Wir überschreiten den Mönch


Publiziert von Zolliker , 10. August 2015 um 17:25.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum: 5 August 2015
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 650 m
Abstieg: 500 m
Strecke:Sphynxstollen-Westgrat-Gipfel-Südostgrat-Mönchjoch

Eiger, Mönch und Jungfrau faszinieren mich mehr als alle anderen Berge. Die Kleine Scheidegg ist die Wanderheimat meiner Familie. 1969 sah ich die drei Schönheiten erstmals. Erst viele Jahre später entstand der Traum, dieses Dreigestirn einmal zu besteigen. Heute beginnt ein Teil davon wahr zu werden, zusammen mit Bergführer Peter überschreite ich den Mönch.

Nach dem Frühstück im netten Hotel Schönegg in Wengen steigen wir in die Bahn zur Kleinen Scheidegg. Fast 90 Minuten brauchen die Bähnchen um uns, zusammen mit staunenden Touristen aus aller Welt, auf das Jungfraujoch zu bringen.Um 9.45 verlassen wir die Stollen dieses monumentalen Bauwerks auf fast 3’500m und betreten den Aletschgletscher. Der Himmel ist stahlblau, kein Wölkchen verdeckt die Sicht auf die Gletscherwelt, es ist windstill. Wir zurren die Klettergurte fest, seilen uns an und übersteigen die Abschrankungen. Jetzt sind wir alleine.

Über das Firn schreitend erreichen wir bald den Bergschrund am Einstieg des Westgrats des Mönch. Die Verhältnisse sind perfekt, der Grat ist komplett schnee- und eisfrei, der Fels schön warm. Die Schlüsselstelle des Westgrats kommt gleich zu Beginn, als ob der Berg sagen möchte: „Jungs, passt mal auf, das hier wird kein Spaziergang!“ Es müssen einige Pfeiler überwunden werden, die nicht gerade üppig mit Griffen versehen sind. Peter klettert voraus und gibt mir die notwendige Zuversicht.

Danach geht es einfacher, der Blockgrat erinnert an den grossartigen Südgrat des Weissmies. Die Sicht ist umwerfend, links die hängenden Gletscher der Mönchwand, darunter die Tiefen der Trümmelbachschlucht, weiter weg Interlaken und der Thunersee. Rechts die einzigartige Aletschgletscherwelt und die unzähligen Gipfel.

Dann wird aus dem Felsgrat ein Firngrat und wir schnallen die Steigeisen an. Auf der Nordseite ist der Schnee beinhart, es steigt sich leicht. Wir bestaunen die eindrücklichen Schneewächten, die sich bis zu zehn Meter hoch auftürmen. Ich bekomme Herzklopfen und frage mich, ob es die Höhe oder die Aufregung ist. Wohl je etwas von beidem. Ein paar Minuten später erreichen wir den Gipfel,  ich kann meine Freudentränen nicht zurückhalten.

Der Gipfel ist exponiert und schmall, Platz für mehr als zehn Leute bietet er nicht. Wir geniessen im Stehen und begrüssen andere Bergsteiger, die den Gipfel über die Normalroute erklommen haben. Schweizer, Deutsche, Österreicher, ein Franzose. Peter erkennt einen befreundeten Bergführer, die Stimmung ist gut. Bald fachsimpeln wir über die besten Routen im nahen Umfeld. Rasch steht fest, dass der Mittellegi-Grat des Eigers auf die ToDo-Liste muss. Er sieht fast klein aus von hier, der berühmte Nachbar des Mönch mit seiner berüchtigten Nordwand. Derweilen grüssen aus  südwestlicher Ferne die Walliser Viertausender vom Weissmies bis zum Grand Combin in einer für den August ungewohnten Schärfe. Was für ein Traumtag, was für ein Privileg!

Um richtig Pause machen zu können, steigen wir nun zuerst etwas ab. Die Route führt zunächst über den schmalen Gipfelgrat, der viel Respekt einflösst. Ich muss mich zwingen, nur auf die Füsse zu schauen und die Tiefen beidseits der Schneespur zu ignorieren. Trotzdem – ich ramme meinen Pickel tief in den Schnee und muss diesen spektakulären Moment mit dem iPhone einfach festhalten. Das Foto (unten) wird wohl zu einem meiner Favoriten des Bergjahres 2015 werden.

Später bin ich froh, diese Passage heil überstanden zu haben. Der Grat schafft es immer wieder mit Pechvögeln in die Zeitung. Wir erreichen nun bald wieder Felsen und finden den genialen Lunchplatz. Über eine Stunde geniessen wir, auf 3900m nur im T-Shirt, unsere Sandwiches und die fantastische Aussicht. Andächtig studieren wir auch die gut einsehbare Route zur Jungfrau über den Rottalsattel, die wir morgen früh begehen wollen. Auch für ein Nickerchen finden wir noch etwas Zeit.

Zutiefst zufrieden setzen wir später den Abstieg fort. Wir lassen die Steigeisen noch ein Weilchen an, weitere steile Firnfelder liegen noch vor uns. Das kratzige Laufen im Gestein mit diesen Dingern an den Füssen wird allerdings nie zu meiner Lieblingsbeschäftigung werden… Schliesslich verschwinden sie in den Rucksack, ein steiniger Gratausläufer führt uns zurück auf den Gletscher. Wenige Minuten später erreichen wir die Mönchjochshütte wo wir bei der Münchnerin Maxi unser verdientes Weissbier bestellen.

Du findest den vollständig bebilderten und mit interaktiver Karte versehenen Tourenbericht auf meinem Wanderblog: http://www.edwinwandert.com/2015/08/wir-ueberschreiten-den-moench/

Tourengänger: Zolliker


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