Höfats Happiness - 3 Traversen an einem Tag


Publiziert von quacamozza , 5. August 2018 um 20:10.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 3 August 2018
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1650 m
Abstieg: 1750 m
Strecke:Haltestelle Christlessee-Gerstruben-Innerer Höfatstobel-Höfatswanne-Höfats Westgipfel-Ostgipfel-Westgipfel-Ostgipfel-Älpelesattel-Dietersbachalpe-Gerstruben-P Renksteg
Kartennummer:AV-Karte Bayerische Alpen BY 4 1:25 000 Hochvogel, Krottenkopf

Die drei - sie hat bei meiner heutigen Höfatstour eine überragende Bedeutung. Drei Personen, dreimal über die ausgesetzte Gipfelschneide geklettert...und vor allem der besondere Tag, der 3. August.

Vor genau 7 Jahren, am 3.August 2011, habe ich eine *Höfats-Überschreitung von Ost nach West durchgeführt, die mir das ganze Leben lang in nachhaltiger Erinnerung bleiben wird und die ich noch ganz unter dem Eindruck der Erlebnisse in emotionaler Weise beschrieben habe. Ein heftiges Gewitter kam früher als es angekündigt war und brachte mich in Zeitnot. Durch die bereits einsetzende Durchfeuchtung verabschiedete sich beim Übergang vom Zweiten zum Westgipfel an einem der beiden Zacken ein Grastritt, und so hatte ich an besagter Stelle einiges an Glück, dass es für mich noch ein Danach gab. Das, was daraufhin folgte, war eine der intensivsten Bergtouren, die ich je hinter mich gebracht habe. Literweise lief mir damals das Wasser in die Schuhe, das Handy überstand die Runde nicht, und die Tour machte aus mir einen respektvolleren und vorsichtigeren Bergsteiger.
Aber bereits damals fasste ich den Entschluss, die Ost-West-Travers eines Tages wieder in Angriff zu nehmen, aus Dankbarkeit gegenüber dem Herrn, aber auch um die Erlebnisse angemessen verarbeiten zu können. Und dieser Tag konnte nur ein 3.August sein. Jetzt war es also endlich soweit.

Allerdings möchte ich am heutigen "Heafatz-Tag" (für alle Ortsfremden: ein Oberstdorfer Synonym für Super-Wetter bei ebensolchen Verhältnissen) die Tour von damals nicht einfach plump nachgehen. Mein Ziel ist es, vom Westgipfel zum Ostgipfel, zurück zum Westgipfel, nochmal zum Ostgipfel und erst nach der dritten Überschreitung den Gipfelbereich zu verlassen. Der Unterschied zu 2011: Ich habe keinen Zeitdruck, muss keine Angst haben, dass sich das Wetter verschlechtert. Ich möchte viel schauen und viel fotografieren, einfach den schönsten Berg des Allgäus in vollen Zügen genießen. Das alles war damals nicht möglich.


Zur Schwierigkeitsbewertung noch ein paar Worte:
Die Überschreitung der vier Gipfel habe ich damals mit einer T 6 und II bewertet. Da die Kletterei am Ostgipfel den Grad II+ nicht übersteigt und die bis dahin auch von mir bevorzugte "Spreizschritt-Variante" unterhalb des Zweiten Gipfels auch "nur" zwischen II und III (meiner Meinung nach näher an II als an III, aber da lässt sich die Gegenmeinung auch gut vertreten) liegt, war diese Bewertung korrekt. 
Mittlerweile halte ich mich unterhalb des Zweiten Gipfels stets direkt an der Kante. An dieser ist zum Schluss ein kleiner, aber anstrengender Überhang in nicht gerade zuverlässigem Fels zu meistern. Diese Stelle ist nochmals ein Stück anspruchsvoller, als vorher ins Gras hinüber zu spreizen, womit dann auch der III.Grad endgültig erreicht ist. Deshalb habe ich nun meine Bewertung auf T 6 und III angehoben. 

Wesentlich einfacher, nämlich T 5 und I-II, ist die Umgehung des Zweiten Gipfels in der Westflanke. Dort ist zwar, wie auch sonst, auf brüchiges Gestein aufzupassen, aber aufgrund der komfortablen Stufen und der deutlichen Wegspuren ist das kein Vergleich zum Gratweg. Es gibt Bergsteiger, insbesondere diejenigen, die über einen schwierigeren Aufstieg die Höfats erklimmen, die diese Umgehung bis in die Höfatsscharte "Autobahn" nennen, weil man hier nach den bisherigen, anspruchsvollen Stunden endlich mal schnell vorankommt. Was die Anzahl der Begehungen im Vergleich zum Direktübergang angeht, dürfte diese (nach meinen Eindrücken und den Leuten, die ich bisher oben getroffen habe) ungefähr ausgeglichen sein. Die Umgehung wird allerdings sowohl im alten als auch im neuen AV-Führer lediglich als Variante aufgeführt.

Eine andere, aber auch in diesen Zusammenhang gehörende Frage ist diejenige, ob die Umgehung des Zweiten Gipfels überhaupt eine "richtige" Höfats-Überschreitung? ist, denn immerhin wird der Zweite Gipfel bei dieser Variante nicht überschritten (und manchmal noch nicht einmal bestiegen; habe ich schon vor Ort erlebt).
Dazu eine persönliche Geschichte:

Als ich Anfang der 2000er Jahre meine erste Höfats-Überschreitung vom Westgipfel zum Ostgipfel in Angriff nahm, haben wir (zu zweit unterwegs) uns aus lauter Respekt vor dem Zackengrat ebenfalls für diese Variante entschieden. Es ist in Anbetracht der allgemeinen Anspannung und der extremen Ausgesetztheit der Travers eine nachvollziehbare Entscheidung, auch im Nachhinein betrachtet. Aber es blieb über Jahre hinweg ein Makel übrig, denn es geht nicht nur um die logische Linie. Die beiden Zacken, der Reitgrat und die steile Gipfelkante sind einfach originelle Kletterstellen, die die Höfats-Überschreitung wesentlich prägen. Ich erinnere mich noch daran, was sich bei mir für ein Hochgefühl einige Jahre später bei der ersten Überkletterung des Zackengrates einstellte.

Es gab damals schon die Diskussion, welche Richtung bei der Travers die schwierigere ist. Die Mehrheit ist der Meinung, dass die Ost-West-Travers aufgrund der schwereren Kletterstellen im Abstieg die anspruchsvollere sei. Wie damals antworte ich allerdings: Es kommt darauf an, in welchem Zustand Gras und Fels sind. Ist das Gras nass, kann etwa die schrofige Passage vom Mittelgipfel zur Scharte Richtung Ostgipfel im Abstieg sehr unangenehm und anspruchsvoll werden, während der griffige Fels am Ostgipfel auch in feuchtem Zustand noch ohne Probleme abgeklettert werden kann. 



Zum Zeitbedarf:

Haltestelle Christlessee-Hölltobel-Gerstruben: 25 min
Gerstruben-Innerer Höfatstobel: 30 min
Innerer Höfatstobel-Bergwachthütte: 1 Std 20 min
Bergwachthütte-Westgipfel: 45-50 min
Westgipfel-Ostgipfel: je nach Lust und Laune 30-70 min 
Ost-West-Travers: gleicher Zeitaufwand (heute waren's netto immer so ca. 35-40 min)
Ostgipfel-Älpelesattel: 50 min
Älpelesattel-Dietersbachalpe: 20 min
Dietersbachalpe-Gerstruben-Renksteg: 1 Std 15 min



Zur Tourenbeschreibung möchte ich an dieser Stelle nicht ausführlicher Stellung nehmen. Das mag den einen oder anderen Leser enttäuschen, aber es gibt bereits gute Beschreibungen im Netz. Ich habe auch selber bereits in früheren Berichten einiges über die Route erwähnt. Außerdem ist die Linienführung, speziell von der Bergwachthütte zum Westgipfel, nicht klar vorgegeben (ich halte mich heute nach der roten Rinne etwa statt rechts auf dem Grashang links auf der steilen Kante, die westlich der Aptychenrinne auf einem Grasköpfl endet, welches vom Westgipfel gut zu sehen ist). Hier ist einfach der erfahrene Bergsteiger gefragt, dem ein unübersichtlicher Gipfelhang keine Probleme bereitet, weil er (oder sie) ein gutes Auge für die sinnvollste Linie hat. Was mir aufgefallen ist: Die vor einigen Jahren noch deutlich erkennbaren Trittstufen im oberen Bereich sind mittlerweile nicht mehr stark ausgeprägt. 

Wie immer ist das GB auf dem Westgipfel nass. Ich kenne es überhaupt nicht in trockenem Zustand, so dass viel für eine undichte Kassette spricht. Schade, dass sich diesem Thema jahrelang niemand angenommen hat. Wenn man mal bedenkt, dass vor einigen Jahren in mühsamer Arbeit die Namen der Besucher aus dem alten, völlig vermoderten GB übernommen wurden...und die Hauptursache der Feuchtigkeit ist immer noch nicht bekämpft. Dagegen ist das GB auf dem Mittelgipfel vom November 2003 in tadellosem Zustand. Hier trifft man beim Durchblättern auf die bekannten Namen: einige Tage vor mir war Bene69 oben, davor Bernd Urlaub, Toni Steurer...unter den Nicht-Allgäuern dürfte ich mittlerweile einer der häufigsten Gäste sein.


Zu meinem heutigen Tourenverlauf und zu den Verhältnissen nur ein paar kurze Worte:

Ich fahre mit dem ersten Bus vom Renksteg zur Haltestelle Christlessee (2,30 € einfache Fahrt). Das spart ca. 20 min gegenüber dem Beginn am Renksteg, also nicht allzu viel. Deswegen bin ich zurück auch gelaufen.

Das Schneefeld im Inneren Höfatstobel wird wegen der starken Unterhöhlung und Hitze immer heikler.

Der Weg zur Bergwachthütte ist meist gut erkennbar. Nur an zwei Stellen, nämlich beim Übergang vom Wald auf die grünen Hänge auf ca. 1450m, und kurz unterhalb der Bergwachthütte beim Queren des Tobels, braucht es Orientierungssinn.

Die beiden Eisenstangen auf dem Zweiten Gipfel sind Stand heute nicht mehr zur Sicherung zu gebrauchen. 

Während unten das Gras nach dem vielen Regen des Vortags noch nass ist, bessern sich die Verhältnisse ab der Bergwachthütte deutlich. Neben hohen Temperaturen kommt zeitweise sogar ein laues Lüftchen auf. Ab Mittag sind die Verhältnisse tipptopp.

Ab dem Westgipfel bis zum Ostgipfel werde ich von Markus begleitet. Er möchte zunächst nur die Umgehung des Zweiten Gipfels gehen. Da ich schon von der Bergwachthütte aus erkenne, dass er sich in steilem Gras souverän bewegt, biete ich ihm oben den Zackengrat an, den wir dann gemeinsam begehen. 
Am Ostgipfel treffen wir auf Stefan (Nachtrag: mittlerweile auch ein aktiver hikr, Mc Grozy), einen jungen, ambitionierten Allgäuer, und plaudern zu dritt. Stefan ist vom Älpelesattel hochgekommen und möchte gern endlich die Travers gehen. Da auch er beste Voraussetzungen mitbringt, gehen wir in fliegendem Wechsel zu zweit zurück zum Westgipfel, um nach knapp 2 Stunden wieder auf dem Ostgipfel zu stehen. 
Vielen Dank nochmal für die wohlverdiente Maß an der Dietersbachalpe. Während Stefan bequem mit dem Radl ins Tal rauscht, darf ich mir heute als Ausklang den langen Weg zurück zum Renksteg gönnen. Aber auch der ist nach 75 Minuten bewältigt.


Ergebnis: Drei glückliche Menschen, ein erlebnisreicher Tag. Besonders beeindruckend ist natürlich wie immer die Blumenvielfalt und das tolle Gipfelambiente, von dem man sich nur schwer trennen kann. Dieses Mal ein rundum gelungener 3.August. Die Höfats ist und bleibt einfach der schönste Berg des Allgäus. 





 



Tourengänger: quacamozza


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