Ein schönerer Aufstieg auf den Fläschenspitz, Biet und Lauiberg


Publiziert von jungens , 30. Oktober 2017 um 00:29.

Region: Welt » Schweiz » Schwyz
Tour Datum:26 Oktober 2017
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SZ   Östliche Sihltaler Alpen 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit PW bis Gribschli 8845 Studen SZ
Kartennummer:1153 Klöntal

In diesem Gebiet werden in den Herbst- und Wintermonaten Schiessübungen abgehalten. Genaue Daten unbedingt vorher abklären.

Um die schönen Tage dieses aussergewöhnlichen Oktobers nochmals auszukosten, beschloss ich kurzfristig frei zu nehmen und zusammen mit Anscha und meinem Bruder eine kleine Tour im Sihltal zu starten. Unbeeindruckt von den Schneefällen, schlugen meine beiden Tourenpartner die kleine Sihltalrunde vor, wie zum Beispiel hier beschrieben. Herausgekommen ist spontan etwas anderes, was zwar einerseits zur Entdeckung eines neuen schönen Grätchens auf den Fläschenspitz, andererseits auch zu einer heiklen Situation aufgrund der Unkenntnis der Route geführt hat.

Gestartet sind wir beim kleinen Parkplatz beim Gribschli (1188 m), wohin man aufgrund von Monsterschwellen auf der Strasse besser nicht mit tiefergelegtem BMW anreist, es sei denn man hat auf der Heimreise Extrazeit für den Besuch beim Garagisten seines Vertrauens eingeplant. Da angekommen, folgen wir dem weiss blau weiss markierten Wanderweg durch den dichten Wald zur Fläschenalp (1457 m). Schon von da aus sieht man zur Linken die sanfte Südwestflanke des Fulberg (1934) und fast grade oberhalb den Westgrat auf den Fläschenspitz (2072 m). In einem Anfall von jugendlichem Leichtsinn liebäugeln wir schon da mit der Idee den Fläschenspitz samt Grätchen mitzunehmen, entscheiden uns dann aber dem Wanderweg Richtung Sihlseeli (1825 m) entlang der geplanten Route zu folgen. Als wir aber schon einige Minuten später, kurz vor dem ersten Bach in einer kleinen Baumgruppe auf ca. 1470 m, den Weg verlieren, beschliessen wir, statt 20 m auf den Weg zurück abzusteigen, den Westgrat auf gut Glück zu begehen. Dazu überqueren wir erwähnten Bach nicht, sondern steigen die mittelsteile Grasflanke direkt auf und halten uns dabei in Richtung des gut sichtbaren Grätchens. Ich denke man könnte auch schon von der Alp Fläschen über mehr und weniger steile Graspassagen direkt auf den Grat steigen.

Fläschenspitz Westgrat (T5+, trocken ev. T5)

Der Fläschenspitz Westgrat ist ein schönes felsdurchsetztes Grasgrätchen, das in der oberen Hälfte immer dünner werded, manchmal recht ausgesetzt auf den Fläschenspitz führt. Es stellt eine in meinen Augen sehr attraktive Alternative zur normalerweise begangenen, eher unspektakulären Westflanke dar. Eigentlich erstaunlich das es auf hikr noch nicht beschrieben ist.
Wir steigen also erwähnte Grasflanke hoch (etwa T4), weichen einem Bachbett aus und halten dann auf eine kleine Baumgruppe zu, die unterhalb des sich aufstellenden Grates gut zu sehen ist. Der Grat startet sanft, doch schon bald beginnt es links und rechts immer steiler abzufallen. Kleine Stufen (max II) beginnen sich mit immer dünner werdenden Verbindungsgrätchen abzuwechseln. Hier wird der Mensch, um es in den Worten der hikr Legende marmotta auszudrücken, "entgegen der Evolution wieder zum Vierbeiner". Der anspruchsvolle Teil des Grätchens ist jedoch nicht länger als ein paar hundert Meter und schon viel zu bald steht man auf dem Gipfel mit einem Panorama das mir beinahe die Freudentränen ins Gesicht treibt. Der kürzliche gefallene Schnee hat alle Gipfel überzuckert und lässt sie noch magischer und beindruckender erscheinen als sie sowieso schon sind.

Fläschengrat (T6-)

Vom Fläschenspitz gehen wir südwärts dem Grat auf seiner Schneide entlang. Dieser wird immer dünner und ausgesetzter, was vor allem wegen des vorhandenen Schnees Konzentration erfordert. Technisch ist er aber nicht sehr herausfordernd. Nach nicht allzu langer Zeit erreicht man ein Gipfelbuch, das mithilfe einer Metallschraube auf dem kaum 50 cm dicken Grätchen befestigt ist. Wie sich herausstellt wurde es von hikr Doyen tricky gesponsert. Der letzte Eintrag stammte aus dem August; anscheinend wird dieser Grat nicht regelmässig begangen und in den nächsten Minuten sollten wir auch herausfinden wieso. Ein ca. 3m langes Fixseil führt von diesem Punkt in eine kleine Scharte runter und auf einmal ist das Gestein super brüchig. Da wir diesen Teil der Tour ja spontan und ohne Vorbereitung begehen, mache ich den groben Fehler und versuche aus dieser Scharte direkt durch die ca. 20 m hohe Wand abzusteigen. Von oben sieht das wie normales T6-Gelände aus. Jedoch habe ich in meinem ganzen Leben noch nie so brüchigen Fels erlebt. Jeder Stein den man berührt, egal ob Faust- oder Mikrowellengross, ist locker und fällt bei der kleinsten Berührung ins Tal. Ich muss wohl einige Tonnen Gestein ins Tal spediert haben und so die Erosion der Schwyzer Alpen bedeutend beschleunigt haben. In geschlagenen 30 Minuten kämpfe ich mich mithilfe von Eispickel die 20 Meter hinunter, so fokussiert nicht abzustürzen, dass ich vergesse darüber nachzusinnen ob ich mich nicht möglicherweise abseits der Route befinde. Der abwärtsgeschichtete Fels und das durch den Schnee feuchte Gras erleichtern die Sache nicht unbedingt. Das schlimmste T6+ Gelände meiner kurzen Bergsteigerkarriere, schlimmer als Girenspitz und Hängeten Ostgipfel kombiniert. Nach dem nervenaufreibenden Abstieg durch die lächerlich kurze Flanke, bemerke ich nach einer kurzen Musterung der Wand, dass es bedeutend einfacher gewesen wäre, einfach weiter dem Grat zu folgen. Dies tun dann auch meine beiden Tourenpartner, die während meines kleinen Abenteuers geduldig ausgeharrt haben und steigen bedeutend leichter (T6-) schnell zu mir herunter.

Wir entschliessen uns weiter über den Biet (1968) zu marschieren und dem Sihlseeli einen Besuch abzustatten und gönnen uns an diesem superfriedlichen Ort ein ausgedehntes Nickerchen . Um doch wenigstens noch einen Gipfel unserer ursprünglich geplanten Tour zu besteigen, machen wir uns bedeutend später zum Lauiberg (2057) auf, dessen zugschneiten Gipfel wir 30 Minuten später unschwer erreichen (T4). Alle steilen Stellen sind mit Fixseilen abgesichert, sogar ein roter Pickel scheint zur freien Verfügung unter dem steilsten Stück befestigt worden zu sein. Von dort geht's zurück zum Sihlseeli, wo ein weiteres Nickerchen auf uns wartet. Ausgeschlafen folgen wir dem weiss rot weiss markierten Wanderweg zurück zum Gripschli.

Fazit: Ungeplant zusätzliche Gipfel zu erklimmen erhöht den Abenteuerfaktor einer Tour bedeutend, ist aber logischerweise auch mit einem erhöhten Risiko verbunden. Wie auch immer, die Sihltaler Berge warten mit einem herrlichen Panorama, steilen Gräten und spannenden Routen auf. Auf jeden Fall sind sie eines Besuches mehr als würdig! Wenn man nicht so viel Zeit wie wir mit Schlafen verbringt sind die angegebenen 6 Stunden locker zu unterbieten.



Tourengänger: jungens, Anscha, jungend


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Kommentare (3)


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Tzimisce hat gesagt: Monsterschwellen und Bröckelfelsen
Gesendet am 19. Mai 2018 um 18:39
"aufgrund von Monsterschwellen auf der Strasse besser nicht mit tiefergelegtem BMW anreist"

Auch ne nicht-tiefergelegte Supra findet die Dinger uncool, vor allem die Erste :-(

Vielen Dank für den detaillierten Bericht, die Beschreibung des brüchigen Teilstücks hat mir sehr geholfen, denn so wurde ich davon nicht überrascht. Ist wirklich nicht besonders lustig dort, eigentlich schade, der Rest vom Grat läuft sich so schön...

jungens hat gesagt: RE:Monsterschwellen und Bröckelfelsen
Gesendet am 13. Juli 2018 um 17:46
Hoffe hast dir nicht das Auto total ruiniert. Auch ich habe einen Kratzer am Unterboden abgekriegt. Das scheint bei dieser Tour einfach dazuzugehören ;)

Geni hat gesagt: noch nie so brüchigen Fels erlebt
Gesendet am 17. September 2018 um 23:54
Ich bin heute von der Fläschenalp direkt den Hang hinauf zum Fulberg aufgestiegen. Später wurde dann auch ich auf dem Grat zwischen dem Fläschenspitz und dem Biet überrascht. Nachdem ich mich ins Gratbuch eingetragen habe, benützte auch ich das blöde Seil und stand dann in einem Gelände, wo ich mich nicht mehr wohl fühle. Das nenne ich kein T6 sondern ein TBröckel! Nach etwas hin und her bin ich dann wieder zurück zum Grat aufgestiegen (ohne Seil) und bin über den Grat abgestiegen, was auch nicht wirklich lustig war.


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