Pizol, Lavtinahörner, Girenspitz


Publiziert von Delta Pro , 3. August 2015 um 12:47.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum: 2 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG 
Zeitbedarf: 6:45
Aufstieg: 1340 m

Schmelz-Kontrolle am Pizolgletscher und etwas Abenteuer an den einsamen Trabanten des Pizols

Wie unschwer zu erraten ist, dürfte der Hitzesommer 2015 den Gletschern der Schweizer Alpen nicht gut bekommen. Normalerweise halte ich meine Zwischenmessung am Pizolgletscher eher in der zweiten Augusthälfte ab, doch die Not (des Gletschers) brachte mich nun schon früher im Jahr dorthin. Um es vorneweg zu nehmen: Dem Gletscher geht’s mies. Um diese Jahreszeit müsste er noch fast komplett von Schnee bedeckt sein, wenn er überleben will. Doch er ist praktisch schon ganz aper und an einigen Stellen sind schon anderthalb Meter Eis abgeschmolzen. Wenn es weiterhin so heiss bleibt, können ohne weiteres noch 2-3 Meter folgen. Ausserdem ist zu beobachten, dass die Begehung des Gletschers immer schwieriger und gefährlicher wird: Das Eis wird zusehends steiler - meine Alu-Steigeisen hatten nur noch knapp genug Grip. Ausserdem liegen hunderte Felsblöcke auf dem Eis, die nur darauf warten abzugleiten. Es ist also dringend anzuraten dem objektiv sichereren Wanderweg über den Grat zu folgen und nicht mehr über den Gletscher aufzusteigen, auch wenn letzteres etwas schneller sein dürfte.

Die allermeisten steigen auf den Gipfel des Pizols. Dass die Trabanten des bekannten Berges aber ebenso schön und spannend sind, wird meist vergessen. Meine Lieblingsgipfel sind die wilden Lavtinahörner. Deren zwölf an der Zahl ragen sie zwischen Pizol und Hochwart in die Höhe. Es ist mir unverständlich, wieso aus der ganzen alpinwander-erprobten Hikr-Community nur ich auf diese Berge steige. Sie sind wild und sehr einsam, doch in der Mehrzahl nicht einmal besonders schwierig.
 
Pizolgletscher (WS, T4)
Dicker Nebel empfängt mich bei der Pizolhütte. Bald habe ich die anderen Wanderer hinter mir gelassen und strebe in kompletter Ruhe durchs Grau dem Pizolgletscher zu. Der Aufstieg über den Gletscher erfordert Vorsicht, da die Oberfläche deutlich steiler geworden ist, und man gut stehen muss um im alten, sehr harten Eis mit den Steigeisen aufzusteigen (deshalb erstmals als WS bewertet). Ausserdem ist Steinschlag mittlerweile auf dem Gletscher ein ernstzunehmendes Thema: Eine Stunde später konnte ich zwei 3 Tonnen Blöcke beobachten, welche übers Eis rasten (da bringt ein Helm nichts). Nachdem ich meine Messungen gemacht habe, steige ich auf den Pizolgipfel (T4), leider immer noch im Nebel. Beim Abstieg über den Weg (gut mit Stahlseilen versichert) kreuze ich erstaunlich viele Berggänger.
 
Best of Lavtinahörner (T5+, WS, II)
Bislang war ich dreimal in den Lavtinahörnern (z.B. klick / klack) – immer hüllte mich dichter Nebel ein. Irgendwie gehört das wohl einfach dazu… Auf die komplette Traverse der Hörner hatte ich keine Lust (und Zeit). Auch der Startpunkt beim Giblisattel (unter Lavtinahorn XI) ist wegen dem Gletscherrückgang kaum mehr erreichbar.
Also steige ich durch erstaunlich angenehmes Gelände in den Sattel zwischen Lavtinahorn VIII und VI (letzteres ist das einzige der zwölf, das ich noch nicht besteigen konnte). Aus der Scharte ist L VIII schnell über den Grat erreicht (am Schluss etwas exponiert, T5). Man geniesst einen sehr schönen Blick auf den Pizolgletscher. L VI wird auf der Ostseite gequert bis an den Fuss von L V. Das Lavtinahorn V ist einer der niedrigsten Felstürme, fällt aber durch das markante Felsenfenster in der Mitte des Gipfels auf. Man besteigt es in kurzer, aber brüchiger Kletterei (II) über den Südgrat. Lavtinahorn IV ist der „König“ der Hörner. Von Süden muss eine kurze, mühsame Kletterstelle (III) überwunden werden, was mir bei der aktuellen Nässe zu heikel war. Abstieg auf der Ostseite bis man unterhalb der Felswände nach links queren kann. So gelangt man einfach in die tiefe Geröllrinne, welche vom Sattel zwischen L VI und III herunterzieht. In dieser ziemlich steil hinauf. Anschliessend quert man durch Geröll in die Flanke und steigt dann über gutmütige Gras- und Felsbänder zum Westgrat auf. Da ich das Gelände schon kenne, fällt das grösste Problem in den Lavtinahörnern (Wegsuche) weg. Über den Grat bis unter den Gipfelkopf. Dieser wird durch einen auffälligen Felsriss erstiegen. Der Riss ist eng und kann nur aufwärts kriechend ohne Rucksack begangen werden. Auf dem Gipfel mache ich eine längere Pause und geniesse die Ruhe und den Ausblick in die sich lichtenden Nebelschwaden. Abstieg auf derselben Route und auf dem Weg zur Wildseeluggen.
 
Girenspitz über den gesamten Westgrat (T5, Stellen T6)
Eigentlich wollte ich direkt zurück zur Pizolhütte, um meinen schon ziemlich angeschlagenen Fuss zu schonen. Doch als ich den langen in der Sonne stehenden Kamm zum Girenspitz sehe, kann ich nicht widerstehen. Immerhin ist der Girenspitz der letzte Gipfel, der mir im Pizolgebiet noch in der Sammlung fehlte. Da er irgendwie nicht „am Weg“ liegt, fiel er bisher immer zwischen Stuhl und Bank.
Querung der Geröllhalde auf der Höhenkurve von der Wildseeluggen. Der Kamm ist erst sehr schön und einfach zu begehen. Falls man die Schwierigkeiten vermeiden möchte, sollte man bald auf die südseitigen Wiesen absteigen. Auf diesen können die steileren Abschnitte des Grates umgangen werden (siehe hier). Ich folge aber (auch aufgrund schlechter Vorbereitung) dem Grat und bin erstaunt, wie ausgesetzt dieser bald wird. In einer ersten Passage muss schon richtig gekraxelt werden (T5). Über der grossen Stufe stehe ich vor einem Rätsel. Von oben ist die Route sehr schlecht einzusehen, so dass ich mich einfach für die trockenere Südseite entscheide. Über eine plattige Rampe nahe des Grates steige ich über rund 40 Höhenmeter ab (Gamstritte, T6). Es wären verschiedene Varianten möglich. Diese Passage wird besser im Aufstieg begangen. Ich folge weiter dem Grat, der sich zu einem weiteren Spitz aufschwingt. Den Gipfel umgehe ich auf einem exponierten Band auf der Nordseite und steige dann über Schieferplatten nach Osten ab. Anschliessend über den ebenfalls recht schmalen, aber grasigen Grat zum Gipfel des Girenspitz. Abstieg entlang der Normalroute durch die Süd-Flanke (T4+). Diese ist mit einem Stahlseil versichert. Achtung: Im unteren Teil sind drei aufeinanderfolgende Verankerungen ausgerissen! Über Weiden auf einen Querweg und dann auf dem Wanderweg hinauf zur Pizolhütte, wo ich noch rechtzeitig zur letzten Talfahrt eintreffe.
 


Tourengänger: Delta


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