Schrattenflue Hängst (2091m) und Schibegütsch (2036m) mit traumhafter Gratwanderung


Publiziert von Chrichen , 3. Februar 2017 um 08:26.

Region: Welt » Schweiz » Luzern
Tour Datum:22 Januar 2017
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT5 - Alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: Schrattenflue-Gruppe   CH-LU 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m
Strecke:ca. 15 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem ÖV: Zug bis Schüpfheim / Bus bis Sörenberg, Hirsegg
Zufahrt zum Ankunftspunkt:(Gleicher Weg umgekehrt)

Schon vor geraumer Zeit bin ich auf die Schrattenflue aufmerksam geworden, nicht zuletzt dank den vielen schönen Berichten auf Hikr. Eine Woche zuvor habe ich sie schliesslich beim Schmökern auf der Online Schweizerkarte wiederentdeckt, und schon stand ein Ziel für das Wochenende fest. Eine Schneeschuhwanderung zum Hängst sollte es werden, mit Option auf den Schibengütsch. Ob die Gratüberschreitung zwischen den beiden Gipfeln machbar ist, würde ich vor Ort feststellen.

Hirsegg - Stächelegg - Alp Schlund - Hängst (WT2, Gipfelhang WT3)

Kurz vor 9 Uhr morgens steige ich zusammen mit etlichen anderen Tourengängern bei der Haltestelle Sörenberg, Hirsegg aus dem Bus aus. Nach Überqueren der Brücke ist der Startpunkt der Tour bereits erreicht. Zuerst geht es kurz etwas steil den Hang hinauf, danach dem immer sanfter werdenden Rücken der Stächelegg entlang weiter, am Stächeleggstall vorbei in Richtung Alp Schlund. Es sind viele Leute unterwegs, und die Route ist gut gespurt. Über weite Strecken gibt es zwei quasi parallel verlaufende Aufstiegsspuren, weshalb ich mir erlaube die "weniger schöne" und bereits etwas von Schneeschuhgängern malträtierte Spur zu verwenden. So komme ich zügig voran und überhole einige Skitourengänger. Es ist sehr warm; sogar dem Pullover kann ich mich entledigen. Die Route ist mit Stangen markiert, vermutlich für die Gäste vom Alprestaurant Schlund.

Nach der Alp Schlund, an der ich nur vorbeilaufe, folgt ein längeres Stück durch manchmal lichten manchmal dichten Wald. Ich versuche weiterhin die Aufstiegsspur zu schonen und laufe entweder an deren Rand oder suche mir einen eigenen Weg. Kurz vor Ende des Waldabschnittes entferne ich mich ganz von der Skispur und folge einer Abstiegsspur von Schneeschuhgängern. In weiten Tritten und ziemlich direkt führt mich diese dem Gipfelbereich vom Hängst entgegen. Die Aussicht zur nahegelegenen Hächle, über den Brienzergrat hinweg zu den Berner Alpen und über Sörenberg hinweg zum Titlisgebiet wird immer schöner, und ich gerate zunehmends in den Föteli-Modus.

Kurz unterhalb der kleinen Anhöhe vor dem Gipfelbereich erreiche ich wieder die Skispur. Da schon etliche Tourengänger abgefahren sind, gleicht sie stellenweise schon fast einer Piste. So erreiche ich schnell die besagte Anhöhe. Der Gipfelhang vom Hängst ist steil, dank beinahe pistenähnlicher Verhältnisse aufgrund der zahlreichen Abfahrtsspuren kommt man mit den Schneeschuhen dennoch unschwierig und effizient bis zum Gipfelkreuz. Hier gibt es eine phänomenale Rundsicht zu bestaunen. Besonders schön sind die zahlreichen unscheinbaren Hügel ums Emmental in Kombination mit dem weiteren Verlauf der Schrattenflue bis zum Schibengütsch. Weiter hinten zeigt sich imposant der Hohgant.

Hängst - Schibengütsch (WT3, eine Stelle WT4-WT5)
Am unmittelbar benachbarten Grataufschwung in Richtung Schibengütsch ist eine Schneeschuhspur zu erkennen, der ich nun folge. Es bietet sich nochmals eine tolle Sicht auf den Hängst von hier. Südostseitig ist das Gelände weiterhin relativ sanft (oft unter 30°), so dass der Grat an vielen Stellen verlassen werden könnte. Deshalb folge ich diesem unbeschwert weiter in Richtung Schibengütsch. Zu Beginn sind einige der "wilderen" Grataufschwünge weitgehend abgeblasen. Ich umgehe sie weiter unten an geeigneter Stelle in der Flanke, so wie es auch die (vermutlich zwei) Vorgänger gemacht haben. Danach kann man ziemlich lange weitgehend dem Grat folgen. Gelegentlicher Stein- und Graskontakt ist mit den Schneeschuhen unproblematisch. An einigen Stellen ist auf eventuelle Wechten zu achten. Die einsame Grattraverse wird stets begleitet von herrlichen Ausblicken in alle Richtungen.

Irgendwann vor dem Türstehäuptli verlässt die nunmehr einzige Spur den Grat, während ich ihm weiter folge. Das Türstehäuptli stellt sich frech in den Weg und der Aufschwung unmittelbar davor sieht auch nicht besonders einladend aus. Die Flanke unmittelbar unter dem Felsaufschwung vom Tüstenhäuptli erscheint mir etwas zu steil, obwohl sie vom Steinwild bestens gespurt wäre. So entscheide ich mich etwas weiter nach unten auszuholen für die Traverse. Danach erreiche ich leicht aufsteigend wieder den Grat.

Der folgende Abschnitt bis zum Schibengütsch weist nun einen wesentlich ernsthafteren Charakter auf, als der Weg bis kurz vor das Türstehäuptli. Deshalb empfiehlt es sich bei weniger sicheren Verhältnissen bereits vor dem Türstenhäuptli ins flache Gelände abzusteigen und von dort aus den Schibengütsch in Angriff zu nehmen. Heute sind die Bedingungen ziemlich gut. Ich folge dem nun deutlich schmaleren Grat dem felsigen Aufschwung P.1991 entgegen. Dieser kann auf einem breiten abschüssigen Band oberhalb einer Felsstufe umgangen werden (ca. 35-40°, WT4-WT5). Im Sommer führt hier der Wanderweg durch. Diese Schlüsselstelle ist kurz, erfordert aber konzentriertes Gehen. Danach wird das Gelände wieder sanfter. Im stark verfahrenen NE-Hang des Schibenhütsch kann ich schliesslich direkt zum Gipfel aufsteigen (kurz >35°). Auf dem Gipfel mit Bänkli mache ich bei bester Aussicht eine gemütliche Pause. Der letzte Abschnitt war etwas kräfteraubend.

Schibengütsch - Alp Schlund - Stächelegg - Hirsegg (Gipfelhang WT3, danach WT2)
Nach der genüsslichen Rast mit einigen anderen Tourengängern zusammen mache ich mich schliesslich an den Abstieg. Ich folge in etwa der Aufstiegsspur von den Skitourengängern: zuerst ein gutes Stück die SE-Flanke hinunter, dann etwas nach links traversierend und schliesslich einen kurzen Steilhang hinab. Dank gutem Pulverschnee lassen sich die Höhenmeter rasch vernichten, und schon bald finde ich mich neben der Chlushütte. Von dort an führt eine luxuriöse Ski-/Schneeschuhspur durch ein kleines Tälchen und lichten Wald bei Ober Ruchweit der Alp Schlund entgegen. Das Gelände ist meist sanft. Im Abstieg lässt es sich oft neben der Spur im Pulverschnee besser gehen als in der Spur.

Vor der Alp Schlund wird der Wald etwas dichter, und ich schaffe einen Verhauer, indem ich zu lange einer Spur folge. Schlussendlich lande ich unfreiwillig bei der Ruchweid, wo ich mich entscheide zum Rücken der Stächelegg zurück zu traversieren. Glücklicherweise gibt es bereits Tritte von Schneeschuhwanderern. Nach einem Weilchen finde ich unweit vom P.1399 zur Spur vom Morgen zurück. Der restliche Abstieg via Stächelegg nach Hirsegg ist bereits bekannt.

Da bald schon ein Bus fährt, beeile ich mich und übe mich zeitweise gar in der neuen Sportart "Schneeschuhjogging". Wie auf einem Foto des lokalen Tourismusverbands hüpfe ich stiebend durch den pulvrigen Schnee. Nur das Lächeln auf dem Gesicht fehlt, da diese Art der Fortbewegung doch um einiges anstrengender ist, als die Image-Werbeplakate verlauten wollen. Mit den Schneeschuhen in den Händen renne ich über die Brücke zur Haltestelle, um dort herauszufinden, dass ich doch noch gut 10 Minuten Reserve gehabt hätte :-).

Eine wunderschöne und äusserst abwechslungsreiche Tour. Hängst und Schibegütsch sind viel begangen. Die Grattraverse dazwischen ist eher etwas für Schneeschuhgänger und bietet Einsamkeit in traumhafter Landschaft. Die anspruchsvolleren Passagen am Schluss vor dem Schibegütsch lassen sich unter Verlust einiger Höhenmeter einfach umgehen. Die Tour ist recht lang.

SLF: mässig

Tourengänger: Chrichen


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (1)


Kommentar hinzufügen

Felix hat gesagt: immer wieder schön, die Schratteflue
Gesendet am 4. Februar 2017 um 22:53

vielen Dank für deinen tollen Bericht!

lg Felix


Kommentar hinzufügen»