Von Grenzen und Marchen - Bike&Hike nach Schänis


Publiziert von PStraub , 14. Februar 2016 um 17:07.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum:14 Februar 2016
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Oberseegruppe   CH-SG 
Aufstieg: 250 m

Vorgestern war die Wetterprognose zweifelhaft, heute sogar ganz mies. Doch dank Föhneinfluss war doch eine kurze Runde in der Gegend möglich. So machte ich gleich mit meiner historischen Lokal-Runde weiter. Es ist also quasi die Fortsetzung von diesem Bericht.
 
In der Karte unten habe ich den Verlauf der Letzi und des Tankgrabens und die Standorte der Überreste der im Text erwähnten Objekte eingezeichnet. Grundsätzlich waren das alles Verteidigungsanlagen, und verteidigt werden meist gefühlte oder reale Grenzen.
Wobei das Konzept einer klar definierten 'Grenze' eine relativ neue Erfindung ist. Das Wort ist erst etwa im 14. Jhd. aus dem Slawischen ins Deutsche übernommen worden. 
Der ursprüngliche Begriff war March (Mark) und bezeichnete eher eine Übergangszone von Einflussbereichen als eine scharf definierte Linie. Auch der Limes bezw. die Limites wird/werden heute eher als "Sonderwirtschaftszone" für den staatlich kontrollierten Austausch von Waren, Dienstleistungen und Informationen verstanden und weniger als Verteidigungsanlage.
 
March heisst der östliche Teil von Ausserschwyz, die Gegend muss also im namengebenden Frühmittelalter als Grenzland wahrgenommen worden sein. 
Nordöstlich davon liegt das Gaster, von "Castrum", nach einer vermuteten römischen Wehranlage auf dem Gasterholz, von der aber mW. nie auch nur eine Spur gefunden wurde.
 
Die Römer benutzten 15 v. Chr. die Linie Genf - Sargans für ihre Logistik beim Feldzug gegen die Norier. Um die Nachschublinie via die Seen und Flüsse zu sichern, bauten sie eine Reihe von Wachtürmen, von denen man mindestens je einen weiteren auf beiden Seiten sehen konnte. Gesicherte Standorte sind der Biberlichopf (Ziegelbrücke), der Römerturm vor Filzbach und die Strahlegg (Betlis). Vermutete weitere sind - schon wegen der Namen Quinten, Quarten und (Ober-)Terzen. 
 
(Eher spät-)mittelalterlich sind die Burgen Nieder- und Oberwindegg.
Heute glaubt man, die Oberurner Vorburg sei die Oberwindegg gewesen, früher hielt man eher das heutige Niederurner Schlössli dafür. Dort stand mit Sicherheit einmal ein Wohnturm, doch gemäss militärischer Logik am falschen Ort. 
 
Zuerst fuhr ich nach Schänis. 
Auf den Fotos unten sieht man, dass sich aus strategischer Sicht der Benkner Büchel weit eher als Standort für eine militärische Anlage eignete als das Gasterholz. - Wenn ich buddeln müsste, dann dort. 
Man darf nicht vergessen, dass diese Landschaft früher ganz anders ausgesehen hat. Zur Römerzeit und bis weit ins Mittelalter reichte der Zürichsee bis nach Benken, und östlich davon dürfte es gutes Ackerland gegeben haben. Die Linth floss weiter südlich, die spätere Versumpfung war vorwiegend eine Folge der Blockade des Abflusses bei der Grinau in der Neuzeit.
Der eher bizarre Grenzverlauf zwischen Schwyz und St. Gallen zeigt noch heute an, wo der für den Warentransport wichtige Hauptarm der Linth etwa verlief.
 
Dann besuchte ich die St. Sebastiankapelle. 
Schänis hat das Kuriosum, dass die Pfarrkirche und eine Wallfahrtskapelle mit St. Sebastian das gleiche Patrozinium haben. Dieser ist zwar auch Patron der Bürstenbinder und der Polizisten, wichtig war er aber als Pest-Heiliger. Eine Gründungslegende will sie zwar ins 8. Jhd. datieren, nach Stil und Zweck wurde sie jedoch im Zusammenhang mit einem Pestausbruch im 15. oder 16. Jhd. erbaut. Als Kinder wallfahrteten wir noch einmal jährlich dorthin, zu Fuss natürlich. Das galt als obligatorische Schulzeit!
 
Dann stieg ich hinauf zur Ruine Niederwindegg.
Mitten im ehemaligen Innenhof wurden (ohne Not) zwei Masten von Höchstspannungsleitungen aufgestellt. Ein Wunder, dass sie dabei die noch verbliebenen Reste nicht auch noch gesprengt haben. Bei uns stellen sie alle Hänggitürme und Güterschuppen unter Schutz, und hier wurde mitten in einer mittelalterlichen Ruine nach Belieben gewütet! 
 
Niederwindegg muss eine deutlich grössere Anlage gewesen sein als Oberwindegg. Doch das verbliebene Mauerwerk ist selbst an der Basis kaum dicker als 1 Meter. Also für eine Burg aus dem 12. Jhd. richtig windig. Grösse und eher schwache Befestigung würden darauf hindeuten, dass sie eher als Residenz denn als Festung gedacht war.
Die Burg lag ziemlich zentral in der Vogtei Windegg/Gaster, die von Kaltbrunn bis in die Flumserberge reichte und damit flächenmässig ihre späteren "Besitzer" Schwyz und Glarus (ab 1438) übertraf. Doch deren Vögte zogen es anscheinend vor, anderswo zu wohnen.
 
Die letzte Etappe führte mich noch auf den Biberlichopf .
Bis weit hinauf führt da mittlerweile eine gute Strasse. Oben ist leider gerade das nicht zu sehen, wofür der Turm ursprünglich gebaut wurde: Die Sichtverbindung zu weiteren Wachtürmen ist durch Bäume versperrt. Auf der Karte unten habe ich diese gelb eingetragen, von jedem der Türme sah man mehrere andere, die jeweiligen Positionen waren perfekt ausgewählt. 

Tourengänger: PStraub
Communities: Bike & Hike


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»