch die Südflanke dabei gehabt zu haben – sicher ist sicher. Wegen der Brüchigkeit des Gesteins sollte man aber in jedem Fall einen Helm benutzen.

https://youtu.be/mKkvzv7XHM8

Tourengänger: Michael26


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